VwGH Ro 2016/15/0024

VwGHRo 2016/15/00241.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Dr. Köller, MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision des Finanzamts St. Veit Wolfsberg in 9300 St. Veit an der Glan, Sponheimer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 11. April 2016, Zl. RV/4100119/2014, betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2011 (mitbeteiligte Partei:

S OHG in F, vertreten durch die Mag. Grün Steuerberatungsgesellschaft mbH in 9300 St. Veit an der Glan, Stiegengasse 1), zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §10 Abs7 Z2 idF 2009/I/026;
EStG 1988 §108e Abs4 idF 2004/I/057;
EStG 1988 §108e;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1 Die Mitbeteiligte ist eine Personengesellschaft, die einen Gewerbebetrieb führt. Sie ermittelt ihren Gewinn im Wege eines Betriebsvermögensvergleichs gemäß § 5 EStG 1988. An der Mitbeteiligten sind P (zu zwei Dritteln) und G (zu einem Drittel) als Gesellschafter beteiligt.

2 Am 29. August 2012 wurde die Erklärung betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2011 eingereicht; es wurde ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 in Höhe von 2.237,16 EUR (betreffend G) und von 4.475,01 EUR (betreffend P) geltend gemacht, wobei als begünstigte Wirtschaftsgüter ausschließlich körperliche Anlagegüter herangezogen wurden.

3 Mit Bescheid vom 30. August 2012 wurden die Einkünfte erklärungsgemäß festgestellt.

4 Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 24. Juli 2013, der auch weitere, in der Folge nicht strittige Feststellungen enthielt (die aber insgesamt auch zu einer Erhöhung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb führten), wurde u.a. geschildert, im Zuge der Betriebsprüfung sei für die Anschaffung von Wertpapieren in Höhe von 16.060 EUR (betreffend G) bzw. 48.546,90 EUR (betreffend P) erstmals der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag im höchstmöglichen Ausmaß beantragt worden. Diesem Antrag könne nicht entsprochen werden, da die Antragstellung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag bis zur Rechtskraft des entsprechenden Feststellungsbescheides zu erfolgen habe. Die Begrenzung der Antragstellung bis zur Rechtskraft beschränke die Möglichkeit der Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft. Bei Unterlassung der Geltendmachung im Rahmen der Steuererklärung sei eine Nachholung innerhalb der Berufungsfrist möglich. Nachfolgende Rechtskraftbeseitigungen im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens führten jedoch nicht zur Möglichkeit der nachträglichen Beantragung des Gewinnfreibetrags.

5 Das Finanzamt setzte - nach Wiederaufnahme des Verfahrens - mit Bescheid vom 25. Juli 2013 die Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2011 fest. Im Hinblick auf die Wertpapiere wurde ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nicht berücksichtigt. Begründend wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung verwiesen, die dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien.

6 Die Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Sie bekämpfte die Nichtberücksichtigung der im Rahmen der Betriebsprüfung beantragten Freibeträge für investierte Gewinne von Wertpapieren (insgesamt 55.313,49 EUR). Sie machte geltend, im Zuge der Außenprüfung seien neue Tatsachen ans Tageslicht gelangt, die zwar vor Abschluss des Verfahrens bereits existent gewesen seien, aber mangels Auskunftserteilung der beiden Gesellschafter bei der Erstellung des Jahresabschlusses nicht hätten berücksichtigt werden können. Beide Gesellschafter hätten im Dezember 2011 Wertpapiere zur Geltendmachung des Freibetrags für investierte Gewinne iSd § 10 EStG 1988 angeschafft. Da die Wertpapiere 2011 erstmalig im Sonderbetriebsvermögen erworben worden seien und der Zahlungsabfluss nicht über ein betriebliches Konto erfolgt sei, seien die Wertpapierzugänge in der laufenden Buchhaltung nicht ersichtlich gewesen. Auch in den Rückfragen hätten die Gesellschafter auf den Kauf der Wertpapiere vergessen, weshalb die gewinnmindernde Geltendmachung der Wertpapiere im Rahmen des Freibetrags im Jahr 2011 unterblieben sei. Im Rahmen eines wiederaufgenommenen Verfahrens müssten alle Tatsachen berücksichtigt werden, um den Spruch des Bescheides richtig zu stellen.

