VwGH Ro 2014/03/0026

VwGHRo 2014/03/002630.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache 1. der N, und

2. des Dr. M S, beide in W, beide vertreten durch Dr. Georg Röhsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenats vom 11. Dezember 2013, Zl 611.813/0004-BKS/2013, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk in Wien, vertreten durch die Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3), den Beschluss gefasst:

Normen

ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs6;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z1;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z3;
ORF-G 2001 §4 Abs5;
ORF-G 2001 §4;
ORF-G 2001 §1 Abs3;
ORF-G 2001 §10 Abs5;
ORF-G 2001 §10 Abs6;
ORF-G 2001 §10 Abs7;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z1;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z2;
ORF-G 2001 §4 Abs5 Z3;
ORF-G 2001 §4 Abs5;
ORF-G 2001 §4;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Sachverhalt

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde im Instanzenzug die Berufung der revisionswerbenden Parteien wegen Verletzung des ORF-Gesetzes gemäß § 36 Abs 1 Z 1 lit a und c und § 4 Abs 5 sowie § 10 Abs 5 und 6 des ORF-Gesetzes, BGBl 379/1984 idF BGBl I Nr 169/2013 (ORF-G), iZm § 66 Abs 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Nach der Begründung dieses Bescheides behaupteten die revisionswerbenden Parteien eine Verletzung des Objektivitätsgebotes dahingehend, dass der mitbeteiligte ORF die revisionswerbenden Parteien im Rahmen der "Sonderberichterstattung im Vorfeld der Nationalratswahl" nicht ausreichend berücksichtigt habe.

Dabei ging die belangte Behörde insbesondere von folgendem unbestrittenen (bereits von der Erstbehörde festgehaltenen) Sachverhalt aus: Die mitbeteiligte Partei habe im Vorfeld der Nationalratswahl 2013 in ihren Rundfunkprogrammen und Online-Angeboten wie folgt über die Nationalratswahl und die wahlwerbenden Parteien bzw Spitzenkandidaten berichtet:

"'Sonder-Berichterstattung':

Im Zuge der Sendereihe 'TV-Konfrontationen' wurden 15 Aufeinandertreffen der jeweiligen Spitzenkandidaten der zum damaligen Zeitpunkt sechs im Nationalrat vertretenen Parteien (SPÖ, ÖVP, FPÖ, Die Grünen, BZÖ, Team Stronach) in Form von 'Zweier-Duellen' (Jede(r) gegen Jede(n)) im Hauptabendprogramm auf ORF 2 mit einer Dauer von je ca. 50 Minuten ausgestrahlt. Am 26.09.2013 wurde eine Konfrontation von drei Oppositionsparteien (FPÖ, Die Grünen, BZÖ; Dauer: ca. 105 Minuten) ausgestrahlt. Die Erstbeschwerdeführerin bzw. der Zweitbeschwerdeführer als deren Spitzenkandidat waren lediglich im Rahmen der 'Runde der Kleinstparteien' am Sonntag, dem 22.09.2013, am Sendeplatz der 'Pressestunde' um 11:05 Uhr in ORF 2 (Dauer ca. 55 Minuten) vertreten.

Im Zuge der Sendereihe 'Die Wahlfahrt' auf ORF eins im Spätabendprogramm wurden die sechs Spitzenkandidaten der genannten im Nationalrat vertretenen Parteien einen Tag lang im Wahlkampf begleitet (drei Sendungen mit je zwei Spitzenkandidaten; Dauer je ca. 45 Minuten).

Im Rahmen der Sendereihe 'Im Zentrum' fanden am 08.09.2013, 15.09.2013 und 22.09.2013 jeweils im Spätabendprogramm auf ORF 2 Diskussionsrunden mit Vertretern der genannten sechs Parteien statt (Dauer: ca. 60 bis 73 Minuten), bei denen u.a. wahlrelevante Themen und die entsprechenden Vorschläge der Parteien hierzu thematisiert wurden (Finanzkrise, Asylpolitik, EU-Politik, Steuerpolitik, Bildungspolitik).

Im Rahmen des Hörfunkprogramms Ö1 wurden in der Sendereihe 'Klartext Spezial' die genannten sechs Spitzenkandidaten vor Publikum im Ausmaß von je ca. 45 Minuten interviewt.

