Werbungskosten eines Facility Managers: Internetanschluss, Mobiltelefon, Tablet
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100329.2018
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, Adr, über die Beschwerde vom 13.02.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Bregenz vom 15.01.2018, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt/Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (Bf) ist Grenzpendler nach O/Schweiz und arbeitet dort bei der Firma AG.
Im Jahr 2016 leistete er 146 sog. "7x24-Stunden-Pikett-Dienste" (Bereitschaftsdienste).
Die Veranlagung erfolgte erklärungsgemäß bzw. aufgrund des vorgelegten Schweizer Lohnausweises für das Jahr 2016.
2. In der Beschwerde machte der Bf neben - nicht mehr entscheidungswesentlichen - Krankenversicherungsbeiträgen und begünstigt besteuerten Lohnbestandteilen (13. Monatslohn und "Prämie") folgende Werbungskosten geltend: Kosten für den Internetbreitbandanschluss sowie Arbeitsmittel in Form eines Handys und eines Tablets, hier jeweils 50 % der Anschaffungskosten. Dies begründete der Bf damit, dass er "7x24 h Pikettdienste" leiste und daher bei einem Alarm darauf angewiesen sei, sich auf das Gebäudeleit- und -alarmsystem schalten zu können. Dazu benötige er einen Internetbreitbandanschluss, da dies über das private mobile Internet am Handy ausreichend funktioniere. Außerdem seien Tablet und Handy für den Bf Arbeitsmittel, da er erreichbar sein müsse.
3. Das Finanzamt wertete die Bezeichnung "7x24h Pikettdienste" in der Weise, dass der Bf eine Woche im Jahr Pikettdienste geleistet habe und anerkannte in der Beschwerdevorentscheidung dementsprechend ein Zweiundfünfzigstel der geltend gemachten Werbungskosten für Internet, Handy und Tablet. Da dieser Betrag die Werbungskostenpauschale von 132 € nicht überstieg, wurde diese in der BVE berücksichtigt.
4. Im Vorlageantrag stellte der Bf klar, dass er an 146 Tagen im Jahr 2016 sog. "Pikett 7x24" geleistet habe. Der Breitbandanschluss werde ausschließlich beruflich für den Zugriff auf das Gebäudeleitsystem benötigt. Privat werde ausschließlich ein UPC Mobile Paket genutzt, mit dem ein Zugriff auf das Gebäudeleitsystem mangels ausreichender Bandbreite nicht möglich sei.
5. In der Folge richtete das Finanzamt ein Schreiben an den Bf, mit welchem es ihn um die Vorlage folgender Unterlagen ersuchte: Bestätigung des Arbeitgebers, dass ihm kein Dienst-Smartphone und/oder Diensttablet für die Pikettdienste und die Tätigkeit als Facility Manager zur Verfügung gestellt werde, Rechnungen über die Anschaffung des Smartphones und des Tablet-PCs sowie Rechnungen 1/2016, 5/2016 und 11/2016 betreffend den Breitbandanschluss. Weiters wurde der Bf zur Vorlage von Zahlungsbestätigungen für die geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge, außerdem Kirchenbeitrag und Spenden aufgefordert.
6. In Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens teilte der Bf - soweit beschwerdegegenständlich - mit, dass er den Breitbandanschluss ausschließlich geschäftlich nutze. Privat werde ausschließlich das mobile Internet der Handys genutzt. Hier verfüge der Bf über ein Abo von "Drei" und ein Datenabo von UPC für den mobilen Zugriff per Tablet auf das Leitsystem, welches er mittlerweile auch für seine Weiterbildung an der Uni nutze.
Der 2011 geborene Sohn (als Replik auf das im Vorlagebericht mit 2001 angegebene Geburtsjahr des Sohnes zu werten) nutze kein Internet.
Vorgelegt werde eine Bestätigung des Arbeitgebers bezüglich Telefonbeschaffungskosten. Auch die Rechnung betreffend das vom Bf bezahlte Tablet befinde sich im Anhang. Da der Arbeitgeber ein Notebook zur Verfügung gestellt habe, welches allerdings zu groß und zu schwer sei, um es bei Bereitschaftsdienst ständig mit sich herumzutragen, gebe es dazu keine Bestätigung des Arbeitgebers.
