BFG RV/5100552/2016

BFGRV/5100552/201622.11.2018

Die Herstellerbefreiung des § 30 Abs. 2 EStG 1988 geht nicht auf den unentgeltlichen Erwerber über

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.5100552.2016

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Vorsitzenden Dr. Ansgar Unterberger und die weiteren Senatsmitglieder Mag. Walter Aiglsdorfer, Leopold Pichlbauer und Christian Nemeth im Beisein der Schriftführerin Tanja Grottenthaler in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom 26. Februar 2016 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 2016 (St.Nr.: xxx) betreffend Einkommensteuer 2014 in der Sitzung am 21.11.2018 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

 

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 führte die Beschwerdeführerin Einkünfte aus der Veräußerung privater Grundstücke an – welche allerdings der Herstellerbefreiung unterliegen würden.

Mit Ergänzungsersuchen vom 16. November 2015 hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, dass sie laut Grundbuchauszug das Gebäude mit Vertrag vom Datum1 geschenkt bekommen und nicht selbst errichtet hätte. Es werde ersucht, zur beantragten Herstellerbefreiung Stellung zu nehmen.

Mit Eingabe vom 14. Jänner 2016 wurde hierauf wie folgt geantwortet:
„Es ist richtig, dass der Beschwerdeführerin das Gebäude im Jahr 1994 unentgeltlich von ihren Eltern übertragen wurde. Die Eltern der Beschwerdeführerin haben dieses Gebäude selbst errichtet. Unter Hinweis auf die Rechtsansicht von Herrn Univ. Prof. MMag. Dr. Christoph Urtz, als die Herstellerbefreiung auch bei unentgeltlichem Erwerb zusteht, haben wir diese beantragt. Die gleiche Meinung vertreten auch Kovar/Wahrlich/Zormann (Hrsg.), Übertragung und Vermietung von Immobilien (2016) Seite 112 ff wo u.a. ausgeführt wird:
Der Gesetzestext trifft keine Aussage, ob die Herstellerbefreiung auf den unentgeltlichen Erwerber (Erbschaft, Schenkung) übergeht.
Zur Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass die Befreiung für selbst hergestellte Gebäude bei einem unentgeltlichen Erwerber auf den Rechtsnachfolger übergeht. …
Urtz/Steckenbauer und Kanduth-Kristen argumentieren hingegen, dass die Herstellerbefreiung auch dem unentgeltlichen Erwerber zusteht. Varro betont, dass die beabsichtigte Befreiung der Eigenleistung ansonsten zwar nicht beim Hersteller selbst, aber beim Erben bzw. Geschenknehmer (nach)besteuert werden würde, was der ursprünglichen, weiterhin aufrechten Zielsetzung der Regelung, die Eigenleistung zu befreien, widersprechen würde. Laut den Materialien zum 1. StabG 2012 sollen nämlich selbst hergestellte Gebäude „wie bisher befreit sein“. …
Maßgeblich ist allein, ob noch kein die Herstellereigenschaft in der ursprünglichen Sphäre des Errichters (samt Rechtsnachfolger) durchbrechender Anschaffungsvorgang gesetzt wurde. Der Rechtsansicht, dass die Befreiung weiterhin für den unentgeltlichen Rechtsnachfolger gilt, ist daher zur folgen. Im Hinblick auf die o.a. Literaturmeinungen ersuchen wir höflichst, die Herstellerbefreiung zu berücksichtigen.“

Mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 1. Februar 2016 wurde die Einkommensteuer abweichend von der eingereichten Erklärung festgesetzt.
Die beantragte Herstellerbefreiung wurde nicht berücksichtigt.
Begründend wurde angeführt, dass die beantragte Herstellerbefreiung nicht zustehen würde, da die Beschwerdeführerin nicht selbst errichtet, sondern lediglich unentgeltlich erworben hätte. Eine generationenübergreifende Steuerbefreiung sei nicht vorgesehen (vgl. Doralt § 30 EStG, Rz 177).

