VwGH Ro 2015/16/0005

VwGHRo 2015/16/000514.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Finanzamtes W gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 19. September 2014, Zl. RV/7100462/2011, betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, (mitbeteiligte Partei: U P in W), zu Recht erkannt:

Normen

FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
FamLAG 1967 §5 Abs1 litb;
StudFG 1992 §3;
FamLAG 1967 §2 Abs1 litb;
FamLAG 1967 §5 Abs1 litb;
StudFG 1992 §3;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2002 forderte das Finanzamt von der Mitbeteiligten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zurück, welche die Mitbeteiligte für ihren am tt.mm1982 geborenen Sohn M für den Zeitraum vom 1. Mai bis zum 30. November 2002 bezogen hatte.

Der Sohn der Mitbeteiligten habe das Studium im Wintersemester 2002/2003 nicht wie von der Mitbeteiligten mitgeteilt begonnen und stehe auch sonst "seit Ende des Bundesheeres" in keiner anderen Ausbildung.

Dagegen berief die Mitbeteiligte mit der Begründung, ihr Sohn habe nach Beendigung des Präsenzdienstes zum frühestmöglichen Termin mit der Berufsausbildung als Tauchlehrer begonnen. Die Ausbildung zum Tauchlehrer werde in der Zeit vom 1. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 absolviert. Der Ausbildungsvertrag sei beigelegt und nach der Ausbildungszeit sei eine international anerkannte Prüfung abzulegen, danach könne der Beruf eines Tauchlehrers international ausgeübt werden.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der als Beschwerde behandelten Berufung Folge und hob den Bescheid des Finanzamtes vom 28. Oktober 2002 (ersatzlos) auf.

Der Sohn der Mitbeteiligten habe im Juni 2001 die Reifeprüfung abgelegt und vom 3. September 2001 bis zum 2. Mai 2002 den Präsenzdienst geleistet. Er habe sodann ab 1. Juli 2002 die Ausbildung zum Tauchlehrer absolviert. Dazu hielt das Bundesfinanzgericht fest:

"Der Ausbildungsvertrag zwischen der Tauchschule und dem Sohn der Mitbeteiligten enthält auszugsweise folgende Passagen:

1. Der Ausbilder verpflichtet sich, den Auszubildenden nach besten Wissen und Gewissen auf seine künftige Tätigkeit als Tauchlehrer vorzubereiten.

2. Nach Abschluss der Ausbildung erhält der Auszubildende bei bestandener Prüfung vom Ausbilder den Titel IDA/CMAS Tauchlehrer.

….

4. Die Ausbildungszeit beträgt 26 Wochen und ist unterteilt in 4 Blöcke a 6 Wochen und einen Block von 2 Wochen. Die Ausbildungszeit dauert vom 01. Juli bis zum 31. Dezember 2002.

5. Für jeden Block erhält der Auszubildende eine eingehende Unterweisung …..

6. Während dieser Zeit erhält der Auszubildende vom Ausbilder ein Zimmer zur Verfügung gestellt.

…..

11. Der Ausbilder stellt den Bewohnern der Wohnung ein Auto für die Fahrt zur Arbeit und wieder zurück zur Verfügung.

…..

13. Währende der Ausbildung sind vom Auszubildenden pro Ausbildungsblock 2 Referate über ausgewählte blockspezifische Themen zu halten.

14. Als Gegenleistung für sein Ausbildung arbeitet der Auszubildende beim Ausbilder nach bestem Wissen und Gewissen, nach Anweisung der Basisleitung, mit.

  1. 15. Für diese Arbeit wird keine Vergütung gezahlt.
  2. 16. Arbeitszeit sind 6 Tage die Woche, ein Tag ist frei. Arbeitsbeginn ist 8:30 Uhr, auf Anweisung der Basisleitung auch früher. Das Arbeitsende wird flexibel festgelegt durch die Basisleitung (ca. 18:00 Uhr).

    17. Da der Ausbilder den stark schwankenden Saisonzeiten Rechnung tragen muss, kann je nach Gästeaufkommen auch für den 7. Tag, auch kurzfristig, Arbeit angeordnet werden.

    18. Diese zusätzlichen Tage werden nicht vergütet, sondern in schwachen Zeiten mit zusätzlichen freien Tagen ausgeglichen.

