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§ 62e KAKuG

Aktuelle FassungIn Kraft seit 01.1.2024

Aufgabe des Bewertungsboards

§ 62e.

(1) Das Bewertungsboard hat auf Basis von Health Technology Assessments (HTAs) und der gemeinsam von den Ländern und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger mit dem vertriebsberechtigten Unternehmen ausverhandelten Preise Empfehlungen hinsichtlich des Einsatzes von ausgewählten Arzneispezialtäten im intramuralen Bereich oder bei Anwendung an der Nahtstelle zwischen extra- und intramuralem Bereich grundsätzlich vor deren Anwendung abzugeben. Die Empfehlungen des Bewertungsboards stellen Sachverständigengutachten in Bezug auf die Grundsätze und anerkannten Methoden der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft gemäß § 19a Abs. 3 Z 2.

(2) Der Wirkungsbereich umfasst Arzneispezialitäten die gemäß Art 7 der Verordnung (EU) 2021/2282 (HTA‑Verordnung) gemeinsame klinische Bewertungen (JCA) durchlaufen haben oder die durch Horizon Scanning Aktivitäten mittels der internationalen Horizon Scanning Initiative (IHSI) oder durch aktive Einmeldung durch Kostenträger für ebendiese Arzneimittel identifiziert und vom Bewertungsboard ausgewählt wurden, wenn sie hochpreisig und spezialisiert in der Anwendung sind. Dabei gilt Folgendes:

  1. 1. die Hochpreisigkeit einer Arzneispezialität ist nach zumindest einem der folgenden Kriterien zu bewerten:
  1. a) voraussichtlicher Fabriksabgabepreis (FAP),
  2. b) voraussichtliche Monats- bzw. Jahrestherapiekosten pro Patientin/Patient und
  3. c) voraussichtliches jährliches Kostenvolumen
  1. 2. Arzneispezialitäten gelten insbesondere als spezialisiert, wenn regelmäßige Kontrollen in entsprechenden Fachabteilungen bzw. definierten Zentren erforderlich sind und mindestens eines der folgenden Kriterien zutrifft:
  1. a) Die Arzneispezialität ist für seltene Erkrankungen von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA zugelassen oder für die Behandlung von seltenen Erkrankungen angezeigt.
  2. b) Es ist eine komplexe Diagnostik und Indikationsstellung sowie die Erstverordnung durch eine Fachabteilung bzw. ein definiertes Zentrum im intramuralen Bereich erforderlich.
  3. c) Es ist eine spezielle Verabreichung oder Handhabung entsprechend der Fachinformation erforderlich.

(3) Die Aufgaben des Bewertungsboards sind insbesondere

  1. 1. die Auswahl von zu bewertenden Arzneispezialitäten nach den definierten Kriterien gemäß Abs. 2,
  2. 2. die Festlegung der Zugehörigkeit der Arzneispezialität zur Nahtstelle des intra- und extramuralen Bereichs bzw. zum intramuralen Bereich. Diese erfolgt auf Basis eines von den Ländern und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger gemeinsam aufbereiteten Vorschlags. Diesbezüglich sind nur die Vertreter der Sozialversicherung und der Länder im Board stimmberechtigt, wobei eine Entscheidung jedenfalls die Mehrheit der Vertreter/innen sowohl der Sozialversicherung als auch der Länder erfordert. Im Falle eines Dissens, hat in der folgenden Sitzung eine Einigung hinsichtlich der Festlegung der Zugehörigkeit zu erfolgen.
  3. 3. Die Abgabe von Empfehlungen innerhalb von 5 Monaten ab Festlegung der Zugehörigkeit gemäß § 62e Abs. 3 Z 2 unter Ermöglichung einer Fristerstreckung.

(4) Die Empfehlungen des Bewertungsboards hinsichtlich der einzelnen Arzneispezialitäten haben insbesondere Folgendes zu beinhalten:

  1. 1. Die Beurteilung des medizinisch-therapeutischen Zusatznutzens auf Basis eines Vergleichs mit therapeutischen Alternativen in Zusammenschau mit der Wirtschaftlichkeit (nach vorab definierten Wirtschaftlichkeitskriterien) und möglichen Anwendungskriterien,
  2. 2. die Anwendung bzw. Nicht-Anwendung,
  3. 3. bestimmte Anwendungskriterien von Arzneispezialitäten unter Berücksichtigung der Verhandlungsergebnisse und etwaiger von den Mitgliedern des Bewertungsboards oder des vertriebsberechtigten Unternehmens eingebrachter Stellungnahmen und
  4. 4. Begleitmaßnahmen, die im Rahmen des Bewertungsprozesses eingefordert werden können. Dazu zählt insbesondere im intramuralen Bereich
  1. a) die Einrichtung und Befüllung von Krankheitsregistern,
  2. b) die Überprüfung der Anwendung der Empfehlungen des Bewertungsboards sowie
  3. c) eine Verlaufskontrolle und Analyse der Wirksamkeit und Sicherheit von Arzneispezialitäten.

(5) Die Empfehlungen des Bewertungsboards gemäß § 62e Abs. 4 Z 1 bis 3 sind in dem von diesem festgelegten Umfang auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministeriums zu veröffentlichen.

(6) Das vertriebsberechtigte Unternehmen ist verpflichtet, dem Bewertungsboard die für die Erstellung der Empfehlungen erforderlichen Informationen, die in den Bewertungsumfang des geplanten Assessments fallen, zur Verfügung zu stellen. Unter anderem zählen dazu:

  1. 1. zulassungsbegründende klinische Studien, Fachinformation, systematische Reviews/Meta-Analysen im Vergleich zu den therapeutischen Alternativen und epidemiologische Daten (Inzidenz und Prävalenz sowie Patientenzahlen in Österreich) sowie
  2. 2. nationale und internationale Preise, Preisvergleiche, gesundheitsökonomische Analysen (insbesondere Kosten-Nutzwert-Analyse), Budget-Impact-Analyse, Förderungen aus öffentlichen Mitteln sowie den Anteilen bzw. die Höhe der Forschungs- und Entwicklungskosten.

(7) Länder und Sozialversicherung sind verpflichtet, ihnen vorliegende Informationen, die für die Bewertung der Arzneispezialität zweckmäßig sind, dem Bewertungsboard im Wege der Geschäftsstelle des Bewertungsboards zur Verfügung zu stellen.

(8) Empfehlungen des Bewertungsboards sind binnen spätestens 5 Jahren durch dieses zu evaluieren. Dazu sind neuerliche Preisverhandlungen durchzuführen. Für die Evaluierung sind die in Abs. 6 genannten Informationen sowie Daten aus der klinischen Anwendung der Arzneispezialität zu berücksichtigen.

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2024

Gesetzesnummer

10010285

Dokumentnummer

NOR40258586

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