Mit Eingabe vom 26. Februar 2016 wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 eingereicht.
Die Beschwerdeführerin hätte am 21. August 2014 die Liegenschaft verkauft. Diese Liegenschaft sei der Beschwerdeführerin im Jahr 1994 von ihren Eltern unentgeltlich übertragen worden. Das Gebäude dieser Liegenschaft sei von den Eltern der Beschwerdeführerin selbst errichtet worden. Im Einkommensteuerbescheid 2014 sei jedoch die Herstellerbefreiung gemäß § 30 Ab. 2 Z 2 EStG nicht anerkannt worden. Es werde beantragt, die Herstellerbefreiung aufgrund folgender Begründung zuzugestehen:
Begründung wie in der Eingabe vom 14. Jänner 2016.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 8. März 2016 (Begründung) wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung:
„Mit Kaufvertrag vom Datum2 verkaufte die Beschwerdeführerin die Liegenschaft Liegensch. mit Gebäude und der Grundstücksadresse „Gasse 3“ um € 270.000,00. Sie hatte die Liegenschaft mit Schenkungsvertrag vom Datum1 erworben, der letzte entgeltliche Erwerb erfolgte durch ihre Eltern am 19. Dezember 1958. Die Eltern der Beschwerdeführerin hatten auf dem von ihr veräußerten Grundstück das Gebäude mit der Adresse „Gasse 3“ selbst errichtet. In Punkt VIII. des gegenständlichen Kaufvertrages erklärte die Beschwerdeführerin daher in Bezug auf die Immobilienertragsteuer, die Befreiung für selbst hergestellte Gebäude gem. § 30 Abs. 2 Z 2 EStG in Anspruch zu nehmen. Auf dieser Grundlage wurde eine ImmoESt iHv € 1.890,00 für den Zeitraum 11/14 entrichtet. Im Erstbescheid vom 1. Februar 2016 wurde die Besteuerung dieser Grundstücksveräußerung dahingehend korrigiert, dass die Bemessungsgrundlage mit 37.800,00 € festgesetzt wurde, was einer Besteuerung ohne Zuerkennung der Befreiung für selbst hergestellte Gebäude entspricht. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin das mitveräußerte Gebäude nicht selbst errichtet habe und eine unentgeltliche Übertragung der Herstellerbefreiung nicht vorgesehen sei, weshalb die Befreiung im konkreten Fall nicht anwendbar wäre.
Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin am 26. Februar 2016 fristgerecht Beschwerde mit der Begründung, die Herstellerbefreiung stehe auch dem unentgeltlichen Erwerber zu. Zum einen lasse der Gesetzestext keine Rückschlüsse auf eine allfällige (Nicht-)Übertragung der Befreiung zu, zum anderen würde die beabsichtigte Befreiung der Eigenleistung durch eine (Nach)Besteuerung beim unentgeltlichen Erwerber ausgehebelt.

