Drohverlustrückstellung für Verluste aus Zinssicherungsgeschäften
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.3101027.2017
Beachte:
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0014. Mit Erk. v. 27.4.2020 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom 23.7.2020 erledigt.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache der Bf., vertreten durch die Dr. Oberrauch, Seiwald & Partner Steuerberatungs-Wirtschaftstreuhand GmbH, über die Beschwerde vom 6. Juli 2017 gegen die Bescheide der belangten Behörde FinanzamtA vom 12. Juni 2017 und 14. Juni 2017 betreffend Feststellung Gruppenträger für das Jahr 2011 und Körperschaftsteuer Gruppe für das Jahr 2011 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden wie folgt abgeändert:
Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011:
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen 1,562.570,67 €
Das Einkommen des Gruppenträgers gemäß § 9 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 beträgt 1,562.570,67 €
Körperschaftsteuerbescheid Gruppe für das Jahr 2011:
Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Gruppe beträgt 1,562.570,67 €
Das Einkommen der Gruppe beträgt 1,562.570,67 €
Die Körperschaftsteuer wird mit 390.643,00 € festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Anlässlich einer Außenprüfung der X-GmbH (nunmehr nach Änderung des Firmenwortlautes mit Generalversammlungsbeschluss vom 18. September 2018: Y-GmbH) gemäß § 147 Abs. 1 BAO, umfassend die Jahre 2011 bis 2015, stellte die Prüferin fest, dass die Abgabepflichtige im Jahr 2010 zur Finanzierung des Betriebsgebäudes der polnischen Betriebsstätte bei der BankX einen Investitionskredit in Höhe von 12,287.104,62 € mit einer Laufzeit von 13 Jahren aufgenommen habe. Es sei eine Verzinsung in Höhe von 1,5 % über dem 3-Monats-EURIBOR vereinbart worden. Nahezu deckungsgleich sei eine Swap-Vereinbarung (ebenfalls mit der BankX) dahingehend getroffen worden, dass der variable Teil der Verzinsung (3-Monats-EURIBOR) gegen eine Fixverzinsung in Höhe von 2,8 % getauscht worden sei. De facto sei dadurch ein fixverzinster Kredit mit einem Zinssatz von 4,3 % entstanden (1,5 % + 2,8 %). Diese Maßnahme sei mit Planungssicherheit für das Unternehmen begründet worden.
Infolge des sinkenden Marktzinsniveaus nach Abschluss der genannten Verträge seien der Abgabepflichtigen Verluste aus den Zinsaufwendungen des Swap-Geschäftes erwachsen, die nach Angaben des Unternehmens dadurch begründet seien, dass ohne Swap-Geschäft durch die variable Verzinsung auf die Kreditlaufzeit niedrigere Zinszahlungen zu erwarten gewesen wären. Diese Verluste seien von der BankX in folgender Höhe ermittelt und dem Unternehmen mitgeteilt worden: 623.254,71 € (im Jahr 2011), 1,154.198,88 € (im Jahr 2012), 728.389,99 € (im Jahr 2013), 1,107.911,02 € (im Jahr 2014) und 908.138,99 € (im Jahr 2015). In dieser Höhe sei eine Rückstellung für drohende Verluste gebildet und der polnischen Betriebsstätte zugerechnet worden.
Im Ertragsteuerrecht könnten Rückstellungen nach der Vorschrift des § 9 Abs. 3 EStG 1988 nur gebildet werden, wenn mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit ernsthaft gerechnet werden könne. Bei bloß entfernter Möglichkeit einer Inanspruchnahme komme eine Rückstellungsbildung nicht in Betracht (VwGH 21.6.1994, 91/14/0165). Die Bildung einer Rückstellung bedürfe konkreter Anzeichen für einen Verlust (BFH 3.2.1993, I R 37/91).
Die Abgabepflichtige habe einen zunächst variabel verzinsten Kredit mittels Swap-Vereinbarung in einen fix verzinsten Kredit umgewandelt und diese Maßnahme mit Planungssicherheit begründet. Eine derartige Planungssicherheit bedinge jedoch, dass die (eingetauschte) Fixverzinsung im Fall eines sinkenden Marktzinsniveaus zu höheren Zinszahlungen führe als dies bei Beibehaltung der variablen Verzinsung der Fall gewesen wäre. Die laufenden (höheren) Zinsen würden in das jeweilige Jahresergebnis einfließen und insoweit zu einem periodengerechten Ergebnis führen. Entscheidend sei daher das Antizipieren künftig erwarteter Verluste aus der Zinsdifferenz in Form der Bildung einer Rückstellung für Verluste aus schwebenden Geschäften.
Es sei nicht erwiesen, dass mit Verlusten aus dem Swap-Geschäft ernsthaft gerechnet werden müsse, da die Bewertung der Swaps im Laufe der langen Restlaufzeit (in jede Richtung) erheblich abweichen könne. Die den Finanzmärkten inhärenten und nicht vorhersehbaren Schwankungen der Zinssätze rechtfertigten aber von vornherein keine Rückstellung. Auswirkungen von Zinsenschwankungen seien Ausfluss des allgemeinen Geschäftsrisikos (VwGH 27.6.1989, 88/14/0126). Zudem sei zu den Bilanzstichtagen nicht konkret mit einem Verlust aus den erst Jahre später auslaufenden Swaps zu rechnen gewesen. Dass die gebildeten Rückstellungsbeträge exakt den durch die Bank errechneten Werten entsprechen, ändere nichts daran, dass ein das abgelaufene Jahr betreffender Aufwand bestimmter Art ernsthaft drohen müsse (VwGH 22.4.1986, 84/14/0056; VwGH 30.9.1987, 86/13/0153; BFG 29.10.2015, RV/2100169/2012). Erst die Konkretisierung eines Verlustes berechtige zur Rückstellung. Sei der Eintritt einer Verpflichtung oder eines Verlustes nur möglich, aber nicht ernsthaft vorhersehbar, fehle es an der Konkretisierung (VwGH 25.1.1994, 90/14/0073; BFG 29.10.2015, RV/2100169/2012).
Konkrete Umstände, die zu einer Drohverlustrückstellung berechtigten, seien von der Abgabepflichtigen nicht vorgebracht worden. Den Nachweis für das Vorliegen konkreter Umstände und damit der Voraussetzung für eine Rückstellungsbildung habe jedoch das steuerpflichtige Unternehmen zu erbringen. Eine Drohverlustrückstellung für das genannte Swap-Geschäft sei daher nicht zulässig (vgl. Tz 1 des Bp-Berichtes vom 20. April 2017, ABNr. abc). Die für die Abgabepflichtige (= Gruppenträger) im Jahr 2011 bisher bescheidmäßig festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (1,562.570,67 €) seien um die geltend gemachte Rückstellung für drohende Verluste (623.254,71 €) zu erhöhen.
2. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ für den Gruppenträger X-GmbH am 12. Juni 2017 - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO von Amts wegen - einen neuen Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011, mit dem das Einkommen mit 2,185.825,38 € festgestellt wurde. Am 14. Juni 2017 erließ das Finanzamt für den Gruppenträger X-GmbH einen gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Bescheid betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2011, mit dem die Körperschaftsteuer für die Gruppe mit 546.456,00 € (statt bisher: 390.643,00 €) festgesetzt wurde.
3. Gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011 und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2011 erhob die X-GmbH am 6. Juli 2017 fristgerecht Beschwerde. In der gesonderten Begründung vom 7. August 2017 wurde - zusammengefasst - ausgeführt, dass die X-GmbH im Jahr 2011 zur Zinssicherung für den Investitionskredit einen Interest Rate Swap mit einer Zinsobergrenze von 2,8 % abgeschlossen habe. Bereits bei der Bilanzerstellung für das Jahr 2011 sei aufgrund der Zinssatzkurve des EURIBOR ersichtlich gewesen, dass dieses Geschäft aufgrund des erhöhten Zinsaufwandes (gegenüber dem marktüblichen Zinsniveau) zu einem entsprechenden Verlust führen werde. Für diesen einzelnen Geschäftsfall sei vom Geschäftspartner, der BankX, zum jeweiligen Bilanzstichtag ein entsprechender, bereits abgezinster Wert (Verlust) berechnet worden. Dieser sei dann einer Drohverlustrückstellung zugeführt worden.
