VwGH Ro 2014/13/0022

VwGHRo 2014/13/002223.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, in der Revisionssache des L in W, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Nikolaus, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1130 Wien, St. Veit-Gasse 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 16. Dezember 2013, Zlen. RV/1887-W/09, RV 1888-W/09, RV/3505-W/09, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens (Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2000 bis 2002) und Antrag auf Aufhebung des Bescheides (Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2000 bis 2005), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus der Revision und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid geht hervor:

Im Anschluss an eine beim Revisionswerber durchgeführte Außenprüfung ergingen Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer und Einkommensteuer für 2000 bis 2002; weiters wurden Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2005 festgesetzt. Der Revisionswerber hatte in der Niederschrift über die Schlussbesprechung der Außenprüfung am 31. Juli 2008 einen Rechtsmittelverzicht gemäß § 255 Abs. 2 BAO hinsichtlich der aufgrund des (auf eine Schätzung gestützten) Ergebnisses der Außenprüfung zu erlassenden Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für 2000 bis 2005 abgegeben.

Der Revisionswerber erhob Berufung nur gegen die genannten Wiederaufnahmebescheide.

Mit Schreiben vom 10. August 2009 beantragte der Revisionswerber weiters gemäß § 299 BAO die Aufhebung der Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2005 mit der Begründung, diese Bescheide seien hinsichtlich ihres Spruches unrichtig.

Mit Bescheid vom 26. August 2009 wies das Finanzamt diesen Antrag ab. Der Revisionswerber erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde beiden Berufungen keine Folge.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Revision wird geltend gemacht, in Streit stehe die Richtigkeit der im Rahmen der Außenprüfung erstellten, der schätzungsweisen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zugrunde gelegten Kalkulation. Der Revisionswerber habe dieser Kalkulation substantiierte Einwendungen entgegengesetzt, mit denen er die Richtigkeit der Ausgangsparameter, auf denen die Kalkulation aufbaue (jährliche Kilometerleistung, Anteil der Leerfahrten, Anteil der "Nachtfahrten"), bestritten habe. Die belangte Behörde habe sich mit diesen Einwendungen nicht (ausreichend) auseinandergesetzt.

Die Revision ist nicht zulässig.

Gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG (iVm § 28 Abs. 5 BFGG) ist die Revision gegen den Bescheid u.a. einer unabhängigen Verwaltungsbehörde unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG (Revision hängt von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt) nicht vorliegen.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Dass im vorliegenden Fall die Schätzungsberechtigung dem Grunde nach gegeben ist, ist im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbestritten.

Das Schätzungsverfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hiebei muss die Behörde auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen. Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2012, 2009/15/0181, mwN).

Das Finanzamt ging im Rahmen der Schätzung von folgenden Annahmen aus: zurückgelegte km pro Fahrzeug pro Jahr: 24.000; davon Privatfahrten 10%, daher zurückgelegte Strecke ohne Privatfahrten 21.600; davon wiederum 43% Leerfahrten; Bruttoertrag pro Kilometer (2000: 1,69 EUR, in der Folge ansteigend bis 2005: 1,91 EUR); Anzahl der Fahrzeuge (zwischen 17,09 und 21,87).

Der Revisionswerber erhob im Verwaltungsverfahren Einwendungen zur jährlichen Kilometerleistung, zum Anteil der Leerfahrten sowie zum Bruttoertrag pro Kilometer:

Zur Jahreskilometerleistung verwies der Revisionswerber auf Aussagen von vier Taxilenkern, welche früher bei ihm beschäftigt gewesen seien, sowie auf eine Rückrechnung aus dem Treibstoffverbrauch. Der Leerfahrtenanteil sei in der Kalkulation der Außenprüfung ohne Begründung erfolgt. Aus einer wissenschaftlichen Arbeit gehe hervor, dass der Leerfahrtenanteil im Branchendurchschnitt 46,48% betrage. Das Finanzamt habe den Bruttoertrag pro Kilometer unter der Annahme ermittelt, dass der "Nachtfahrtenanteil" (höher entlohnte Fahrten an Sonn- und Feiertagen sowie in der Nacht) 30% betragen habe (dies ausgehend von dem Anteil der Unfälle, welche sich in diesem Zeitraum ereignet hätten). Tatsächlich habe dieser Anteil aber nur 20% betragen; der Prüfer habe unrichtigerweise auch an Samstagen die Anwendung des höheren Tarifes angenommen. Es ergäben sich daher Bruttoerträge pro Kilometer von 1,66 EUR bis 1,89 EUR.

