BFG RV/5100196/2017

BFGRV/5100196/20178.5.2017

Zeitraum der Besteuerung der Nachzahlung von Rehabilitationsgeld

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2017:RV.5100196.2017

 

Beachte:
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2017/15/0025. Mit Erk. v. 19.12.2018 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5100092/2019 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Michael Mandlmayr in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom 2. Jänner 2017 gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Braunau Ried Schärding vom 12. Dezember 2016 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2015 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem  als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt  zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

In der am 8. November 2016 beim Finanzamt eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2015 vom 4. November 2016 gab die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf) den Bezug von Rehabilitationsgeld an und machte als Sonderausgaben unter der Kennzahl (KZ) 455 Versicherungsprämien von 651,12 € und als außergewöhnliche Belastungen unter der KZ 730 Krankheitskosten von 500,00 € und unter der KZ 735 Sonstige außergewöhnliche Belastungen von 54,48 € mit dem handschriftlichen Zusatz „Kirchensteuer“ sowie einen pauschalen Freibetrag für Behinderung von 60 % geltend.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 forderte das Finanzamt die Bf auf, ihre 60%-ige Erwerbsminderung und Diätverpflegung mittels Behindertenpasses oder Bescheides des Sozialministerium Service samt Beiblatt nachzuweisen.

Am 9. Dezember 2016 legte die Bf hierauf ihren am 17. August 2016 vom Sozialministeriumservice ausgestellten Behindertenausweis vor, in dem ihr ein Grad der Behinderung bzw. Minderung der Erwerbstätigkeit von 60% und Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 bescheinigt werden.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 12. Dezember 2016 stellte das Finanzamt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus dem Bezügen von der OÖ Gebietskrankenkasse nach Abzug der Werbungskostenpauschale von 132,00 € in Höhe von 18.203,55 € fest, berücksichtigte 162,78 € als Viertel der Topfsonderausgaben, saldierte außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt 554,48 € mit einem Selbstbehalt gleicher Höhe, und setzte für ein Einkommen von 18.040,77 € eine Einkommensteuer von 2.371,04 € fest, woraus sich nach Abzug der anrechenbaren Lohnsteuer von 457,05 € eine Abgabennachforderung von 1.914,00 € ergab, und begründete dies wie folgt:

Laut  Behindertenpass des Sozialministeriumservice bestehe die Körperbehinderung (60%) der Bf seit 2016. Eine rückwirkende Berücksichtigung der Körperbehinderung sei daher für 2015 nicht möglich.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, könnten nicht berücksichtigt werden, weil sie den Selbstbehalt in Höhe von 2.109,67 € nicht übersteigen .

Mit am 2. Jänner 2017 zur Post gegebenem Schriftsatz vom 30. Dezember 2016 erhob die Bf Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 und beantragte sinngemäß die Verringerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um das darin enthaltene Rehabilitationsgeld für den Zeitraum März bis Dezember des Vorjahres 2014.

Mit Beschwerdevorentscheidung  vom 12. Jänner 2017 wies das Finanzamt die Beschwerde im Wesentlichen mit folgender Begründung ab:

Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ein Zufluss von Einnahmen im Sinne des § 19 EStG 1988 erfolgt in jenem Jahr, in dem der Steuerpflichtige rechtlich und wirtschaftlich die Verfügungsmacht über die Einnahmen erhält.
Das Rehabilitationsgeld für den Zeitraum 1.3.2014 bis 31.12.2014 sei am 16. Juli 2015 an die Bf überwiesen worden. Daher seien diese Bezüge dem Kalenderjahr 2015 zuzurechnen.

Mit Schriftsatz vom 27. Jänner 2017 stellte die Bf einen Vorlageantrag und beantragte die Berücksichtigung des Einbehalts von Geld des AMS von 9.361,48 €.

Im Vorlagebericht vom 22. Februar 2017 beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde und führte zum Sachverhalt ergänzend aus, der Bf sei aufgrund eines Gerichtsurteiles Rehabilitationsgeld rückwirkend für den Zeitraum 1.3. bis 31.12.2014 zugesprochen aber erst im Juli 2015 ausbezahlt und bei Berechnung der Einkommensteuer 2015 berücksichtigt worden.