    19. Der Auszubildende verpflichtet sich, seine Freizeit sinnvoll zu nutzen und sich weiterzubilden.

    Nach dem Ausbildungsvertrag war Ziel der gegenständlichen Ausbildung die Vorbereitung auf die Prüfung zum IDA/CMAS Tauchlehrer*. Die Ausbildungszeit hat 26 Wochen (vier Blöcke zu je sechs Wochen und ein Block zu zwei Wochen) betragen. Nach den IDA-Ausbildungsplänen hat die Ausbildung theoretische Teile (Geschichte des Tauchens, Ausrüstung, Sicherheitsregeln, Planung und Organisation, Umweltschutz, Rettungskette, Partnercheck, Tauchphysik, Tauchmedizin) und praktische Teile (Durchführung der vorgeschriebenen Tauchgänge) umfasst. Bereits vor dem Beginn der Ausbildung zum Tauchlehrer hat der Sohn der Beschwerdeführerin die Tauchkurse bis zur Stufe IDA* (Grundausbildung zum Taucher, nach den IDA-Ausbildungsplänen bis inklusive Seite 31) belegt. Während der Ausbildungszeit in der Tauchschule (01.07. bis 31.12.2002) wurden von ihm die weiteren Ausbildungsabschnitte für den Prüfungsantritt (IDA-Ausbildungspläne Seite 32 bis 48) absolviert.

    Der Sohn der Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Ausbildung in der Tauchschule auch die 'Tauchlehrerassistent'-Lizenz erworben, welche eine der Voraussetzungen für den Prüfungsantritt zum IDA/CMAS Tauchlehrer* war.

    Die Tauchlehrerassistent-Ausbildung umfasst folgende Bereiche: Unterrichtslehre mit Methodik, Didaktik, Rhetorik, das Erstellen von Kursprogrammen, die Teilnahme und Durchführung von Spezialkursen, die Schulung von Beginnern in Theorie und Praxis, Tauchtechnik in Theorie und Praxis, Pflege und Wartung der Tauchausrüstung, Hinweise zu Haftung, Kompressortechnik in Theorie und Praxis. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Unterweisung in der Durchführung und Vermittlung von Tauchsicherheit und Rettung sowie Herz-Lungen-Wiederbelebung unter besonderer Berücksichtigung der Ausbildung von Beginnern. Der Auszubildende lernt die Struktur, Organisation und Funktion einer Tauchschule/Tauchbasis kennen und vertieft in der Praxis mit Tauchgängen als Gruppenführer/Tauchguide und der Begleitung/Unterstützung von Tauchgängen im Rahmen von (Beginner‑)Tauchkursen seine eigenen Fertigkeiten. Die Dauer der Ausbildung - zwischen 3 und 12 Monaten (vgl. https://www.idaworldwide.com ; http://nn.de).

    Der Sohn der Beschwerdeführerin hat im Juli bzw. August 2002 die Spezialkurse 'Orientierung', 'Rettung' und 'Gruppenführung' absolviert und jeweils im Anschluss daran die Prüfungen abgelegt.

    Er hat im Zeitraum 01.07. bis 30.11.2002 zunächst unterstützend und unter Beobachtung einer erfahrenen Tauchlehrerin, später auch selbständig an den verschiedenen Tauchkursen und -ausbildungen (das Spektrum reichte von Kinderkursen über verschiedene Schnupper- und Kurzkurse bis zu CMAS*-Taucherkursen) mitgewirkt. Neben dem Abhalten von Tauchkursen war der Sohn der Beschwerdeführerin auch als Tauchguide (Führer von Tauchergruppen bei Freiwassertauchgängen) im Einsatz. Nach den Aufzeichnungen im Logbuch wurden von ihm hierbei im Zeitraum vom 01.07. bis 30.11.2002 insgesamt 128 Tauchgänge durchgeführt.

    Ergänzend zu dieser praktischen Ausbildung wurden vom Basisleiter mit den angehenden Tauchlehrern eigenständige Lehr- und Übungseinheiten (z.B. diverse Rettungs- und Bergungsübungen) abgehalten, die ebenfalls der Vorbereitung auf die Tauchlehrerprüfung dienten.

    Am 20.11.2002 hielt der Sohn der Beschwerdeführerin das in der Prüfungsordnung vorgesehene Kurzreferat über die von ihm erstellte schriftliche Abschlussarbeit. Im Dezember 2002 führte er die vorgesehenen 5 Prüfungstauchgänge durch. Die theoretische Prüfung zum IDA/CMAS Tauchlehrer* wurde von ihm am 04.12.2002 abgelegt."

    Im Revisionsfall sei somit eine Ausbildung in einem anerkannten Beruf mit vorgeschriebenen Prüfungen erfolgt. Da davon auszugehen sei, dass die Zeit des Sohnes im Zeitraum von Juli bis Dezember 2002 bei dieser Form der Ausbildung überwiegend in Anspruch genommen worden sei, liege eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG vor.

