Zurückweisung von Beschwerden mangels Anmeldung derselben
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.6300001.2018
Beachte:
Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0085. Zurückweisung mit Beschluss vom 29.4.2019.
Entscheidungstext
weitere GZ. RV/6300004/2018
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Richard Tannert als Vorsitzenden des Finanzstrafsenates Salzburg 2 in der Finanzstrafsache gegen 1. A, geb. am xxxx, Geschäftsführer, wohnhaft XXX, als Beschuldigten und 2. die B-GmbH, FNxx, YYY, als belangten Verband, beide vertreten durch Dr.C, Rechtsanwalt, ZZZ, wegen Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes vom 9. Jänner 2018 gegen die Erkenntnisse des Finanzamtes Salzburg-Land als Finanzstrafbehörde vom 13. Dezember 2017, Strafnummern (StrNrn.) 093/2016/00414-001 und 002, Amtsbeauftragte: Hofrätin Dr. Renate Windbichler, den Beschluss gefasst:
I. Die Beschwerden des Beschuldigten und des belangten Verbandes werden als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
1. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2017 vor der Einzelbeamtin des Finanzamtes Salzburg-Land in Anwesenheit des Beschuldigten, dieser auch als Vertreter der B-GmbH, FNxx, als belangter Verband, und des gemeinsamen Verteidigers in der Finanzstrafsache gegen A und die B-GmbH wegen des Verdachtes begangener Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, StrNrn. 093/2016/00414-001 und 002, wurde von der Verhandlungsleiterin das Straferkenntnis verkündet dergestalt, dass
1. A schuldig ist, er hat [ergänze: im Amtsbereich des Finanzamtes Salzburg-Land in den Jahren 2011 bis 2016] als unternehmensrechtlicher Geschäftsführer der B-GmbH[, sohin als Wahrnehmender deren steuerlichen Interessen,] vorsätzlich betreffend die Lohnzahlungszeiträume Jänner 2001 bis Dezember 2015 unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 [ergänze wohl: sowie dazu ergangener Verordnungen] entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von [tatsächlich selbst zu ermittelnden] Lohnabgaben in Höhe von insgesamt € 22.154,23 (Lohnsteuer 01-12/2011 € 897,90 + 01-12/2012 € 1.921,73 + 01-12/2013 € 2.276,07 + 01-12/2014 € 6.938,58 + 01-12/2015 € 5.158,27 = € 17.192,55, zuzüglich Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen 01-12/2011 € 110,70 + 01-12/2012 € 236,93 + 01-12/2013 € 909,67 + 01-12/2014 € 1.838,92 + 01-12/2015 € 1.441,90 = € 4.538,12, zuzüglich 01-12/2011 € 10,34 + 01-12/2012 € 22,11 + 01-12/2013 € 84,90 + 01-12/2014 € 171,64 + 01-12/2015 € 134,57) bewirkt - tatsächlich vorliegende Dienstverhältnisse wurden laut Finanzstrafbehörde zwecks Abgabenvermeidung in Subunternehmenschaften umgedeutet - und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und hiedurch Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen, weshalb über ihn gemäß § 33 Abs. 5 [iVm § 21 Abs. und 2] FinStrG eine Geldstrafe von € 5.000,00 und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen verhängt worden sind, sowie
2. die B-GmbH gemäß § 3 Abs. 1 und 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG) für die unter Pkt. 1 dargestellten Finanzstrafteten des Beschuldigten verantwortlich ist, weshalb über sie eine Geldbuße von € 4.500,00 verhängt wurde.
Zusätzlich wurden dem Beschuldigten und dem belangten Verband eröffnet, dass ihnen der Ersatz pauschaler Verfahrenskosten nach § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG in Höhe von € 500,00 bzw. € 450,00 auferlegt wird (Niederschrift vom 13. Dezember 2017, Finanzstrafakt Bl. 216 ff).
In der Folge wurden dem Verteidiger bereits - offensichtlich schon vorbereitete - diesbezügliche schriftliche Ausfertigungen des Straferkenntnisses, separat formuliert jeweils für den Beschuldigten und den belangten Verband, ausgehändigt, in welchen jeweils noch - nach der damaligen Rechtslage auch durchaus zutreffend - von der Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht die Rede gewesen ist (Finanzstrafakt jeweils Bl. 228 ff).
Nach einer entsprechenden Rechtsbelehrung durch die Verhandlungsleiterin hat sich der Verteidiger kurz mit dem Beschuldigten besprochen und keinerlei Prozesserklärung über den Fortgang des Verfahrens aus seiner Sicht abgegeben, was die Verhandlungsleiterin zu folgender Protokollierung veranlasste: "Die Verhandlungsleiterin erteilt Rechtsmittelbelehrung und nach einer kurzen Besprechung mit Herrn A gibt der Verteidiger keine Erklärung, sowohl für die Fa. B-GmbH als auch für den Geschäftsführer ab." (Verhandlungsprotokoll vom 13. Dezember 2017, auch vom Verteidiger unterfertigt, Finanzstrafakt Bl. 218).