7 Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. September 2013 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Das Finanzamt führte aus, die gegenständlichen Wertpapiere könnten nur gewillkürtes Betriebsvermögen sein. Die Widmung zum gewillkürten Betriebsvermögen erfolge durch Aufnahme in die Bücher. Die Wertpapiere seien frühestens 2013 in die Bücher aufgenommen und somit zum gewillkürten Betriebsvermögen gewidmet worden. Da diese Wertpapiere im Jahr 2011 somit als begünstigte Wirtschaftsgüter nicht zur Verfügung gestanden seien, stelle sich die in der Berufung relevierte Frage, ob eine erstmalige Antragstellung nur bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft oder auch noch im wiederaufgenommenen Verfahren möglich sei, nicht.

8 Die Mitbeteiligte beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der (nunmehrigen) Beschwerde Folge und änderte den Feststellungsbescheid für das Jahr 2011 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

10 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die parlamentarischen Materialien zu § 10 EStG 1988 legten zwar ausdrücklich dar, dass die Begrenzung der Antragstellung bis zur Rechtskraft die Möglichkeit der Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft beschränke und dass nachfolgende Rechtskraftbeseitigungen zu keiner Öffnung der Antragsmöglichkeiten für Nachmeldungen führten. Es sei aber zu bedenken, dass den Gesetzesmaterialien bei der Auslegung des Gesetzestextes keine selbständige normative Kraft zukomme, sondern diese nur für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam seien. Der Wortlaut des Gesetzes gebe keinen Anlass zu Zweifeln über seinen Inhalt; aus dem Wortlaut sei eine Eingrenzung auf eine erstmalige Rechtskraft nicht zu erkennen.

11 Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass die Wertpapiere im Jahr 2011 von den Gesellschaftern erworben worden und noch im Streitjahr einem Depot zugegangen seien. Der Depotauszug betreffend die Wertpapiere des Gesellschafters P enthalte den Vermerk "KMU-Förderung" und trage einen Hinweis auf eine "Marktsperre" bis zum 22. Dezember 2015. Für die Wertpapieranschaffung der Gesellschafterin G bescheinige die Bank, dass die Anschaffung als "GFB-Veranlagung" erfolgt sei. Der Depotauszug zeige eine Veräußerungssperre für die Wertpapiere bis zum 28. Dezember 2015.

12 Dem Finanzamt sei darin Recht zu geben, dass die Wertpapiere im Streitjahr nicht gewillkürtes (Sonder)Betriebsvermögen darstellten; dazu hätten sie im Streitjahr als laufender Geschäftsfall in die Bücher der Mitbeteiligten aufgenommen werden müssen, was nicht der Fall sei.

13 Die Ansicht des Finanzamtes, dass die Wertpapiere im Streitjahr auch kein notwendiges (Sonder)Betriebsvermögen dargestellt hätten, weil die Aufnahme der Wertpapiere in das Verzeichnis des § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 schon im Streitjahr hätte erfolgen müssen, könne aber nicht geteilt werden. Durch die Aufnahme der Wertpapiere in das Verzeichnis werde zwar die Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen geschaffen, für den Zeitpunkt sei aber der Zugang der Wertpapiere auf dem Depot maßgeblich. Die Eintragungen zum Wertpapierdepot bzw. zur Anschaffung der Wertpapiere stellten deutliche Hinweise auf eine betriebliche Zweckbestimmung in Form der Deckung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrags schon zum Zeitpunkt des Erwerbs im Streitjahr dar. Diese untermauerten das Vorbringen der Mitbeteiligten, dass die Wertpapiere im Streitjahr nur für den Zweck der Geltendmachung des Gewinnfreibetrags angeschafft worden seien.

14 Es sei daher für die gegenständlichen Wertpapiere der begehrte investitionsbedingte Gewinnfreibetrag (in Höhe von insgesamt 55.313,49 EUR) zu gewähren.

15 Die Revision sei zulässig, da zu den im angefochtenen Erkenntnis aufgeworfenen Rechtsfragen noch keine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe.

16 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamtes. Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.

 

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 § 10 EStG 1988 (in der im Streitjahr anwendbaren Fassung BGBl. I Nr. 76/2011) lautet - samt Überschrift - auszugsweise:

"Gewinnfreibetrag

§ 10. (1) Bei natürlichen Personen kann bei der Gewinnermittlung eines Betriebes ein Gewinnfreibetrag bis zu 13% des Gewinnes, insgesamt jedoch höchstens 100 000 Euro im Veranlagungsjahr, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewinnmindernd geltend gemacht werden:

1. Bemessungsgrundlage ist der Gewinn, ausgenommen (...).

2. Der Gewinnfreibetrag steht dem Steuerpflichtigen für

jedes Kalenderjahr einmal bis zu einer Bemessungsgrundlage von

30 000 Euro zu (Grundfreibetrag). (...)

3. Übersteigt die Bemessungsgrundlage den Betrag von

30 000 Euro, kann ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag

geltend gemacht werden, soweit

- der Gewinn die Bemessungsgrundlage des zugeordneten

Grundfreibetrages übersteigt und

- der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag durch

Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter

Wirtschaftsgüter gemäß Abs. 3 gedeckt ist.

Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag kann für das Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung begünstigter Wirtschaftsgüter (Abs. 3) geltend gemacht werden. Er ist mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Die Absetzung für Abnutzung wird dadurch nicht berührt. (...)

(3) Begünstigte Wirtschaftsgüter im Sinne des Abs. 1 Z 3 sind:

(...)

2. Wertpapiere gemäß § 14 Abs. 7 Z 4, die dem Anlagevermögen eines inländischen Betriebes oder einer inländischen Betriebsstätte ab dem Anschaffungszeitpunkt mindestens vier Jahre gewidmet werden, vorbehaltlich Abs. 5 Z 2 und Z 3.

(...)

(7) Voraussetzungen für die Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages (Abs. 1 Z 3) sind:

1. Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag wird in der

Einkommensteuererklärung oder Feststellungserklärung an der dafür

vorgesehenen Stelle ausgewiesen. Der Ausweis hat getrennt zu

erfolgen für

- jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages,

der durch körperliche Anlagegüter gedeckt ist, und

- jenen Teil des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages,

der durch Wertpapiere gedeckt ist.

2. Wirtschaftsgüter, die der Deckung eines

investitionsbedingten Gewinnfreibetrages dienen, sind in einem Verzeichnis auszuweisen. In diesem Verzeichnis ist für jeden Betrieb jeweils getrennt für körperliche Anlagegüter gemäß Abs. 3 Z 1 und Wertpapiere gemäß Abs. 3 Z 2 auszuweisen, in welchem Umfang die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zur Deckung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages beitragen. Das Verzeichnis ist der Abgabenbehörde auf Verlangen vorzulegen. Die Antragstellung oder eine Berichtigung des Verzeichnisses ist bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich."

19 Die hier anwendbare Fassung des § 10 EStG 1988 geht im Wesentlichen zurück auf das Steuerreformgesetz 2009, BGBl. I Nr. 26. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage wurde insoweit zur Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags ausgeführt (54 BlgNR 24. GP  12):

"Die Antragstellung für den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag (einschließlich einer allfälligen gegenüber dem Gewinnverhältnis abweichenden Zuordnung des Grundfreibetrages im Falle zweier oder mehrerer Betriebe) ist bis zur Rechtskraft des entsprechenden Einkommen- oder Feststellungsbescheides möglich. Die Begrenzung der Antragstellung bis zur Rechtskraft beschränkt die Möglichkeit der Geltendmachung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrages bis zum erstmaligen Eintritt der Rechtskraft. Damit kann ein Steuerpflichtiger, der die Geltendmachung im Rahmen der Steuererklärung unterlassen hat, dies innerhalb der Berufungsfrist nachholen. Nachfolgende Rechtskraftbeseitigungen (etwa in Folge eines Wiederaufnahmeverfahrens) führen jedoch zu keiner Öffnung der Antragsmöglichkeiten für Nachmeldungen. Die Begrenzung der Antragstellung bis zur Rechtskraft als einkommensteuerliche Sonderverfahrensbestimmung ermöglicht eine konzentrierte, verwaltungsökonomische Verfahrensabwicklung und eine zeitnahe budgetäre Kalkulierbarkeit der antragspflichtigen Maßnahme."

20 Unbestritten ist zunächst, dass der "Grundfreibetrag" von Amts wegen zu berücksichtigen ist, während der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag nach § 10 Abs. 7 EStG 1988 geltend zu machen ist. § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 verlangt insoweit eine "Antragstellung". Der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag ist demnach vom Steuerpflichtigen zu beantragen. Ein derartiger Antrag kann nur dann berücksichtigt werden, wenn er im Laufe des Verfahrens, also im Allgemeinen bis zur Rechtskraft der Entscheidung gestellt wird. Ein nach Rechtskraft der Entscheidung gestellter Antrag konnte im Rahmen des Verfahrens, das zu jener Entscheidung geführt hat, schon aus Gründen des zeitlichen Ablaufs nicht berücksichtigt werden.

