Normen
AVG §13 Abs3;
B-VG Art140 Abs1 idF 2012/I/051;
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita idF 2012/I/051;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §9 Abs1 Z3;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Vizerektorin für Lehre der Wirtschaftsuniversität Wien vom 12. Mai 2014 wurde ein Antrag des Revisionswerbers auf Zulassung zu den Lehrveranstaltungen "Steuern und Gesellschaft", "Finanzwirtschaft" und "Finanzwissenschaft" gemäß § 54 Abs. 7 Universitätsgesetz 2002 - UG 2002 iVm § 3 Abs. 1 und Abs. 4 der Prüfungsordnung der Wirtschaftsuniversität Wien abgewiesen; weiters wurden mit diesem Bescheid - gestützt auf dieselben Rechtsgrundlagen - Eventualanträge des Revisionswerbers auf Zulassung bzw. Anmeldung zu bestimmten Prüfungen bzw. zu weiteren Lehrveranstaltungen abgewiesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Revisionswerber, das Bundesverwaltungsgericht möge in der Sache selbst entscheiden und ihn antragsgemäß zu den Lehrveranstaltungen bzw. Prüfungen zulassen.
Zu den Beschwerdegründen führte der Revisionswerber im Wesentlichen aus, er habe "massive Normbedenken" gegen die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides und wolle diese in einer Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG direkt an den Verfassungsgerichtshof herantragen; "auf diesem Weg" könne der VfGH von Amts wegen den Aufhebungsumfang und die Bedenken festlegen. Wenn der Revisionswerber seine Normbedenken schon in der Beschwerde substantiierte, dann bestünde die "Gefahr", dass das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet wäre, einen Aufhebungsantrag beim VfGH zu stellen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH sei ein Rechtsmittel, in dem bloß Normbedenken behauptet würden, nicht zurückzuweisen, sondern meritorisch zu entscheiden (Hinweis u. a. auf das Erkenntnis des VfGH vom 5. Oktober 1994, B 1282/93 = VfSlg. 13.901). Durch die Einführung der (nunmehr zweistufigen) Verwaltungsgerichtsbarkeit habe sich an der Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit nach Art. 144 B-VG grundsätzlich nichts geändert; die erwähnte Rechtsprechung des VfGH sei daher immer noch unverändert gültig.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. Juli 2014 wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG als unzulässig zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass zu den Inhaltserfordernissen einer Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG die "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt", gehörten; dieses Inhaltserfordernis umfasse jenes Vorbringen des Beschwerdeführers, aus dem sich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ableite (Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit, Unzuständigkeit).
Die vorliegende Beschwerde enthalte allerdings keine substantiierte Begründung, aus welchen konkreten Erwägungen der Revisionswerber die Entscheidung der belangten Behörde bekämpfe und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaube. Mit dem vagen Hinweis auf "massive Normbedenken" werde nicht annähernd dargetan, ob und in welcher Weise die Kognitionsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes auszuüben sei.
Eine Verbesserung des somit vorliegenden Mangels der Beschwerde komme nicht in Frage, weil die Beschwerde bewusst mangelhaft gestaltet worden sei; nach deren Wortlaut sei dem Revisionswerber nämlich bewusst gewesen, dass die Beschwerdebegründung nicht ausreichend substantiiert sei. Daher sei ohne Erteilung eines Verbesserungsauftrages sofort mit Zurückweisung vorzugehen.
Die Revision gegen diesen Beschluss ließ das Verwaltungsgericht zu, unter anderem weil es an einer Rechtsprechung zum notwendigen Inhalt einer Beschwerde gemäß § 9 VwGVG iVm § 27 VwGVG fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Verfahrens vorgelegt. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
1. Die für den vorliegenden Fall in den Blick zu nehmenden Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 133/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, lauten wie folgt:
"Inhalt der Beschwerde
§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
- 2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
- 3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
- 4. das Begehren und
- 5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
(...)
(3) Soweit bei Beschwerden gegen Bescheide gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG und gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG eine Verletzung des Beschwerdeführers in Rechten nicht in Betracht kommt, tritt an die Stelle der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, die Erklärung über den Umfang der Anfechtung.
(...)
Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
4. Abschnitt
Erkenntnisse und Beschlüsse
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(...)"
2. Die Revision ist aus den von den eingangs wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes angesprochenen Gründen zulässig. Sie ist allerdings nicht berechtigt:
2.1. Nach § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG hat eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht die "Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt", zu enthalten; das damit normierte Inhaltserfordernis bezieht sich auf jenes Vorbringen des Revisionswerbers, aus dem er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes (infolge Verfahrensfehler, materieller Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit) ableitet (vgl. etwa Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, K 10 zu § 9 VwGVG, und Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Anm. 8 zu § 9 VwGVG).
2.2. Der Revisionswerber weist in der Revision - wie bereits in seiner Beschwerde - zwar grundsätzlich zutreffend auf Rechtsprechung des VfGH hin, nach der die Behauptung, dass die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegende Gesetzesbestimmung verfassungswidrig sei, eine ausreichende Begründung der Berufung darstellt, weil sonst nie eine Beschwerde wegen behaupteter Anwendung verfassungswidriger Gesetze an den VfGH herangetragen werden könnte, ohne dass der Berufungswerber "zusätzlich eine bloße Scheinbegründung vorbringen müsste" (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Juni 1995, Zl. B 1741/94 = VfSlg. 14.105, mwN, sowie auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 63 Rz 83).
Ebenso hat der VfGH die Ausführung, dass die einem bekämpften Bescheid zugrunde liegende Verordnung gesetzwidrig sei, als ausreichende Begründung der Berufung im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG betrachtet. Dabei sprach der VfGH aus, die mit dem Rechtsmittel angestrebte Sachentscheidung diene dem Rechtsschutzinteresse der Berufungswerberin, könne diese doch erst gegen eine - wenn auch negativ ausfallende - letztinstanzliche Sachentscheidung Beschwerde an den VfGH erheben und darin die Gesetzwidrigkeit der Verordnung geltend machen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. September 1978, Zl. B 269/78 = VfSlg. 8380, sowie das Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, Zl. B 1282/93 = VfSlg. 13.901).
2.3. Diese vom Revisionswerber ins Treffen geführte Rechtsprechung betraf allerdings jeweils zweitinstanzliche Bescheide von Verwaltungsbehörden, denen nach Art. 140 Abs. 1 B-VG in der Fassung vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, - im Gegensatz etwa zu den unabhängigen Verwaltungssenaten - das Recht, einen Normprüfungsantrag an den VfGH zu stellen, nicht zukam.
Aufgrund Art. 140 Abs. 1 B-VG in der Fassung der genannten Novelle stellt sich die Rechtslage grundlegend anders dar: Die nunmehr zur Entscheidung über gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden erhobene Beschwerden berufenen Verwaltungsgerichte - wie etwa im vorliegenden Fall das Bundesverwaltungsgericht - sind zur Stellung von Gesetzesprüfungsanträgen an den VfGH in jedem Fall berufen und verpflichtet, in dem sie Bedenken gegen die Verfassungswidrigkeit eines von ihnen anzuwendenden Gesetzes haben. Macht eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht daher - wie hier - Bedenken gegen die Verfassungskonformität der Rechtsgrundlagen des bekämpften Bescheides geltend, so hat sie diese zumindest so weit auszuführen, dass dem Verwaltungsgericht eine Beurteilung dieser Bedenken mit Blick auf seine Befugnis nach Art. 140 Abs. 1 Z. 1 lit. a B-VG ermöglicht wird.
Da der Revisionswerber in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht seine "massiven Normbedenken" gegen die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegenden Bestimmungen in keiner Weise begründet hat, hat das Verwaltungsgericht diese Beschwerde zu Recht unter Hinweis auf das Erfordernis nach § 9 Abs. 1 Z. 3 VwGVG zurückgewiesen. Eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG bedurfte es in diesem Zusammenhang - entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung - angesichts des oben wiedergegebenen Inhaltes der Beschwerde nicht, hat der Revisionswerber darin doch klar zum Ausdruck gebracht, seine Normbedenken bewusst nicht näher darstellen zu wollen (vgl. etwa die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 13 Rz 27/1).
3. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2014
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