Vertragliche Anerkennung in Drittländern
§ 98.
(1) Institute und Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 sind verpflichtet, eine vertragliche Klausel aufzunehmen, durch die der Gläubiger oder die Partei der Vereinbarung oder des Instruments, die oder das die Verbindlichkeit begründet, anerkennt, dass diese unter die Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse fallen kann, und sich damit einverstanden erklärt, eine Herabsetzung des Nennwerts oder des ausstehenden Restbetrags, eine Umwandlung oder eine Löschung, die eine Abwicklungsbehörde unter Wahrnehmung dieser Befugnisse vornimmt, zu akzeptieren, wenn die Verbindlichkeit alle folgenden Voraussetzungen erfüllt:
- 1. Die Verbindlichkeit ist nicht gemäß § 86 Abs. 2 ausgenommen;
- 2. die Verbindlichkeit stellt keine Einlage gemäß § 131 Abs. 1 dar;
- 3. die Verbindlichkeit unterliegt dem Recht eines Drittlandes und
- 4. die Verbindlichkeit wurde nach dem 28. Dezember 2020 ausgegeben oder eingegangen.
(2) Die Abwicklungsbehörde kann beschließen, dass die Verpflichtung gemäß Abs. 1 keine Anwendung auf Institute oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 findet, in deren Fall der Mindestbetrag gemäß § 100 Abs. 1 dem Verlustabsorptionsbetrag gemäß § 102 Abs. 2 Z 1 entspricht, vorausgesetzt, dass die Verbindlichkeiten, die die Bedingungen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 4 erfüllen und die vertragliche Klausel gemäß Abs. 1 nicht enthalten, nicht auf die Anforderung angerechnet werden.
(3) Die Abwicklungsbehörde kann vom Erfordernis gemäß Abs. 1 absehen, wenn sichergestellt ist, dass die in Abs. 1 genannten Verbindlichkeiten oder Instrumente nach dem Recht des betreffenden Drittlandes oder einem bindenden Abkommen mit dem betreffenden Drittland verbindlich den Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen der Abwicklungsbehörde unterliegen. Die Abwicklungsbehörde kann diese Ausnahme jederzeit aufheben.
(4) Für den Fall, dass ein Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 feststellt, dass es rechtlich oder in sonstiger Weise undurchführbar ist, eine gemäß Abs. 1 erforderliche vertragliche Klausel in die vertraglichen Bestimmungen einer entsprechenden Verbindlichkeit aufzunehmen, hat dieses Unternehmen der Abwicklungsbehörde seine Feststellung mitzuteilen, einschließlich der Benennung der Kategorie der Verbindlichkeit sowie einer Begründung dieser Feststellung. Das Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 hat der Abwicklungsbehörde alle Informationen, die diese innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt der Mitteilung verlangt, zu übermitteln, damit die Abwicklungsbehörde die Auswirkung der Mitteilung auf die Abwicklungsfähigkeit dieses Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 prüfen kann.
(5) Die Verpflichtung, in die vertraglichen Bestimmungen eine gemäß Abs. 1 erforderliche Klausel aufzunehmen, ist im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ausgesetzt, sobald die Mitteilung bei der Abwicklungsbehörde eingeht.
(6) Kommt die Abwicklungsbehörde zu dem Schluss, dass es unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die Abwicklungsfähigkeit des Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 sicherzustellen, weder rechtlich noch in sonstiger Weise undurchführbar ist, in die vertraglichen Bestimmungen eine gemäß Abs. 1 erforderliche Klausel aufzunehmen, so verlangt sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt der Mitteilung gemäß Abs. 4 die Aufnahme einer solchen vertraglichen Klausel. Die Abwicklungsbehörde kann darüber hinaus das Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 auffordern, seine Vorgehensweise in Bezug auf die Anwendung der Befreiung von der vertraglichen Anerkennung des Bail-in zu ändern.
