VwGH Ro 2016/22/0006

VwGHRo 2016/22/000610.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des *****a, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 12. Jänner 2016, VGW- 151/080/27528/2014-45, betreffend Aufenthaltstitel, den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §24;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41;
VwGG §34 Abs1;
AuslBG §24;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §41;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, 2008/22/0901, wurde die Beschwerde des nunmehrigen Revisionswerbers, eines russischen Staatsangehörigen, betreffend einen Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Schlüsselkraft gemäß §§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 2, 24 Abs. 4, 26 und 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) sowie § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) als unbegründet abgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, der (damalige) Beschwerdeführer habe weder im Verwaltungsverfahren nachgewiesen noch in der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde behauptet, dass es sich bei dem in Rede stehenden Betrag von EUR 58.138,--, den er teilweise von ausländischen Staatsangehörigen als Darlehen erhalten habe, um von ihm vom Ausland aus nach Österreich transferierte Gelder gehandelt hätte, oder dass das aus den Darlehen resultierende Rückzahlungsaufkommen aus vom Ausland nach Österreich transferierten Geldern stamme; dass Investitionen in ein Unternehmen erfolgten, sei insoweit für sich noch nicht ausreichend, um einen Transfer von Investitionskapital im Sinn des § 24 AuslBG darstellen zu können.

2 Im Rahmen des damals noch anhängigen Verfahrens betreffend die Verlängerung des Aufenthaltstitels des Revisionswerbers zum Zweck eines Studiums stellte dieser am 13. September 2013 neuerlich einen Zweckänderungsantrag, nunmehr auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" als selbständige Schlüsselkraft gemäß § 41 Abs. 2 Z 4 NAG. Dies wurde mit der Tätigkeit des Revisionswerbers bei der B OG (der Revisionswerber ist Alleingesellschafter eines Taxiunternehmens und legte am 11. April 2005 die Konzessionsprüfung für das Mietwagen- und Taxigewerbe ab) begründet, die einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen mit sich bringe.

3 Den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge ist der Revisionswerber Alleingeschäftsführer der DB GmbH und betreibt seit 2001 ein Taxi- und Mietwagenunternehmen (Konzessionsprüfung vom 11. April 2005), wobei er sich auf die Beförderung von Geschäftskunden mit Luxuslimousinen spezialisierte. Derzeit werden in der DB GmbH keine Arbeitskräfte beschäftigt. 2011 wurde dem Revisionswerber von einem russischen Staatsangehörigen EUR 75.000,-

- bar in Österreich als Darlehen übergeben, die Rückzahlungen erfolgten ebenfalls in bar; 2014 erhielt der Revisionswerber von einem anderen russischen Staatsangehörigen ein weiteres Darlehen in Höhe von EUR 20.000,--. Diese Beträge wurden für den Ankauf von Kraftfahrzeugen für das Transportunternehmen verwendet. Der Revisionswerber organisierte auch Geschäfts- und Urlaubsreisen insbesondere für russische Staatsangehörige. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Chauffeur von Luxuslimousinen stellt der Revisionswerber Kontakte zu (russischen) Geschäftsleuten her, worauf diese in Österreich investieren. Im Rahmen seiner "treuhänderischen" Tätigkeiten wendete der Revisionswerber "nach eigenen Angaben in den Jahren 2011 bis 2013 weiters ca. 165.000,-- Euro für Privatkunden" auf. Er war auch an einem Immobilienprojekt beteiligt (Ankauf und Ausbau eines Privathauses mit einer Investitionssumme von EUR 570.000 bis EUR 1,5 Millionen), wobei der Revisionswerber im Auftrag des Bauherren unter anderem die organisatorische Abwicklung in der Bauphase übernahm; die finanziellen Mitteln wurden dem Revisionswerber vom ausländischen Investor jeweils in Teilbeträgen bar im Inland übergeben. Das Einfamilienhaus wurde an einen ausländischen Staatsangehörigen für ca. EUR 700.000,-- weiterverkauft.

4 Sowohl die Behörde als auch das VwG wiesen den Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" als selbständige Schlüsselkraft ab. Begründend führte das VwG aus, ein Transfer von Investitionskapital aus dem Ausland zu Investitionszwecken, die durch die selbständige Tätigkeit des Revisionswerbers als Transportunternehmer bewirkt werde, sei nicht schlüssig nachgewiesen worden. Sofern der Revisionswerber treuhänderisch Geldbeträge von ausländischen Staatsangehörigen übernommen und damit auf deren Rechnung Reisen und Aufenthalte in Österreich organisiert oder als Projektmanager im Rahmen eines privaten Bauobjektes fungiert habe, habe er damit keine eigenen Investitionsentscheidungen getroffen, sondern zweckgebundene Geldbeträge auftragsgemäß verwendet; mit dem Taxi- und Mietwagenunternehmen bestehe nur insofern ein Zusammenhang, als der Revisionswerber als Luxuslimousinenchauffeur "zu diesem Personenkreis Kontakte knüpft". Der Revisionswerber habe nicht aussagekräftig dargelegt, inwieweit durch seine Vermittlertätigkeit aufgrund seiner Vertrauensstellung bei russischen Geschäftsleuten Geschäftsbeziehungen in wesentlichem Ausmaß bereits realisiert worden seien und dies auch in Zukunft gezielt beabsichtigt sei.

5 Der Antrag des Revisionswerbers auf Verlängerung seines zuletzt innegehabten Aufenthaltstitels als Studierender wurde mit näherer Begründung abgewiesen.

6 Das VwG erklärte eine ordentliche Revision mit der unter Rz 10 angeführten Begründung für zulässig.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Das VwG ließ die ordentliche Revision zu, weil keine Rechtsprechung zu der Frage vorliege, ob durch ein an den Revisionswerber von ausländischen Staatsangehörigen gewährtes und größtenteils in Österreich ausgezahltes Darlehen ein Transfer von Investitionskapital aus dem Ausland iSd § 24 AuslBG vorliege; darüber hinaus liege keine Rechtsprechung vor, ob durch die Übernahme von wesentlichen Geldmitteln ausländischer Staatsangehöriger zu treuen Handen und Verwendung in Österreich die Voraussetzungen für eine selbständige Schlüsselkraft vorlägen.

11 Der Verwaltungsgerichtshof führte bereits in dem den Revisionswerber betreffenden Erkenntnis vom 13. Oktober 2011, 2008/22/0901, aus, es sei nicht nachgewiesen worden, dass es sich bei den Geldern, die der Revisionswerber von ausländischen Staatsangehörigen als Darlehen erhalten habe, um von ihm vom Ausland aus nach Österreich transferierte Gelder gehandelt hätte, oder dass das aus den Darlehen resultierende Rückzahlungsaufkommen aus vom Ausland nach Österreich transferierten Geldern stamme. Dies wurde auch im gegenständlichen Verfahren nicht nachgewiesen. Ein Darlehen eines ausländischen Geldgebers stellt keinen Transfer von Investitionskapital dar, wenn die Geldmittel - wie im vorliegenden Fall - zum Zweck der Darlehensrückzahlung wieder ins Ausland abfließen und nicht nachgewiesen wurde, dass die Rückzahlung durch Mittel erfolgte, die aus dem Ausland nach Österreich transferiert wurden. Die dazu vom VwG vorgenommene Beweiswürdigung ist am Maßstab der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2015, Ra 2015/03/0075, mwN) nicht revisibel.

12 Zu seinen "treuhänderischen" Tätigkeiten führte der Revisionswerber in der Verhandlung vor dem VwG aus, er habe nicht die Absicht, "ein treuhänderisches Unternehmen zu gründen". Die Vermittlung von Immobiliengeschäften, die Bauaufsicht sowie die Organisation von Geschäfts- und Urlaubsreisen sind zweifelsohne nicht vom Aufgabenumfang des fallbezogen laut Auszug aus dem Firmenbuch vom Revisionswerber betriebenen Taxigewerbes, im Rahmen dessen er in seinem Antrag vom 13. September 2013 vorbrachte, als Schlüsselkraft tätig zu sein, mitumfasst. Die Gründung eines anderen Unternehmens ist eigenen Angaben zufolge nicht beabsichtigt. Sofern durch diese Tätigkeit des Revisionswerbers Investitionen ausländischer Investoren in Österreich begünstigt werden, kann ein allenfalls erzielter gesamtwirtschaftlicher Nutzen nicht der Erwerbstätigkeit im Rahmen des Taxigewerbes zugeordnet werden. Die Frage, ob durch die Übernahme von wesentlichen Geldmitteln ausländischer Staatsangehöriger zu treuen Handen und Verwendung in Österreich die Voraussetzungen für eine selbständige Schlüsselkraft vorliegen, ist fallbezogen im Rahmen des Taxigewerbes somit nicht entscheidungsrelevant. Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der VwGH auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. den hg. Beschluss vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/22/0094, mwN).

13 Wenn die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 2007, 2006/18/0006, hinweist, wonach nicht ausgeschlossen sei, dass ein Transfer von insgesamt mehr als EUR 58.138.- aus dem Ausland nach Österreich dazu führe, dass der Revisionswerber als selbständige Schlüsselkraft anzusehen sei, ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen, weil ein solcher dem Taxigewerbe zuzuordnender Transfer fallbezogen gerade nicht nachgewiesen wurde.

14 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 10. Mai 2016

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