Hierzu wird Folgendes erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idgF (nach dem 1. StabG 2012) sind Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben, von der Besteuerung ausgenommen. Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage des Übergangs dieser Befreiung auf den unentgeltlichen Rechtsnachfolger des ursprünglichen Errichters. Ein „selbst hergestelltes“ Gebäude iSd Gesetzesmaterialien liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Errichtung das (finanzielle) Baurisiko trägt; er also selbst oder auch durch einen Bauunternehmer das Gebäude errichtet (vgl. GP XXIV RV 1680 AB 1707 ). Der Veräußerer muss daher, um die Bauherreneigenschaft zu erfüllen und die Herstellerbefreiung in Anspruch nehmen zu können, auf die bauliche Gestaltung des Gebäudes Einfluss nehmen können und das finanzielle (Bau-)Risiko tragen (vgl. Klaushofer/Steckenbauer/Leitner/Urtz in Urtz (Hrsg.), ÖStZ Spezial - Die neue Immobiliensteuer Update 2013, 96). Der Zweck dieser Befreiungsbestimmung besteht - den ursprünglichen Gesetzesmaterialien zufolge - darin, zu vermeiden, dass bei der Veräußerung selbst hergestellter Gebäude die eigene Arbeitskraft steuerlich erfasst wird (vgl. GP XVII RV 621 AB 673 ). Jedoch hat der unentgeltliche Rechtsnachfolger des eigentlichen Errichters weder die eigene Arbeitskraft für die Errichtung des Gebäudes aufgewendet, noch ist er ein finanzielles (Bau-)Risiko eingegangen (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, Rz 177). Dass dieser trotz alledem in den Genuss der Herstellerbefreiung kommen soll, kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. Besonders da die Gesetzesmaterialien von „Gebäude[n]‚ die der Steuerpflichtige […] selbst herstellt oder herstellen lässt [...]“ (vgl. GP XVII RV 621 AB 673 ), sprechen, wobei der Steuerpflichtige gem. § 30 EStG der Veräußerer des Gebäudes ist. Hat also der Steuerpflichtige, sprich der Veräußerer des Gebäudes, dieses nicht selbst hergestellt, erfüllt er nicht die Bauherreneigenschaft und kann somit auch die Befreiung gem. § 30 Abs. 2 Z 2 EStG idgF nicht in Anspruch nehmen. Es ergibt sich somit sowohl aus dem Sinn und Zweck der Befreiungsbestimmung (arg: „eigene“ Arbeitskraft; GP XVII RV 621 AB 673 ) als auch aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG (arg; „selbst" hergestellt), dass die Befreiung auf den unentgeltlichen Erwerber keine Anwendung findet. Es ist richtig, dass nach Ansicht der FinVerw zur „alten“ Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 die Herstellerbefreiung auch auf den unentgeltlichen Erwerber überging, jedoch steht die Rechtsansicht der FinVerw zur „neuen“ Rechtslage nach dem 1. StabG 2012 - wie oben ausgeführt - sowohl im Einklang mit Wortlaut des Gesetzes als auch mit dem Telos der Herstellerbefreiung. Wenn die Materialien davon sprechen, dass selbst hergestellte Gebäude „wie bisher“ von der Besteuerung befreit sein sollen (vgl. GP XXIV RV 1680 AB 1707 ), ist dies wohl auf die ursprünglichen Gesetzesmaterialien, nicht aber auf die bisherige Verwaltungspraxis zu beziehen, da dem Gesetzgeber auch im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Problematik der Herstellerbefreiung eine derart weite Auslegung des Begriffs nicht unterstellt werden kann (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, Rz 177).
Die Herstellerbefreiung findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung, weshalb die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen war.“

Mit Eingabe vom 5. April 2016 wurde beantragt, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorzulegen.
„Die Beschwerde richtet sich gegen folgenden Punkt des Bescheides:
Das Gebäude dieser Liegenschaft wurde von den Eltern der Beschwerdeführerin selbst errichtet. Im Zuge des Verkaufes der Liegenschaft von der Beschwerdeführerin wurde die Herstellerbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 EStG beantragt, jedoch nicht anerkannt. In der Beschwerdevorentscheidung wurde diese Rechtsansicht bestätigt u.a. mit der Begründung, dass dem Rechtsnachfolger die Befreiungsbestimmung für selbst hergestellte Gebäude nicht zustehe, da der Veräußerer des Gebäudes dieses nicht selbst hergestellt habe, somit nicht die Bauherreneigenschaft erfülle und daher auch nicht die Befreiung gem. § 30 Abs. 2 Z 2 EStG in Anspruch nehmen könne. Es wurde auch angeführt, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung zur „alten“ Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 die Herstellerbefreiung auch auf den unentgeltlichen Erwerber überging.
Diese Rechtsansicht ist meines Erachtens nach wie vor anzuwenden und zwar mit folgender Begründung:
Herr Univ.-Prof. MMag. Dr. Christoph Urtz vertritt in seinen Vorträgen die Rechtsansicht, dass die Herstellerbefreiung auch bei unentgeltlichem Erwerb zusteht. Die gleiche Meinung vertreten auch Kovar/Wahrlich/Zormann (Hrsg.), Übertragung und Vermietung von Immobilien (2016) Seite 112 ff wo u.a. ausgeführt wird:

Der Gesetzestext trifft keine Aussage, ob die Herstellerbefreiung auf den unentgeltlichen Erwerber (Erbschaft, Schenkung) übergeht. Zur Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 vertrat die Finanzverwaltung die Ansicht, dass die Befreiung für selbst hergestellte Gebäude bei einem unentgeltlichen Erwerber auf den Rechtsnachfolger übergeht. …
Urtz/Steckenbauer und Kanduth-Kristen argumentieren hingegen, dass die Herstellerbefreiung auch dem unentgeltlichen Erwerber zusteht.
Varro betont, dass die beabsichtigte Befreiung der Eigenleistung ansonsten zwar nicht beim Hersteller selbst, aber beim Erben bzw. Geschenknehmer (nach)besteuert werden würde, was der ursprünglichen, weiterhin aufrechten Zielsetzung der Regelung, die Eigenleistung zu befreien, widersprechen würde.
Laut den Materialien zum 1. StabG 2012 sollen nämlich selbst hergestellte Gebäude „wie bisher befreit sein“. …
Maßgeblich ist allein, ob noch kein die Herstellereigenschaft in der ursprünglichen Sphäre des Errichters (samt Rechtsnachfolger) durchbrechender Anschaffungsvorgang gesetzt wurde. Der Rechtsansicht, dass die Befreiung weiterhin für den unentgeltlichen Rechtsnachfolger gilt, ist daher zur folgen.“

Mit Vorlagebericht vom 15. April 2016 wurde gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Die belangte Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde.

 

 

ENTSCHEIDUNG

 

A) Dem Erkenntnis wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin hat das streitgegenständliche Gebäude im Schenkungswege (unentgeltlich) von ihren Eltern erworben (im Jahr 1994).
Die Eltern haben dieses Gebäude selbst errichtet; die Beschwerdeführerin war bei der Errichtung nicht beteiligt (im Jahr 1958).

Im Jahr 2014 hat die Beschwerdeführerin dieses Gebäude veräußert und beantragt nun die sogenannte Herstellerbefreiung im Sinne des § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 zu berücksichtigen.

 

B) Beweiswürdigung:

Oben genannter unstrittiger Sachverhalt ist demnach dahingehend zu würdigen, ob die sogenannte Herstellerbefreiung auch auf die unentgeltliche Erwerberin des Gebäudes übergeht oder ob diese Befreiung allein dem tatsächlichen Hersteller zusteht.

 

C) Rechtliche Würdigung:

§ 30 EStG NEU ImmoESt:

(1) Private Grundstücksveräußerungen sind Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören.
....
 (weiters wird der Begriff des Grundstücks definiert)

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte:
1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen samt Grund und Boden, wenn sie dem Veräußerer
a) ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz ....
oder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung für mindestens fünf Jahre als Hauptwohnsitz ...
2. Aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden, soweit sie innerhalb der letzten zehn Jahre nicht zur Erzielung von Einkünften gedient haben.

§ 30 EStG ALT (Spekulationsbesteuerung):

(1) Spekulationsgeschäfte sind:
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt:
a) bei Grundstücken nicht mehr als 10 Jahre
Wurde das Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Geschäftes beim Rechtsvorgänger abzustellen.

(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte aus der Veräußerung von:
1. Eigenheimen samt Grund und Boden wenn sie dem Veräußerer seit der Anschaffung (im Falle des unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden seit dem unentgeltlichen Erwerb) und mindestens seit zwei Jahren durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. Im Falle eines Erwerbes von Todes wegen sind für die Fristenberechnung die Besitzzeiten zusammenzurechnen. Im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden gilt dies nur dann, wenn der Erwerber und sein Rechtvorgänger gemeinsam seit der Anschaffung ununterbrochen die Voraussetzung des Hauptwohnsitzes erfüllen.
2. Selbst hergestellten Gebäuden; Grund und Boden ist jedoch abgesehen von der Z1 nicht von der Besteuerung ausgenommen.

Der streitgegenständliche Sachverhalt ist also dahingehend zu würdigen, ob die sogenannte „Herstellerbefreiung“ im Sinne dieser Gesetzesdefinition auch auf die Beschwerdeführerin übergeht.
Die Beschwerdeführerin hat das Gebäude unentgeltlich von ihren Eltern erworben – also das Gebäude nicht tatsächlich selbst hergestellt/errichtet. Auch eine tatsächliche Mitarbeit der Beschwerdeführerin wurde nicht dargestellt.