21 Diese völlig selbstverständliche Voraussetzung bedürfte keiner gesonderten Regelung im Gesetz. Im Zweifel ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber Überflüssiges regelt. Wenn der Gesetzgeber daher in § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 vorgesehen hat, dass eine Antragstellung oder eine Berichtigung der Verzeichnisse bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerbescheides oder Feststellungsbescheides möglich ist, so ist davon auszugehen, dass damit nicht - überflüssigerweise - geregelt wurde, dass derartige Anträge jeweils bis zur Rechtskraft einer Entscheidung gestellt werden können. Im Hinblick auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist vielmehr davon auszugehen, dass eine derartige Antragstellung oder Berichtigung der Verzeichnisse nur bis zur erstmaligen Rechtskraft einer Entscheidung betreffend Einkommensteuer oder Feststellung von Einkünften möglich ist (vgl. auch - zur Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 - VwGH vom 25. November 2015, 2012/13/0117, sowie - zur Antragstellung nach § 4 Abs. 10 Z 3 lit. b EStG 1988 - VwGH vom 10. März 2016, 2013/15/0299).

22 Auch aus der Entwicklung der Bestimmung des § 10 EStG 1988 ist nichts Gegenteiliges abzuleiten. Mit dem KMU-Förderungsgesetz 2006, BGBl. I Nr. 101, wurde § 10 EStG 1988 neu gefasst und regelte nunmehr den "Freibetrag für investierte Gewinne". Dieser Freibetrag unterlag einer Antragstellung (vgl. § 10 Abs. 1 EStG 1988 idF KMU-FG), wobei nach § 10 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 der Freibetrag in der Steuererklärung auszuweisen war; eine Berichtigung einer unrichtigen oder unterlassenen Eintragung war bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuer- oder Feststellungsbescheids möglich. Weiters waren die Wirtschaftsgüter, für die der Freibetrag für investierte Gewinne in Anspruch genommen wurde, in einer Beilage zur Einkommensteuer- oder Feststellungserklärung des betreffenden Jahres auszuweisen, spätestens war die Beilage bis zum Eintritt der Rechtskraft des betreffenden Bescheides zu übermitteln.

23 Mit dem Abgabensicherungsgesetz 2007, BGBl. I Nr. 99, entfielen sodann in § 10 Abs. 7 Z 1 und Z 2 EStG 1988 die Bestimmungen über die Berichtigung der Abgabenerklärung bzw. der Beilage.

24 Mit dem Steuerreformgesetz 2009 wurde § 10 EStG 1988 in den hier zu beurteilenden "Gewinnfreibetrag" umgestaltet, wobei nunmehr wiederum in Abs. 7 Z 2 EStG 1988 Bestimmungen über eine spätere Antragstellung und Berichtigung bis zum Eintritt der Rechtskraft eingeführt wurden. Damit wurde eine Regelung geschaffen, die im Ergebnis jener entsprach, die sich für die Antragstellung zur Investitionszuwachsprämie iSd § 108e EStG 1988 (also ebenfalls einer Investitionsbegünstigung) ergeben hatte. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 108e EStG 1988 in der Stammfassung konnte die Investitionszuwachsprämie nur bis zur Einreichung der Steuererklärung geltend gemacht werden, wobei die Abgabe weiterer (berichtigender) Körperschaftsteuererklärungen am bereits eingetretenen Fristenablauf nichts zu ändern vermochte. Durch die mit dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, vorgenommene Novellierung des § 108e Abs. 4 EStG 1988 hatte der Gesetzgeber die Frist für die Geltendmachung insoweit verlängert, als der Prämienantrag noch bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides gestellt werden konnte, wobei aber damit nicht ein weiterer Fristenlauf für die Fälle einer Wiederaufnahme oder Bescheidänderung eröffnet wurde (vgl. VwGH vom 22. Dezember 2011, 2009/15/0160, mwN).

25 Es ist daher auch aus der Entwicklung der Bestimmungen sowie der Gesetzessystematik abzuleiten, dass eine Antragstellung oder Berichtigung iSd § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 nur bis zur erstmaligen Rechtskraft eines Einkommensteuer- oder Feststellungsbescheides wirksam möglich ist (vgl. auch Ritz, BAO5, § 115 Tz 25 f).

26 Ein Antrag auf Berücksichtigung eines investitionsbedingten Gewinnfreibetrags wurde im Rahmen des ursprünglichen Feststellungsverfahrens von der Mitbeteiligten - dem Grunde nach - gestellt; es erfolgte demnach auch eine Berücksichtigung eines derartigen Freibetrags in Bezug auf körperliche Anlagegüter. Die nunmehr strittigen Wertpapiere wurden aber bis zur erstmaligen Rechtskraft eines Feststellungsbescheides nicht in ein Verzeichnis iSd § 10 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 eingetragen. Eine Berichtigung des Verzeichnisses wäre aber nur bis zur erstmaligen Rechtskraft zulässig gewesen.

27 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. Wien, am 1. Juni 2017

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