Da für diesen konkreten Geschäftsfall ein Verpflichtungsüberhang gedroht habe, sei eine entsprechende Drohverlustrückstellung für die Überverzinsung dotiert worden. Dies entspreche der herrschenden Meinung in der Literatur und in den Einkommensteuerrichtlinien. Die gegenteilige Argumentation des Finanzamtes beruhe hauptsächlich auf einem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes (BFG 29.10.2015, RV/2100169/2012), das jedoch mittlerweile durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005).
4. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 18. September 2017 wurde die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011 und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2011 vom Finanzamt als unbegründet abgewiesen. In der gesonderten Bescheidbegründung vom 15. September 2017 wurde ausgeführt, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005) lediglich mit der Frage der Bewertung einer Fremdwährungsforderung und deren im Sachverhalt nicht geklärten Absicherung (Währungskomponente), nicht jedoch mit der Frage beschäftigt habe, ob die Bildung einer Drohverlustrückstellung bei einer Fixverzinsung, die am Bilanzstichtag über dem Marktzinssatz liege, zulässig sei (Zinskomponente). Aus dem angeführten VwGH-Erkenntnis sei daher für die beschwerdegegenständliche Frage nichts zu gewinnen.
Zunächst sei festzustellen, dass die Bildung von Rückstellungen nach polnischem Steuerrecht offensichtlich nicht anerkannt werde. Eine zulässige Bildung nach inländischem Recht würde daher im Rahmen der Umrechnung des Betriebsstättenverlustes zu einem höheren anrechenbaren Verlust im Inland führen, der nach der für das Jahr 2011 geltenden Rechtslage keine nachfolgende Verwertung in Polen und damit auch keine Nachversteuerung nach sich ziehe.
Zudem sei festzuhalten, dass im vorliegenden Fall nicht eine Kreditaufnahme mit Fixzinsvereinbarung vorliege, sondern ein Kredit mit variablen Zinsen, der mit einem Swap-Geschäft gegen nachteilige Zinsentwicklungen abgesichert sei. Da der Marktzins gesunken sei, seien Aufwendungen aus dem Sicherungsgeschäft erwachsen. Die Literaturmeinung, wonach bei Überverzinslichkeit von vorzeitig nicht rückzahlbaren Verbindlichkeiten eine Rückstellung aufgrund des gesunkenen Marktzinsniveaus zu bilden sei, sei auf einen Beitrag von Zorn (FJ 1990, 244 ff) zurückzuführen. Darin werde ausgeführt, dass beim Thema Bewertungseinheit zwei Problemkreise auseinander zu halten seien, nämlich einerseits die Frage nach der Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste, andererseits die Frage nach der Bewertung von Beständen.
Die Frage der Drohverlustrückstellung hänge nicht mit dem Grundsatz der Einheitsbewertung zusammen. Die Verpflichtung zur Bildung von Rückstellungen ergebe sich aus dem Grundsatz der Vorsicht. Wenn aber aus einem Geschäft, das durchaus aus mehreren einzelnen Geschäften bestehen könne, insgesamt kein Verlust drohe, so sei auch kein Raum für eine Drohverlustrückstellung. In diesem Sinne seien Versicherungen, die bestehende Risiken abdeckten, in die Überlegung nach der Bildung der Drohverlustrückstellung genauso einzubeziehen wie andere Absicherungsinstrumente. Mehrere Einzelgeschäfte könnten somit wirtschaftlich als Einheit betrachtet werden. Der Verlust sei in der Höhe zu schätzen, die nach vernünftiger kaufmännischer Vorsicht für das Gesamtgeschäft zu erwarten sei. Die zusammengefasste Betrachtung einzelner Geschäfte sei dann angebracht, wenn diese in einem unmittelbaren Kausalzusammenhang stünden, insbesondere Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft bildeten eine derartige geschlossene Position. Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürften daher - handelsrechtlich und steuerrechtlich - insoweit nicht gebildet werden, als drohende Verluste durch Hilfs- oder Sicherungsgeschäfte abgefangen würden.
Im vorliegenden Fall werde zwar nicht ein Verlust aus dem Grundgeschäft durch das Sicherungsgeschäft abgefangen, sondern werde umgekehrt der Aufwand aus dem Sicherungsgeschäft durch niedrigere Zinsaufwendungen aus dem Grundgeschäft kompensiert. Da aus dem Geschäft insgesamt aber kein Verlust drohe, könne eine Drohverlustrückstellung auch nach inländischen Rechtsvorschriften nicht gebildet werden und erübrige sich insoweit eine Umrechnung des Betriebsstättenverlustes.
Bei der Bewertung der Verbindlichkeit sei der Ansatz eines höheren Teilwertes deshalb nicht zulässig, weil durch die Fixverzinsung der Rückzahlungsbetrag ja nicht steige. So wie im Falle eines ungünstigen Liefervertrages die Differenz vom vereinbarten zu dem Preis, der am Bilanzstichtag erzielbar wäre, nicht als Abschreibung auf die zu liefernden Wirtschaftsgüter angesetzt werden könne, sondern als Abschreibung auf ein - allenfalls aktiviertes - Belieferungsrecht, so könne der Betrag der Überverzinsung nicht der Kreditverbindlichkeit zugeschrieben werden. Durch die Überverzinslichkeit ändere sich nicht der Wert der Kreditverbindlichkeit, sondern lediglich der Wert des Unternehmens, wobei dieser Wertverlust nicht einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden könne und daher auch nicht in Form einer Teilwertabschreibung/Zuschreibung zu berücksichtigen sei. Aus der Sicht des jeweiligen Bilanzstichtages handle es sich vielleicht um ein Geschäft, das man besser hätte abschließen können, es drohten daraus aber weder Verluste noch ändere sich dadurch der Rückzahlungsbetrag der Verbindlichkeit. Ein möglicher Erwerber des Unternehmens würde darüber hinaus auch bei vereinbarten Fixzinsen und gleichzeitig verbesserten Kreditbedingungen nicht zwingend einen Abschlag vom Gesamtkaufpreis vornehmen, weil die Fixverzinsung für sich einen eigenständigen Wert im Rahmen der Unternehmensführung habe, für den (vorübergehend) auch nachteiligere Zinskonditionen in Kauf genommen würden.
Aber selbst wenn der Ansatz eines höheren Teilwertes zulässig wäre, müsste dieser schon nach polnischem Recht erfolgen, sodass sich daraus keine Umrechnungsdifferenz ergebe. Der sich aus der Teilwertabschreibung ergebende Verlust wäre somit schon beim Ergebnis der polnischen Betriebsstätte zu erfassen, sodass spätere Gewinne der Betriebsstätte zu einer Verwertung und Nachversteuerung der verrechneten Verluste führen würden.
5. Am 17. Oktober 2017 stellte die X-GmbH fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Das Finanzamt habe seine Beschwerdevorentscheidungen damit begründet, dass aus dem gegenständlichen Geschäft (Aufnahme Kredit und Abschluss Interest Rate Swap) insgesamt kein Verlust drohe, da im vorliegenden Fall der Aufwand aus dem Sicherungsgeschäft durch niedrigere Zinsaufwendungen aus dem Grundgeschäft kompensiert werde und daher keine Drohverlustrückstellung gebildet werden könne. Bei diesem Sachverhalt sei aber gerade der Abschluss des Interest Rate Swap (IRS) der Grund für die wirtschaftliche Belastung, da die zukünftigen Zahlungen für den Swap der Grund für die wirtschaftliche Überverzinslichkeit seien. Dieser abgeschlossene Swap stelle als solcher einen drohenden Verlust dar, da die zukünftigen Zahlungen aus dem 13-jährigen Vertrag zumindest insoweit, als der Marktzins geringer sei als der damit gesicherte Zinssatz, keinen auch nur mittelbaren positiven Erfolgsbeitrag verspreche. Vergleichbar sei dies ua. mit einer Rückstellung für eine noch mehrere Jahre zu zahlende Miete für ein mittlerweile nicht mehr genutztes Geschäftslokal.
Nach der herrschenden Meinung in der unternehmensrechtlichen Literatur müsse in der UGB-Bilanz eine Drohverlustrückstellung in Höhe des Barwertes der Zinsdifferenz gebildet werden. Begründet werde die verpflichtende Bildung einer Rückstellung mit dem Faktum, dass sich das Unternehmen nun billiger refinanzieren könne und der fixverzinste Kredit aus Sicht der Verhältnisse am Bilanzstichtag zu teuer sei.
