Tagesgelder als Werbungskosten bei Reisen ohne Nächtigung
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2015:RV.3100881.2014
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter F in der Beschwerdesache Bf, Anschrift, gegen den Bescheid des Finanzamt Kufstein Schwaz vom 20.02.2014 betreffend Einkommensteuer 2013 (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung verwiesen, die insoweit einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bildet.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Abgabepflichtige bezieht als „Verkäuferin im Außendienst“ Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 neben Sonderausgaben unter der KZ 735 außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.829,44 €. Das Finanzamt erließ mit Ausfertigungsdatum 20. Februar 2014 einen erklärungsgemäßen Bescheid betreffend Einkommensteuer 2013.
Gegen diesen Bescheid erhob die Abgabepflichte mit Eingabe vom 26. Februar 2014 Beschwerde, führte darin aus, dass die Werbungskosten versehentlich in der falschen „Rubrik“ eingetragen worden seien und machte in einer beigelegten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 unter der Kennzahl 721 „Reisekosten“ Werbungskosten in Höhe von 1.829,44 € geltend.
Mit Vorhalt des Finanzamtes vom 3. März 2014 wurde die Abgabepflichtige ersucht, eine detaillierte Aufstellung betreffend die Werbungskosten sowie ein Fahrtenbuch vorzulegen und mitzuteilen, wie sich die Reisekosten betraglich zusammensetzen bzw. ob der Dienstgeber Ersätze geleistet hat.
Hiezu wurde von der Abgabepflichtigen eine Excel-Tabelle über die beruflich veranlassten Fahrten unter jeweiliger Angabe des Datums, des Reiseziels, der Reisezeit (Beginn und Ende), der darauf entfallenden Diäten, des Kilometerstandes am Anfang der Fahrt und am Ende der Fahrt sowie der daraus resultierenden Fahrtkilometer, des darauf entfallenden Kilometergeldes und der Ersätze durch den Arbeitgeber.
Danach hat die Abgabepflichtige mit dem PKW insgesamt 3.409 Kilometer beruflich veranlasst zurückgelegt, woraus sich Werbungskosten in Höhe von 1.431,78 € (3.409 x 0,42 € amtliches Kilometergeld) errechnen. Nach in Abzug gebrachter Ersätze des Arbeitgebers in Höhe von 590,20 € verbleiben nach der Berechnung der Abgabepflichtigen PKW-Kosten in Höhe von 841,58 €.
Dieser Betrag wurde vom Finanzamt im Gegensatz zu den in der Excel-Tabelle errechneten Diäten in Höhe von 957,20 € in der Beschwerdevorentscheidung vom 26. Mai 2014 als Werbungskosten berücksichtigt.
In der Bescheidbegründung wurde dazu ausgeführt, dass Tagesgelder nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, wenn kein weiterer Tätigkeitsmittelpunkt begründet werde. Ein weiterer Tätigkeitsmittelpunkt werde bei einer Fahrtätigkeit stets dann begründet, wenn die Fahrtätigkeit regelmäßig in einem lokal eingrenzten Bereich oder auf nahezu gleichbleibenden Routen erfolge.
Mit Eingabe vom 2. Juni 2014 erhob die Abgabepflichtige nochmals „Bescheidbeschwerde gem. § 243 BAO“ und führte begründend aus, dass die gänzliche Nichtanerkennung der Diäten als nicht sachgerecht empfunden werde.
Hiezu stellte die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorlage den Antrag, das Beschwerdebegehren abzuweisen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG 1988 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Demgegenüber bestimmt § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. a EStG 1988, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge und Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, diese selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen.
Für die Möglichkeit der Berücksichtigung von Werbungskosten im Zusammenhang mit Verpflegung im Rahmen beruflich veranlasster Fahrten ist Voraussetzung, dass einerseits eine Reise (Reisetatbestand) und andererseits ein in typisierender Betrachtungsweise anzunehmenden Verpflegungsmehraufwand (Mehraufwandstatbestand) gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG nicht abzugsfähigen üblichen Verpflegungsaufwendungen vorliegt.
Nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis liegt eine Reise gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder sonst aus beruflichem Anlass mindestens 25 km vom Mittelpunkt der Tätigkeit (sog. Nahbereich um den Ort der Betriebsstätte, bzw. Dienststelle) entfernt und eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen und mehr als fünf Stunden bei Auslandsreisen vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird.
Die Rechtfertigung für die Annahme von Werbungskosten im Zusammenhang mit Reiseverpflegung liegt in dem, in typisierender Betrachtungsweise angenommenen, Mehraufwand gegenüber den ansonsten am jeweiligen Aufenthaltsort anfallenden und gemäß § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähigen üblichen Verpflegungsaufwendungen. Mehraufwendungen für Gasthausverpflegung (Verpflegung außer Haus) gehören grundsätzlich zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung, zumal ein bedeutender Teil der Erwerbstätigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten in öffentlichen Speiselokalen (außer Haus) einzunehmen.
Verpflegungsmehraufwand im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 liegt daher nur dann vor, wenn durch eine Reise zusätzliche Verpflegungskosten verursacht werden, die über die in typisierender Betrachtungsweise zu beurteilenden üblichen Verpflegungsausgaben der Erwerbstätigen am ständigen Arbeitsort hinausgehen. Die die Einkünfte mindernde Berücksichtigung von Verpflegungsaufwendungen findet ihre Begründung darin, dass einem Steuerpflichtigen die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen - vom Wohnort in größerer Entfernung gelegenen - Aufenthaltsort in der Regel nicht bekannt sind. Bei längerer oder wiederholter Tätigkeit an einem Ort, hat der Steuerpflichtige hingegen ausreichend Gelegenheit, die Gastronomie in den Einsatzorten kennen zu lernen und befindet sich daher in der gleichen Lage wie ein Dienstnehmer, der nicht auf Reisen ist, sich aber außerhalb seines Hauses verpflegen muss; daher ist in diesem Fall eine steuerliche Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwand im Wege von Tagesgeldern nicht mehr gerechtfertigt (siehe ua Doralt, EStG13, § 16 Tz 172).
Wie der vorliegenden Aufstellung der Beschwerdeführerin zu entnehmen ist, wurden zum Teil Fahrten durchgeführt, deren Distanzen unter 25 Kilometer gelegen waren (Fahrten nach Wörgl, nach Kundl sowie nach Schwaz), sodass hinsichtlich jener beruflich veranlassten Fahrten schon mangels Vorliegens einer Reise, die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nicht in Betracht kommt.
Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin 36 Fahrten nach Innsbruck (Distanz rund 37 Kilometer), und jeweils 2 Fahrten nach Kufstein (Distanz rund 37 Kilometer) bzw. Telfs (Distanz rund 70 Kilometer) zurückgelegt.
Hinsichtlich der Fahrten nach Innsbruck ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Häufigkeit der Aufenthalte in typisierender Betrachtungsweise jenes Maß an Vertrautheit über die Verpflegungsmöglichkeiten entstanden ist, wie vergleichsweise im Nahgebiet um den Dienstort oder bei laufenden Dienstverrichtungen in einem Einsatzgebiet. Deshalb ist auch bei diesen Fahrten ein Verpflegungsmehraufwand steuerrechtlich nicht anzunehmen.
Hinsichtlich der weiteren Fahrten nach Telfs und Kufstein ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, dass einem Steuerpflichtigen keine Verpflegungsmehraufwendungen zustehen, wenn es sich um eintägige Reisen (ohne Nächtigungserfordernis) handelt (vgl. VwGH 28.01.1997, 95/14/0156, VwGH 30.10.2001, 95/14/0013, 07.10.2003, 2000/15/0151). In diesen Erkenntnissen kommt zum Ausdruck, dass die üblichen Verpflegungsausgaben während eines Arbeitstages erst durch eine Reise überschritten werden, wenn sie solange andauert, dass der Steuerpflichtige auch das Frühstück und das Abendessen außerhalb seines Haushaltes einnehmen muss. Ein allfälliger, aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierender Mehraufwand kann in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. durch die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden (vgl. Doralt, EStG13 § 16 Rz 197)
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Beschwerdeführerin nur eintägige Reisen durchgeführt hat und bei keiner dieser beruflich veranlassten Reisen eine Nächtigung erforderlich gewesen ist, sodass im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes daher auch aus diesem Grund keine Tagesgelder als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Zulässigkeit einer Revision
Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da keiner der im Art. 133 Abs. 4 B-VG genannten Tatbestände vorliegt und der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes Bedeutung über den Einzelfall hinaus nicht zukommt.
Innsbruck, am 17. April 2015
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |