VwGH Ro 2021/15/0006

VwGHRo 2021/15/000622.2.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr.in Lachmayer und Dr.in Wiesinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision der G Ges.m.b.H. & Co. KG in E, vertreten durch die Hochleitner Rechtsanwälte GmbH in 4070 Eferding, Kirchenplatz 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 28. Jänner 2021, Zl. RV/5100530/2013, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2011, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1090
ABGB §1091
BauRG 1912 §1
EStG 1988 §4 Abs1
EStG 1988 §6
EStG 1988 §8 Abs5

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2021150006.J00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Bei der revisionswerbenden Partei, einer GmbH & Co KG, die in den Streitjahren ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr aufwies, wurde eine die Jahre 2009 bis 2011 umfassende Außenprüfung durchgeführt.

2 Im Anschluss an die Prüfung erließ das Finanzamt ‑ nach Wiederaufnahme der Verfahren ‑ neue Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2009 bis 2011. Gegen die Sachbescheide erhob die revisionswerbende Partei Beschwerde.

3 Das Bundesfinanzgericht wies die Beschwerde mit einer als Erkenntnis intendierten Erledigung vom 31. Juli 2019 als unbegründet ab, woraufhin die revisionswerbende Partei eine außerordentliche Revision erhob.

4 Der Verwaltungsgerichtshof wies die außerordentliche Revision mit Beschluss vom 26. Juni 2020, Ra 2020/15/0131, als unzulässig zurück, weil die angefochtene Erledigung nicht rechtswirksam erlassen worden war.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis, wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde wiederum als unbegründet ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

6 Die revisionswerbende Partei sei als Abbauunternehmen tätig und gewinne Quarzkies und Quarzschotter. Die vom Abbau betroffenen Liegenschaften stünden teilweise (im Ausmaß von ca. 12 %) im Eigentum der revisionswerbenden Partei, teilweise seien mit den betroffenen Grundstückseigentümern Abbauverträge abgeschlossen worden.

7 Mit Bescheid der Landesregierung vom 8. Juli 2011 sei der revisionswerbenden Partei die Genehmigung nach dem UVP‑G 2000 für die Erweiterung einer Quarzkiesgrube auf näher genannte Grundstücke erteilt worden. Die Kosten im Zusammenhang mit der Erweiterung der Quarzkiesgrube hätten 26.580 € (Wirtschaftsjahr 2008/09), 255.377,72 € (Wirtschaftsjahr 2009/10) und 155.719,45 € (Wirtschaftsjahr 2010/11) betragen. Sie setzten sich aus Zahlungen im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung, Besprechungs-, Planungs-, Gutachtens-, Engineering- und Beratungskosten, Kosten für Risikoanalysen und Consulting etc. zusammen.

8 Mit einem weiteren Bescheid der Landesregierung vom 12. Juni 2012 sei festgestellt worden, dass für die Erweiterung einer Quarzschottergrube auf näher genannte Grundstücke keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei. Im Zusammenhang mit der Abbauberechtigung Quarzschottergrube seien Kosten für Beratungs- und Vertretungsleistungen, Pläne, Besprechungen etc. von 9.100 € (Wirtschaftsjahr 2009/10) und 54.820,57 € (Wirtschaftsjahr 2010/11) angefallen.

9 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhalts führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe der bezughabenden Gesetzesstellen aus, strittig sei, ob es sich bei dem Recht, auf den erweiterten (neuen) Flächen Quarzkies bzw. Quarzschotter abzubauen, um ein Wirtschaftsgut handle, auf das die Aufwendungen zu aktivieren seien, die im Zusammenhang mit der Erlangung dieses Rechts stünden, oder ob diese Aufwendungen sofort absetzbare Betriebsausgaben darstellten.

10 Für die Berechtigung, Rohstoffe (Bodenschätze) zu gewinnen, um das umfassende Abbaurecht zu haben, bedürfe es auch behördlicher Genehmigungen. Die Revisionswerberin habe sowohl für die Quarzkiesgrube als auch für die Quarzschottergrube die zivilrechtliche und die öffentlich-rechtliche Abbauberechtigung.

11 Wirtschaftsgüter seien alle im wirtschaftlichen Verkehr und nach der Verkehrsauffassung selbstständig bewertbaren Güter jeder Art; dazu gehörten nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch rechtliche und tatsächliche Zustände. Der Begriff des Wirtschaftsgutes umfasse auch konkrete Möglichkeiten und Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Unternehmer etwas kosten lasse und die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen (selbständigen) Bewertung zugänglich seien.

