BFG RV/5102230/2016

BFGRV/5102230/201624.10.2017

Wirtschaftliche Eingliederung bei Vermietung von Bankräumlichkeiten an die Obergesellschaft

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.5102230.2016

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Thomas Krumenacker in der Beschwerdesache BF vertreten durch Steinböck & Partner WTH GmbH, Rablstraße 25, 4600 Wels, über die Beschwerde vom 25.9.2012 gegen den Bescheid des FA Grieskirchen Wels vom 4.5.2012, betreffend Umsatzsteuer für 2010 zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wie folgt abgeändert.

Die Umsatzsteuer wird festgesetzt mit -461.850,60 €.

Die Bemessungsgrundlagen sind dem (aufgehobenen) Umsatzsteuerbescheid für 2010 vom 19.8.2011 zu entnehmen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) wird für nicht zulässig erklärt.

Entscheidungsgründe

Der Unabhängige Finanzsenat hat am 31. Dezember 2013 folgende Entscheidung gefällt (RV/1269-L/12):

Die Berufungswerberin hat die ihr für den Ankauf einer Liegenschaft sowie für Adaptierungsarbeiten in Rechnung gestellt Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen. Teile des Objekts werden steuerpflichtig an einen Verein vermietet. Hinsichtlich der restlichen Teile bestand die Absicht, diese (nach Durchführung von Adaptierungsarbeiten) steuerpflichtig an nachstehende AG zu vermieten.

Die KG ist alleinige Gesellschafterin der Berufungswerberin. An der KG sind die Bankgeschäfte tätigende AG zu 100% und die GmbH zu 0% beteiligt. Anlässlich einer Außenprüfung vertrat das Finanzamt ist die Ansicht, die Berufungswerberin sei finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in die AG eingegliedert. Dies deswegen, weil die AG eine unentgeltliche Patronatserklärung "übernommen" hat und insbesondere deswegen, weil die Berufungswerberin ihre Finanzierung ausschließlich durch die AG vornimmt, womit eine Einflussnahme auf die Preispolitik der Berufungswerberin gegeben sei. Das Finanzamt strich (daher) den bisher gewährten Vorsteuerabzug und setzte die Umsätze mit null fest.

Unstrittig ist sowohl die finanzielle und als auch die organisatorische Eingliederung gegeben. Gegen das Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung führte die Berufungswerberin ins Treffen:

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 ist eine juristische Person dann nicht mehr als selbständig zu betrachten, wenn sie einem anderen Unternehmen derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen mehr hat. Dies ist dann der Fall, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist.

Sowohl nach der Rechtsprechung von VwGH und BFH sind die drei Merkmale nicht unabhängig voneinander zu beurteilen, sondern im Kontext zu sehen. Damit eine Organschaft vorliegt kann es daher ausreichen, wenn eines der drei Merkmale weniger stark ausgeprägt ist, dafür aber die anderen Merkmale erheblich deutlicher in den Vordergrund treten ( VwGH 29.3.2001, 96/14/0085; BFH 20.8.2009, V R 30/06) .

Aus dem Gesetzeswortlaut ist zu entnehmen, dass jedoch alle drei Merkmale kumulativ vorliegen müssen. Werden nur zwei Merkmale erfüllt, reicht dies nicht aus um eine Organschaft zu begründen ( VwGH 19.7.2000, 98/13/0118) .

Aus dem Vorliegen eines dieser Merkmale kann allerdings nicht auf das Zutreffen eines der beiden anderen Merkmale geschlossen werden ( Kühbacher, SWI 9/2012, Umsatzsteuerliche Organschaft in Österreich und Deutschland, S. 412) . Auch der VwGH sieht keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen Merkmalen ( VwGH 20.1.1999, 96/13/0090) . Da die Höchstgerichte eine sehr separierte Betrachtungsweise der Merkmale haben, ist daraus zu schließen, dass eine sehr starke Ausprägung von zwei Merkmalen eine nur undeutliche Ausprägung des dritten Merkmales der Organschaft nicht kompensieren kann. Eine Organschaft liegt daher nur dann vor, wenn ein deutliches Verhältnis der Ober- und Unterordnung vorliegt.

....