Weiters ersuchte der Bf um Stellungnahme dazu, weshalb bislang die Pikettentschädigung steuerlich nicht berücksichtigt worden sei.
7. Die Vorlage der Beschwerde erfolgte am selben Tag, an dem das erwähnte Ergänzungsersuchen an den Bf erging; im Vorlagebericht wurde - vorbehaltlich der angeforderten Unterlagen - beantragt, jeweils 50 % der angefallenen Kosten als Werbungskosten zu gewähren.
Abgesehen von der Anmerkung zum Geburtsjahr des Sohnes in der Vorhaltsbeantwortung äußerte sich der Bf nicht zum Vorlagebericht.
8. Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes wurde der Bf aufgefordert, die ausschließliche berufliche Nutzung des Breitbandinternetanschlusses nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen; er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass, sollte dieser Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung nicht erfolgen, dem Antrag des Finanzamtes im Vorlagebericht folgend maximal 50 % der Kosten anerkannt werden können.
Der Bf wurde weiters darauf hingewiesen, dass aufgrund der € 400 übersteigenden Anschaffungskosten des Handys nur die Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten geltend gemacht werden kann, wobei gegenständlich die Anschaffung in der zweiten Jahreshälfte erfolgt ist.
Abschließend erfolgte im Vorhalt eine Darlegung der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes betreffend die "steuerliche Berücksichtigung" der Pikettdienste.
9. In seiner Stellungnahme legte der Bf dar, welchen privaten Handy-Tarif (inkl. Internet) er 2016 nutzte und übermittelte entsprechende Zahlungsnachweise. Er gab zudem an, vor Anschaffung des beschwerdegegenständlichen Handys und des Tablets ein Pool-Firmennotebook zur Nutzung des Breitbandanschlusses verwendet zu haben.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akteninhalt und den vom Finanzamt und vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Vorhalteverfahren.
Rechtslage
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß Z. 7 leg. cit. zählen Ausgaben für Arbeitsmittel zu den Werbungskosten.
Aufwendungen für Arbeitsmittel sind abzugsfähig, wenn sie mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen; es sind darunter alle Hilfsmittel zu verstehen, die zur Erbringung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Arbeit erforderlich sind und nicht vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden (Jakom/Lenneis, EStG 2018, § 16 Tz 33 mwN).
Im Fall der privaten Mitverwendung sind die Aufwendungen aufzuteilen (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 16 Tz 135).
Erwägungen
1. Bei den geltend gemachten Aufwendungen für Internet, Tablet und Mobiltelefon handelt es sich um solche, die im Fall der eindeutig feststehenden beruflichen Verwendung als Werbungskosten abzugsfähig sind. Das Ausmaß der beruflichen Nutzung ist jedoch vom Abgabepflichtigen nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen. Ist eine genaue Abgrenzung der beruflichen und der privaten Nutzung nicht möglich, ist die Aufteilung zu schätzen (Doralt, EStG, § 16 Tz 220).
Im gegenständlichen Fall räumt der Bf selbst ein, Tablet und Mobiltelefon nicht ausschließlich beruflich zu nutzen und macht diese Geräte betreffend daher nur 50 % der Ausgaben als Werbungskosten geltend.
Nichts anderes kann aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung für den Internetanschluss gelten, welcher ab deren Anschaffung mit den genannten Geräten genutzt wird. Aber auch bereits vorher konnte dieser Internetanschluss mit anderen Geräten, beispielsweise einem privaten Computer oder den privaten Handys des Bf oder seiner Lebensgefährtin, genutzt werden. Dass im privaten Handytarif Internetnutzung inkludiert ist, schließt nicht aus, dass der Bf oder seine Lebensgefährtin zuhause, etwa über WLAN-Station oder USB-Stick, den Breitbandinternetanschluss verwenden.