12 Die revisionswerbende Partei habe die gegenständlichen Aufwendungen getätigt, um das Recht auf Abbau für die Erweiterung sowohl der bereits bestehenden Quarzkiesgrube als auch der bereits bestehenden Quarzschottergrube zu erlangen. Die Aufwendungen stünden also im Zusammenhang mit der Erlangung von Abbaurechten auf den erweiterten (neuen) Flächen. Die Abbaurechte seien käuflich erworben worden, anhand der dafür getätigten Aufwendungen bewertbar und somit zu aktivieren. Es seien Abbaurechte auf konkret in den Bescheiden der Landesregierung angeführten Flächen, die an bereits bestehende Abbaufelder angrenzen, begründet worden.

13 Gemäß § 8 Abs. 5 EStG 1988 seien bei Bergbauunternehmen, Steinbrüchen und anderen Betrieben, die einen Verbrauch der Substanz mit sich brächten, Absetzungen für Substanzverringerung vorzunehmen. Nach dieser Bestimmung seien insbesondere Bodenschätze abzuschreiben. Dies gelte auch für Abbaurechte, die in einem engen Zusammenhang mit der Abbaufläche und mit der Menge des auf dieser Fläche abbaubaren Materials stünden. Sei kein abbaubares Material mehr vorhanden, habe auch das Abbaurecht seinen Wert verloren. Der Wertverzehr des Rechts richte sich somit nach dem Umfang des Abbaus, weshalb § 8 Abs. 5 EStG 1988 anwendbar sei.

14 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil Judikatur zu den Fragen fehle, ob ein Abbaurecht der Absetzung für Substanzverringerung unterliege und ob mit der Erlangung eines Abbaurechts bei Erweiterung eines bereits bestehenden Abbaugebietes ein eigenständiges neues Wirtschaftsgut entstehe.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, zu der das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Gemäß § 8 Abs. 5 EStG 1988 sind bei Bergbauunternehmen, Steinbrüchen und anderen Betrieben, die einen Verbrauch der Substanz mit sich bringen, Absetzungen für Substanzverringerung (AfS) vorzunehmen.

18 Durch die AfS werden die Anschaffungskosten von in der Natur vorkommenden Bodenschätzen nach Maßgabe der tatsächlichen Substanzverringerung abgeschrieben (vgl. VwGH 19.12.2013, 2012/15/0024, mwN).

19 Als Anschaffungskosten gelten die Aufwendungen, die geleistet werden, um ein Wirtschaftsgut zu erwerben und es in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, um es also zweckentsprechend nutzen zu können (vgl. z.B. VwGH 26.7.2005, 2002/14/0039; 20.5.2010, 2007/15/0153). Der Ansatz von Anschaffungskosten hält den Anschaffungsvorgang erfolgsneutral; zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten (vgl. VwGH 23.2.2017, Ro 2016/15/0006, mwN).

20 Zu den Anschaffungskosten gehören somit auch die Kosten der für die Nutzung eines Gegenstandes erforderlichen behördlichen Genehmigungen (vgl. Jakom, § 6 EStG 2022 Rz 26).

21 Rechte, aufgrund eines Abbauvertrages ein Schottervorkommen auf fremden Grund und Boden gegen Bezahlung eines bestimmten Entgeltes auszubeuten, sind einkommensteuerlich Pachtrechte (vgl. VwGH 30.6.2015, 2012/15/0045).

22 Pachtrechte stellen ebenso wie Miet- oder Baurechte Wirtschaftsgüter dar. Bei Beurteilung der Frage, ob die angeführten ‑ immaterielle Wirtschaftsgüter darstellenden ‑ Rechte auch aktivierungsfähig sind, ist aber der allgemeine Grundsatz zu beachten, dass sogenannte schwebende Geschäfte, insbesondere auch sogenannte schwebende Dauerverträge, grundsätzlich nicht zu bilanzieren sind (vgl. VwGH 19.9.1995, 92/14/0008). In Bezug auf die Aktivierung von Miet- und Pachtrechten ist daher zwischen dem im Einzelfall angemessenen Nutzungsentgelt einerseits und den darüberhinausgehenden Anschaffungskosten des Rechts andererseits zu unterscheiden (vgl. VwGH 23.10.1997, 96/15/0111; 5.7.1998, 97/13/0076).