Für steuerliche Zwecke sei eine bilanzwirksame Vorsorge bei überverzinslich gewordenen Verbindlichkeiten unstrittig. Der Möglichkeit der (aktivseitigen) Teilwertabschreibung entspreche nach herrschender Ansicht bei sinngemäßer Anwendung des § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 der Ansatz einer Verbindlichkeit mit dem über dem Erfüllungsbetrag liegenden Teilwert. Überverzinsliche Verbindlichkeiten könnten daher mit dem höheren Teilwert angesetzt werden. Der Teilwert einer überverzinslichen Verbindlichkeit entspreche der Summe aus dem Rückzahlungsbetrag und der in der unternehmensrechtlichen Bilanz zu bildenden Rückstellung. Auf die in der Beschwerde angeführten Literaturmeinungen sei das Finanzamt in keinster Weise eingegangen. Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung (EStR 2000 Rz 2439 und 2449) werde der Ansatz eines höheren Teilwertes für überverzinste Verbindlichkeiten vertreten.
Die Ansicht des Finanzamtes, dass ein möglicher Erwerber des Unternehmens auch die (vorübergehenden) nachteiligen Zinskonditionen in Kauf nehme, da dies einen eigenständigen Wert im Rahmen der Unternehmensführung habe, könne in keinster Weise geteilt werden. Ein Erwerber würde die Zinsaufwendungen für die signifikant zu hoch verzinste Verbindlichkeit mit den Zinsaufwendungen einer Verbindlichkeit mit marktüblichem Zinssatz vergleichen und die Differenz kaufpreismindernd absetzen.
Zur Verlustverrechnung nach § 2 Abs. 8 EStG 1988 sei anzumerken, dass ein ausländischer Betriebsstättenverlust in Österreich so zu ermitteln sei, als läge der Betrieb im Inland. Daher sei die Ansicht des Finanzamtes, dass es - selbst bei einer in Österreich zulässigen Drohverlustrückstellung - zu keiner Berücksichtigung komme, weil eine entsprechende Rückstellung in Polen nicht anerkannt werde, nicht nachvollziehbar.
6. Mit Vorlagebericht vom 1. Dezember 2017 legte das Finanzamt die gegenständliche Beschwerde vom 6. Juli 2017 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vor.
II. Sachverhalt
1. Die X-GmbH ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27. März 1997 gegründet und am 1. Mai 1997 im Firmenbuch unter FN a eingetragen. Die X-GmbH hat ihren Sitz in Gemeinde mit der Geschäftsanschrift Ort, Straße, sie war (ursprünglich) im Geschäftszweig "Kraftfahrzeughandel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen, Tankstellen" tätig. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 40.000,00 €.
Als Geschäftsführer sind RS und ST seit dem 1. Mai 1997 für die X-GmbH selbständig vertretungsbefugt. Als Gesellschafter sind RS und ST mit einem Anteil von je 50 % (zur Gänze geleistete Stammeinlage von je 20.000,00 €) an der X-GmbH beteiligt. Als Gruppenträger bildet die X-GmbH mit mehreren ausländischen Gruppenmitgliedern eine Unternehmensgruppe.
Mit Spaltungs- und Übernahmsvertrag vom 18. September 2018 wurde von der X-GmbH der Handelsgewerbebetrieb "Betrieb1" im Wege der Abspaltung zur Aufnahme gemäß § 17 Spaltungsgesetz auf die Firma Z-GmbH mit dem Sitz in Gemeinde als übernehmende Gesellschaft übertragen. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 18. September 2018 wurde der Gesellschaftsvertrag der X-GmbH dahingehend geändert, dass der Firmenwortlaut nunmehr auf "Y-GmbH" lautet und die Gesellschaft nunmehr im Geschäftszweig "Liegenschafts- und Beteiligungsverwaltung" tätig ist.
2. Zur X-GmbH gehört auch eine Betriebsstätte in Polen. In den Jahren 2010 und 2011 errichtete sie auf ihrem Grundstück in Ort2, Polen, ein Betriebsgebäude. Zur Finanzierung des Betriebsgebäudes der ausländischen Betriebsstätte nahm die X-GmbH bei der BankX einen Investitionskredit in Höhe von 12,287.104,62 € (entspricht 50,500.000,00 PLN) mit einer Laufzeit von 13 Jahren auf.
Dem Kreditvertrag vom 3. August 2010, Konto-Nr. b, ist zu entnehmen, dass der Kredit der Errichtung eines Autohauses und einer Servicestation in Ort2, Polen, diente. Der Zinssatz beträgt ab dem 1. April 2011 1,5 % über dem auf das nächste 1/10 % aufgerundeten 1-Monats-EURIBOR oder 3-Monats-EURIBOR. Die Zinsverrechnung erfolgt jeweils vierteljährlich im Nachhinein. Die Zinsanpassung wird jeweils am letzten Tag des laufenden Monats mit Wirksamkeit für den darauf folgenden Monat bzw. am 31. März, 30. Juni, 30. September und 31. Dezember jeden Jahres mit Wirksamkeit für das darauf folgende Quartal vorgenommen. Die dem Kreditkonto jeweils angelasteten Zinsen, Provisionen und Kosten sowie die fälligen Kapitaltilgungen werden zu Lasten des Girokontos der X-GmbH mit der Konto-Nr. c eingezogen.
Die Rückzahlung des Kredites erfolgt in Euro. Die Kreditrückführung erfolgt in 48 vierteljährlichen Kapitalraten zu je 255.981,35 €, die erste Rate war am 1. April 2012 fällig, die letzte Rate wird am 1. Jänner 2024 fällig. Vorzeitige Tilgungen sind jeweils zum Ende einer Roll-over-Periode kostenfrei möglich.
3. Zur Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken (Absicherung gegen steigende Kreditzinsen) während der 13-jährigen Kreditlaufzeit hat die X-GmbH ein Zinssicherungsgeschäft, einen so genannten Interest Rate Swap (IRS), abgeschlossen. Auf der Grundlage des "Rahmenvertrages für Finanztermingeschäfte für Nichtverbraucher" vom 29. Juni 2010 wurde zwischen der X-GmbH als Zahler der Festbeträge und der BankX als Zahler der variablen Beträge am 16. Juli 2010 ein "Einzelabschluss Zinsswap" abgeschlossen.
Für diesen Einzelabschluss gelten folgende Regelungen: Anfangsdatum war der 31. März 2011, Enddatum ist der 28. März 2024. Als Bezugsbetrag wurde ein Betrag von 12,287.104,00 € festgelegt, dies entspricht der Höhe des Investitionskredites. Die X-GmbH hat Festbeträge in Höhe von 2,8 % je Zahlungstermin zu bezahlen, der von der BankX zu bezahlende variable Satz wurde in Höhe des "3-Monats eur-EURIBOR-Reuters" festgelegt. Fälligkeitstag für die Festbeträge und die variablen Beträge ist jeweils der 30. Juni, 30. September, 31. Dezember und 31. März, beginnend mit dem 30. Juni 2011 bis zum Enddatum.
Mit dem Zinsswap vereinbarten die beiden Vertragsparteien, zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten Zinszahlungen auf den festgelegten Bezugsbetrag auszutauschen. Indem die X-GmbH einen bei Vertragsabschluss fixierten Festzinssatz von 2,8 % zu bezahlen hat, wurde damit de facto der variable Teil der Verzinsung des Kreditvertrages (3-Monats-EURIBOR) gegen eine Fixverzinsung in Höhe von 2,8 % getauscht. Dadurch ist ein fixverzinster Kredit mit einem Zinssatz von 4,3 % entstanden (1,5 % + 2,8 %). Diese Maßnahme wurde von der X-GmbH mit Planungssicherheit für das Unternehmen begründet.
4. Nach Abschluss der genannten Verträge kam es zu einem Absinken des marktüblichen Zinsniveaus. Dadurch sind der X-GmbH Verluste aus dem Swap-Geschäft erwachsen. Unabhängig von der Marktzinsentwicklung verpflichtete sich die X-GmbH zur Zahlung des Festzinssatzes von 2,8 % an die BankX, demgegenüber erhielt sie von der BankX eine variable Zinszahlung, die nach dem (unter dem Festzinssatz liegenden) 3-Monats-EURIBOR bemessen wurde. Ohne Swap-Geschäft wären durch den variablen Teil der Verzinsung des Kreditvertrages (3-Monats-EURIBOR) auf die Kreditlaufzeit niedrigere Zinszahlungen zu erwarten gewesen.