Über Auskunftsersuchen des erkennenden Gerichts vom 23. Februar 2017 teilte die OÖ Gebietskrankenkasse mit Schreiben vom 10. März 2017 zum gegenständlichen Sachverhalt sinngemäß im Wesentlichen Folgendes mit:

 

Die Bf hat aufgrund des Bescheides der Pensionsversicherungsanstalt vom Juni 2015

rückwirkend ab 1. Marz 2014 Anspruch auf Rehabilitationsgeld. Das

Rehabilitationsgeld ist eine Geldleistung der Krankenversicherung und wird auf Basis der

Bestimmungen von §§ 143a ff Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) vom

zuständigen Krankenversicherungsträger OÖGKK berechnet und ausbezahlt.

Da die Bf vor Zuerkennung des Rehabilitationsgeldanspruches eine befristete Berufsunfähigkeitspension bezogen hat, ist für die Höhe des

Rehabilitationsgeldes die Regelung des § 669 Abs. 6a ASVG idF SVAG, BGBI 2/2015,

maßgeblich und errechnet sich dieses aus der zuvor bezogenen Pensionsleistung. Es besteht somit Anspruch auf ein tägliches Rehabilitationsgeld in Höhe von  31,88 € brutto.

Worum handelt es sich bei der Abzugspost von 19.361.48 € und  gesetzliche Grundlage für diesen Einbehalt  (Fragen 1 und 3):

Bis zur oben angeführten Entscheidung der Pensionsversicherung über die Zuerkennung

von Rehabilitationsgeld im Juni 2015 hat das Arbeitsmarktservice OÖ an die Bf vorschussweise Notstandshilfe gemäß § 23 Abs. 1 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977

(AIVG), in Höhe von insgesamt  9.361,48 € geleistet.

Aufgrund der Legalzession in § 23 Abs. 6 AlVG hat das AMS OÖ bei Zuerkennung von

Rehabilitationsgeld Anspruch auf Erstattung ihrer Leistungen. Diesen Erstattungsanspruch

hat das AMS OÖ  am 7. Juli 2015 an die OÖGKK gestellt.

 

Zeiträume  und betragliche Zusammensetzung dieses Einbehalts (Frage 2):
Das  AMS OÖ  hat im Zeitraum von 2. April 2014 bis 31. Dezember 2014 bzw. von 1. Jänner

2015 bis 30. Juni 2015  täglich eine Leistung in Höhe von  20,62 € - insgesamt  9.361 ,48 € erbracht.

Unterlagen betreffend Verrechnung dieser Abzugspost mit dem Rehabilitationsgeld (Frage 4): Schreiben des AMS OÖ  vom 7. Juli 2015 als Beilage.

In diesem Zusammenhang ergangene Urteile (Frage 5):

Der OÖGKK  liegen ‘keine in diesem Zusammenhang ergangenen Urteile vor.
Die Legalzession zugunsten der vom AMS erbrachten Leistung mit dem nachträglich zuerkannten Rehabilitationsgeld erfolgt aufgrund der gesetzlichen Grundlage sowie der österreichweit einheitlichen Vorgehensweise aller Krankenversicherungsträger.

Kopie des Überweisungsbeleges betreffend  9.644.14 € bzw. € 182,66 € (Frage 6):

Die Bf  hat Anspruch auf ein tägliches Rehabilitationsgeld in Höhe von  31,88 € brutto.
 lm Jahr 2014 und 2015 wurde das Rehabilitationsgeld — soweit der Bezug den Betrag

von täglich  30,00 € übersteigt - mit 36,5 % Lohnsteuer besteuert. Bei der Bf  sind

das täglich€ 0,69 €  Lohnsteuer.

lm Zeitraum von 1. März  2014 bis 31. Dezember 2014, das sind 306 Tage, ergibt sich

insgesamt ein Anspruch auf  Rehabilitationsgeld - brutto von  9.755,28 €  bzw. netto von  9.544,14 €  bzw. eine an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer von 211,14 €.

Der Einbehalt zugunsten des AMS OÖ  (Legalzession in Höhe von   9.361,48 €) wurde zur

Gänze beim Rehabilitationsgeld-Anspruch für den Zeitraum vom 1. März  2014 bis 31.