Die wirtschaftliche Eingliederung ist gemäß der VwGH Rechtsprechung dann gegeben, wenn Organträger und Organgesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bilden, bei der das Organ dem Organträger untergeordnet ist ( VwGH 29.3.2001, 96/14/0085) . Dabei ist es von Bedeutung, ob zwischen den beiden Unternehmen ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang besteht und die Tätigkeiten aufeinander abgestellt sind und sich ergänzen ( VwGH 29.3.2001, 96/14/0085) . Dies wird immer dann der Fall sein, wenn die Organgesellschaft einer Betriebsabteilung des Organträgers gleichkommt bzw. eine betriebliche Teilfunktion übernimmt. Demnach muss eine starke wirtschaftliche Leistungsverflechtung bestehen.

Keine wirtschaftliche Eingliederung liegt hingegen vor, wenn beide Unternehmen in völlig unterschiedlichen Produkt-Markt-Kombinationen tätig sind ( VwGH 9.9.1980, 2595/80) . Selbst wenn artverwandte, nicht identische Leistungen verschiedenen Zielgruppen angeboten werden, begründet dies noch keine wirtschaftliche Eingliederung. Vielmehr liegt eine Arbeitsteilung im Konzern vor und somit eine Nebenordnung. Dies ist auch dann der Fall, wenn von der Muttergesellschaft administrative Arbeiten übernommen werden ( VwGH 19.7.2000, 98/13/0118) .

Auch der BFH sieht die wirtschaftliche Eingliederung dann als gegeben, wenn der Organträger der Organgesellschaft die wesentliche Betriebsgrundlage zur Verfügung stellt und diese ev. auch noch durch Kündigung der Rechtsbeziehung eine wesentliche Grundlage für ihre Umsatztätigkeit entziehen kann. Schon die bloße Möglichkeit einen Mietvertrag zu kündigen gibt dem Vermieter eine beherrschende Stellung ( Kranich/Siegl/Waba, UStG, § 2 Anm 300a) .

Die enge Auslegung der Organschaftsmerkmale beruht nicht zuletzt auch auf EU Recht, nämlich auf Art. 4 Abs. 4 UAbs. 2 der 6. MwSt-RL bzw. des Art. 11 UAbs. 1 MwStSyst-RL. Die Zusammenfassung von selbständigen Personen zu einer sogenannten Mehrwertsteuergruppe, wenn eine enge finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehung besteht, als einen Steuerpflichtigen, stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Art. 4 6. MwSt-RL dar. Gemäß der EUGH Rechtsprechung sind Mehrwertsteuerbestimmungen, die eine Ausnahme vom Grundsatz darstellen, besonders eng auszulegen ( Kühbacher a.a.O., S. 420) .

Vergleicht man die von der Rechtsprechung geforderten Merkmale für die wirtschaftliche Eingliederung mit jenem wie sie zum Prüfungszeitpunkt vorlagen, so sind diese, soweit sie die wirtschaftliche Eingliederung betreffen, nicht gegeben.

Die Vermietungstätigkeit der Berufungswerberin umfasst die Vermietung eines Gebäudes an die AG sowie die Vermietung eines Ambulanzjets an ein Rettungsflugunternehmen.

Diese Tätigkeit ist uE nicht als Bankgeschäft gemäß BWG einzustufen und auch nicht als Teil des Bankgeschäftes in dem es eine ergänzende Funktion darstellt, wie z.B. das Marketing für die AG. Vielmehr ist dies eine vom Bankgeschäft unabhängige Tätigkeit, nämlich die Vermietung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern.

Dass die AG eine Patronatserklärung für Zwecke der Bilanzierung übernommen hat, stellt wirtschaftlich betrachtet eine Garantie für die eigene Forderungen gegenüber der Berufungswerberin dar, da die AG der einzige Gläubiger der Berufungswerberin ist. In Anbetracht der obigen Ausführungen zu den Merkmalen der Organschaft ist dieser Sachverhalt wohl der finanziellen und nicht der wirtschaftlichen Eingliederung zuzuordnen.

Die Refinanzierung ausschließlich durch die AG ist nicht zwingend für die Berufungswerberin. Auf Grund vorhandener Sicherheiten (Immobilien) ist eine Kreditaufnahme auch bei einer anderen Bank jederzeit möglich. Die Annahme der Betriebsprüfung, dass sich die Berufungswerberin zwingend bei der AG refinanzieren muss, ist nicht nachzuvollziehen, da diesbezüglich keinerlei Beschränkungen in Satzung oder sonstigen Verträgen bestehen.