2. Am 20. Dezember 2017, offensichtlich während der Amtsstunden, hat der Verteidiger in den bei der Finanzstrafbehörde geführten Finanzstrafakt Einsicht genommen und bei dieser Gelegenheit gegenüber einer Mitarbeiterin der Finanzstrafbehörde (welche in der obigen Verhandlung als Schriftführerin fungiert hatte) geäußert, dass - eine konkrete Festlegung noch vermeidend, ein Rechtsmittel "wohl erfolgen werde", ohne dass die Begrifflichkeit der erforderlichen "Anmeldung eines Rechtsmittels" zur Sprache gekommen wäre (Aktenvermerke der Gesprächspartnerin des Verteidigers, Mag. Gertraud MAIR-KAMML, vom 20. Dezember 2017 und vom 23. Jänner 2018).
Der über die vom Verteidige genommene Akteneinsicht angefertigte Aktenvermerk ist auch von diesem unterfertigt und enthält keinerlei Hinweis auf eine allfällige Anmeldung einer Beschwerde (zitierter Aktenvermerk).
Auch bis zum Ablauf des 20. Dezember 2017 hat der Verteidiger keine Prozesserklärung abgegeben, insbesondere hat er keine Beschwerden gegen die obgenannten Straferkenntnisse angemeldet (Finanzstrafakt), weshalb diese zu diesem Zeitpunkt jeweils in Rechtskraft erwachsen sind; die Fälligkeit der Geldstrafe bzw. der Verbandsgeldbuße ist gemäß § 171 Abs. 1 FinStrG am 22. Jänner 2018 eingetreten.
3. Am 9. Jänner 2018 hat der Verteidiger jedoch per Fax nicht angemeldete Beschwerden gegen die obgenannten, bereits rechtskräftigen Straferkenntnisse erhoben, wobei unter Pkt. B jeweils ausgeführt wurde:
"B. Angaben zur Rechtzeitigkeit
Am 13.12.2017 fand bei der Abgabenstrafbehörde I. Instanz eine mündliche Verhandlung gem. § 135 FinStrG statt in der Gesamtdauer (mit Unterbrechungen) von ca. 3 1/2 Stunden. Darin wurde auch das Finanzstraferkenntnis über den nunmehrigen Beschwerdeführer mündlich verkündet und an die Verteidigung im Anschluss das nunmehr angefochtene Straferkenntnis zu übergeben und die förmliche Zustellung quittiert. Die einmonatige Rechtsmittelfrist gem. § 150 Abs 2 FinStrG wurde dadurch ausgelöst und mit der vorliegenden Beschwerde gewahrt. Einer gesonderten Rechtsmittelanmeldung bedarf es diesfalls nicht."
4. § 150 Abs. 4 FinStrG (angefügt bereits mit dem FVwGG 2012, BGBl I 2013/14, mit Wirkung ab dem 1. Jänner 2014) bestimmt jedoch in diesem Zusammenhang, dass im Falle einer mündlichen Verkündung von Erkenntnissen die Erhebung einer Beschwerde dagegen innerhalb einer Woche bei der Behörde, welche das anzufechtende Erkenntnis erlassen hat (hier: bei der Finanzstrafbehörde Salzburg-Land), ohne weitere Formerfordernisse, aber aus Gründen einer Rechtssicherheit schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden ist. Angemeldete Beschwerden sind dann als weiteres verfahrensrechtliches Erfordernis innerhalb der Monatsfrist des § 150 Abs. 2 FinStrG einzubringen.
§ 150 Abs. 4 Satz 3 FinStrG ordnet auch ausdrücklich und mit einer jeden Zweifel ausschließenden Bestimmtheit an, dass nicht schriftlich oder mündlich zu Protokoll angemeldete Beschwerden zurückzuweisen sind, es sei denn, der Beschuldigte bzw. ein Vertreter des belangten Verbandes wäre bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend gewesen oder der Beschuldigte bzw. der belangte Verband wären bei der mündlichen Verhandlung nicht durch einen Verteidiger vertreten gewesen - was beides nicht zutrifft.
Eine weitere Ausnahme, etwa in der Form, dass eine nicht angemeldete Beschwerde eine bereits eingetretene Rechtkraft des Straferkenntnisses wieder beseitigt, wenn sie nur innerhalb der - insoweit letztlich nur fiktiven - Rechtsmittelfrist eingebracht worden wäre, ist im Gesetz nicht vorgesehen.