In den Einkommensteuerrichtlinien sind die Rechtsansichten unterschiedlich dargestellt:
(Anzumerken ist hierzu, dass diese Richtlinien keine verbindlichen Rechtsquellen für das erkennende Gericht darstellen):

 < EStRl – alt (Spekulationstatbestand):

Tz 6645:
Hat der (bzw. bei mehreren unentgeltlichen Übertragungen ein) Rechtsvorgänger ein Gebäude selbst hergestellt, so gilt diese Befreiung auch für den, der das Gebäude (zuletzt) unentgeltlich übernommen hat und sodann veräußert.

Tz 6646:
hier nur Ausführungen betreffend Rohbau – keine Ausführungen zu Befreiungsbestimmungen!

 < EStRl – neu (ImmoESt):

Tz 6645:
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 2 sind Einkünfte aus der Veräußerung von selbst hergestellten Gebäuden grundsätzlich von der Besteuerung ausgenommen. Grund und Boden ist steuerpflichtig.

... (ausgeführt wird hier weiters wie die Aufteilung von Gebäuden und GuB vorzunehmen ist) ...

Neu gegenüber der Herstellerbefreiung beim Spekulationstatbestand ist, dass
 < die Errichtereigenschaft nicht für den unentgeltlichen Erwerber wirkt und
 < für die Einkünfteerzielung genutzte Gebäude(teile) keine Befreiung wirkt.

Tz 6646:
Die Befreiung steht nur dem Errichter (Hersteller) selbst zu. Hat der (bzw. bei mehreren unentgeltlichen Übertragungen) Rechtsvorgänger ein Gebäude selbst hergestellt, so gilt diese Befreiung bei Veräußerung ab 1.1.2013 nicht für den (die) unentgeltlichen Erwerber.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (zum 1. StabG 2012) wird die Hauptwohnsitzbefreiung sowie Herstellerbefreiung wie folgt dargestellt:
Von der Besteuerung ausgenommen sind wie bisher Eigenheim samt Grund und Boden, die zwischen Anschaffung und Veräußerung durchgehend für mindestens zwei Jahre den Hauptwohnsitz des Veräußerers darstellen. Ergänzend .... (5 Jahre/10 Jahre) ...

Entsprechend dem Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung, die darin besteht, dass der Veräußerungserlös ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung steht, soll klargestellt werden, dass die Steuerbefreiung nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn der Hauptwohnsitz auch tatsächlich aufgegeben wird.

Auch selbst hergestellte Gebäude sollen wie bisher von der Besteuerung befreit sein. Ein selbst hergestelltes Gebäude liegt vor, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich der Errichtung das (finanzielle) Baurisiko trägt; er also selbst oder auch durch einen Bauunternehmer das Gebäude errichten lässt. Anders als nach der bisherigen Rechtslage, soll die Befreiung allerdings insoweit nicht greifen, als das Gebäude innerhalb der letzten 10 Jahre zur Erzielung von Einkünften gedient hat.

Die Beschwerdeführerin erkennt darin, dass „wie bisher“ die Befreiung gelten sollte.

Dabei ist zu beachten, dass, wie oben ausgeführt, die „Ausdehnung“ der Befreiung auf den unentgeltlichen Erwerber lediglich in den Einkommensteuerrichtlinien festgehalten wurde.
Der Gesetzgeber (beim 1. StabG 2012) hatte aber allenfalls lediglich die gesetzliche Bestimmung im Auge und diese war auch nach „alter“ Rechtslage nicht dahingehend ausgelegt, dass die Befreiung auch tatsächlich auf den unentgeltlichen Erwerber übergeht.

Grundsätzlich ist für die Gesetzesauslegung der tatsächlichen Wortlaut maßgeblich; und dieser bestimmt unzweifelhaft den tatsächlichen Hersteller ("... selbst hergestellten Gebäuden ..."). Wäre hier eine weite Auslegung angedacht gewesen, so hätte dies Einfluss in den Gesetzestext finden müssen.