    Der große zeitliche Umfang der praktischen Ausbildungsteile spreche nicht gegen eine Berufsausbildung, denn bei einer Ausbildung zum Tauchlehrer komme der praktischen Ausbildung ein hoher Stellenwert zu. Auf Grund der mit dem Tauchen verbundenen Gefahren (ein Taucher begebe sich ohne die notwendigen praktischen Fähigkeiten in unmittelbare Lebensgefahr) trage der Tauchlehrer Verantwortung für das Leben aller seiner Schüler und müsse letzteren die überlebensnotwendigen praktischen Fertigkeiten gleichzeitig auch vermitteln können. Im Übrigen nehme auch bei anderen Berufsgruppen (z.B. bei Musikern) der praktische Anteil der Ausbildung einen hohen Stellenwert ein. Zudem bestehe kein Zweifel, dass die Lehrausbildung in einem gesetzlich anerkannten Lehrverhältnis eine Berufsausbildung darstelle, welche auf zwei Säulen beruhe, zum einen auf der praktischen Ausbildung im Betrieb (in der Regel 75 bis 80 % der Lehre) und zum anderen die Ausbildung in der Berufsschule (sogenanntes "duales System" der Lehrausbildung).

    Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Zur Frage, ob die Ausbildung zum Tauchlehrer eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstelle, läge keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

    Die dagegen vom Finanzamt erhobene Revision bekämpft in der Anfechtungserklärung einerseits "die Anerkennung einer Ausbildung zum 'Tauchlehrer' als Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 an sich" und andererseits die Anerkennung einer Ausbildung zum Tauchlehrer in der Form, dass der Besuch dieser Ausbildung dadurch finanziert worden sei, dass der Sohn der Mitbeteiligten als Ausgleich für den Besuch des Kurses in der Tauchschule mitgearbeitet habe.

    Die Mitbeteiligte brachte eine Revisionsbeantwortung ein und beantragte, die Revision "zurückzuweisen".

    Das Bundesfinanzgericht legte die Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens und der Revisionsbeantwortung vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 23/1999 bestand Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet wurden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich war.

Weiters bestand nach § 2 Abs. 1 lit. e FLAG in der im Revisionsfall noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes über die Ausbildung von Frauen im Bundesheer - GAFB, BGBl. I Nr. 30/1998, Anspruch für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wurde.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a des Einkommensteuergesetzes 1988 - EStG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung des Euro-Steuerumstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 59/2001, stand einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wurde, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein näher angeführter Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, war § 26 FLAG anzuwenden.

Die vom Bundesfinanzgericht zur Begründung der Zulässigkeit der Revision aufgeworfene Frage, ob grundsätzlich "die Ausbildung zum Tauchlehrer eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG" darstelle, in der Anfechtungserklärung des revisionswerbenden Finanzamtes als Frage nach der "Anerkennung einer Ausbildung zum Tauchlehrer als Berufsausbildung im Sinne des FLAG an sich" formuliert, ist zu bejahen. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 18. November 2009, 2008/13/0127, der Ausbildung zum Golflehrer die Qualität einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht grundsätzlich abgesprochen, sondern den damals angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Tätigkeit als Tauchlehrer kann durchaus einen Beruf darstellen, zu dessen Ausübung eine Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG erforderlich sein kann.

Um von einer Berufsausbildung sprechen zu können, ist außerhalb des - im Revisionsfall nicht interessierenden - in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das ernstliche, zielstrebige und nach außen erkennbare Bemühen um einen Ausbildungserfolg erforderlich. Ziel einer Berufsausbildung in diesem Sinne ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erlangen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2012, 2010/16/0013).

Auf die allenfalls nur wenige Monate währende Dauer eines dabei zu beurteilenden Lehrganges kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2011, 2009/13/0127).

Dass im Zuge einer Berufsausbildung praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden können und etwa ein Praktikum zur Vermittlung praktischer Grundkenntnisse unter Berufsausbildung fallen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, 2009/16/0315, bereits ausgesprochen. Dass unter eine Berufsausbildung auch das vom Bundesfinanzgericht zu Recht herangezogene sogenannte "duale System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf fällt, ergibt sich auch aus § 5 Abs. 1 lit. b FLAG, wonach Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis nicht in den einen Anspruch auf Familienbeihilfe verwirkenden Betrag an zu versteuerndem Einkommen zu zählen sind (zur Berufsausbildung im Rahmen einer Lehre vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2011/16/0077, zur entgeltlichen Tätigkeit eines Rechtspraktikanten etwa das hg. Erkenntnis vom 18. November 2009, 2008/13/0015, VwSlg 8.491/F).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung gehen die Ausführungen des revisionswerbenden Finanzamtes ins Leere, dass der in Rede stehende Tauchlehrerkurs hauptsächlich praktische Kenntnisse vermittle und dass der Sohn der Mitbeteiligten während der Kursdauer gleichzeitig die "Berufstätigkeit als Assistent" ausgeübt habe.

Dass die Tätigkeit als Tauchlehrerassistent Teil der Ausbildung war, zeigt auch die vom revisionswerbenden Finanzamt selbst angeführte Prüfungsordnung, wonach Voraussetzung für die Prüfung die "von einem IDA/CMAS Germany-Tauchlehrer bestätigte Teilnahme als Assistent (Referent und 'Prüfer') an einem Kurs zum CMAS Bronze einschließlich Prüfung in Theorie und Praxis" war.

Eine anzuerkennende Berufsausbildung weist ein qualitatives und ein quantitatives Element auf, sowohl die Art der Ausbildung als auch deren zeitlicher Umfang sind zu prüfen (vgl. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 36). Bei kursmäßigen Veranstaltungen kommt es zur Frage der Berufsausbildung darauf an, dass sich die Ausbildung in quantitativer Hinsicht vom Besuch von Lehrveranstaltungen oder Kursen aus privaten Interessen unterscheidet (vgl. die erwähnten hg. Erkenntnisse vom 27. September 2012, 2010/16/0013, und vom 22. Dezember 2011, 2009/16/0315).

Maßgeblich ist der erforderliche zeitliche Einsatz während des Lehrganges, der - soll eine Berufsausbildung vorliegen - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2011, 2009/13/0127).

Das revisionswerbende Finanzamt trägt vor, nach dem vorgelegten Ausbildungsvertrag habe die Ausbildung vom 1. Juli bis 31. Dezember 2002, sohin insgesamt 184 Tage, gedauert. Von den als Voraussetzung angeführten 150 Tauchgängen seien 30 vor dem Anmeldetermin zu absolvieren, weshalb während des Kurses selbst höchstens 120 Tauchgänge hätten bewältigt werden müssen. Damit seien die Voraussetzungen des zeitlichen Umfanges der Ausbildung nicht erfüllt.

Das Finanzamt vernachlässigt dabei, dass nach den insoweit unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichtes die fünf Prüfungstauchgänge im Rahmen der in Rede stehenden Ausbildung bereits im Dezember 2002 durchgeführt worden seien. Weiters errechnet das Finanzamt eine Lehrgangsdauer nach Kalendertagen, während die "volle zeitliche Inanspruchnahme" sich nicht auf Wochenenden, Feiertage udgl. erstrecken muss. Nimmt man sohin wie das revisionswerbende Finanzamt selbst etwa vier bis fünf Tauchgänge pro Woche (somit fast an jedem Arbeitstag einen Tauchgang) mit den dazugehörigen Vor- und Nachbereitungstätigkeiten an, so gelangt man zusammen mit der vom Bundesfinanzgericht angeführten praktischen Tätigkeit als Tauchlehrerassistent und der theoretischen Ausbildung durchaus zu dem vom Bundesfinanzgericht gefundenen Ergebnis einer vollen zeitlichen Inanspruchnahme durch die in Rede stehende Ausbildung.

Im Übrigen ist das Erfordernis der 150 Tauchgänge, davon mindestens 30 Tauchgänge in den dem Anmeldetermin vorangegangenen 12 Monaten, in der Prüfungsordnung enthalten, weshalb die vom Finanzamt in der Revision ausgeschiedenen 30 Tauchgänge nicht vor der Anmeldung zum Lehrgang, sondern vor der Anmeldung zur Prüfung verstanden werden können, es sohin durchaus zu 150 Tauchgängen während des Lehrganges kommen konnte.

Soweit das revisionswerbende Finanzamt die Ausbildung als nicht über den Umfang hinausgehend sieht, den auch privat am Tauchsport interessierte Personen absolvieren, hält dem die Mitbeteiligte in der Revisionsbeantwortung zutreffend entgegen, dass die in Rede stehende Ausbildung zum Tauchlehrer über annähernd ein halbes Jahr dauerte, während das Finanzamt die den privaten Interessen dienenden Tauchkurse für Hobbytaucher in der Dauer von einigen Tagen im Auge zu haben scheint.

Die Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes, dass der Sohn der Mitbeteiligten solche Tauchkurse bis zur Stufe IDA* (Grundausbildung zum Taucher) bereits vor Beginn der Ausbildung zum Tauchlehrer belegt hatte, bekämpft das revisionswerbende Finanzamt in diesem Zusammenhang nicht.

Somit zeigt das revisionswerbende Finanzamt nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht rechtswidrig von einer Berufsausbildung des Sohnes der Mitbeteiligten im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG ausgegangen wäre.

Lag eine solche allerdings vor, so konnte sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Sohn der Mitbeteiligten für den Zeitraum Mai und Juni 2002 nur auf § 2 Abs. 1 lit. e FLAG stützen. Den diesbezüglichen Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes über das Ende des Präsenzdienstes und, dass die in Rede stehende Berufsausbildung zum Tauchlehrer frühestmöglich begonnen worden sei, tritt das revisionswerbende Finanzamt nicht entgegen.

Damit gelingt es dem Finanzamt nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen.

Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2015

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