5. Soweit der vom Vorsitzenden des zuständigen Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes über die Würdigung der Aktenlage in Kenntnis gesetzte Verteidiger in seinen Äußerungen vom 14. Februar 2018 vorbringt, er habe ohnehin durch sein Erscheinen bei der Finanzstrafbehörde am 20. Dezember 2017 und die von ihm dabei genommene Akteneinsicht schlüssig Beschwerden angemeldet, ist ihm zu entgegnen, dass er selbst offensichtlich noch am 9. Jänner 2018 laut seinen eigenen Anbringen überzeugt gewesen ist, dass es aufgrund einer aus seiner Sicht besonderen Verfahrenskonstellation gar keiner Anmeldung seiner Beschwerden bedurft hatte. Der Schluss liegt nahe, dass er entsprechend seinem Rechtsverständnis dann bei seinem Erscheinen bei der Finanzstrafbehörde am 20. Dezember 2017 auch gar nicht den Erklärungswillen hatte, eine solche Prozesserklärung abzugeben und sich dementsprechend auch nicht solcherart geäußert hat.
Dies stimmt überein mit dem Umstand, dass der von ihm unterfertigte Aktenvermerk über seine Vorsprache bzw. die genommene Akteneinsicht von diesem Tage keinerlei Hinweis auf eine Anmeldung eines Rechtsmittels, in welcher Form auch immer, enthalten hat. Bedenkt man, mit welcher Präzision der Verteidiger zu argumentieren vermag und mit welcher Liebe zum Detail er seine Schriftsätze und Aktenvermerke offensichtlich verfasst hat (siehe die beim Bundesfinanzgericht in dieser Angelegenheit eingelangten Dokumente), hätte er wohl, wie erforderlich, die Anmeldungen schriftlich vorgenommen oder zumindest bei seinem Einschreiten bei der Finanzstrafbehörde am 20. Dezember 2017, hätte er Beschwerden anmelden wollen, dies auch zu Protokoll gegeben und in weiterer Folge vor einer Unterfertigung eines solchen auch wohl darauf bestanden, dass derartige Anmeldungen in diesem Protokoll, wenn irrtümlich unterblieben, auch tatsächlich Erwähnung gefunden hätten. Tatsächlich aber enthält auch der am 20. Dezember 2017 von ihm unterfertigte Aktenvermerk keinerlei Hinweise auf eine Anmeldung eines Rechtsmittels.
Das Bundesfinanzgericht zieht aus dieser Aktenlage den Schluss, dass dem Verteidiger der Umstand entgangen war, dass er seine Rechtsmittel schriftlich oder mündlich zu Protokoll anmelden hätte müssen, er solcherart auch keinen diesbezüglichen Erklärungswillen gehabt hat und er aus diesem Grunde auch kein entsprechendes Schreiben verfasst hat oder eine diesbezügliche mündliche Erklärung protokollieren hat lassen.
6. Ließe man in Bezug auf eine Anmeldung von Beschwerden in einem Finanzstrafverfahren - entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut - eine solche Prozesserklärung außerhalb von schriftlichen Anbringen oder mündlichen, zu Protokoll gebrachten Anbringen in Form von lediglich konkludentem Verhalten zu, stünde auch in einem solchen hier rein hypothetischen Fall einem derartigen Verständnis wiederum entgegen erstens der Umstand des offensichtlich fehlenden Erklärungswillens (siehe oben) und zweitens auch die Tatsache, dass sich ein solcher - ohnehin fehlende - Erklärungswillen auch nicht ausreichend gegenüber dem Organwalter der Finanzstrafbehörde manifestiert hätte:
Eine Äußerung nebenbei während einer Akteneinsicht, dass ein Rechtsmittel "wohl erfolgen werde", lässt eine entsprechende Konkretisierung vermissen: Es ist gerichtsbekannt und durchaus auch lebensnah, dass sich Parteienvertreter vor einer endgültigen Entscheidung, ob sie tatsächlich ein Rechtsmittel ergreifen wollen, noch Akteneinsicht verschaffen und allenfalls in der Folge noch Rücksprache mit ihrem Mandanten halten. Möglicherweise würde dann von der Anmeldung eines Rechtsmittels bzw. der Ausführung eines solchen Abstand genommen werden.
Aus dem Verhalten des Verteidiger vor der Finanzstrafbehörde am 20. Dezember 2017 war daher für einen verständigen Organwalter der Finanzstrafbehörde auch nicht zumindest schlüssig abzuleiten, dass tatsächlich auch entsprechende Rechtsmittel eingebracht werden würden.
7. Im Ergebnis hat es daher tatsächlich an einer Anmeldung der Beschwerden gefehlt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dem Beschluss des Bundesfinanzgerichtes liegt vielmehr eine gesicherte Rechtslage zugrunde, wobei für die Entscheidung auch - nach gewährtem Parteiengehör - die ihr vorausgegangene Würdigung wesentlich gewesen ist.
Salzburg-Aigen, am 9. Juli 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte: | Anmeldung eines Rechtsmittels, konkludente Anmeldung nicht zulässig, Rechtskraft, Unzulässigkeit des Rechtsmittels |