VwGH Ro 2014/22/0020

VwGHRo 2014/22/002016.12.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger sowie die Hofräte Dr. Robl und Dr. Mayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lechner, über die Revision des A in W, vertreten durch Mag. Muna Duzdar, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 1/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 9. September 2013, Zl. 322.819/2-III/4/13, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z1;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs10;
NAG 2005 §41a Abs9;
AVG §13a;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z1;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §41a Abs10;
NAG 2005 §41a Abs9;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der im Februar 2005 in das Bundesgebiet eingereiste Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Republik Kosovo, beantragte am 30. Mai 2012 die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Dieser - von der erstinstanzlichen Behörde zunächst als auf die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gerichtet gewertete - Antrag wurde in der Folge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 NAG modifiziert.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (im Folgenden: Behörde) wurde der Antrag gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG abgewiesen.

Die Behörde stellte fest, dass gegen den Revisionswerber mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 9. Jänner 2012 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in Verbindung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von 18 Monaten gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 FPG erlassen worden sei. Diese rechtskräftige und durchsetzbare Entscheidung sei aktuell noch aufrecht. Somit sei die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG zwingend zu versagen und der Antrag abzuweisen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene (als "Beschwerde" bezeichnete) Revision nach Aktenvorlage durch das gemäß § 9 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, iVm Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der Behörde tretende Verwaltungsgericht Wien in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Da der angefochtene Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde und infolge der Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag die Beschwerdefrist mit Ende dieses Tages noch gelaufen ist, gelten für die Behandlung der Revision gemäß § 4 Abs. 5 iVm Abs. 1 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung - mit einer fallbezogen nicht relevanten Maßgabe - sinngemäß.

Im Hinblick auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides am 12. September 2013 sind die Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 68/2013 maßgeblich.

Die relevanten Bestimmungen des NAG lauten auszugsweise wie folgt:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Rückkehrverbot gemäß § 54 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 63 oder 67 FPG besteht;

...

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist.

..."

"Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus'

§ 41a. (1) ...

(9) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus' zu erteilen, wenn

1. kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt,

2. dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

3. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausübt.

(10) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 oder 5 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel 'Rot-Weiß-Rot - Karte plus' erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem

1. Mai 2004 durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,

..."

Der Revisionswerber bestreitet das Vorliegen der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG nicht. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die Behörde das Vorliegen des absoluten Versagungsgrundes gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 NAG angenommen hat.

Soweit der Revisionswerber die unterbliebene Abwägung iSd Art. 8 EMRK moniert, ist ihm entgegenzuhalten, dass bei Vorliegen eines Erteilungshindernisses nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG keine Interessenabwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG erfolgt.

Zum Vorbringen des Revisionswerbers, die Behörde hätte eine mündliche Verhandlung durchführen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass im fremdenrechtlichen Administrativverfahren kein Recht auf eine Berufungsverhandlung und auch kein Recht darauf besteht, von der Behörde mündlich gehört zu werden (siehe das Erkenntnis vom 15. Juni 2010, 2008/22/0438). Zudem zeigt der Revisionswerber - ausgehend davon, dass der für die Antragsabweisung allein maßgebliche Umstand des Bestehens einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung unbestritten bleibt - die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht auf.

Der Revisionswerber vertritt weiters die Auffassung, die Behörde hätte ihn - zumal ihr das Erteilungshindernis bekannt gewesen sei - anleiten müssen, einen Antrag nach § 41a Abs. 10 NAG zu stellen, der "die Erteilung einer Niederlassung trotz Erteilungshindernisses" vorsehe.

Soweit der Beschwerdeführer damit die Manuduktionspflicht nach § 13a AVG anspricht, ist ihm - abgesehen davon, dass er ausweislich der vorliegenden Verwaltungsakten bereits im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertreten war und die genannte Bestimmung somit schon aus diesem Grund nicht maßgeblich war, sowie abgesehen davon, dass bei Vorliegen des hier gegebenen absoluten Versagungsgrundes nach § 11 Abs. 1 Z 1 NAG auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 10 NAG nicht in Betracht kommt - entgegenzuhalten, dass § 13a AVG keine materiellrechtliche Beratung der Parteien verlangt und das Vorliegen eines Erteilungshindernisses keinen formellen Mangel des Antrags darstellt (vgl. das Erkenntnis vom 10. November 2010, 2010/22/0162, mwN).

Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2014

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