VwGH Ro 2014/15/0037

VwGHRo 2014/15/003720.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der H GmbH & Co KG in S, vertreten durch die BOD Dr. Braito - Dr. Oberrauch - Mag. Dünser Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 6322 Kirchbichl, Europastraße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 25. April 2014, Zl. RV/3100813/2010, betreffend Feststellung von Einkünften für 2007, den Beschluss gefasst:

Normen

EStG 1988 §37 Abs5;
EStG 1988 §37 Abs5;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist eine in der Hotelbranche tätige GmbH & Co KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin die T GmbH ist.

2 Am 29. März 2007 traten die Kommanditisten FS, HS und AR, die jeweils auch an der Komplementär-GmbH beteiligt waren, ihre Kommanditanteile an der Revisionswerberin sowie ihre Geschäftsanteile an der T GmbH ab.

3 FS und HS waren seit 1985 an der Revisionswerberin beteiligt und im Zeitpunkt der Veräußerung ihrer Anteile 68 (FS) bzw. 64 (HS) Jahre alt.

4 In der Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für das Jahr 2007 wurden bei den Kommanditisten FS und HS Gewinne aus ihren Anteilsveräußerungen ausgewiesen; bei FS war zudem vermerkt, dass sein Veräußerungsgewinn gemäß § 37 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 mit dem Hälftesteuersatz zu besteuern sei.

5 Gegen den erklärungsgemäß ergangenen Feststellungsbescheid des Finanzamts erhob die Revisionswerberin Berufung und beantragte, den Veräußerungsgewinn des Kommanditisten HS ebenfalls "als Halbsatzeinkünfte iSd § 37 EStG 1988 festzustellen". Dies sei in der ursprünglichen Erklärung der Einkünfte übersehen worden.

6 Im Rahmen einer bei der Revisionswerberin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, der Hälftesteuersatz aufgrund altersbedingter Einstellung der Erwerbstätigkeit erfordere, dass das Anfallen des Veräußerungsgewinnes durch die Einstellung der Erwerbstätigkeit bedingt sei oder damit in engem zeitlichen Zusammenhang stehe. Wirke der Mitunternehmer einer "kapitalistisch organisierten" Kommanditgesellschaft nicht an deren werbender Tätigkeit mit, sondern habe er in wirtschaftlicher Sicht bloß eine dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft vergleichbare Stellung, könne nicht von einer Erwerbstätigkeit gesprochen werden. Die Aufgabe der kapitalistischen Mitunternehmerbeteiligung des FS und des HS sei dementsprechend nicht begünstigt.

7 Unter Verweis auf diesen Prüfungsbericht änderte das Finanzamt den Feststellungsbescheid mit Berufungsvorentscheidung vom 28. Juli 2010 dahingehend ab, dass weder der Veräußerungsgewinn des FS noch der Veräußerungsgewinn des HS als außergewöhnliche Einkünfte iSd § 37 Abs. 5 EStG 1988 ausgewiesen wurden.

8 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Berufung an den unabhängigen Finanzsenat und führte aus, dass die Veräußerung der Kommanditanteile jeweils in zeitlicher Nähe zur Einstellung der Erwerbstätigkeit der Kommanditisten erfolgt sei. FS habe seine Tätigkeit als Konsulent bei der S GmbH mit 31. März 2007 beendet. HS habe seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Z GmbH mit Wirkung vom 20. November 2007 eingestellt. Die Begünstigung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 stehe den Kommanditisten deshalb zu.

9 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG mit 1. Jänner 2014 an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates getretene Bundesfinanzgericht wies die (nunmehrige) Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und änderte den bekämpften Bescheid iSd Berufungsvorentscheidung ab. Eine mitunternehmerische Beteiligung ohne die Entfaltung besonderer wirtschaftlicher Tätigkeiten begründe keine Erwerbstätigkeit. Der Gesetzgeber habe die Anwendung des Hälftesteuersatzes mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 an restriktive Voraussetzungen geknüpft: Danach müsse die Einstellung der Erwerbstätigkeit ein Grund für das Anfallen des Veräußerungsgewinns sein. Die eingeschränkte Freiwilligkeit des Vorgangs, der zu dem Veräußerungsgewinn geführt habe, sei der Wertungsgesichtspunkt, der nach dem Willen des Gesetzgebers die ausnahmsweise Begünstigung durch die Anwendung des Hälftesteuersatzes rechtfertige. Dem werde nicht Rechnung getragen, wenn der Veräußerungsvorgang durch die Aufgabe einer Beteiligung entstehe, die keine Erwerbstätigkeit mitumfasse und sich daher mit dem (unfreiwilligen) altersbedingten Ausscheiden aus dem Erwerbsleben nicht in der im Gesetz normierten Weise typisierend in Beziehung setzen lasse.

10 Es sei unbestritten, dass die streitgegenständlichen Veräußerungsgewinne aus (bloß Passiveinkünfte vermittelnden) "kapitalistischen" Beteiligungen an der revisionswerbenden Kommanditgesellschaft stammen würden. Sei aber nach dem Wortlaut und Zweck des § 37 Abs. 5 EStG 1988 ein Kausalzusammenhang erforderlich, genüge ein bloßer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung der Erwerbstätigkeit und dem Veräußerungsgewinn nicht für die Zuerkennung des Hälftesteuersatzes auf den Veräußerungsgewinn aus einer "kapitalistischen" Beteiligung. Das erforderliche Kriterium der eingeschränkten Freiwilligkeit der Veräußerung fehle auch dann, wenn sie in zeitlicher Nähe zur Beendigung einer anderen Tätigkeit erfolge. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob die Kommanditisten HS und FS in zeitlicher Nähe zur Veräußerung ihres Kommanditanteils andere Erwerbstätigkeiten, die jeweils für eine andere und nicht die revisionswerbende Gesellschaft erfolgt seien, beendet hätten.

11 Das Bundesfinanzgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des Hälftesteuersatzes gemäß § 37 Abs. 5 EStG 1988 für den Fall, dass die Veräußerung einer "kapitalistischen" Beteiligung in zeitlicher Nähe zur Einstellung der Erwerbstätigkeit des Abgabepflichtigen erfolgt, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantwortet sei.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. VwGH vom 21. März 2016, Ro 2016/03/0006).

16 Der Revisionsfall gleicht hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Revision und der zu lösenden Rechtsfrage jenem, der mit Erkenntnis vom 20. Oktober 2016, Ro 2014/13/0032, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.

17 Demnach ist für die Zuerkennung der Steuersatzbegünstigung des § 37 Abs. 5 dritter Fall EStG 1988 idF Abgabenänderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 180, entscheidend, ob die Einstellung der Erwerbstätigkeit der Grund für die Entstehung des Veräußerungsgewinnes war. Ein bloßes zeitliches Zusammentreffen der Einstellung der Erwerbstätigkeit mit dem Anfallen eines Veräußerungsgewinnes reicht dafür nicht.

18 Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass zwischen den von HS und FS im Streitjahr beendeten Erwerbstätigkeiten und dem Entstehen der gegenständlichen Veräußerungsgewinne kein sachlicher Zusammenhang bestanden habe. HS und FS seien jeweils für andere Gesellschaften und nicht für die Revisionswerberin bzw. die T GmbH als Geschäftsführer bzw. Konsulent tätig geworden.

19 Mit dem (von der belangten Behörde als Neuerung bezeichneten) Vorbringen, HS und FS seien auch an der Komplementär-GmbH beteiligt gewesen und hätten solcherart im Wege der Generalversammlung die Geschäftsführung der Revisionswerberin mitbeeinflussen können, wird eine aktive Teilnahme am Erwerbsleben innerhalb der Revisionswerberin nicht aufgezeigt. Unter "Erwerbstätigkeit" fallen alle Tätigkeiten, die sich als aktive Betätigung im Erwerbsleben darstellen (vgl. die Erkenntnisse vom 23. September 2010, 2006/15/0358, und vom 14. Oktober 2010, 2008/15/0242). Im Revisionsfall war keiner der beiden Kommanditisten im Zeitpunkt der Veräußerung ihrer jeweiligen Mitunternehmeranteile Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Dass die beiden Kommanditisten die Geschäftsführung faktisch ausgeübt hätten, wurde im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht nicht behauptet und legt auch das Revisionsvorbringen nicht nahe.

20 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Dezember 2016

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