Der Hinweis der Betriebsprüfung auf die Konditionengestaltung des Kredites ist uE bei Projektfinanzierungen durchaus im Bereich des Möglichen. Die Betriebsprüfung führt diese jedoch als weiteres Indiz für ein Eingliederungsmerkmal an. Unseres Erachtens ist dieses Merkmal, wenn man es als Indiz für ein Merkmal der Organschaft heranzieht, der finanziellen Eingliederung zuzuordnen, da die besonderen Konditionen sich wohl nur aus der mittelbaren Gesellschafterstellung begründen. Eine wirtschaftliche Eingliederung ist dadurch nicht gegeben.

Die beabsichtigte teilweise Vermietung des angekauften Gebäudes an die AG stellt uE ebenfalls keine wirtschaftliche Eingliederung dar, zumal die AG nicht der einzige Mieter im Rahmen der Vermietungstätigkeit der Berufungswerberin ist. Darüber hinaus besteht auch keine Unterordnung der Berufungswerberin, indem die AG die wesentliche Betriebsgrundlage durch Vertragskündigung entziehen kann ( Kranich/Siegl/Waba, UStG, § 2 Anm 300a) . Vielmehr könnte die Berufungswerberin der AG den Mietvertrag kündigen und damit ergibt sich eine Umkehr der Machtausübung. Auch wenn die AG den Mietvertrag kündigen würde, ist der Berufungswerberin nicht eine wesentliche Grundlage ihrer Geschäftstätigkeit entzogen. Die Berufungswerberin müsste nur einen neuen Mieter suchen.

Daraus folgt, dass auf Grund der vorhandenen Tatbestandsmerkmale und in Auslegung der EUGH Rechtsprechung aber auch der VwGH Erkenntnisse die wirtschaftliche Eingliederung nicht gegeben ist und somit ein Merkmal der umsatzsteuerlichen Organschaft bei diesem Sachverhalt fehlt. Daher liegt unseres Erachtens keine umsatzsteuerliche Organschaft zum Prüfungszeitpunkt vor, sodass der Vorsteuerabzug von den Anschaffungskosten der Liegenschaft zu Recht erfolgte und die Berufungswerberin als eigenes umsatzsteuerliches Unternehmen zu beurteilen ist.

Die Berufungswerberin beantragte (daher), die Vermietungsumsätze ihr zuzurechnen und die Vorsteuern anzuerkennen.

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung erwogen:

Wie die Berufungswerberin zutreffend dargelegt hat liegt die wirtschaftliche Eingliederung nicht vor. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die Refinanzierung durch die AG für die Berufungswerberin zwingend wäre, weil dieser Umstand nur auf die (ohnehin unstrittig gegebene) finanzielle Eingliederung hindeutet. Dass die Vermietung an den Verein sowie die (steuerpflichtig geplante) Vermietung an die AG dem Grunde nach nicht anzuerkennen sei, hat das Finanzamt nicht eingewendet. Der Berufung war daher Folge zu geben.

Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes:

Das Finanzamt erhob Beschwerde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Folge die Entscheidung des an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getretenen Bundesfinanzgerichts wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse nicht erkennen, von welchem Sachverhalt das Bundesfinanzgericht ausgegangen sei (VwGH 23.11.2016, Ro 2014/15/0031).

Weiters führte der VwGH aus, dass die wirtschaftliche Eingliederung gegeben sei, wenn zwischen den Gesellschaften ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang besteht und ihre Tätigkeiten aufeinander abgestellt sind und sich gegenseitig ergänzen. Letzteres träfe im Streitfall jedenfalls dann zu, wenn die Aufgabe der mitbeteiligten Besitzgesellschaft (also der Beschwerdeführerin) vornehmlich darin bestünde, der AG die für den Betrieb ihrer Bankgeschäfte erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. In unionsrechtskonformer Interpretation des § 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994 sei mit dem betriebswirtschaftlichen Zusammenhang das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Eingliederung erfüllt, ohne dass es einer wirtschaftlichen Unterordnung bedürfe (vgl. EuGH C-108/14 und EuGH C-109/14 Rn 46).

Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes:

Bereits im Prüfungsbericht hat der Prüfer ausgeführt,
dass Unternehmensgegenstand des geprüften Unternehmens (nunmehr der Beschwerdeführerin) u.a. der Ankauf, die Entwicklung, die Vermietung, die Verpachtung und der Verkauf von Immobilien ist,
dass im streitgegenständlichen Gebäude 62,6% auf die Bankräumlichkeiten und 37,4% auf die Vermietung an den Verein entfallen und
dass das geprüfte Unternehmen überdies seit 23. Juli 1997 noch zwei weitere unbeweglichen Gegenstände, nämlich ein Gebäude SG und ein Gebäude JG und seit 19. Dezember 2009 einen Learjet vermietet.

Dass die AG nicht der einzige Mieter ist, wurde auch in der Beschwerde ausgeführt.

Über diesbezügliches Ersuchen schlüsselte die Beschwerdeführerin (unter Anführung der Erlöse für die Überlassung der genannten Gegenstände) die Umsatzverhältnisse für die Jahre 2010 bis 2012 wie folgt auf:

2010:
SG, JG, Learjet und Fremdvermietung (an Verein): 72,46%
(davon SG, JG und Fremdvermietung: 22,18%; Learjet: 50,28%)
Fiktive Vermietung (errechnet aus der ab 11/2012 erfolgten Vermietung) an Bank: 27,54%
Nur Gebäudevermietung:
SG, JG und Fremdvermietung: 44,61%; fiktive Vermietung: 55,39%

2011:
SG, JG, Learjet und Fremdvermietung (an Verein): 70,85%
(davon SG, JG und Fremdvermietung: 23,55%; Learjet: 47,30%)
Fiktive Vermietung (errechnet aus der ab 11/2012 erfolgten Vermietung) an Bank: 29,15%
Nur Gebäudevermietung:
SG, JG und Fremdvermietung: 44,70%; fiktive Vermietung: 55,30%

2012:
SG, JG und Fremdvermietung (an Verein): 44,94%
Fiktive und tatsächliche Vermietung an Bank: 55,06%

Die Flächenverhältnisse SG, JG und Fremdvermietung zu Vermietung Bankräumlichkeiten gab die Beschwerdeführerin mit 56,08% zu 43,92% an.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte daraufhin das Finanzamt um Stellungnahme zu den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Umsatz- und Flächenverhältnissen und zur Frage, ob in Anbetracht diese Verhältnisse noch davon auszugehen ist, dass die Aufgabe der Beschwerdeführerin vornehmlich darin besteht, der Obergesellschaft die für den Bankbetrieb erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Das Finanzamt teilte darauf mit, dass es die Flächenaufteilung der Beschwerdeführerin wohl zur Kenntnis nehmen müsse.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellung:

Unstrittig hat die Beschwerdeführerin neben dem streitgegenständlichen Gebäude noch zwei weitere Gebäude und (bis 2011) einen Learjet vermietet. Die oben angeführten Umsatz- und Flächenverhältnisse sind vom Finanzamt außer Streit gestellt worden und sofern dies nicht geschehen ist nicht angezweifelt worden. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass besagte Verhältnisse zutreffend sind. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Verhältnisse nicht bereits beim Kauf des strittigen Grundstückes in ungefährer Höhe feststanden.

2. Rechtliche Würdigung:

2.1. Auslegung des Begriffes „vornehmlich“:

Der VwGH hat nicht ausgeführt, was unter „vornehmlich“ zu verstehen ist. Laut Schefzig in taxlex 2017, S 80, bleibt (überdies) offen, ob der VwGH damit den Geschäftszweck meint oder es als ausreichend erachten würde, dass sich die tatsächliche Tätigkeit der Organgesellschaft so darstellt, dass die Organgesellschafft primär für die Organträgerin tätig wäre.

Nachdem aber der VwGH nur darauf abstellt, ob sich die Tätigkeiten ergänzen, was auch bei unterschiedlichen Geschäftszwecken der Fall sein kann, wird es nur auf die tatsächlichen Tätigkeiten ankommen.

