Forschungsprämie: Prämienfestsetzung entgegen einem Feststellungsbescheid gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2018:RV.2101424.2017
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Einzelrichter über die Beschwerden der X-GmbH, vertreten durch die Binder, Grossek & Partner Steuerberatungs- und WirtschaftsprüfungsgmbH, Neufeldweg 93, 8010 Graz, vom 04.11.2016 gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 03.10.2016 betreffend Festsetzung der Forschungsprämien 2013 und 2014 zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom [Datum] gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter ist ua. das [Bundesland].
Mit Schreiben vom 19.11.2013 beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter unter Vorlage der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung zur Geltendmachung einer Forschungsprämie für 2013 die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung.
Mit Feststellungsbescheid gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988 vom 03.02.2014 stellte die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage "für das Wirtschaftsjahr vom 01.07.2012 bis 30.06.2013" mit 24,698.698,32 Euro fest.
Mit Schreiben vom 21.11.2014 beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter unter Vorlage der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung zur Geltendmachung einer Forschungsprämie für 2014 die Erlassung eines Feststellungsbescheides über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eigenbetriebliche Forschung.
Mit Feststellungsbescheid gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988 vom 14.01.2015 stellte die belangte Behörde die Bemessungsgrundlage "für das Wirtschaftsjahr vom 01.07.2013 bis 30.06.2014" mit 22,141.145,56 Euro fest.
Für die Streitjahre machte die Beschwerdeführerin die Forschungsprämien wie folgt geltend:
Jahr | Betrag |
2013 | 2,469.869,84 Euro |
2014 | 2,214.114,55 Euro |
Die belangte Behörde schrieb die Forschungsprämien wie beantragt auf dem Abgabenkonto der Beschwerdeführerin gut.
Aufgrund des Bescheides über einen Prüfungsauftrag vom 20.07.2015 führte die belangte Behörde durch die Großbetriebsprüfung eine Außenprüfung der Beschwerdeführerin ua. betreffend Forschungsprämie 2012 bis 2014 durch. Dabei traf der Prüfer die Feststellung, dass die vom [Bundesland] erhaltenen "Zuwendungen" von den geltend gemachten Forschungsaufwendungen in Abzug zu bringen seien (siehe Seite 12 der Niederschrift über die Schlussbesprechung).
Unter Zugrundelegung dieser Feststellung setzte die belangte Behörde mit den hier entscheidungsgegenständlichen Bescheiden vom 03.10.2016 die Forschungsprämien 2013 und 2014 wie folgt fest:
Jahr | Betrag | Abgabennachforderung |
2013 | 1,635.960,59 Euro | 833.909,27 Euro |
2014 | 1,436,193,49 Euro | 777.921,07 Euro |
Mit Beschwerdeschreiben vom 04.11.2016 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter die Beschwerden (auch) gegen diese beiden Bescheide und beantragte im Ergänzungsschreiben vom 15.12.2016 "die Bescheide über die Festsetzung der Forschungsprämie aufzuheben und die Zuwendungen des [Bundesland] bei der Festsetzung der Forschungsprämien nicht von den geltend gemachten Forschungsaufwendungen in Abzug zu bringen". Zur Begründung wurde von Seiten der Beschwerdeführerin die Ansicht vertreten, dass es sich bei den Zahlungen um "Gesellschafterzuschüsse" handle.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 29.08.2017 wies die belangte Behörde diese Beschwerden als unbegründet ab.
Mit Schreiben vom 11.09.2017 (Vorlageantrag) beantragte die Beschwerdeführerin durch ihren steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht.
Die belangte Behörde legte die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht am 22.12.2017 durch elektronische Übermittlung vor.
Die Beschwerdeführerin hat den Antrag auf mündliche Verhandlung und den Antrag auf Entscheidung durch den Senat nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurückgenommen.
Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerden erwogen:
Gemäß § 108c Abs. 1 EStG 1988 können Steuerpflichtige, soweit sie nicht Mitunternehmer sind, und Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, Prämien für eigenbetriebliche Forschung und Auftragsforschung im Sinne des Abs. 2 von jeweils 10% der Aufwendungen (Ausgaben) geltend machen.
Gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988 hat das Finanzamt hat auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Feststellungsbescheid über die Höhe der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie für eine eigenbetriebliche Forschung zu erlassen, wenn anlässlich der Antragstellung a) glaubhaft gemacht wird, dass der verwirklichte Sachverhalt den Voraussetzungen einer Forschung und experimentellen Entwicklung im Sinne des Abs. 2 Z 1 entspricht, sowie b) nachgewiesen wird, dass die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie richtig ermittelt worden ist. Die Glaubhaftmachung gemäß lit. a hat durch ein Gutachten der Forschungsförderungsgesellschaft mbH zu erfolgen. Liegt eine diesbezügliche bescheidmäßige Bestätigung nach § 118a der Bundesabgabenordnung vor, ist glaubhaft zu machen, dass die durchgeführte Forschung der der Bestätigung zu Grunde gelegten entspricht oder davon nicht wesentlich abweicht. Der Nachweis gemäß lit. b hat durch eine Bestätigung eines Wirtschaftsprüfers, die auf Grundlage einer den Anforderungen der §§ 268 ff des Unternehmensgesetzbuches entsprechenden Prüfung des Rechnungs- und Jahresabschlusses ausgestellt wurde, zu erfolgen.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde über die Bemessungsgrundlagen für die Forschungsprämien 2013 und 2014 mit Feststellungsbescheiden gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988 (siehe oben) verbindlich abgesprochen (zur Bindungswirkung vgl. 1680 der Beilagen XXIV. GP - Regierungsvorlage - Vorblatt und Erläuterungen, 20).
Da die belangte Behörde die Forschungsprämien entgegen den in den Feststellungsbescheiden gemäß § 108c Abs. 9 EStG 1988 festgestellten Bemessungsgrundlagen festgesetzt hat, waren die entscheidungsgegenständlichen Bescheide (ohne Befassung mit der strittigen Feststellung des Prüfers) aufzuheben.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Beschwerdefall nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.
Graz, am 17. April 2018
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 108c Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |