Normen
EStG 1988 §28
MRG §15a
MRG §16
UStG 1994 §12 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021130160.L00
Spruch:
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird hinsichtlich der Einkommensteuer 2011 zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich der Umsatzsteuer 2010 und 2011 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber erzielte nach Sanierung eines in seinem Eigentum befindlichen Gebäudes ab dem Jahr 2011 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Vermietung erfolgte sowohl an gewerbliche als auch an nicht gewerbliche Mieter. Ein Geschäftslokal sowie ein Lager wurden an eine GmbH, deren Gesellschafter der Revisionswerber, seine Tochter und deren Lebensgefährte waren, vermietet; eine der Wohnungen an den Lebensgefährten der Tochter.
2 Das Finanzamt erkannte die Mietverträge mit der GmbH und dem Lebensgefährten nicht an, weil die vereinbarten Mietzinsen im Vergleich zu den fremdvermieteten Wohnungen bzw. Büros eklatant niedriger seien und dem Fremdvergleich nicht standhalten würden. Die Vermietung sei bis dato verlustig. Der Vorsteuerabzug wurde daher im Ausmaß des auf diese vermieteten Räumlichkeiten entfallenden Teils nicht gewährt.
3 Der Revisionswerber erhob fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde). Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte es fest, dass es sich bei dem an die GmbH vermieteten Top 1 um ein 123 m² großes, straßenseitiges Geschäftslokal im Erdgeschoß handle. Der Mietvertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der vereinbarte monatliche Mietzins betrage 244,61 € netto. Kosten für die Liftbenützung fielen nicht an. Bei Top 2 handle es sich um ebenfalls im Erdgeschoß gelegene, als Lager genutzte Räumlichkeiten (87,02 m²). Die Mieterin habe im Jahr 2011 (Mietbeginn 1. Juli 2011) 1.680,52 € für Top 1 und 493,83 € für Top 2 an Nettomietzins entrichtet. Top 7 sei eine Wohnung, die sich im obersten von insgesamt drei Geschoßen (Dachgeschoß) befinde. Die Gesamtnutzfläche betrage 117,44 m², zuzüglich zwei Terrassen. 40 % der Räumlichkeiten wiesen eine Dachschräge auf. Die Wohnung werde zum Kategoriemietzins (Kategorie A) gemäß § 16 MRG von 381,68 € abzüglich eines 25 %igen Abschlags für die Befristung (somit 286,26 €) vermietet. Die Vermietung sei auf fünfzehn Jahre befristet. Der Mieter habe im Jahr 2011 (Mietbeginn 1. Oktober 2011) 892,15 € an Nettomietzins entrichtet, also monatlich durchschnittlich 297,38 €. Die drei Tops 1, 2 und 7 würden 40,26 % der Nutzfläche des gesamten Objekts umfassen. Dafür würden 3.066,50 €, das seien 16,56 % der gesamten Erträge, erzielt.
4 Die Mietverträge seien vergebührt worden und entsprächen im Übrigen in Form und Inhalt üblichen Mietverträgen. So seien der Mietgegenstand, die Indexierung des Mietzinses, der Verwendungszweck, der Mietbeginn und Regelungen über die Erhaltung, die Rückstellung und Versicherungen usw. mit eindeutigem, ausreichend detailliertem Inhalt darin enthalten. Top 3 (125,07 m²) befinde sich im ersten Obergeschoß genau unter der Wohnung Top 7. Top 3 sei als Büro an einen Rechtsanwalt um 5,55 € pro m² vermietet. Die Mieter der übrigen zu Wohnzwecken vermieteten Tops würden Quadratmeterpreise iHv 5,25 €; 6,03 €; 6,30 € bzw. 6,43 € zahlen. Die Mietverträge seien teilweise befristet. Abschläge für Befristungen seien dabei nicht erfolgt.