Dezember 2014 berücksichtigt, sodass sich für diesen Zeitraum  ein auszuzahlender

Betrag von nur  € 182,66 ergibt.

Im Zeitraum von 1. Jänner 2015 bis 19. Juni 2016, das sind 170 Tage, ergibt sich insgesamt

ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld - brutto von  5.419,60 € bzw. netto von  5.302,30 € bzw. eine an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer von  117,30 €.

Aufgrund der rückwirkenden Zuerkennung des Rehabilitationsgeldes im Juni 2015 wurde mit

Überweisung vorn 17. Juli 2015 (Beilage Auszug aus Datenträger) an die Bf  ein

Betrag von insgesamt 5.484,96 €  angewiesen. Dieser Auszahlungsbetrag setzt sich wie folgt  zusammen:

182,66 € (Rehabilitationsgeld für  den Zeitraum 01.03.2014 bis 31.12.2014)

5.302 30 €   (Rehabilitationsgeld für den Zeitraum 01.01.2015 bis 19.06.2015)

5484,96 €  Auszahlungsbetrag laut Beleg

Alle weiteren Auszahlungen von Rehabilitationsgeld für  das Jahr 2015 erfolgten im

Nachhinein im festgelegten 28-Tage-Rhythmus, beginnend mit 17. Juli 2015.

Mit Schriftsatz vom 13. März 2017 legte die Bf in Entsprechung der Aufforderung des erkennenden Gerichts vom 24. Februar 2017 folgende Unterlagen vor:

Mit Schriftsatz vom 20. März 2017 bestätigte die Bf die Richtigkeit der Darstellung des Sachverhaltes im Schreiben der OÖGKK vom 10. März 2017, das der Bf samt Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 13. März 2017 vom erkennenden Gericht  je in Kopie übermittelt worden war.

 

    Das erkennende Gericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

 

Die Bf ist Berufsbezeichnung und bezog wegen gesundheitlicher Probleme vom  AMS  2014 einen nach § 3 Abs. 1 EStG 1988 (Notstandshilfe) steuerfreien Pensionsvorschuss  vom  2. April  bis 31. Dezember in Höhe von insgesamt 5.649,88 € und 2015 in Höhe von insgesamt 3.711,60 €  (1. Jänner  bis 31. März  und  2 April bis 30. Juni  je 1.855,80 €).

Mit Bescheid vom 8. Juni 2015 stellte die Pensionsversicherungsanstalt (PVA)  die vorübergehende Berufsunfähigkeit der Bf und deren Anspruch auf Rehabilitationsgeld ab 1. März 2014 fest.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 forderte das AMS die OÖGKK auf,  die für den Zeitraum 2. April bis 31. Dezember 2014 und 1. Jänner bis 30. Juni 2015 an die Bf nach § 23 Abs. 1 AlVG 1977 ausbezahlte Notstandshilfe von 9.361,48 €  (5.649,88+1.855,80+1.855,80) gemäß § 23 Abs. 6 AlVG wegen der inzwischen erfolgten Zuerkennung von Rehabilitationsgeld für diesen Zeitraum von der Nachzahlung des Rehabilitationsgeldes einzubehalten und an das AMS zu überweisen.

Die OÖGKK behielt deshalb von der Nachzahlung des Rehabilitationsgeldes für 1. März bis 31. Dezember 2014 von brutto 9.755,28 € nicht nur Lohnsteuer in Höhe von 211,14 €, sondern auch 9.361,48 €  ein und überwies am 17. Juli 2015 lediglich den Restbetrag von 182,66 € (9.755,28-211,14-9.361,48) gemeinsam mit dem Rehabilitationsgeld für 1. Jänner bis 19. Juni 2015 von 5.302,30 € sohin 5.484,96 € an die Bf.

Im Bruttobetrag des für 2014 nachbezahlten Rehabilitationsgeldes für 1. März bis 31. Dezember 2014 von 9.755,28 € waren sonstige Bezüge von 1.393,61 € enthalten, weshalb die laufenden Bezüge (KZ 245) nur 8.361,67 € (9.755,28-1.393,61) betrugen.
Außer dem Betrag von 8.361,67 € hat die Bf  im Jahr 2015 von der OÖGKK  folgende steuerpflichtigen Bezüge (KZ 245) erhalten: 4.645,37 € (2.1.-19.6.2015), 737,79 € ( 5.12.-31.12.2015) und 6 x 765,12 € (20.6.-17.7; 18.7.-14.8.;15.8.-11.9.; 12.9.-9.10; 10.10.-6.11. und 7.11.-4.12.).