Sonstige Berichterstattung:

Der Beschwerdegegner strahlte in Bezug auf die Nationalratswahl in den regelmäßigen Ö1-Informationssendungen (Journale) rund 15 Beiträge mit direktem inhaltlichem Bezug zur Erstbeschwerdeführerin aus. In rund 20 Beiträgen kamen O-Töne von Vertretern der Erstbeschwerdeführerin zum Einsatz.

In den 'Zeit-im-Bild' Sendungen war die Erstbeschwerdeführerin u.a. am 02.08.2013, am 30.08.2013, am 14.09.2013, am 19.09.2013 und am 22.09.2013 Gegenstand der Berichterstattung. Der Zweitbeschwerdeführer war dabei einmal Studiogast in der ZIB 2 (02.08.2013) und einmal in der ZIB 24 (30.08.2013).

Am 10.09.2013 wurde in der Sendung Report ein ausführlicher Beitrag über jene wahlwerbenden Gruppen ausgestrahlt, die zu diesem Zeitpunkt nicht im Parlament vertreten waren. Im Rahmen dieses Beitrages wurde ein Interview mit Dr. H H, der von der Erstbeschwerdeführerin im Wahlkampf als potentieller Ministerkandidat präsentiert und propagiert wurde, geführt, in welchem dieser Gelegenheit hatte, die Ziele und Vorstellungen der Erstbeschwerdeführerin näher darzustellen (Dauer ca. 10 Minuten).

In den drei Sendungen des Parlamentsmagazins 'Hohes Haus' vor der Nationalratswahl (08.09.2013, 15.09.2013 und 22.09.2013) in ORF 2 war die Erstbeschwerdeführerin einmal Gegenstand eines Beitrages, wobei auch O-Töne des Zweitbeschwerdeführers und von Dr. H H eingesetzt wurden.

Im Online-Angebot des Beschwerdegegners auf ORF.at im Rahmen der Vorwahlberichterstattung war die Erstbeschwerdeführerin in 4 'Storypaketen' (mehrteilige Berichte mit Bild im Aufmacherbereich von ORF.at) Hauptinhalt der Berichterstattung; in 16 derartigen Berichten wurde sie zumindest erwähnt. Weiters war sie in 11 Kurzmeldungen Hauptgegenstand der Berichterstattung und wurde in weiteren 21 derartigen Kurzmeldungen erwähnt. Im Rahmen des Teilangebotes ORF.at/wahl13 hatte 1 Blogeintrag die Erstbeschwerdeführerin zum Hauptinhalt, in 5 weiteren wurde sie zumindest erwähnt; zudem widmeten sich 7 dort bereitgestellte Videobeiträge hauptinhaltlich der Erstbeschwerdeführerin und wurde diese in 4 weiteren zumindest erwähnt. Im Rahmen der neun Bundesländerseiten (niederösterreich.ORF.at, kaernten.ORF.at etc.) widmeten sich 37 Beiträge hauptinhaltlich der Erstbeschwerdeführerin und wurde diese in 36 weiteren Beiträgen zumindest erwähnt."