Welchen Anteil die einzelne Tätigkeit an der gesamten Tätigkeit hat, lässt sich insbesondere am Anteil des jeweiligen Umsatzes an den Gesamtumsätzen messen. Werden (wie im konkreten Fall) noch keine Umsätze erzielt, sind die voraussichtlichen Umsatzverhältnisse heranzuziehen. Sollten die Entgelte für die Vermietung an die Obergesellschaft fremdunüblich sein (was konkret nicht der Fall ist), wären diese für Abgrenzungszwecke auf ein fremdübliches Maß zu ändern, sofern überhaupt ein Mietverhältnis anzuerkennen ist.

Werden nur Grundstücke vermietet, ist auch auf die Flächenverhältnisse Bedacht zu nehmen. Dies träfe aber im konkreten Fall erst für das Jahr 2012 zu, das aber nur eingeschränkt von Bedeutung ist (siehe nachfolgend).

Unter „vornehmlich“ wird „zu erheblich mehr als 50%“ oder wie Schefzig dies ausdrückt „primär“ zu verstehen sein, andernfalls hätte der VwGH wohl „überwiegend“ oder „zu mehr als 50%“ als Abgrenzung gewählt.

Ab welchem Prozentsatz „erheblich mehr als 50%“ gegeben ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Beschwerdeführerin ohnehin im Streitjahr umsatzmäßig nur zu 27,54%, also nicht einmal überwiegend, für die AG tätig wurde und weil dies auch zumindest in ungefährer Höhe bereits beim Kauf des strittigen Grundstückes feststand. Selbst wenn nur die (fiktiven) Umsätze aus den Gebäudevermietungen herangezogen werden (SG, JG und Fremdvermietung: 44,61%; fiktive Vermietung an AG: 55,39%), kann nicht davon die Rede sein, dass die Aufgabe der Beschwerdeführerin „vornehmlich“ darin bestand, der AG die für den Bankbetrieb erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Dafür sprechen auch die Flächenverhältnisse (SG, JG und Fremdvermietung: 56,08%; Bankräumlichkeiten: 43,92%).

Welche Verhältnisse in den Folgejahren bestanden, ist für das Streitjahr unerheblich, sofern nicht die in den Folgejahren gegebenen Verhältnisse darauf hindeuten, dass von Anfang an für die Folgejahre eine andere Bewirtschaftung (zB nur mehr Vermietung des strittigen Grundstückes nach Verkauf von SG, JG und Learjet) geplant war. Die konkreten Verhältnisse der beiden Folgejahre deuten aber geradezu darauf hin, dass die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt ihre Aufgabe vornehmlich darin sah, der Obergesellschaft (der AG) die für den Bankbetrieb erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

2.2. Wirtschaftliche Eingliederung:

Das Bundesfinanzgericht beurteilt die rechtlichen Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach keine wirtschaftliche Eingliederung vorliegt, nach wie vor für zutreffend, weil die Aufgabe der Beschwerdeführerin nicht vornehmlich darin bestand, der AG die für den Bankbetrieb erforderlichen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Dass die genannten Vermietung dem Grunde nach nicht anzuerkennen seien, hat das Finanzamt nach wie vor nicht eingewendet und auch aus dem Akt ergeben sich keine diesbezüglichen Anhaltspunkte. Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass besagte Vermietungen dem Grunde nach anzuerkennen sind.

Mangels Organschaft ist die Beschwerdeführerin als eigenständiges Unternehmen zu beurteilen, womit der begehrte Vorsteuerabzug zusteht.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der VwGH hat in der konkreten Sache bereits angedeutet, wie die Rechtsfrage zu beantworten ist. Dabei hat er zwar offengelassen, was unter dem Abgrenzungskriterium „vornehmlich“ zu verstehen ist, in Anbetracht der konkreten Umsatz- und Flächenverhältnissen wurde die Beschwerdeführerin aber keinesfalls „vornehmlich“ für die AG tätig. Die Revision war daher für nicht zulässig zu erklären.

 

 

Linz, am 24. Oktober 2017

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 2 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Vermietung von Bankräumlichkeiten an Obergesellschaft, vornehmliche Aufgabe

Verweise:

VwGH 29.03.2001, 96/14/0085
BFH 20.08.2009, V R 30/06
VwGH 19.07.2000, 98/13/0118
VwGH 20.01.1999, 96/13/0090
VwGH 09.09.1980, 2595/80
VwGH 23.11.2016, Ro 2014/15/0031
EuGH 16.07.2015, C-108/14

Stichworte