(7) Die in Abs. 4 genannten Verbindlichkeiten dürfen weder Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals noch Instrumente des Ergänzungskapitals noch Schuldtitel gemäß § 2 Z 49a umfassen, sofern es sich bei diesen Instrumenten um unbesicherte Verbindlichkeiten handelt. Zudem sind die Verbindlichkeiten gemäß Abs. 4 vorrangig gegenüber Verbindlichkeiten gemäß § 131 Abs. 3 Z 1, 2 und 3 sowie § 131 Abs. 4.
(8) Stellt die Abwicklungsbehörde im Zusammenhang mit der gemäß §§ 27 und 28 durchgeführten Bewertung der Abwicklungsfähigkeit eines Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt fest, dass innerhalb einer Kategorie von Verbindlichkeiten, die auch berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten einschließt, der Betrag der Verbindlichkeiten, die im Einklang mit Abs. 4 die vertragliche Klausel gemäß Abs. 1 nicht enthalten, zusammen mit den Verbindlichkeiten, die von der Anwendung des Bail‑in‑Instruments gemäß § 86 Abs. 2 ausgeschlossen sind oder gemäß § 86 Abs. 4 voraussichtlich ausgeschlossen werden, über 10 vH dieser Kategorie von Verbindlichkeiten ausmachen, so hat die Abwicklungsbehörde umgehend die Auswirkungen dieses speziellen Umstands auf die Abwicklungsfähigkeit dieses Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4, einschließlich der Auswirkungen auf die Abwicklungsfähigkeit, die sich aufgrund des Risikos ergibt, bei Ausübung der Befugnis, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten herabzuschreiben und umzuwandeln, gegen die Gläubigerschutzbestimmungen gemäß § 106 zu verstoßen, zu bewerten.
(9) Kommt die Abwicklungsbehörde aufgrund der Bewertung gemäß Abs. 8 zu dem Schluss, dass durch die Verbindlichkeiten, die im Einklang mit Abs. 4 die vertragliche Klausel gemäß Abs. 1 nicht enthalten, ein wesentliches Hindernis für die Abwicklungsfähigkeit entsteht, so hat sie gegebenenfalls die Befugnisse gemäß § 29 auszuüben, um dieses Hindernis für die Abwicklungsfähigkeit zu beseitigen.
(10) Verbindlichkeiten, für die es das Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 verabsäumt, die gemäß Abs. 1 erforderliche Klausel in die vertraglichen Bestimmungen aufzunehmen, oder für die gemäß Abs. 4 ff. diese Anforderung nicht gilt, sind nicht auf den Mindestbetrag an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten anzurechnen.
(11) Auf Verlangen der Abwicklungsbehörde hat das Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 ein Rechtsgutachten in Bezug auf die rechtliche Durchsetzbarkeit und Rechtswirksamkeit der vertraglichen Klausel gemäß Abs. 1 vorzulegen.
(12) Verabsäumt es ein Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4, eine gemäß Abs. 1 geforderte Klausel in die vertraglichen Bestimmungen einer Verbindlichkeit aufzunehmen, hindert dieses Versäumnis die Abwicklungsbehörde nicht daran, bei dieser Verbindlichkeit von den Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen Gebrauch zu machen.
(13) Wenn die Abwicklungsbehörde dies für erforderlich hält, kann sie auf der Grundlage der infolge der Anwendung von Art. 55 Abs. 6 der Richtlinie 2014/59/EU in der Fassung der Richtlinie 2019/879/EU weiter präzisierten Bedingungen die Kategorien der Verbindlichkeiten festlegen, bei denen ein Institut oder Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 zu der Feststellung gelangen kann, dass es rechtlich oder in sonstiger Weise undurchführbar ist, die in Abs. 1 genannte vertragliche Klausel aufzunehmen.
Schlagworte
Herabschreibungsbefugnis
Zuletzt aktualisiert am
02.06.2021
Gesetzesnummer
20009037
Dokumentnummer
NOR40234690
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)