In rechtlicher Hinsicht wurde insbesondere festgehalten, dass sich schon die Erstbehörde mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien im Hinblick auf sämtliche Argumente nachvollziehbar auseinandergesetzt habe. Es sei (mit der Erstbehörde) davon auszugehen, dass das Abstellen auf die im Nationalrat in Klubstärke vertretenen Parteien im Zusammenhang mit der "Einladungspolitik" des mitbeteiligten ORF zu der in Rede stehenden Sonderberichterstattung objektivierbar und insofern nicht zu beanstanden sei. Wenn es den Parteien nach ihrer Berufung um "eine angemessene Berücksichtigung im relevanten Gesamtprogramm" und dabei aber offenbar ausschließlich um die angesprochene Sonderberichterstattung gehe, innerhalb derer allen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen eine angemessene Möglichkeit zukommen müsste, sich selbst darzustellen und ihre Argumente mit jenen der übrigen Parteien auszutauschen, werde offensichtlich darauf abgestellt, die sonstige Berichterstattung der mitbeteiligten Partei (zB in dessen Nachrichtensendungen) komplett aus der Betrachtung auszublenden. Für eine solche isolierte Sichtweise böten die Regelungen zum Objektivitätsgebot (§ 4 Abs 5 sowie § 10 Abs 5 und 6 ORG-G) aber keine Anhaltspunkte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der mitbeteiligte ORF für eine angemessene Berücksichtigung im Gesamtprogramm zu sorgen habe und den Revisionswerbern insoweit Gelegenheit einräumen müsse, die von ihnen vertretenen Inhalte zu präsentieren. Die von den Revisionswerbern vertretene einschränkende Sichtweise würde einen unzulässigen Eingriff in den journalistischen Gestaltungsspielraum der mitbeteiligten Partei bedeuten und ferner der Rechtsprechung, wonach kein Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung bestehe, zuwiderlaufen. Woraus die beschwerdeführenden Parteien ableiteten, dass im Sinne der Rechtsprechung die gegenständliche Sonderberichterstattung nicht einer einzelnen Sendung der mitbeteiligten Partei gleichzuhalten sei, könne nicht nachvollzogen werden. Ausweislich der Feststellungen zur "Sonstigen Berichterstattung" des mitbeteiligten ORF könne nicht davon die Rede sein, dass den revisionswerbenden Parteien keine adäquate Repräsentationsmöglichkeit im Rahmen der Programme und Angebote des ORF geboten worden sei.

2. Dagegen richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende, beim Verwaltungsgerichtshof am 12. Februar 2014 eingebrachte Revision mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Nach der Revision bestand die in Rede stehende "Sonderberichterstattung" aus:

1.1. § 4 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) lautet (auszugsweise):

"Verwaltungsgerichtshof

§ 4. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Wurde gegen einen solchen Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG.

...

(5) Die Revision gemäß den Abs. 1 bis 3 ist unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Die Revision gegen den Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung ist unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen. Eine solche Revision hat gesondert die Gründe zu enthalten, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen. Ob eine solche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, ist vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen. Für die Behandlung der Revision gelten die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann. Für Revisionen gegen Bescheide anderer als der im zweiten Satz genannten Verwaltungsbehörden gelten die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.

..."

1.2. Art 133 Abs 4 B-VG idF BGBl I Nr 51/2012 lautet:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

2. In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die belangte Behörde - eine Behörde gemäß Art 20 Abs 2 Z 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (vgl RV 471 BlgNR 24. GP , S 2) - hat in ihrer Entscheidung die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht verlassen, die im Revisionsschriftsatz diesbezüglich enthaltenen Ausführungen gegen den Bescheid der belangten Behörde erweisen sich als nicht zielführend.

Die gebotene objektive Berichterstattung durch den mitbeteiligten ORF verlangt (Objektivitätsgebot; vgl § 1 Abs 3 ORF-G), dass Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen objektiv ausgewählt und vermittelt werden (§ 4 Abs 5 Z 1 ORF-G), für die Allgemeinheit wesentliche Kommentare, Standpunkte und kritische Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen wiedergegeben und vermittelt werden (§ 4 Abs 5 Z 2 ORF-G), und eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen des ORF unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität erstellt werden (§ 4 Abs 5 Z 3 ORF-G). Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein, und es sind alle Nachrichten und Berichte sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen; Nachricht und Kommentar sind deutlich voneinander zu trennen (§ 10 Abs 5 ORF-G). Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten (§ 10 Abs 6 ORF-G) und es haben Kommentare, Analysen und Moderationen sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen (§ 10 Abs 7 ORF-G; vgl VwGH vom 23. Juni 2013, 2010/03/0009 (VwSlg 17.925 A/2010)).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der mitbeteiligte ORF zur Erfüllung des Auftrages zur umfassenden Information dafür Sorge zu tragen, dass die Vielfalt der Meinungen "in einem Programm in seiner Gesamtheit" zum Ausdruck kommt. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch einer Partei oder einer Intressensvertretung auf Präsenz in einer bestimmten Sendung. Entscheidend ist vielmehr, dass es insgesamt allen nennenswerten politischen Kräften möglich ist, ihre Meinungen darzulegen (vgl VwGH vom 24. Juli 2012, 2010/03/0073; VwGH vom 17. März 2011, 2011/03/0022; VwGH vom 23. Juni 2010, 2010/03/0009; VwGH vom 26. Juli 2007, 2006/04/0175; vgl auch VwGH vom 18. März 2009, 2005/04/0051, VwGH vom 15. September 2006, 2004/04/0074 (VwSlg 16.999 A/2006)).