Diese Verluste wurden von der BankX zu den Bilanzstichtagen wie folgt ermittelt und der X-GmbH mitgeteilt: 623.254,71 € (zum 31. Dezember 2011), 1,154.198,88 € (zum 31. Dezember 2012), 728.389,99 € (zum 31. Dezember 2013), 1,107.911,02 € (zum 31. Dezember 2014) und 908.138,99 € (zum 31. Dezember 2015). In dieser Höhe wurde von der X-GmbH eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften gebildet und der polnischen Betriebsstätte zugerechnet. In den Bilanzen der Niederlassung in Ort2, Polen, wurden folgende Beträge als "Rückstellungen auf Verbindlichkeiten" erfasst: 2,752.791,40 PLN (zum 31.12.2011; entspricht 623.254,71 € bei einem Umrechnungskurs von 4,4168 PLN/EUR), 4,718.595,86 PLN (zum 31.12.2012; entspricht 1,154.198,88 € bei einem Umrechnungskurs von 4,0882 PLN/EUR), 3,020.778,97 PLN (zum 31.12.2013; entspricht 728.389,99 € bei einem Umrechnungskurs von 4,1472 PLN/EUR), 4,722.249,14 PLN (zum 31.12.2014; entspricht 1,107.911,02 € bei einem Umrechnungskurs von 4,2623 PLN/EUR) und 3,870.034,31 PLN (zum 31.12.2015; entspricht 908.138,99 € bei einem Umrechnungskurs von 4,2615 PLN/EUR).
Aus den genannten Rückstellungsbeträgen zu den Bilanzstichtagen ergibt sich, dass in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Niederlassung in Ort2, Polen, die Dotierung Drohverlustrückstellung ("Sonstige Finanzaufwendungen") bzw. die gewinnerhöhende Auflösung der Drohverlustrückstellung ("Sonstige Finanzerträge") mit folgenden Beträgen erfasst wurde: 2,752.791,40 PLN (Dotierung im Jahr 2011), 1,965.804,46 PLN (Dotierung im Jahr 2012), 1,697.816,89 PLN (Auflösung im Jahr 2013), 1,701.470,17 PLN (Dotierung im Jahr 2014) und 852.214,83 PLN (Auflösung im Jahr 2015). In den Gewinn- und Verlustrechnungen der inländischen X-GmbH wurden die Ergebnisse der ausländischen Betriebsstätte in Ort2 im Hinblick auf die Drohverlustrückstellung (umgerechnet in EUR) wie folgt erfasst: 623.254,71 € (Dotierung im Jahr 2011), 530.944,17 € (Dotierung im Jahr 2012), 425.808,89 € (Auflösung im Jahr 2013), 379.521,03 € (Dotierung im Jahr 2014) und 199.772,03 € (Auflösung im Jahr 2015).
5. Bei der Ermittlung des Einkommens des Streitjahres 2011 hat die X-GmbH den auf die Betriebsstätte in Ort2, Polen, entfallenden Auslandsverlust entsprechend angesetzt. Zu diesem Zweck wurde der Auslandsverlust nach österreichischem Steuerrecht umgerechnet und mit den inländischen Einkünften der X-GmbH ausgeglichen. Die X-GmbH ermittelte solcherart einen umgerechneten Auslandsverlust der Betriebsstätte von -1,082.043,97 € (KZ 746), in dem auch die im Jahr 2011 erfolgte Dotierung Drohverlustrückstellung mit 623.254,71 € aufwandswirksam enthalten ist.
Im Zuge der Außenprüfung der X-GmbH wurde die Auffassung vertreten, dass die im Jahr 2011 mit 623.254,71 € gebildete und der polnischen Betriebsstätte zugerechnete Rückstellung für drohende Verluste nicht zulässig sei. Im angefochtenen Feststellungsbescheid Gruppenträger vom 12. Juni 2017 wurde das bisher für die X-GmbH (= Gruppenträger) für das Jahr 2011 festgestellte Einkommen von 1,562.570,67 € um diesen dotierten Rückstellungsbetrag erhöht und mit 2,185.825,38 € festgestellt.
6. Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus den anlässlich der Außenprüfung vorgelegten Unterlagen (Verträgen), und ist unbestritten. Streit besteht darüber, ob die Dotierung der Drohverlustrückstellung für zukünftig überhöhten (über dem marktüblichen Zinsniveau liegenden) Zinsaufwand im Jahr 2011 steuerlich geltend gemacht werden kann.
III. Rechtslage
1. Bestimmungen des Unternehmensgesetzbuches (UGB):
Gemäß § 198 Abs. 8 Z 1 UGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt sind.
Gemäß § 211 Abs. 1 UGB in der für das Streitjahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 120/2005 sind Verbindlichkeiten zu ihrem Rückzahlungsbetrag, Rentenverpflichtungen zum Barwert der zukünftigen Auszahlungen anzusetzen. Rückstellungen sind in der Höhe anzusetzen, die nach vernünftiger unternehmerischer Beurteilung notwendig ist. Im Rahmen der Bewertung ist auf den Grundsatz der Vorsicht (§ 201 Abs. 2 Z 4 UGB) Bedacht zu nehmen.
Gemäß § 201 Abs. 2 Z 4 UGB ist bei der Bewertung der Grundsatz der Vorsicht einzuhalten, insbesondere sind
a) nur die am Abschlussstichtag verwirklichten Gewinne auszuweisen,
b) erkennbare Risken und drohende Verluste, die in dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn die Umstände erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind,
c) Wertminderungen unabhängig davon zu berücksichtigen, ob das Geschäftsjahr mit einem Gewinn oder einem Verlust abschließt.
2. Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes (EStG 1988):
Gemäß § 5 Abs. 1 EStG 1988 sind für die Gewinnermittlung jener Steuerpflichtigen, die nach § 189 UGB oder anderen bundesgesetzlichen Vorschriften der Pflicht zur Rechnungslegung unterliegen und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 EStG 1988) beziehen, die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung maßgebend, außer zwingende steuerrechtliche Vorschriften treffen abweichende Regelungen.
Gemäß § 9 Abs. 1 EStG 1988 können Rückstellungen nur gebildet werden für
1. Anwartschaften auf Abfertigungen,
2. laufende Pensionen und Anwartschaften auf Pensionen,
3. sonstige ungewisse Verbindlichkeiten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder betreffen.
4. drohende Verluste aus schwebenden Geschäften.
Gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1988 dürfen Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 und 4 nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung von Rückstellungen ist nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden können, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlustes) ernsthaft zu rechnen ist.
Soweit im Einkommen oder bei Berechnung der Steuer ausländische Einkünfte zu berücksichtigen sind, gilt gemäß § 2 Abs. 8 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des BudBG 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, Folgendes:
1. Für die Ermittlung der ausländischen Einkünfte sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes maßgebend.
2. Der Gewinn ist nach der Gewinnermittlungsart zu ermitteln, die sich ergäbe, wenn der Betrieb im Inland gelegen wäre. Wird der Gewinn des Betriebes im Ausland nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermittelt, ist dies auch für das Inland maßgebend. Die Gewinnermittlung für eine Betriebsstätte richtet sich nach der für den gesamten Betrieb maßgebenden Gewinnermittlung.
3. Im Ausland nicht berücksichtigte Verluste sind bei der Ermittlung des Einkommens anzusetzen. Die angesetzten Verluste sind in der Steuererklärung an der dafür vorgesehenen Stelle auszuweisen. Danach angesetzte ausländische Verluste erhöhen in jenem Kalenderjahr ganz oder teilweise den Gesamtbetrag der Einkünfte, in dem sie im Ausland ganz oder teilweise berücksichtigt werden oder berücksichtigt werden könnten.
IV. Erwägungen
1. Ist der Vertrag vom Leistungsverpflichteten noch nicht erfüllt (schwebendes Geschäft), dann ist das Geschäft in der Bilanz noch nicht auszuweisen; der Ausweis der eigenen Leistungsverpflichtung einerseits und der Forderung andererseits würde einen vorzeitigen Gewinnausweis bewirken. Dies würde gegen das Realisationsprinzip verstoßen. Bei schwebenden Geschäften stehen sich die Leistungsverpflichtung und der Gegenleistungsanspruch gleichwertig gegenüber ("Gleichwertigkeitsvermutung"; BFH 23.6.1997, GrS 2/93, BStBl 1997 II 735; BFH 27.6.2001, I R 11/00, BStBl 2001 II 758).
Übersteigt am Bilanzstichtag der Wert der eigenen Leistungsverpflichtung den Wert der Gegenleistung, droht also aus dem Geschäft ein Verlust, so ist dieser Verlust nach dem Vorsichtsprinzip sofort auszuweisen (Verpflichtungsüberhang; § 198 Abs. 8 Z 1 UGB, § 9 Abs. 1 Z 4 EStG 1988; vgl. VwGH 15.7.1998, 97/13/0190; VwGH 26.11.2002, 99/15/0075). Das Imparitätsprinzip gebietet es, drohende Verluste in dem Geschäftsjahr zu berücksichtigen, in dem sie entstanden sind; drohende Verluste aus schwebenden Geschäften sind zwar noch nicht realisiert, aber bereits verursacht und müssen deshalb rückgestellt werden (vgl. Doralt, EStG12, § 9 Tz 37; vgl. auch BFH 23.6.1997, GrS 2/93, BStBl 1997 II 735). Mit der Drohverlustrückstellung wird das voraussichtlich negative Ergebnis eines Geschäftes vorweggenommen.
Für die Bildung einer Drohverlustrückstellung sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend; werterhellende Umstände sind zu berücksichtigen (VwGH 26.11.2002, 99/15/0075). Wertbeeinflussende Umstände bleiben unberücksichtigt.
2. In seiner Argumentation, dass eine Drohverlustrückstellung für das streitgegenständliche Swap-Geschäft nicht zulässig sei, stützte sich das Finanzamt im Wesentlichen auf das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 29.10.2015, RV/2100169/2012. Demnach seien unternehmensrechtlich gebildete Drohverlustrückstellungen für Sicherungsgeschäfte (zB Interest Rate Swaps, Cross Currency Swaps, Devisenoptionsgeschäfte) steuerlich nur anzuerkennen, wenn ernsthaft ein Verlust drohe.
Grundsätzlich seien unternehmens- und steuerrechtlich Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Der Begriff einer Drohverlustrückstellung sei aber nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtes im Unternehmens- und Steuerrecht nicht zwangsläufig deckungsgleich: Steuerlich sei der unternehmensrechtliche Ansatz einer Drohverlustrückstellung bei Dauerrechtsverhältnissen nur maßgeblich, wenn am Bilanzstichtag konkrete Anhaltspunkte für das Eintreten eines Verlusts aus dem Rechtsverhältnis gegeben seien. Es müssten konkrete Nachweise dafür erbracht werden, wonach am Bilanzstichtag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sei, dass der Wert der Leistungsverpflichtung aus dem Vertragsverhältnis den Wert der Gegenleistung übersteigen werde. Die bloße Möglichkeit des Eintritts eines Verlusts (zB aufgrund einer negativen Kurs- bzw. Zinsentwicklung) reiche nicht aus. Voraussetzung für die Rückstellungsbildung in der Steuerbilanz sei die ernsthafte Vorhersehbarkeit. Solange also offen sei, in welche Richtung sich der Kurs bzw. Zinssatz entwickle und im Prinzip auch eine vorteilhafte Entwicklung denkbar sei, könne in der Steuerbilanz keine Drohverlustrückstellung gebildet werden.
Das imparitätische Realisationsprinzip dürfe im Steuerrecht nicht so stark ausgeprägt sein wie im Unternehmensrecht, wo die Bildung einer Rückstellung gemäß § 198 Abs. 8 Z 1 UGB schon dann für erforderlich erachtet werde, wenn aufgrund der Entwicklung der Währungsmarkt- bzw. Zinsmarktverhältnisse am Abschlussstichtag davon auszugehen sei, dass wahrscheinlich ein Verlust erzielt werde.
Darüber hinaus wurde vom Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis (BFG 29.10.2015, RV/2100169/2012) noch festgehalten, dass die Bildung einer Drohverlustrückstellung auch dann ausgeschlossen wäre, wenn das Absicherungsgeschäft mit einem Grundgeschäft (zB Kreditvertrag) in Zusammenhang stehe und vom Vorliegen einer Bewertungseinheit ("geschlossene Position deckungsfähiger Ansprüche und Verbindlichkeiten") auszugehen sei. In Anlehnung an die Rechtsprechung des deutschen BFH sei bei der Beurteilung, ob eine geschlossene Position in diesem Sinn vorliege, auf die Kriterien Währungsidentität, Betragsidentität und Fälligkeitskongruenz abzustellen.
3. Das vom Finanzamt als maßgeblich erachtete Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 29.10.2015, RV/2100169/2012, wurde vom Verwaltungsgerichtshof (hinsichtlich Feststellungsbescheid Gruppenmitglied) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (vgl. VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005). Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof aus wie folgt:
"30 Dem Bundesfinanzgericht ist nicht entgegenzutreten, wenn es - der Rechtsansicht der Revisionswerberin folgend - davon ausging, dass keine Bewertungseinheit sämtlicher von der Revisionswerberin mit der Bank abgeschlossenen Termingeschäfte vorliege. Im Allgemeinen ist jedes einzelne schwebende Geschäft für sich darauf zu prüfen, ob daraus ein Verlust droht (vgl. Doralt, EStG12, § 9 Tz 37). Eine Qualifizierung mehrerer Rechtsgeschäfte als einheitliches Rechtsgeschäft könnte zwar dann geboten sein, wenn ein unmittelbarer zeitlicher (und betraglicher) Zusammenhang zwischen den einzelnen Rechtsgeschäften besteht, sie in unmittelbarem Zusammenhang zueinander bereits im Vorhinein vereinbart wurden und somit hinsichtlich ihrer späteren Abwicklung keine weiteren Dispositionen möglich waren (vgl. VwGH vom 19. Oktober 2016, Ro 2014/15/0014). Dass ein derartiger Zusammenhang zwischen den Termingeschäften bestehe, ergibt sich aus den Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichtes nicht und ist insbesondere auch nicht aus einem zwischen der Revisionswerberin und der X Bank abgeschlossenen Rahmenvertrag ableitbar.
31 Einheitlich zu beurteilen sind freilich jene Geschäfte, die unmittelbar aufeinander bezogen abgeschlossen wurden. So sind insbesondere - wie auch von der Revisionswerberin nicht bestritten - die Vereinbarung über ein Swapgeschäft zusammen mit dem zur Währungsabsicherung dieses Geschäftes abgeschlossenen Optionsgeschäft zu beurteilen (vgl. näher zum "Saldierungsbereich" Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, 58. Lfg, § 9 Tz 125 ff; vgl. auch - zu "Bewertungseinheiten" - Doralt/Mayr, EStG14, § 6 Tz 217; sowie Mayr, Rückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz, 228 ff).
32 Das Bundesfinanzgericht stützte seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, es sei nicht erwiesen, dass mit den Verlusten ernsthaft habe gerechnet werden müssen. Die Entwicklung der Zinsen und Wechselkurse sei nicht absehbar gewesen. Die Revisionswerberin habe daher nicht zwingend auf einen Verlust aus den Swap-Geschäften bei Vertragsablauf schließen können. Auswirkungen von Zinsschwankungen seien Ausfluss des allgemeinen Geschäftsrisikos (Hinweis auf VwGH vom 27. Juni 1989, 88/14/0126, VwSlg. 6410/F).
33 Damit hat das Bundesfinanzgericht die Rechtslage verkannt.
34 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass zwar vom Abgabepflichtigen iSd § 9 Abs. 3 EStG 1988 konkrete Umstände nachzuweisen sind; diese Nachweispflicht betrifft den Sachverhalt. Ob aber im Hinblick auf diese Umstände mit dem Entstehen eines Verlustes ernsthaft zu rechnen ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.
35 Drohverlustrückstellungen sind anzusetzen, wenn aus konkreten Geschäftsfällen ein Verpflichtungsüberhang droht. Ein allgemeines Geschäftsrisiko, das allenfalls aus Schwankungen des Zinsenniveaus auf dem Kapitalmarkt resultiert, kann nicht im Wege einer Rückstellungsbildung berücksichtigt werden (vgl. das eine Bausparkasse betreffende Erkenntnis vom 27. Juni 1989, 88/14/0126, VwSlg. 6410/F; sowie Doralt, EStG12, § 9 Tz 41). Im vorliegenden Fall wird von der Revisionswerberin nicht ein allgemeines Geschäftsrisiko, sondern ein drohender Verlust aus konkreten Geschäftsfällen geltend gemacht.