Die Bf hat im Jahr 2015 Kirchensteuer in Höhe von 54,48 € und Krankheitskosten in Höhe von 500,00 € bezahlt.

 

Beweiswürdigung

 

Der Beruf der Bf  wird  in der Begründung (S 2 Abs. 2) des  Bescheides der PVA vom 8. Juni 2015 betreffend die Berufsunfähigkeit der Bf angeführt.
Die vom AMS ohne Abzug von Lohnsteuer  ausbezahlten  Pensionsvorschüsse sind in den  elektronischen Datenbanken AIS und FinanzOnline ersichtlich, wovon Ausdrucke zum Akt genommen worden sind.
Eine Kopie des Bescheides der PVA vom 8. Juni 2015 und  des Schreibens des AMS an die OÖGKK vom 7. Juli 2015 hat die Bf mit Schriftsatz vom 13. März 2017 vorgelegt.

Die Höhe der Bruttobeträge des Rehabilitationsgeldes), der Lohnsteuer, des Nettobetrages und des Einbehalts von 9.361,46 € ist aus der dem Vorlageantrag vom 27. Jänner 2017 und dem Schriftsatz der Bf vom 13. März 2017 angeschlossenen Auszahlungsbestätigung für den Versicherten der OÖGKK vom 17. Jänner 2017 ersichtlich.
Der Überweisungsbetrag von 5.484,96 € ist durch die Beilage des Schreibens der OÖGKK vom 10. März 2017 belegt.

Die Feststellungen des erkennenden Gerichts stehen im Einklang mit der Darstellung der OÖGKK vom 10. März 2017 deren Richtigkeit die Bf im Schriftsatz vom 20. März 2017 bestätigt hat.

Der Umstand, dass im Bruttobetrag von 9.755,28 € sonstige Bezüge in Höhe von 1.393,61 € enthalten und deshalb die steuerpflichtigen Bezüge nur 8.361,67 € betragen, ist aus S 5f des bekämpften Bescheides ersichtlich, in dem auf S 1 auch nur 8.361,67  € als Bezug und Teil der nichtselbständigen Einkünfte berücksichtigt wird.

Die Beträge des dem Tarif (KZ 245) unterliegenden Teiles des von der OÖGKK erhaltenen Rehabilitationsgeldes ist im bekämpften Bescheid (S 4f)  ausgewiesen. Es besteht kein Anlass an der Richtigkeit dieser unbestrittenen Beträge  zu zweifeln.

Die Kirchenbeiträge (KZ 735) und Krankheitskosten (KZ 730) an deren Höhe und Zahlung im Jahr 2015 in Ansehung der geringen Höhe ebenfalls kein Anlass zum Zweifel besteht, sind in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung der Bf ausgewiesen.

 

Rechtslage - Sozialwesen

 

Der erste und der sechste Absatz des mit der Überschrift“ Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung“ § 23 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ; BGBl. Nr. 609/1977 in der ab 1.1.2014 bis 31.12.2015 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 68/2014 (AlVG 1977) lauten (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

§ 23. (1) Arbeitslosen, die die Zuerkennung

            1.         einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit oder eines Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Pensions- oder Unfallversicherung oder

            2.         einer Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz oder eines Sonderruhegeldes nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz

beantragt haben, kann bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf diese Leistungen als Vorschuss auf die Leistung Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gewährt werden.

 (6) Hat eine regionale Geschäftsstelle einen Vorschuss nach Abs. 1 oder Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe oder eine sonstige Leistung nach diesem Bundesgesetz gewährt, so geht ein Anspruch des Arbeitslosen auf eine Leistung gemäß Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1 Z 2 oder auf Rehabilitationsgeld für denselben Zeitraum auf den Bund zugunsten der Gebarung Arbeitsmarktpolitik in der Höhe der von der regionalen Geschäftsstelle gewährten Leistung, mit Ausnahme der Krankenversicherungsbeiträge, über, sobald die regionale Geschäftsstelle beim Träger der Sozialversicherung den Übergang des Anspruches geltend macht (Legalzession). Der Übergang des Anspruches wird nur bis zur Höhe der nachzuzahlenden Beträge wirksam und ist vorrangig zu befriedigen.