5 In der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesfinanzgericht aus, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen steuerlich dann anzuerkennen seien, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kämen (Publizität), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hätten und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. Gesellschaftsrechtliche Verflechtungen könnten gleichermaßen Nahebeziehungen entstehen lassen. Für die Anerkennung von Verträgen zwischen einer GmbH und einem Gesellschafter würden somit die gleichen Grundsätze wie für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gelten. Für den Fremdvergleich sei zu hinterfragen, ob der Vereinbarung ein angemessener Leistungsaustausch oder das Naheverhältnis zugrunde liege. Es sei ein Vergleich mit dem üblichen Verhalten einander fremd gegenüberstehender Personen bei vergleichbaren Leistungsbeziehungen anzustellen. Der Revisionswerber vermiete im gleichen Gebäude Mietobjekte an ihm fremde Personen, sodass ein direkter Vergleich der Mietverträge für den Fremdvergleich herangezogen werden könne. Die Mietverträge unterschieden sich dabei inhaltlich nicht. Dies treffe sowohl auf die zu gewerblichen Zwecken vermieteten Objekte, als auch auf die zu Wohnzwecken vermieteten zu. Die Miethöhen seien allerdings unterschiedlich, weil die der GmbH und dem Lebensgefährten vermieteten Objekte zu einem wesentlich niedrigeren Mietzins vernietet würden. Diese Mietverträge hielten daher einem Fremdvergleich nicht stand und könnten somit steuerlich nicht anerkannt werden.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht verkenne, dass die Höhe der vereinbarten Mieten nach §§ 15a und 16 MRG begrenzt sei. Zudem stünde die Judikatur des EuGH der Zugrundelegung einer fremdüblichen Marktmiete in der Umsatzsteuer entgegen. Als Revisionspunkt wird geltend gemacht, dass sich der Revisionswerber in seinem subjektiven Recht auf Vorsteuerabzug als Unternehmer gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 verletzt erachte.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Einleitung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, erwogen:
8 Die Revision ist teilweise zulässig und begründet.
Zu I.:
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. (vgl. VwGH 8.3.2022, Ra 2022/15/0021, mwN).
13 Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG obliegt es dem Verwaltungsgerichtshof nur, das angefochtene Erkenntnis u.a. im Rahmen des geltend gemachten Revisionspunktes zu überprüfen.
14 Die Revision enthält keinen die Einkommensteuer betreffenden Revisionspunkt, weshalb die Revision insoweit zurückzuweisen war.
II.:
15 Die Revision bringt hinsichtlich der an den Lebensgefährten vermieteten Wohnung vor, dass die Bestimmungen des MRG anwendbar seien und die verrechnete Miete der gesetzlichen Kategoriemiete entsprechen würde.
Das Bundesfinanzgericht hat zwar festgestellt, dass die Miete der Kategoriemiete nach dem MRG entspricht, diesem Umstand aber keine Bedeutung zugemessen, weil die den anderen Mietern in Rechnung gestellte Miete wesentlich höher gewesen sei und auch kein Befristungsabschlag verrechnet wurde.
16 Nach §§ 15a und 16 MRG sind für Wohnungen unter bestimmten Voraussetzungen Vereinbarungen über die Miete nur bis zu einer gesetzlich festgelegten Höhe zulässig. Das Bundesfinanzgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob die an den Lebensgefährten vermietete Wohnung (Dachgeschoßwohnung) den §§ 15a und 16 MRG unterliegt. Träfe es zu, dass das vom Revisionswerber vermietete Haus dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegt (und nicht etwa hinsichtlich der Wohnung Top 7 § 1 Abs. 4 Z 2 MRG zur Anwendung käme), dann durfte als Miete nur der nach § 15a iVm § 16 MRG angemessene Mietzins verrechnet werden. Eine derartige Miethöhe könnte auch dann nicht als fremdunüblich angesehen werden, wenn der Revisionswerber unter Verstoß gegen die Bestimmungen des MRG den anderen Mietern einen höheren Mietzins als den gesetzlich erlaubten in Rechnung gestellt oder gesetzwidrigerweise den Befristungsabschlag nicht zur Anwendung gebracht hat. Das ergibt sich schon daraus, dass jeder Mieter eine Überprüfung des Mietzinses bei Gericht beantragen kann und bei Obsiegen der jeweilige höchstzulässige Mietzins zur Anwendung kommt bzw. eine entsprechende Rückzahlung zu erfolgen hat.
17 Das Erkenntnis erweist sich schon deshalb prävalierend mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb es hinsichtlich der Umsatzsteuer gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. April 2023
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