Normen
BFA-VG 2014 §18;
B-VG Art133 Abs6 Z2;
VwGG §33 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018140009.J00
Spruch:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Antrag des Mitbeteiligten auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 28. Juni 2018 den vom Mitbeteiligten nach dem Asylgesetz 2005 gestellten Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise festgesetzt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Weiters sprach die Behörde aus, dass der Mitbeteiligte sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 13. Oktober 2017 verloren habe.
2 Dagegen erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
3 Mit dem (Teil‑)Erkenntnis vom 7. August 2018 hob das Bundesverwaltungsgericht jenen Spruchpunkt des bei ihm angefochtenen Bescheides ersatzlos auf, womit der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. In seiner Begründung stellte es tragend darauf ab, dass aufgrund des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juni 2018, Gnandi, davon auszugehen sei, die Bestimmung des § 18 Abs. 1 BFA-VG stehe mit dem Unionsrecht in Widerspruch und müsse daher unangewendet bleiben. Die Revision gegen dieses Erkenntnis wurde vom Verwaltungsgericht mit der Begründung, es existiere zu dieser Rechtsfrage keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, zugelassen.
4 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhob Revision, die das Bundesverwaltungsgericht am 25. Oktober 2018 samt den Verfahrensakten nach Durchführung des Verfahrens gemäß § 30a VwGG dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte.
5 Aus den Verfahrensakten ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 10. Oktober 2018, W233 220274-1/14E, über die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen die übrigen Aussprüche des angefochtenen Bescheides entschieden hat.
6 Mit verfahrensleitender Anordnung vom 13. November 2018 wurde der revisionswerbenden Behörde vom Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu und insbesondere zur Frage, ob und inwieweit an einer Entscheidung über die gegenständliche Revision noch ein rechtliches Interesse bestehe, zu äußern. In seiner Stellungnahme vom 3. Dezember 2018 verwies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf, dass es im Fall einer Amtsrevision um die Frage der objektiven Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung gehe.
7 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist diese Bestimmung nicht auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. etwa VwGH 20.12.2017, Ra 2017/10/0139, mwN).
9 Dies gilt - entgegen der Ausführungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl in seiner Stellungnahme - auch für eine Amtsrevision (vgl. nochmals Ra 2017/10/0139, sowie VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112, 0113; 21.6.2017, Ra 2016/17/0259; 16.12.2015, Ra 2014/17/0052, jeweils mwN).
10 Infolge der rechtskräftigen Beendigung des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht, für das die revisionswerbende Behörde die aufschiebende Wirkung hintanhalten möchte, ist nicht ersichtlich, weshalb eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über das hier angefochtene (Teil‑)Erkenntnis, mit dem der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aufgehoben wurde, für die Behörde noch einen objektiven Nutzen hätte oder es sonst einen Unterschied machen würde, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Gründe dafür hat die revisionswerbende Behörde nicht ins Treffen geführt. Zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht berufen (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112, 0113, mwN).
11 Auf Grund des Wegfalls des rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof war die vorliegende Revision - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
12 Die Entscheidung über das Unterbleiben der Zuerkennung von Aufwandersatz gründet sich auf § 58 Abs. 2 VwGG. Danach ist, wenn bei einer Revision oder einem Fristsetzungsantrag das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Im Fall der inhaltlichen Entscheidung über die Revision wäre das angefochtene Erkenntnis aufzuheben gewesen. Insoweit wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2018, Ro 2018/18/0008, verwiesen. Aus den dort genannten Gründen steht die auch hier vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Ansicht, § 18 Abs. 1 BFA-VG müsse zufolge Widerspruchs zum Unionsrecht unangewendet bleiben, mit dem Gesetz nicht im Einklang. Zudem berechtigt die im Spruch des Bescheides (evident) bloß irrtümlich fehlerhaft zitierte Gesetzesbestimmung entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts für sich genommen nicht zur Aufhebung des Bescheides, weshalb sich im vorliegenden Fall auch die Alternativbegründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht als tragfähig erweist.
Wien, am 17. Dezember 2018
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