36 Eine Rückstellung für drohende Verluste hat nach § 9 Abs. 3 EStG 1988 zur Voraussetzung, dass eine konkrete Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Risikofalles gegeben ist, der Verlust also ernsthaft droht; die bloß entfernte Möglichkeit eines Verlustes genügt für die Bildung einer Rückstellung nicht (vgl. VwGH vom 21. Juni 1994, 91/14/0165, mwN; vgl. auch VfGH vom 9. Dezember 1997, G 403/97, VfSlg. 15040: nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag müssen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen). Dass im Hinblick auf die nicht absehbare weitere Entwicklung der Zinsen und Wechselkurse nicht zwingend auf einen Verlust aus den Swap-Geschäften zu schließen war, steht sohin einer Rückstellungsbildung nicht entgegen.
37 Die mit einer Rückstellung zu berücksichtigenden Umstände müssen am Bilanzstichtag bereits vorliegen, es ist dabei aber im Sinne der "subjektiven Richtigkeit der Bilanz" stets auf den Kenntnisstand abzustellen, den der Unternehmer bei Bilanzerstellung hatte oder hätte haben müssen (vgl. VwGH vom 25. Mai 2016, 2013/15/0257, Tz 11). Der nachträgliche Eintritt von Umständen, die am Bilanzstichtag noch nicht vorhanden waren, bleibt hingegen bei der Bewertung am Bilanzstichtag außer Ansatz (vgl. VwGH vom 30. September 1998, 97/13/0045, mwN). Soweit zum Bilanzstichtag Börsenkurse vorliegen, sind diese im Allgemeinen der Bewertung zu Grunde zu legen, da diese die informationsgestützte Einschätzung einer großen Zahl von Marktteilnehmern widerspiegeln (wenn nicht aufgrund konkreter und objektiv überprüfbarer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass etwa Marktanomalien oder Insidergeschäfte vorliegen; vgl. hiezu Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. September 2011, I R 89/10).
38 Bei einem schwebenden Geschäft besteht zunächst die Vermutung, dass Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sind; schwebende Geschäfte sind demnach auch nicht zu bilanzieren. Wird aber im Einzelfall der Nachweis erbracht, dass ein Verpflichtungsüberhang besteht, kommt eine Verlustrückstellung in Betracht (vgl. Doralt/Mayr, EStG13, § 6 Tz 45). Es ist dabei in einer Stichtagsbetrachtung (Restlaufzeitbetrachtung) auf die am Bilanzstichtag noch nicht realisierten Erträge und Aufwendungen aus dem Geschäftsfall abzustellen (vgl. Mühlehner, aaO, § 9 Tz 124).
39 Die Voraussetzungen für eine Drohverlustrückstellung können sich etwa aus allgemeinen Preisänderungen nach Vertragsabschluss ergeben (vgl. Mühlehner, aaO, § 9 Tz 122). Eine Verlustrückstellung ist anzusetzen, wenn am Bilanzstichtag der Wert der noch zu übernehmenden Vermögensgegenstände unter dem dafür vereinbarten Kaufpreis liegt (vgl. auch Konezny in Hirschler, Bilanzrecht, § 198 Abs. 8 UGB, Tz 150)."
4. Vorliegen einer Bewertungseinheit: Dem vorstehenden VwGH-Erkenntnis (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005, Rn 30, 31) ist zu entnehmen, dass für die Frage nach der Bildung einer Drohverlustrückstellung nicht unbeschränkt Geschäfte zusammengefasst werden dürfen; die zusammengefasste Betrachtung einzelner Geschäfte ist vielmehr nur dann angebracht, wenn diese in einem unmittelbaren (zeitlichen und betraglichen) Kausalzusammenhang stehen. So bilden insbesondere Grundgeschäft und Sicherungsgeschäfte eine derartige geschlossene Position (vgl. Zorn, Swaps und Optionen - ihre bilanzielle Darstellung, FJ 1990, 244 (247)). Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften dürfen daher - handelsrechtlich und steuerrechtlich - insoweit nicht gebildet werden, als drohende Verluste aus dem Grundgeschäft durch Hilfs- oder Sicherungsgeschäfte abgefangen werden (vgl. auch Mühlehner in Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 58. Lfg, § 9 Tz 127).
Auf der Grundlage des vorstehenden VwGH-Erkenntnisses geht das Bundesfinanzgericht - im Einklang mit dem Finanzamt - zunächst davon aus, dass der Kreditvertrag vom 3. August 2010 und das zur Absicherung gegen steigende Kreditzinsen abgeschlossene Zinssicherungsgeschäft vom 16. Juli 2010 (Interest Rate Swap) eine Bewertungseinheit bilden, da beide Geschäfte unmittelbar aufeinander bezogen abgeschlossen wurden. Soll mit dem Swap eine variable Zinsverpflichtung aus dem Grundgeschäft wirtschaftlich in eine konstante Zinsverpflichtung gewandelt werden, so ist eine geschlossene Position und damit eine kompensierende Betrachtung nur möglich, wenn der variable Referenzzinssatz in Swap und Grundgeschäft übereinstimmen. Gerade diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
Die variablen Zinsbeträge orientieren sich beim Interest Rate Swap und beim Grundgeschäft am 3-Monats-EURIBOR als Referenzzinssatz. Die Zinszahlungs- bzw. Zinsfeststellungszeitpunkte beim Interest Rate Swap weichen von jenen beim Grundgeschäft nicht ab (die Zinsverrechnung erfolgt jeweils vierteljährlich). Als Bezugsbetrag wurde im Interest Rate Swap ein Betrag von 12,287.104,00 € festgelegt, dies entspricht der Höhe des Investitionskredites. Die Vertragsparteien sind beim Interest Rate Swap und beim Grundgeschäft dieselben (zum einen die X-GmbH als Kreditnehmer bzw. Zahler der Festbeträge, zum anderen die BankX als Kreditgeber bzw. Zahler der variablen Beträge).
5. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass sich die Verpflichtung zur Bildung von Drohverlustrückstellungen aus dem Grundsatz der Vorsicht ergibt, insbesondere dem imparitätischen Realisationsprinzip nach § 201 Abs. 2 Z 4 UGB. Nach diesem sind noch nicht realisierte, aber drohende Verluste bereits im Jahresabschluss auszuweisen. Wenn aber aus einem Geschäft, das durchaus aus mehreren einzelnen Geschäften bestehen kann, insgesamt kein Verlust droht, so ist auch kein Raum für eine Drohverlustrückstellung. In diesem Sinne sind Versicherungen, die bestehende Risken aus dem Grundgeschäft abdecken, in die Überlegung nach Bildung der Drohverlustrückstellung genauso einzubeziehen wie andere Absicherungsinstrumente.
Das Finanzamt argumentierte damit (vgl. die gesonderte Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen), dass aus der Kreditaufnahme und dem Abschluss des Interest Rate Swap insgesamt kein Verlust drohe, weil der Aufwand aus dem Sicherungsgeschäft durch niedrigere Zinsaufwendungen aus dem Grundgeschäft kompensiert werde; daher könne keine Drohverlustrückstellung gebildet werden. Diese Argumentation kann nicht nachvollzogen werden:
Im Streitfall ist von einer Bewertungseinheit zwischen dem Kreditgeschäft und dem Zinssicherungsgeschäft auszugehen. Der Verlust ist in jener Höhe zu schätzen, die nach vernünftiger kaufmännischer Vorsicht für das Gesamtgeschäft zu erwarten ist (vgl. Zorn, Swaps und Optionen - ihre bilanzielle Darstellung, FJ 1990, 244 (247); Loebenstein, Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften, ÖJZ 1986, 131 (132)). Es ist dabei die Zinstransaktion im Rahmen des Interest Rate Swap zusammen mit dem Grundgeschäft (der Geldaufnahme) zu betrachten. Erst die gemeinsame Betrachtung lässt erkennen, ob ein Rückstellungsbedarf besteht.
6. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass für die X-GmbH aus dem Grundgeschäft (Kreditvertrag) weder ein Verlust aus einer Währungsdifferenz (die Kreditaufnahme erfolgte in EUR) noch ein Verlust aus einer Zinsdifferenz (die Kreditaufnahme erfolgte mit einer variablen Verzinsung, die sich am 3-Monats-EURIBOR orientiert, und nicht mit einer Fixverzinsung, die zu einer Überverzinslichkeit führen könnte) droht. Mit dem Grundgeschäft ist weder das Risiko eines Währungsverlustes noch das Risiko eines Zinsverlustes verbunden. Das Finanzamt räumte selbst ein (vgl. die gesonderte Bescheidbegründung zu den Beschwerdevorentscheidungen), dass durch das Sicherungsgeschäft nicht ein Verlust aus dem Grundgeschäft abgefangen werde.
Ein Verlust droht im Streitfall vielmehr durch den Abschluss des Zinssicherungsgeschäftes. Mit dem gegenständlichen Interest Rate Swap soll eine variable Zinsverpflichtung aus dem Grundgeschäft (Kreditvertrag) wirtschaftlich in eine konstante Zinsverpflichtung gewandelt werden. Durch den Interest Rate Swap werden zu bestimmten Fälligkeitszeitpunkten Festbeträge gegen variable Zinsbeträge auf einen bestimmten (mit dem Kreditbetrag übereinstimmenden) Bezugsbetrag getauscht und die für die Festbeträge erhaltenen variablen Beträge werden zur Begleichung der Zinsen aus dem Grundgeschäft (Kreditvertrag) verwendet. Bei der kompensierenden Betrachtung ist wesentlich, dass der Interest Rate Swap als Hilfsgeschäft wirtschaftlich die Zinsen des Grundgeschäftes (der Fremdmittelaufnahme) ändert. Für den Zinsswap bedeutet dies, dass die Zahlungen an den Swap-Partner den Wert der Zinsverpflichtung gegenüber dem Kreditgeber bestimmen.
Das Kreditgeschäft und das Zinssicherungsgeschäft sind somit im Streitfall im Rahmen einer kompensierenden Betrachtung wirtschaftlich so zu verstehen, als hätte die X-GmbH Fremdmittel zu den sich aus dem Interest Rate Swap ergebenden Konditionen aufgenommen. Indem die X-GmbH aufgrund des Zinssicherungsgeschäftes einen bei Vertragsabschluss fixierten Festzinssatz von 2,8 % zu bezahlen hat, wurde damit de facto der variable Teil der Verzinsung des Kreditvertrages (3-Monats-EURIBOR) gegen eine Fixverzinsung in Höhe von 2,8 % getauscht. Ein Rückstellungsbedarf besteht insoweit, als der X-GmbH infolge des sinkenden Marktzinsniveaus nach Abschluss der genannten Verträge Verluste aus den Zinsaufwendungen des Swap-Geschäftes erwachsen; die Fixverzinsung von 2,8 % führt zu höheren Zinszahlungen als dies bei Beibehaltung der variablen Verzinsung der Fall gewesen wäre.
Bereits bei der Bilanzerstellung für das Streitjahr 2011 war aufgrund der Zinssatzkurve des 3-Monats-EURIBOR ersichtlich, dass dieses Geschäft aufgrund des erhöhten Zinsaufwandes (gegenüber dem marktüblichen Zinsniveau) zu einem entsprechenden Verlust führen werde. Die X-GmbH hätte sich nun billiger refinanzieren können, der de facto fixverzinste Kredit ist aus der Sicht der Verhältnisse zum Bilanzstichtag zu teuer. Das Finanzamt stellte das Vorbringen der X-GmbH, das marktübliche Zinsniveau habe sich bis zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2011 für das Unternehmen nachteilig verändert, nicht in Frage. Damit ist aber zum Bilanzstichtag von einem Verpflichtungsüberhang aus dem Swapgeschäft auszugehen. Die von der BankX ermittelten und dem Unternehmen zu den Bilanzstichtagen mitgeteilten Verluste aus dem Zinssicherungsgeschäft sind der Höhe nach unbestritten.
7. Das Finanzamt argumentierte damit, es sei im Beschwerdefall nicht erwiesen, dass mit Verlusten aus dem Swap-Geschäft ernsthaft habe gerechnet werden müssen, da die Bewertung des Interest Rate Swaps im Laufe der langen Restlaufzeit (in jede Richtung) erheblich abweichen könne. Es sei daher nicht absehbar, ob nicht am Ende der Laufzeit das allgemeine Marktzinsniveau sogar über dem vereinbarten Fixzins liegen könnte. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in seinem Erkenntnis (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005, Rn 36) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass einer Rückstellungsbildung nicht entgegensteht, dass "im Hinblick auf die nicht absehbare weitere Entwicklung der Zinsen und Wechselkurse nicht zwingend auf einen Verlust aus den Swap-Geschäften zu schließen" ist.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die X-GmbH im Rahmen einer Stichtagsbetrachtung zu den einzelnen Bilanzstichtagen ohnehin eine Neubewertung der Drohverlustrückstellung und dabei auch eine gewinnerhöhende Auflösung dieser Bilanzposition in den folgenden Jahren vorgenommen hat. So wurde in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2013 und 2015 (offensichtlich aufgrund eines wieder gestiegenen, aber noch immer unter dem vereinbarten Fixzins liegenden Marktzinsniveaus) eine gewinnerhöhende Auflösung der Drohverlustrückstellung (mit 425.808,89 € im Jahr 2013 und 199.772,03 € im Jahr 2015) erfasst.
Das Finanzamt kann sich bei seiner Argumentation auch nicht auf das eine Bausparkasse betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.6.1989, 88/14/0126) stützen, wonach ein allgemeines Geschäftsrisiko, das allenfalls aus Schwankungen des Zinsenniveaus auf dem Kapitalmarkt resultiert, nicht im Wege einer Rückstellungsbildung berücksichtigt werden kann. Im vorliegenden Beschwerdefall wird von der X-GmbH nicht ein allgemeines Geschäftsrisiko, sondern ein drohender Verlust aus einem konkreten Zinsswap-Geschäft (Interest Rate Swap) geltend gemacht (vgl. nochmals VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005, Rn 35).
8. Wie bereits dargestellt, soll mit dem gegenständlichen Interest Rate Swap eine variable Zinsverpflichtung aus dem Grundgeschäft (Kreditvertrag) wirtschaftlich in eine konstante Zinsverpflichtung gewandelt werden. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist dieser Sachverhalt in seiner Gesamtheit steuerrechtlich nicht anders zu beurteilen, als wenn die X-GmbH bei der BankX von vornherein einen Kreditvertrag mit einer Fixzinsvereinbarung abgeschlossen hätte. Dabei ist von folgenden Überlegungen auszugehen:
Für die Steuerbilanz schreibt § 6 Z 3 EStG 1988 die sinngemäße Anwendung der Vorschrift des § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 vor, dh. Verbindlichkeiten sind mit den Anschaffungskosten oder dem höheren Teilwert anzusetzen. Als Anschaffungswert einer Darlehensverbindlichkeit gilt ihr Nennwert. Teilwert einer Verbindlichkeit ist der Betrag, den der Erwerber des gesamten Betriebes mehr bezahlen würde, wenn die Verbindlichkeit nicht bestünde oder wenn er sie vom Verkäufer nicht zu übernehmen bräuchte. Bei Darlehensverbindlichkeiten kann ein über dem Nennwert liegender Teilwert zB dadurch entstehen, dass eine hoch verzinsliche Verbindlichkeit (Fixzinsvereinbarung) eingegangen wurde und das allgemeine Zinsniveau gesunken ist.
Kommt es durch das Absinken des Marktzinsniveaus nach Zugang einer fix verzinslichen Verbindlichkeit zu einer "Überverzinslichkeit", wird der "Erwerber des ganzen Betriebes" diese Verbindlichkeit aufgrund der höheren Zinsverpflichtungen mit einem höheren Wert - nämlich zuzüglich der nicht vermeidbaren erwarteten Mehrkosten, die bis zur (vorzeitigen) Tilgung dieser Verbindlichkeit entstehen - berücksichtigen. Der beizulegende Wert (und auch der Zeitwert) einer solchen Verbindlichkeit ist damit höher als der "Erfüllungsbetrag". Die Ansicht des Finanzamtes, dass ein möglicher Erwerber des Unternehmens auch bei vereinbarten Fixzinsen und gleichzeitig verbesserten Kreditbedingungen nicht zwingend einen Abschlag vom Gesamtkaufpreis vornehmen würde, weil die Fixverzinsung für sich einen eigenständigen Wert im Rahmen der Unternehmensführung habe, für den (vorübergehend) auch nachteiligere Zinskonditionen in Kauf genommen würden, kann vom Bundesfinanzgericht nicht geteilt werden.
Beruht die Überverzinslichkeit einer Darlehensverbindlichkeit darauf, dass das Marktniveau gesunken ist, dh. die am Bilanzstichtag möglichen Zinskonditionen sind günstiger als die vereinbarten Zinssätze, so ist handelsrechtlich in Höhe des Barwertes der Mehrzinsen eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Als Rückstellung ist der Barwert der Zinsdifferenz zu passivieren. In der Steuerbilanz kommt anstelle der Rückstellungsbildung der Ansatz des höheren Teilwertes in Betracht. Der Teilwert entspricht der Summe aus dem Rückzahlungsbetrag und der in der Handelsbilanz wegen der Überverzinslichkeit zu bildenden Rückstellung. Ist der Teilwert einer Verbindlichkeit gestiegen, so muss der rechnungslegungspflichtige Gewerbetreibende (§ 5 Abs. 1 EStG 1988) den höheren Wert ansetzen. Der höhere Teilwert einer Verbindlichkeit ist im Jahr der Entstehung auszuweisen (vgl. Zorn, Swaps und Optionen - ihre bilanzielle Darstellung, FJ 1990, 244 (249)).
Die vorstehende Rechtsansicht zur Überverzinslichkeit von Verbindlichkeiten wird auch von der Finanzverwaltung geteilt (vgl. EStR 2000 Rz 2449): "Überverzinslichkeit von vorzeitig nicht rückzahlbaren Verbindlichkeiten auf Grund gesunkenen Marktniveaus (Verbesserung der Kreditbedingungen) führt zu einem höheren Teilwert der Verbindlichkeit bzw. zu einer Rückstellung."
9. Berücksichtigung von Auslandsverlusten: Nach § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des BudBG 2009, BGBl. I Nr. 52/2009, sind im Ausland nicht berücksichtigte Verluste bei der Ermittlung des Einkommens anzusetzen und erhöhen in der Folge den Gesamtbetrag der Einkünfte in jenem Jahr, in dem sie im Ausland ganz oder teilweise berücksichtigt wurden oder in dem man sie hätte berücksichtigen können. Verluste unbeschränkt Steuerpflichtiger, die im Ausland im Kalenderjahr nicht berücksichtigt werden, sind umzurechnen und mit inländischen bzw. umgerechneten ausländischen (positiven) Einkünften auszugleichen, ein negativer Progressionsvorbehalt ist nicht vorgesehen. Der Ausgleich ist im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen mit Befreiungsmethode anzuwenden, somit auch im Verhältnis zu Polen (vgl. Art. 7 Abs. 1 iVm Art. 24 Abs. 2 lit. a DBA-Polen). Im Fall der Befreiungsmethode sind positive Auslandseinkünfte für den Progressionsvorbehalt bedeutsam, negative Einkünfte für die inländische Bemessungsgrundlage (vgl. Jakom/Laudacher, EStG, 2019, § 2 Rz 197).
Vom Finanzamt wurde eingewendet, dass die Bildung von Rückstellungen nach polnischem Steuerrecht offensichtlich nicht anerkannt werde. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass der im Ausland erzielte Verlust in das inländische Recht umzurechnen ist. Es hat eine Umrechnung des ausländischen Ergebnisses nach den österreichischen steuerlichen Vorschriften zu erfolgen. War bis einschließlich des Streitjahres 2011 der umgerechnete Verlust höher, wurde dieser angesetzt, ebenso wenn er niedriger war als der nach ausländischem Recht ermittelte Verlust (vgl. Jakom/Laudacher, EStG, 2019, § 2 Rz 201). Demnach war von der X-GmbH im Streitjahr 2011 im Inland aufgrund des Vorsichtsprinzips im Zusammenhang mit dem Zinssicherungsgeschäft eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Die Regelung, dass der (umgerechnete) im Inland anzusetzende ausländische Verlust mit der Höhe des nach ausländischem Steuerrecht ermittelten Verlustes begrenzt ist, ist erst ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 2012 anzuwenden (vgl. § 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 idF 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, iVm § 124b Z 210 EStG 1988).
Um Doppelverlustverwertungen zu vermeiden, erfolgt in jenem Jahr, in dem der Verlust im Ausland verwertet wird oder verwertet werden könnte, eine Nachversteuerung in Österreich (§ 2 Abs. 8 Z 3 EStG 1988 idF BudBG 2009, BGBl. I Nr. 52/2009). Dazu ist festzuhalten, dass es im Hinblick auf die im Streitjahr gebildete Drohverlustrückstellung nicht zu einer doppelten Verlustverwertung gekommen ist bzw. gar nicht kommen konnte. Dies aus folgenden Gründen:
Die Niederlassung der X-GmbH in Ort2, Polen, erzielte in ihren ersten beiden Jahren jeweils Verluste. Die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage betrug -250.629,06 PLN (im Jahr 2010) und -1,104.855,88 PLN (im Jahr 2011). Im Jahr 2012 wurde ein steuerpflichtiger Gewinn von 716.672,98 PLN erzielt, im Jahr 2013 ein solcher von 1,525.930,63 PLN. Die Verluste der Jahre 2010 und 2011 konnten in den Jahren 2012 und 2013 nach polnischem Steuerrecht je zur Hälfte (somit mit jeweils 677.742,47 PLN) vorgetragen werden (Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage somit: 38.930,51 PLN im Jahr 2012 und 848.188,16 PLN im Jahr 2013). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass die von der Niederlassung der X-GmbH in Ort2, Polen, in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2011 mit 2,752.791,40 PLN aufwandswirksam erfasste Dotierung Drohverlustrückstellung bei der Ermittlung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (-1,104.855,88 PLN) in dieser Höhe als "Aufwendungen des laufenden GJ, die steuerlich nicht abzugsfähig sind" wieder hinzugerechnet wurde. Die Dotierung Drohverlustrückstellung fand daher in Polen überhaupt keine steuerliche Berücksichtigung (weder im Verlustjahr 2011 noch - im Wege einer Verwertung - in einem der folgenden Gewinnjahre).
Nur am Rande sei bemerkt, dass die in Polen in den Jahren 2012 und 2013 im Wege des Verlustvortrages berücksichtigten Betriebsstättenverluste (der Jahre 2010 und 2011; demnach im Jahr 2011 ohne Berücksichtigung einer Drohverlustrückstellung) bei der inländischen X-GmbH in den Jahren 2012 und 2013 ohnehin zu einer Nachversteuerung der Verlustverrechnung der ausländischen Betriebsstätte im Ausmaß von jeweils 677.742,47 PLN geführt haben (somit umgerechnet in EUR: 166.113,35 € im Jahr 2012 und 163.193,47 € im Jahr 2013; vgl. KZ 9303 der Körperschaftsteuererklärungen).
10. Der Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011 und den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe für das Jahr 2011 ist daher gemäß § 279 BAO Folge zu geben. Die im Jahr 2011 mit 623.254,71 € gebildete Drohverlustrückstellung für das streitgegenständliche Swap-Geschäft ist zulässig. Das Einkommen des Gruppenträgers X-GmbH gemäß § 9 Abs. 6 Z 2 KStG 1988 beträgt 1,562.570,67 € (statt 2,185.825,38 € lt. angefochtenem Feststellungsbescheid Gruppenträger).
Die Feststellung des Einkommens des Gruppenträgers und die Berechnung der Körperschaftsteuer der Gruppe sind dem Feststellungsbescheid Gruppenträger für das Jahr 2011 vom 18. Dezember 2012 und dem Körperschaftsteuerbescheid Gruppe für das Jahr 2011 vom 19. Dezember 2012 zu entnehmen, die insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bilden.
V. Zulässigkeit einer Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Das Bundesfinanzgericht konnte sich bei der Frage der Zulässigkeit einer Drohverlustrückstellung für Verluste aus Zinssicherungsgeschäften auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/15/0005) stützen. Im Übrigen stellt die Entscheidung das Ergebnis einer Sachverhaltsfeststellung im Einzelfall dar. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Innsbruck, am 22. Oktober 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 198 Abs. 8 Z 1 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 |
Verweise: | VwGH, 88/14/0126 |