Dem Österreichischen Rundfunk kommt demnach ein weiter Spielraum zu, nach welchen journalistischen Kriterien Diskussionsrunden zusammenzusetzen sind. Das Objektivitätsgebot und das Gebot zur Unparteilichkeit sind in diesem Zusammenhang vor allem über die sachlich begründete Auswahl des Kreises an Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Diskussionsrunde zu realisieren (VwGH vom 24. Juli 2012, 2010/03/0073).

Im Übrigen determiniert § 4 ORF-G nach der Rechtsprechung (vgl VwGH vom 21. Dezember 2012, 2009/03/0131, mwH) den Gestaltungsspielraum der mitbeteiligten Partei bei der Programmerstellung nicht durch Sendungsinhalte, die jedenfalls Programmbestandteil sein müssten; vielmehr wird durch die Anordnung, im Einzelnen genannte, unterschiedliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, (bloß) eine Richtschnur gegeben. Die Gesamtheit der Programme der mitbeteiligten Partei muss über einen längeren Zeitraum gesehen erkennen lassen, dass die erwähnten Zielsetzungen bei der Programmgestaltung maßgeblich waren, nicht aber müssen bestimmte Sendungsinhalte überhaupt oder in einem bestimmten Ausmaß angeboten werden. Eine Verpflichtung der mitbeteiligten Partei, bestimmte Sendungen bzw Sendungen mit bestimmten Inhalten in das Programm aufzunehmen, ist gerade nicht Inhalt des Programmauftrags.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen kann es nicht als unsachlich und damit als dem Objektivitätsgebot zuwiderlaufend angesehen werden, wenn die belangte Behörde im Zusammenhang mit der "Einladungspolitik" der mitbeteiligten Partei bezüglich der von der "Sonder-Berichterstattung" erfassten Sendungen auf die im Nationalrat in Klubstärke vertretenen Parteien abstellte. Dies vor dem Hintergrund, dass die Meinungen und Auffassungen der durch die revisionswerbenden Parteien repräsentierten politischen Kraft in der oben angeführten "sonstige(n) Berichterstattung" dargelegt werden konnten. Diesbezüglich wird in der Revision nicht konkret vorgebracht, dass die von dieser "sonstigen Berichterstattung" umfassten Sendungen diese Meinungen und Auffassungen nicht sachgerecht dargestellt hätten. Damit geht die Rüge fehl, es seien keine entsprechenden Vergleichswerte für andere wahlwerbenden Parteien festgelegt worden. Angesichts des unstrittigen Umfanges der "sonstigen Berichterstattung" gilt Gleiches für den Einwand, deren Sendungen seien insbesondere auf Grund der Sendezeiten in ihrer Reichweite nicht mit denen der Sonder-Berichterstattung vergleichbar. Dass ein im Nationalrat vertretener Klub keiner wahlwerbenden Partei entsprach, die sich schon einer Nationalratswahl gestellt hatte, vermag am Klubcharakter der zusammengeschlossenen, aus anderen wahlwerbenden Parteien hervorgegangenen Abgeordneten nichts zu ändern. Ebensowenig zielführend erweist sich auf dieser Grundlage schließlich der Revisionshinweis, dass die revisionswerbenden Parteien zum Zeitpunkt der Berichterstattung gute Chancen gehabt haben, in den Nationalrat einzuziehen. Damit kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, dass die belangte Behörde bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung einen Verstoß gegen die Gebote der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung sowie der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme festzustellen gehabt hätte.

III. Ergebnis

1. Die Übergangsrevision war daher von einem nach § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 4 Abs 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG zurückzuweisen.

2. Der Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG in ihrer bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 (vgl § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG).

Wien, am 30. Juni 2015

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