Anzumerken ist hierzu, dass in der „alten“ Bestimmung der Hauptwohnsitzbefreiung auch der unentgeltliche Erwerber genannt wurde; wäre diese Bestimmung auch auf die Herstellerbefreiung anzuwenden, so wäre diese Befreiungserweiterung auch im Zusammenhang mit der Herstellerbefreiung tatsächlich zu erwähnen gewesen.
Die Darstellung in den (alten) Einkommensteuerrichtlinien scheint nach Ansicht des erkennenden Gerichtes wohl zu weit zu gehen.

Aus der Aussage in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage „wie bisher“ kann demnach nicht abgeleitet werden, dass hier eine Befreiungen für unentgeltliche Erwerber gelten soll.

Die Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen (in den Richtlinien) ist nur eine von vielen. Möglicherweise hatte der Gesetzgeber in den Erläuterungen unter der Textierung „wie bisher“ auch Literatur im Auge gehabt, welche anderer Ansicht sind (vgl. Büsser in Hofstätter/Reichel, EStG, § 30 Tz 7.2).

Hervorzuheben ist aus den Erläuternden Bemerkungen aber auch, dass hier klar beschrieben ist, dass „der Steuerpflichtige hinsichtlich der Errichtung das (finanzielle) Risiko trägt“.
Unmissverständlich wird hier also zum Ausdruck gebracht, dass der Steuerpflichtige, hier also die Beschwerdeführerin, das Risiko zu tragen gehabt haben hätte müssen. Dies war aber unzweifelhaft nicht der Fall – sie war zum Zeitpunkt der Errichtung (1958) gerade einmal zwei Jahre alt.

Tatsache ist, dass der Gesetzestext klar definiert:
„ … von selbst hergestellten Gebäuden …“
Der Wortlaut des Gesetzestextes sollte nicht so ausgelegt werden, dass er allenfalls etwas anderes bestimmen sollte bzw. wollte. Überflüssige bzw. inhaltsleere Aussagen sind dem Gesetzgeber im Zweifel wohl nicht zu unterstellen.
Befreit sollte der Errichter persönlich werden („selbst“); jener der die eigene Arbeitskraft eingesetzt hat bzw. die tatsächliche Wertschöpfung bewirkt hat.
Eine Herstellung liegt (im Gegensatz zur Anschaffung) vor, wenn der Bauherr ein ins Gewicht fallendes Baurisiko trägt.
Aber auch bei einer Anschaffung (z.B. Fertigteilhaus) trägt der Bauherr ein allfälliges finanzielles Risiko bzw. hat er eine tatsächliche Wertschöpfung veranlasst.
Dies ist dem unentgeltlichen Erwerber keinesfalls zu unterstellen.
Befreit werden sollte die eigene Arbeitskraft bzw. das selbst getragene Risiko.

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts handelt es sich sowohl bei der Hauptwohnsitzbefreiung als auch bei der Herstellerbefreiung um ein höchstpersönliches Recht, welches durch Verschenken oder Vererben jedenfalls untergeht. Der Veräußerer muss selbst die Befreiungsvoraussetzungen erfüllen.

Anzumerken ist hierzu weiters, dass zum Beispiel hinsichtlich der Hauptwohnsitzbefreiung eine Gesetzesänderung derart durchgeführt wurde, dass der Rechtsnachfolger ebenfalls die Befreiungsvoraussetzungen erfüllen muss. In der Bestimmung des „alten“ Spekulationstatbestandes des § 30 Abs. 2 war der Übergang auf den Rechtsnachfolger im Gesetz angeführt.
Im Gegensatz dazu war eine Gesetzesänderung im Bereich der Herstellerbefreiung nicht notwendig, da dieser Übergang nie im Gesetz bestimmt war.
Die Hauptwohnsitzbefreiung musste also ausdrücklich geändert werden, da der Übergang auf den Rechtsnachfolger so im Gesetz stand. Im Gegensatz dazu musste die Herstellerbefreiung nicht geändert werden (vgl. auch Info des BMF, GZBMF-010203/0402-VI/6/2012 vom 3.9.2012).

 

D) Revision:

Gemäß § 25a VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da es zu dieser Problematik keine entsprechende Rechtsprechung der Höchstgerichte gibt, ist eine Revision zulässig.

 

 

Linz, am 22. November 2018

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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