 

  Gemäß § 143a Abs. 1  ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, idF BGBl. I Nr. 2/2015 haben Personen, für die auf Antrag bescheidmäßig festgestellt wurde, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 255b (§ 273b, § 280b) erfüllt sind, ab Vorliegen der vorübergehenden Invalidität (Berufsunfähigkeit) für deren Dauer Anspruch auf Rehabilitationsgeld.  Die Feststellung, ob Anspruch auf Rehabilitationsgeld besteht, sowie dessen Entziehung erfolgt durch Bescheid des Pensionsversicherungsträgers.

 

Rechtslage – Einkommensteuer

 

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 auch Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a EStG 1988 sind das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen von der Einkommensteuer befreit.

Gemäß § 33 Abs. 5 EStG 1988 stehen der Arbeitnemer-  und Verkehrsabsetzbetrag nur bei einem bestehenden Dienstverhältnis zu. Gemäß Abs. 6 leg. cit.  steht bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs. 5 und Bezug einer Pension ein Pensionistenabsetzbetrag von 400,00 € zu, der sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionseinkünften von 17.000 € und 25.000 € auf null vermindert.
Gemäß § 124b Z 292 lit. a  EStG 1988 sind für das Kalenderjahr 2015 20% der Sozialversicherungsbeiträge (§ 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988), höchstens aber 55,00 € rückzuerstatten (SV-Rückerstattung), wenn sich bei Steuerpflichtigen mit Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag keine Einkommensteuer ergibt. 
Gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 ist der Steuerpflichtige bei lohnsteuerpflichtigen Einkünften zu veranlagen, wenn ihm im Kalenderjahr lohnsteuerpflichtige Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7,8 oder 9 zugeflossen sind.

Im  zweiten Absatz des dem mit der Überschrift  „Lohnsteuerabzug in besonderen Fällen“ versehenen § 69 EStG 1988 in der für die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 104/2014  ist Folgendes (Fettdruck durch das erkennende Gericht) geregelt:

(2) Bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lt. C und bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG sind 36,5% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausbezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebtel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.

Im ersten Absatz des mit der Überschrift „Zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben“ versehenen § 19 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 ist Folgendes geregelt:

§ 19. (1) Einnahmen sind in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Abweichend davon gilt:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

2

.

In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:

Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird,

Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie

Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.

3.

Bezüge gemäß § 79 Abs. 2 gelten als im Vorjahr zugeflossen. Die Lohnsteuer ist im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung einzubehalten. Für das abgelaufene Kalenderjahr ist ein Lohnzettel gemäß § 84 an das Finanzamt zu übermitteln.

 abzuziehen.  

Bei der Ermittlung des Einkommens sind gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 verpflichtende Beiträge an Kirchen und Religionsgesellschaften, die in Österreich gesetzlich anerkannt sind, bis zu einem Höchstbetrag von 400,00 € als Sonderausgaben abzuziehen.

 

Erwägungen  

 

Im Handbuch Lohnsteuer 2016 Alles für die Lohnverrechnung von A-Z von Hofbauer/Kramer finden sich auf S 207f unter Pkt.  208 Rehabilitationsgeld (§ 143a ASVG) folgende Ausführungen (Fettdruck durch das erkennende Gericht):

RZ 1228: Das Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG ersetzt seit 1.1.2014 die Invaliditätspension bzw. Berufsunfähigkeitspension in jenen Fällen, in denen eine vorübergehende, voraussichtlich mindestens 6 Monate dauernde Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit vorliegt und eine berufliche Rehabilitation nicht zweckmäßig oder nicht zumutbar ist. Die bescheidmäßige Festsetzung über die Zuerkennung sowie die Entziehung des Anspruches auf Rehabilitationsgeld erfolgt durch die Pensionsversicherungsanstalt. Die Finanzierung der Mittel erfolgt ebenso über diese. Die Berechnung der Höhe und die Auszahlung erfolgt über die jeweils zuständige GKK.
RZ 1229: Das Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG stellt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG Abs. 1 Z 3 lit. a EStG) dar.

