VwGH Ro 2014/02/0073

VwGHRo 2014/02/007325.7.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und den Hofrat Dr. Lehofer sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision 1. der H in W, sowie 2. der H GmbH in W, beide vertreten durch die Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Dezember 2013, Zlen. UVS- 03/P/60/2832/2013-14 und UVS-03/V/60/12728/2013, betreffend Übertretung der StVO, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
StVO 1960 §93 Abs2;
StVO 1960 §93 Abs5;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
StVO 1960 §93 Abs2;
StVO 1960 §93 Abs5;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Revision wird als unzulässig zurückgewiesen.

Die Revisionswerber haben dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 57,40 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 11. Februar 2013 wurde über die Erstrevisionswerberin als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der H GmbH wegen Übertretung des § 93 Abs. 2 iVm § 93 Abs. 5 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) eine Geldstrafe von EUR 72,- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Weiters wurde in diesem Straferkenntnis die Haftung der (zweitrevisionswerbenden) H GmbH über die verhängte Strafe zur ungeteilten Hand gemäß § 9 Abs. 7 VStG ausgesprochen.

2 Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien gab der von den Revisionswerbern dagegen erhobenen Berufung mit Bescheid vom 12. Dezember 2013 keine Folge und bestätigte das bekämpfte Straferkenntnis.

3 Die Zustellung des Berufungsbescheides an die Parteien des Verfahrens wurde am 17. Dezember 2013 veranlasst; am 21. Jänner 2014 langte der Bescheid bei den Rechtsvertretern der Revisionswerber ein.

4 § 2 Abs. 1 und 3 sowie § 4 Abs. 1, 2 und 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, lauten:

"§ 2. (1) Ist der Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates (...), dessen Zustellung vor dem Ablauf des 31. Dezember 2013 veranlasst worden ist, bis zum Ablauf dieses Tages nicht gültig zugestellt worden, so gilt dieser Bescheid dennoch gegenüber allen Parteien, denen gegenüber die Zustellung veranlasst worden ist, als zugestellt.

(...)

(3) Wird durch die Zustellung der Lauf einer Frist bestimmt, so beginnt diese Frist mit jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Bescheid gemäß den Bestimmungen des Zustellgesetzes - ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, als zugestellt gelten würde. Der Vollzug des Bescheides ist bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt. Tritt der im ersten Satz genannte Fall nicht bis zum Ablauf des 30. Juni 2014 ein, tritt der Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft.

(...)"

"§ 4. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. (...)

(2) Abs. 1 gilt in den Fällen des § 2 Abs. 1 mit der Maßgabe, dass die Revision innerhalb von sechs Wochen ab dem in § 2 Abs. 3 genannten Zeitpunkt erhoben werden kann.

(...)

(5) Die Revision gemäß den Abs. 1 bis 3 ist unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Die Revision gegen den Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde oder einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 2 oder 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung ist unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen. Eine solche Revision hat gesondert die Gründe zu enthalten, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen. Ob eine solche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, ist vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen. Für die Behandlung der Revision gelten die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann. Für Revisionen gegen Bescheide anderer als der im zweiten Satz genannten Verwaltungsbehörden gelten die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.

(...)"

5 Im vorliegenden Fall wurde die Revision gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. Dezember 2013, der gemäß § 2 Abs. 1 VwGbk-ÜG als zugestellt gilt und für den die Frist zur Erhebung der Revision gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 3 VwGbk-ÜG mit 21. Jänner 2014 begann, am 25. Februar 2014 zur Post gegeben. Sie ist daher rechtzeitig.

6 Die Revision gegen einen Bescheid einer unabhängigen Verwaltungsbehörde ist nach § 4 Abs. 5 leg. cit. unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, was vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen ist.

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (BGBl. I Nr. 51/2012) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 In der gegenständlichen "Revision gemäß § 131 Abs 1 B-VG" bringen die Revisionswerber zur Frage des Vorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, nach dem "neuen Revisionsprinzip" erscheine "gerade der gegenständliche Fall als für eine Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage von höchster Bedeutung", weil "die gegenständlich rechtliche unrichtige Entscheidung für zwei verschiedene bedeutende Gewerbezweige, nämlich sowohl die Kammer der Immobilien- und Vermögenstreuhänder, als auch für die Wirtschaftskammer Fachgruppe Verkehrsflächenreiniger eine elementare Rechtsfrage" kläre. Die belangte Behörde berufe sich in ihrer Entscheidung auf "zwei Kenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes", wende diese aber falsch an und ziehe unrichtige Schlüsse. Gleiches gelte für eine herangezogene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Die aus der angefochtenen Entscheidung zu ziehende Schlussfolgerung, jede übliche Bevollmächtigung einer Hausverwaltung beeinhalte gleichzeitig eine verwaltungsstrafrechtliche Übertragung der Verpflichtungen des § 93 Abs. 1 und 2 StVO im Sinne des § 93 Abs. 5 StVO, sei falsch und entspreche nicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1983, 83/02/0126, zeige, dass die Übertragung der genannten Pflichten immer nur zwischen dem Eigentümer und dem Winterdienstunternehmer erfolgen könne. "Um Rechtssicherheit sowohl für die Branche der Immobilien und Vermögenstreuhänder sowie für die Branche der Winterdienstunternehmer zu haben", sei es "wesentlich klarzustellen, dass im Sinne des Erkenntnisses 83/02/0126 klar" sei, "dass eine Vereinbarung zur Übertragung nach § 93 Abs 5 StVO nur zwischen dem Eigentümer und dem Empfänger der Verpflichtungen" möglich sei, "nicht aber eine weitere Übertragung an ein weiteres Unternehmen erfolgen" könne, was "auch für die Hausverwaltung" gelte. Da die gegenständliche Entscheidung eine Rechtsansicht vertrete, die "erheblich von den bisherigen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes" abweiche, und "zusätzlich noch eine Klarstellung einer Rechtsfrage darstelle, die für 2 wesentliche Branchen grundlegend und elementar" sei, erscheine die Revision "im Sinne des § 133 Abs 4 B-VG" zulässig.

9 Mit diesem Vorbringen wird für den vorliegenden Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgezeigt:

10 Für das Aufzeigen einer Rechtsfrage als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 27. Oktober 2014, Ro 2014/04/0061, vom 22. Juli 2014, Ro 2014/04/0055, und vom 24. Juni 2014, Ra 2014/05/0004, jeweils mwN).

Abgesehen davon, dass die Revisionswerber die von ihnen zitierte hg. Rechtsprechung unzutreffend auslegen, wenn sie meinen, diese sei so zu interpretieren, dass eine Übertragung der sich aus § 93 Abs. 1 bis 3 StVO ergebenden Pflichten gemäß § 93 Abs. 5 StVO regelmäßig nur zwischen dem Eigentümer und einem "Winterdienstunternehmen" erfolgen könne, verabsäumen sie es auch, in ihrer Zulässigkeitsbegründung auf den konkreten Fall abgestellt darzustellen, aus welchen Gründen das rechtliche Schicksal der gegenständlichen Revision von der dargestellten Frage abhängen sollte.

Die über allgemeine Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung hinausgehende - verfahrenswesentliche -

Darlegung, dass im konkreten Fall keine Übertragung der sich aus § 93 Abs. 2 StVO ergebenden Pflicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft an die H. GmbH erfolgt sei, und aus welchem Grund im Zusammenhang damit das rechtliche Schicksal der gegenständlichen Revision von der aufgeworfenen Rechtsfrage abhänge, wurde in den Zulässigkeitsausführungen gänzlich unterlassen; eine Verbindung zum konkreten Sachverhalt wurde nicht hergestellt.

Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen auf Grund von Revisionen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 20. Jänner 2016, Ra 2016/02/0004, mwN).

11 Der erkennende Senat hat daher beschlossen, die Revision gemäß § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk-ÜG als unzulässig zurückzuweisen.

12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, sowie in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Juli 2016

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