European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200186.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der aus Afghanistan stammende Revisionswerber stellte am 25. Juli 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Juni 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die vom Revisionswerber gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit Erkenntnis vom 10. Dezember 2020 als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 24. Februar 2021, E 259/2021‑5, ab und trat diese über gesonderten Antrag mit Beschluss vom 24. März 2021, E 259/2021‑7, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die vorliegende Revision eingebracht.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber wendet sich zur Begründung der Zulässigkeit der von ihm erhobenen Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sowie gegen dessen Annahme, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative.
9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 29.4.2021, Ra 2021/20/0126, mwN).
10 Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich und in nicht unschlüssiger Weise ‑ mag auch nicht ausnahmslos jedes Argument für sich genommen treffend sein ‑ mit dem Vorbringen des Revisionswerbers befasst. Dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts in ihrer Gesamtheit unvertretbar wären, vermag der Revisionswerber, der in erster Linie eigene beweiswürdigende Überlegungen anstellt, nicht aufzuzeigen. Darauf, dass auch ein anderer Sachverhalt hätte schlüssig begründet werden können, kommt es im Revisionsverfahren nach dem Gesagten nicht an.
11 Dem weiteren, auf der Richtigkeit des Vorbringens zu den Gründen einer etwaigen Verfolgung im Heimatland aufbauenden Revisionsvorbringen ist somit der Boden entzogen.
12 Soweit der Revisionswerber dem Verwaltungsgericht die Verletzung des Parteiengehörs vorwirft, ist festzuhalten, dass die von ihm angesprochene, im Beschwerdeverfahren vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgegebene Stellungnahme lediglich dessen beweiswürdigende und rechtliche Einschätzung enthält. Inwieweit dem behaupteten Verfahrensfehler eine Relevanz für das Verfahrensergebnis zukommen könnte, wird anhand der Ausführungen in der Revision nicht ersichtlich.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Frage der Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative letztlich eine Entscheidung im Einzelfall dar, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit zu treffen ist (vgl. etwa VwGH 26.4.2021, Ra 2021/20/0088, mwN).
14 Das Verwaltungsgericht hat sowohl zu den persönlichen Umständen des Revisionswerbers als auch zur Lage in Afghanistan im Allgemeinen sowie in den Provinzen Balkh und Herat und den Städten Mazar‑e Sharif und Herat im Besonderen hinreichende Feststellungen getroffen. Entgegen dem Vorbringen in der Revision hat das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung auf die fallbezogen entscheidungsrelevanten Umstände ‑ auch jene, die vom Revisionswerber angesprochen werden ‑ ausreichend Bedacht genommen. Anders als der Revisionswerber meint, kommt es fallbezogen auf die Frage, ob er von (nicht mit ihm verwandten) Angehörigen der Volksgruppe der „Sayed/Sadat“ eine Unterstützung erwarten dürfe, nicht entscheidungswesentlich an.
15 Dass die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Einklang stünde, ist nicht zu sehen. Der in der Revision erhobene, das Gegenteil behauptende Vorwurf trifft nicht zu.
16 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. Juni 2021
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