Ausgehend von diesen Annahmen legte der Revisionswerber eine eigene Kalkulation vor.

Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid zutreffend aus, dass sich aus dieser Kalkulation - basierend auf den Annahmen des Revisionswerbers - zum Teil erheblich geringere Erlöse ergeben würden als jene, die aus der - ohnehin mangelhaften - Buchhaltung des Revisionswerbers abzuleiten wären.

Wenn der Revisionswerber hiezu in der Revision einwendet, es sei seinen Fahrern möglich gewesen, geringere Leerfahrtenanteile zu erzielen, als sie im in seiner Kalkulation berücksichtigten Durchschnitt des Wiener Taximarktes vorkämen; auch sei es seinen Fahrern gelungen, den Kilometerertrag dadurch zu steigern, dass überwiegend Fahrten durchgeführt worden seien, die kürzer als die durchschnittliche Länge einer Taxifahrt in Wien von 5 km seien, die sowohl der Kalkulation der Außenprüfung als auch seiner Kalkulation zugrunde gelegt worden seien, so zeigt er damit selbst die Unrichtigkeit seiner eigenen Kalkulation - und damit auch seiner Annahmen - auf.

Ziel einer Schätzung ist - wie bereits oben dargelegt - die Ermittlung derjenigen Besteuerungsgrundlagen, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Es sind dabei nicht "durchschnittliche" Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sondern die Besteuerungsgrundlagen für den zu beurteilenden Betrieb. Wenn sohin der Revisionswerber geltend macht, sowohl hinsichtlich des Leerfahrtenanteiles als auch des erzielten Kilometerertrages sei er "besser" als der von ihm in seiner Kalkulation berücksichtigte Branchendurchschnitt gewesen, so kann er eine Unrichtigkeit der Annahmen der belangten Behörde zu diesen beiden Punkten nicht aufzeigen.

Die Jahreskilometerleistung wurde von den Verwaltungsbehörden im Hinblick auf das Fehlen von verlässlichen Aufzeichnungen des Revisionswerbers auf den Treibstoffverbrauch gestützt. Der Revisionswerber machte hiezu im Verwaltungsverfahren geltend, seine Fahrer hätten - wie damals in der Taxibranche üblich - während der Wartezeiten auf Standplätzen "den Motor laufen lassen", um im Winter auch die Heizung bzw. im Sommer auch die Klimaanlage "im Stand" zu betreiben. Dieses "Standgas" bewirke einen Treibstoffverbrauch von rund 2 Litern pro Stunde. Seine Fahrer hätten bei einer zwölfstündigen Schicht den Motor durchschnittlich eineinhalb Stunden "im Stand" zum Betrieb der Heizung bzw. der Klimaanlage laufen lassen. Daraus ergebe sich sohin ein Verbrauch von drei Litern (pro Schicht), der dem durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch des Fahrzeuges (9,5 l/100 km) hinzuzurechnen sei. Ausgehend von einem Verbrauch von 12,5 l pro 100 km ergebe sich (nach Abzug der Privatfahrten) eine Jahreskilometerleistung von ca. 17.900 (und nicht - wie von der belangten Behörde angenommen - von 21.600).

Zu diesem Vorbringen des Revisionswerbers führte die belangte Behörde aus, dass die vom Revisionswerber vorgelegte Treibstoffanalyse unter Berücksichtigung der von der Betriebsprüfung angenommenen Jahreskilometerleistung zu Treibstoffverbräuchen zwischen 9,76 l/100 km (im Jahr 2005) und 11,19 l/100 km (im Jahr 2003) führen würde, was im Hinblick auf einen Normverbrauch von rund 9,5 l/100 km nicht als unrealistisch angesehen werden könne. Eine Unschlüssigkeit dieser Erwägungen wird in der Revision nicht aufgezeigt.

Der Revision gelingt es sohin nicht, darzulegen, dass Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 23. April 2014

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