RZ 1230: Steuerrechtlich gilt das Rehabilitationsgeld als ein vorübergehender Bezug iSd § 69 Abs. 2 EStG. Der im § 69 Abs. 2 EStG vorgesehene Freibetrag von € 30,00 steht pro Tag zu. Im Falle einer monatlichen Abrechnung sind immer 30 Tage anzunehmen. Daraus ergibt sich, dass monatlich ein Freibetrag von € 900,00 zusteht. Übersteigt das Rehabilitationsgeld den Freibetrag, ist vom übersteigenden Betrag eine Pauschalsteuer in Höhe von 25% einzubehalten.
Wird innerhalb eines Kalenderjahres Rehabilitationsgeld bezogen, liegt ein Pflichtveranlagungstatbestand iSd § 41 Abs. 1 EStG vor. Im Zuge der Steuerberechnung durch das FA wird der Freibetrag von € 30,00 täglich nicht mehr berücksichtigt.

Das erkennende Gericht teilt die Rechtsansicht des zitierten Handbuches, dass das Rehabilitationsgeld unter den Begriff der Pension iSd § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 fällt. Dafür spricht nicht nur, dass diese Leistung als Ersatz der Pension wegen Invalidität und Berufsunfähigkeit eingeführt worden ist, sondern auch die Zuerkennung und Finanzierung durch die Pensionsversicherungsanstalt.

Im gegenständlichen Fall hat die Pensionsversicherungsanstalt der Bf im Bescheid vom  8.Juni 2015 den Anspruch auf Rehabilitationsgeld ab 1. März 2014 zuerkannt.

Das Rehabilitationsgeld (Pension iSd § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988) für den Zeitraum 1. März 2014 bis 31. Dezember 2014 gilt deshalb gemäß der oben zitierten Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 als im Kalenderjahr 2014 zugeflossen, für das der Anspruch entstanden ist. 

Der bekämpfte Bescheid, der auch diese Beträge dem Kalenderjahr 2015 zugerechnet hat, ist deshalb rechtswidrig

.

Der Beschwerde kommt deshalb Berechtigung zu.

 

In der Arbeitnehmerveranlagung 2015 sind deshalb nur die laufenden und sonstigen Bezüge dieses Jahres zu erfassen und jene des Jahres 2014 auszuscheiden. Dies gilt auch für die davon jeweils einbehaltene Lohnsteuer.  

Das Finanzamt hat im bekämpften Bescheid außerdem den 2015 bezahlten Kirchenbeitrag nicht berücksichtigt. Dies ist im  gegenständlichen Erkenntnis gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 als zusätzliche Sonderausgabe zu berücksichtigen.

Da die Bf nach obigen Feststellungen  2015 in keinem Dienstverhältnis stand und auf Grund des Bezuges einer Pension in Form des Rehabilitationsgeldes gemäß des oben zitierten § 33 Abs. 6 EStG 1988 grundsätzlich den Anspruch auf Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages hat, stehen  entgegen dem angefochtenen Bescheid der Pauschbetrag für  Werbungskosten und der Verkehrsabsetzbetrag sowie der Arbeitnehmerabsetzbetrag nicht zu. Mangels Abzuges von Sozialversicherungsbeiträgen vom Rehabilitationsgeld bleibt der Pensionistenabsetzbetrag jedoch ohne Auswirkung, weil sich im gegenständlichen Fall keine  Negativsteuer nach § 124b Z 292 lit. a  EStG 1988 ergibt.

 

Hinsichtlich der rechnerischen Darstellung wird auf das als Beilage angeschlossene Berechnungsblatt verwiesen. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur Rechtsfrage, ob das Rehabilitationsgeld (§ 143a Abs. 1 ASVG) eine Pension iSd des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 darstellt und deshalb die Ausnahme vom Zuflussprinzip nach § 19 Abs. 1 Z 2 TS 1 EStG 1988 anwendbar ist, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, ist die Revision zulässig.  

 

 

Linz, am 8. Mai 2017

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 143a Abs. 1 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

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