Befugnis zur vorübergehenden Aussetzung von Kündigungsrechten
§ 66.
(1) Die Abwicklungsbehörde kann anordnen, die Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit einem in Abwicklung befindlichen Institut auszusetzen, wenn die Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden (Durchsetzungsaussetzung). Diese Anordnung ist ab der öffentlichen Bekanntgabe gemäß § 116 Abs. 6 wirksam und erstreckt sich bis Mitternacht des auf diese Bekanntgabe folgenden Geschäftstags (Aussetzungszeitraum). Die Abwicklungsbehörde hat die möglichen Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte abzuwägen, bevor sie die Anordnung erlässt.
(2) Die Anordnung gemäß Abs. 1 kann auch erlassen werden in Bezug auf die Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit einem Tochterunternehmen eines in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4, wenn
- 1. die Wahrnehmung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen von dem in Abwicklung befindlichen Institut garantiert oder auf andere Art und Weise unterstützt wird,
- 2. die Kündigungsrechte gemäß diesem Vertrag ausschließlich auf der Insolvenz oder der Finanzlage des in Abwicklung befindlichen Instituts oder Unternehmens gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 beruhen und
- 3. für den Fall, dass eine Übertragungsbefugnis in Bezug auf das in Abwicklung befindliche Institut ausgeübt wurde oder ausgeübt werden kann, entweder
- a) alle mit diesem Vertrag verbundenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen und von ihm übernommen wurden oder werden können oder
- b) die Abwicklungsbehörde auf eine andere Weise für einen angemessenen Schutz dieser Verpflichtungen sorgt.
(3) Eine Anordnung gemäß Abs. 1 oder 2 hat keine Wirkung auf:
- 1. Systeme oder Betreiber von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden,
- 2. zentrale Gegenparteien, die gemäß Art. 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie von der ESMA gemäß Art. 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 anerkannte zentrale Gegenparteien aus Drittländern und
- 3. Zentralbanken.
(4) Ein im Rahmen eines Vertrags bestehendes Kündigungsrecht kann vor Ablauf des Aussetzungszeitraums ausgeübt werden, wenn die Abwicklungsbehörde mitteilt, dass die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten nicht
- 1. auf ein anderes Unternehmen übertragen werden oder
- 2. Gegenstand einer Herabschreibung oder Umwandlung bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung gemäß § 85 Abs. 2 Z 1 sind.
(5) Sind Kündigungsrechte aufgrund einer Anordnung gemäß Abs. 1 oder 2 ausgesetzt, können diese Rechte bei Ablauf des Aussetzungszeitraums vorbehaltlich des § 63 nach Maßgabe von Z 1 und 2 wahrgenommen werden:
- 1. In Fällen, in denen die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen wurden, darf eine Gegenpartei nur bei einem etwaigen andauernden oder nachfolgenden Durchsetzungsereignis des übernehmenden Rechtsträgers den Bedingungen dieses Vertrags entsprechend von Kündigungsrechten Gebrauch machen.
- 2. Wenn die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten bei dem in Abwicklung befindlichen Institut verbleiben und die Abwicklungsbehörde das Instrument der Gläubigerbeteiligung nicht gemäß § 85 Abs. 2 Z 1 auf diesen Vertrag angewendet hat, kann eine Gegenpartei bei Ablauf des Aussetzungszeitraums gemäß Abs. 1 den Bedingungen dieses Vertrags entsprechend von Kündigungsrechten Gebrauch machen.
(6) Die FMA oder die Abwicklungsbehörde kann dem Institut oder dem Unternehmen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 bis 4 die Führung detaillierter Aufzeichnungen über Verträge auftragen. Transaktionsregister gemäß Art. 81 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 haben der FMA oder der Abwicklungsbehörde die für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlichen Informationen zugänglich zu machen.
Schlagworte
Zahlungsverpflichtung
Zuletzt aktualisiert am
02.06.2021
Gesetzesnummer
20009037
Dokumentnummer
NOR40234676
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