Die ausschließliche berufliche Nutzung des Breitbandinternetanschlusses kann nach dem gesamten Vorbringen des Bf nicht als erwiesen bzw. glaubhaft angesehen werden; glaubhaft ist nichtsdestotrotz, dass auch eine berufliche Verwendung vorliegt, weshalb die Aufwendungen für den Internetanschluss im Ausmaß von 50 %, entsprechend den beantragten Werbungskosten iZm Tablet und Mobiltelefon, anerkannt werden.
2. Laut bereits im Verfahren vor dem Finanzamt vorgelegter Rechnung betrugen die Anschaffungskosten für das Mobiltelefon € 473,90. Aufwendungen für Arbeitsmittel, deren Anschaffungskosten mehr als € 400 betragen, können nicht sofort, sondern nur im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) als Werbungskosten, verteilt auf die übliche Nutzungsdauer, welche bei Mobiltelefonen grundsätzlich mit drei Jahren angenommen wird, steuerlich abgesetzt werden. Hinzu kommt, dass im Falle der Anschaffung in der zweiten Jahreshälfte im Jahr der Anschaffung nur eine halbe Jahres-AfA geltend gemacht werden kann. Im gegenständlichen Fall können somit für das Mobiltelefon Aufwendungen iHv € 39,49, das ist eine Halbjahres-AfA, gekürzt um den Privatanteil von 50 %, anerkannt werden.
3. Betreffend das Tablet wurde der Nachweis über die Höhe der Anschaffungskosten bereits im Verfahren vor dem Finanzamt erbracht und wurde die Anerkennung der beantragten Aufwendungen unter Berücksichtigung des 50%igen Privatanteils außer Streit gestellt.
4. Zur "steuerlichen Berücksichtigung" der Pikettentschädigung:
Im Erstbescheid hat das Finanzamt betreffend die im Lohnausweis des Schweizer Arbeitgebers ausgewiesenen Zahlungen für Überstunden die Bestimmung des § 68 Abs. 2 EStG angewendet, wonach - zusätzlich zu Abs. 1 leg. cit. - Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens € 86 monatlich steuerfrei sind.
Eine darüber hinausgehende Anwendung des § 68 Abs. 1 EStG, gemäß welchem Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge bis insgesamt € 360 monatlich steuerfrei sind, käme nur infrage, wenn bzw. soweit Vergütungen für tatsächlich geleistete Samstags-, Sonntags- und Nachtarbeit gezahlt worden wären. Ein entsprechender Ausweis im vom Arbeitgeber des Bf ausgestellten Lohnausweis fehlt jedoch, weshalb die Entschädigungen für Pikettdienste als "normales" Gehalt anzusehen und nach dem Tarif zu besteuern waren.
Neuberechnung der Einkommensteuer
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 2016 | |
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug | 90.621,26 € |
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag | -13.767,76 € |
Werbungskosten | -312,57 € |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 76.540,93 € |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | -60,00 € |
Zuwendungen gem. § 18 (1) Z. 7 EStG | -120,00 € |
Kirchenbeitrag | -200,00 € |
agB (Kinderbetreuungskosten) | -649,49 € |
KIF für haushaltszugehörige Kinder gem. § 106a (1) EStG | -880,00 € |
Einkommen | 74.631,44 € |
Tarifsteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 | 25.503,09 € |
Alleinverdienerabsetzbetrag | -669,00 € |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 € |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 24.434,09 € |
Steuer sonst. Bezüge | 370,27 € |
Einkommensteuer | 24.804,36 € |
Ausländische Steuer | -7.394,28 € |
festgesetzte Einkommensteuer 2016 | 17.410,08 € |
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Abzugsfähigkeit von Aufwendungen bzw. deren Subsumption unter § 16 oder § 20 EStG 1988 stellte aufgrund der dazu vorliegenden einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine grundlegend bedeutsame Rechtsfrage dar. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall liegt eine grundlegende Rechtsfrage nicht vor, weshalb die Revision nicht zuzulassen war.
Innsbruck, am 7. Mai 2019
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |