VwGH Ro 2016/20/0003

VwGHRo 2016/20/000316.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision des T BA in I, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. April 2016, Zl. W151 2121893- 1/7E, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3;
AVG §73 Abs1;
AVG §73;
B-VG Art130 Abs1 Z3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §8 Abs1;
AsylG 2005 §3;
AVG §73 Abs1;
AVG §73;
B-VG Art130 Abs1 Z3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 11. Oktober 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, über den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) im Folgenden keine Entscheidung traf.

2 Die am 3. Februar 2016 vom Revisionswerber wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis - mangels überwiegenden Verschuldens des BFA an der Verzögerung - als unbegründet ab, erklärte die Revision für zulässig und führte dazu aus, der Verwaltungsgerichtshof habe zwar ausgesprochen, dass die Frage, ob die Behörde in einem konkreten Fall ein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG treffe, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG betreffe (Verweis auf den hg. Beschluss vom 22. Jänner 2015, Ra 2014/06/0057), jedoch erscheine die Frage, ob eine Massenfluchtbewegung für das Bundesamt eine Grundlage darstelle, davon auszugehen, dass dieses kein überwiegendes Verschulden an der Verzögerung der Verfahrenserledigung treffe, eine größere Anzahl von Verfahren zu betreffen. Hiezu sei eine Rechtsprechung nicht aufzufinden gewesen, sodass das Bundesverwaltungsgericht die Revision für zulässig erachte.

3 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene ordentliche Revision macht als Zulässigkeitsgrund geltend, dass nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Arbeitsüberlastung eines zur Entscheidung berufenen Organs ausdrücklich als überwiegendes Verschulden der Behörde zu bewerten sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Erklärt das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - die Revision für zulässig, so ist bis zu einer etwaigen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist, davon auszugehen, dass die Revision die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt und daher als ordentliche Revision zu behandeln ist (vgl. den hg. Beschluss vom 20. Jänner 2016, Ro 2014/17/0145).

7 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die Gründe für die Zulässigkeit gesondert darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Juli 2015, Ro 2015/20/0001).

8 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Juni 2016, Ra 2016/18/0047 sowie den schon zitierten hg. Beschluss vom 20. Jänner 2016, jeweils mwN).

Zu den im gegenständlichen Verfahren strittigen Rechtsfragen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausführlich Stellung genommen. Mit Erkenntnis vom 24. Mai 2016, Ro 2016/01/0001 bis 0004, auf dessen Entscheidungsgründe insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend mit der Situation infolge des starken Zustroms Schutzsuchender auseinandergesetzt und festgehalten, dass das BFA mit einem als massenhaft zu bezeichnenden Neuanfall an Asylverfahren bzw. mit einer außergewöhnlich hohen Gesamtzahl an offenen Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten konfrontiert ist. Diese Ausnahmesituation unterscheidet sich sohin deutlich von den bisher vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung vorgefundenen Ausgangslagen. Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof ab, dass dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden kann, wenn es bei der Verschuldensbeurteilung die dargestellte außergewöhnliche Belastungssituation der Behörde in besonderer Weise ins Kalkül gezogen und dabei berücksichtigt habe, dass die Verletzung der sechsmonatigen Entscheidungsfrist allein auf diese außerordentliche Belastungssituation zurückzuführen sei. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde, nicht revisibel und es gelingt der Revision nicht dazulegen, dass die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes unzutreffend wäre, wonach die allein zur Verzögerung in der Erledigung des Antrages des Revisionswerbers führende und ein überwiegendes Verschulden der Behörde ausschließende außergewöhnliche Belastung des BFA bereits ab September 2014 vorgelegen sei (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Juli 2016, Ro 2016/18/0004).

9 Da die im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Revision aufgeworfene Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sohin bereits geklärt wurde und das Bundesverwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen ist, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 16. September 2016

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