23 Beim Grundstückseigentümer ist ein Bodenschatz, wie etwa ein Schottervorkommen, steuerlich ein vom Grundstück getrennt zu betrachtendes Wirtschaftsgut (VwGH 19.12.2013, 2012/15/0024; VwGH 30.6.2015, 2012/15/0045).

24 Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis die Feststellung getroffen, dass die im Zusammenhang mit den Bescheiden der Landesregierung vom 8. Juli 2011 und 12. Juni 2012 stehenden Aufwendungen getätigt worden seien, um zwecks Erweiterung der bereits bestehenden Quarzkiesgrube und der bereits bestehenden Quarzschottergruben die Genehmigung zum Abbau des Bodenschatzes zu erwerben. Die Aufwendungen stünden somit ‑ so das Bundesfinanzgericht weiter ‑ im Zusammenhang mit der Erlangung von Abbaurechten auf den erweiterten (neuen) Flächen. Die Abbaurechte seien käuflich erworben worden, anhand der dafür getätigten Aufwendungen bewertbar und zu aktivieren. Der Wertverzehr der Rechte richte sich nach dem Umfang des Abbaus, weshalb § 8 Abs. 5 EStG 1988 anwendbar sei.

25 Die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts stößt im Ergebnis auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

26 Soweit die betroffenen Grundstücke im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehen, stellen die vorhandenen Kies- bzw. Schottervorkommen (Bodenschätze) notwendiges Betriebsvermögen dar (vgl. VwGH 19.12.2013, 2012/15/0024). Die Anschaffungskosten des jeweiligen Grundstücks, waren auf Grund und Boden einerseits und auf das ‑ als von Grund und Boden getrennt zu betrachtende Wirtschaftsgut ‑ Kies- bzw. Schottervorkommen andererseits aufzuteilen. Als Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes Kies- bzw. Schottervorkommen gelten auch alle Aufwendungen, die geleistet werden, um das Wirtschaftsgut nutzen zu können (vgl. VwGH 23.2.2017, Ro 2016/15/0006, mwN), wozu insbesondere die Kosten der für den Abbau erforderlichen behördlichen Verfahren gehören. Die revisionswerbende Partei wendet sich nicht gegen die Feststellung des Bundesfinanzgerichts, wonach die zu den Bescheiden vom 8. Juli 2011 und 12. Juni 2012 führenden Verwaltungsverfahren erforderlich waren, um die in Rede stehenden Bodenschätze abbauen zu dürfen. Folglich stellen die Aufwendungen, die für die Erlangung der Bescheide erforderlich waren, weitere Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes Kies- bzw. Schottervorkommen dar, die ‑ wie vom Bundesfinanzgericht zutreffend erkannt ‑ zu aktivieren und nach Maßgabe des § 8 Abs. 5 EStG 1988 abzusetzen sind.

27 Nichts Anderes kann für die Kies- und Schottervorkommen auf Grundstücken gelten, die nicht im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehen. Diesbezüglich hat die revisionswerbende Partei Abbauverträge mit den jeweiligen Grundstückseigentümern geschlossen, um Kies bzw. Schotter abbauen zu dürfen. Das Recht aus dem Abbauvertrag stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar. In Bezug auf die Anschaffungskosten dieses Wirtschaftsgutes ist zwischen dem ‑ nicht zu aktivierenden ‑ angemessenen Abbauentgelt an den jeweiligen Grundeigentümer einerseits und den darüberhinausgehenden Aufwendungen andererseits zu unterscheiden (vgl. VwGH 23.10.1997, 96/15/0111; 5.7.1998, 97/13/0076). Die Aufwendungen, die für die Erlangung der Bescheide der Landesregierung erforderlich waren, stellen zu aktivierende Anschaffungskosten des immateriellen Wirtschaftsgutes Abbaurecht dar (vgl. idS VwGH 19.9.1995, 92/14/0008, betreffend die Beurteilung der im Zusammenhang mit einem Baurecht zu entrichtenden Grunderwerbsteuer als Anschaffungskosten des Baurechts).

28 Dem behaupteten Verfahrensmangel ‑ dem Fehlen ausreichender Ermittlungen zur Frage, welche Grundstücke im Eigentum der revisionswerbenden Partei stehen und hinsichtlich welcher anderen Grundstücke lediglich eine zivilrechtliche Abbauberechtigung besteht ‑ fehlt es nach dem Gesagten an der Entscheidungsrelevanz.

29 Die Revision erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

30 Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Februar 2023

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