VwGH Ro 2018/14/0001

VwGHRo 2018/14/000127.11.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision des A, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Lins KG in 6700 Bludenz, Bahnhofstraße 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2018, W112 1438736-2/25E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018140001.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein russischer Staatsangehöriger, stellte am 19. August 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Diesen Antrag wies das Bundesasylamt zunächst mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 gemäß § 5 AsylG 2005 zurück, weil es davon ausging, Belgien sei zur Führung des Asylverfahrens des Revisionswerbers zuständig. Unter einem erließ die Behörde gegen den Revisionswerber nach dem (damals geltenden) § 10 AsylG 2005 eine Ausweisung nach Belgien. Sie stellte weiters fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Belgien zulässig sei. Dieser Bescheid wurde vom (mit 1. Jänner 2014 zuständig gewordenen) Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Beschwerde des Revisionswerbers mit Erkenntnis vom 18. Februar 2014 gemäß § 21 Abs. 3 (erster Satz) BFA-Verfahrensgesetz behoben. Das Verwaltungsgericht hielt in seiner Begründung fest, dass der Revisionswerber nach seinem Aufenthalt in Belgien das Gebiet der Europäischen Union verlassen und sich mehrere Monate lang in der Ukraine aufgehalten habe. Die Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates sei daher erloschen. Für den nunmehr gestellten Antrag sei Österreich zuständig.

3 In der Folge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 15. Juni 2014 den vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigen in Bezug auf seinen Herkunftsstaat ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Russland zulässig sei, und räumte ihm eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein.

4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde (nach Durchführung einer Verhandlung) ab, wobei es den Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides - in für das gegenständliche Revisionsverfahren nicht weiter maßgeblicher Weise - neu fasste. Die Revision wurde nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig erklärt. Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, es liege keine Rechtsprechung zur Frage vor, ob als Bescheid im Sinn des § 68 Abs. 1 AVG auch ein in einem anderen Mitgliedstaat ergangener (abweisender) Bescheid anzusehen sei, wenn sich der in Österreich gestellte Antrag ausschließlich auf einen Sachverhalt beziehe, der von der Rechtskraft dieses Bescheides umfasst sei, und die Zuständigkeit Österreichs zur Führung des (neuen) Asylverfahrens auf der Versäumung von nach den "Dublin-Regelungen" vorgesehenen Fristen beruhe.

5 Der Revisionswerber macht in seiner Revision unter der Überschrift "4. Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision" gleichlautende Ausführungen. In den Revisionsgründen führt er zu diesem Thema aus, das Bundesverwaltungsgericht habe richtig erkannt, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Antrag um den ersten in Österreich gestellten Antrag gehandelt habe. Da er "die übrigen Anträge" in Belgien gestellt habe und darüber von den dortigen Behörden und Gerichten entschieden worden sei, habe das Verwaltungsgericht zu Recht inhaltlich entschieden.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

9 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 27.9.2018, Ro 2017/10/0026, mwN).

10 Selbst wenn Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer Rechtsfrage fehlt, wird die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht begründet, wenn ein Revisionswerber der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht argumentativ entgegentritt (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0469, mwN).

11 Im gegenständlichen Fall schloss sich der Revisionswerber betreffend die Frage der Zulässigkeit der Revision den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts an. Er geht zudem davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht diese Rechtsfrage zutreffend gelöst hat.

12 Mit den vorliegenden Ausführungen wird somit die Zulässigkeit der Revision - sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom Revisionswerber - nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat (wie schon zuvor die Behörde) keine Zurückweisung des vom Revisionswerber gestellten Antrages nach § 68 Abs. 1 AVG ausgesprochen, sondern eine inhaltliche Beurteilung vorgenommen. Weshalb das Schicksal der gegenständlichen Revision, in der diese Vorgangsweise zudem als rechtskonform angesehen wird, dennoch von der angeführten Rechtsfrage abhängen soll, ist in keiner Weise ersichtlich.

13 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt (vgl. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035, mwN).

14 Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Dies gilt auch für den Fall, dass das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Revisionsfall - mit seiner Begründung zur Zulässigkeit der Revision keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzeigt. In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen für jede von ihr - hinausgehend über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierte Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. VwGH 5.9.2018, Ro 2017/11/0022; 17.10.2016, Ro 2015/03/0035, jeweils mwN).

15 Dem kommt die Revision, die sich in ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision auf die Wiedergabe der vom Verwaltungsgericht geäußerten - wie dargelegt als unzureichend einzustufenden - Erwägungen beschränkt, nicht nach.

16 Schon deshalb erweist sich die vorliegende Revision nicht im Sinn des § 34 Abs. 1 VwGG als zu ihrer Behandlung geeignet. Sie war daher nach dieser Bestimmung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 27. November 2018

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