Normen
AVG §37
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090020.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht den Revisionswerber, einen 1964 geborenen Exekutivbeamten, schuldig, seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2 sowie § 44 Beamten‑Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) dadurch gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt zu haben, dass er am 1. Oktober 2018 nach 19:00 Uhr einem ihm namentlich nicht bekannten männlichen Kollegen über dessen Ersuchen angeboten habe, er könne sich die Dienstwaffe eines derzeit auf Urlaub befindlichen Kollegen ausborgen, müsse diese jedoch verlässlich wieder zurückbringen, und verhängte über ihn hiefür gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 eine Geldstrafe in der Höhe von 6.000 Euro. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 26. Februar 2019, E 4284/2019‑14, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Wenn der Revisionswerber die Zulässigkeit seiner ‑ in der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhobenen ‑ außerordentlichen Revision unter diesem Gesichtspunkt mit dem Vorliegen eines Verfahrensmangels begründet, den er darin erblickt, dass die von ihm beantragten Einvernahmen eines namentlich nicht näher genannten, für die Dienstplanung zuständigen Beamten der Landespolizeidirektion X, hilfsweise des Polizeidirektors für X, nicht durchgeführt wurden, ist zunächst zu erwidern, dass die Zulässigkeit der Revision bei Geltendmachung eines Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision von der Lösung einer geltend gemachten Rechtsfrage tatsächlich abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für den Revisionswerber günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 9.1.2019, Ra 2018/17/0239, mwN). Im vorliegenden Fall gelingt es dem Revisionswerber in diesem Zusammenhang nicht, die Relevanz des Verfahrensmangels ausreichend aufzuzeigen. So wurden nach dem Akteninhalt im Strafverfahren nach den Angaben des Revisionswerbers die in Frage kommenden Polizisten ermittelt und dem Revisionswerber bei seiner Einvernahme am 24. Oktober 2018 Lichtbilder von diesen vorgelegt sowie in einem Fall auch eine Gegenüberstellung durchgeführt. Welche weiteren Ergebnisse die beantragten Einvernahmen hätten liefern können, zeigt die Revision in diesem Zusammenhang nicht auf.
6 Soweit der Revisionswerber die Zulässigkeit der Revision zusammengefasst ferner damit begründet, dass er die Dienstpflichtverletzung gar nicht begangen habe und dazu auf seine Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht verweist, bekämpft er im Ergebnis die zum festgestellten Sachverhalt führende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Der Verwaltungsgerichtshof ist aber als Rechtsinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend seiner Kontrolle unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen bzw. ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt wurden. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung daher nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 8.11.2016, Ra 2016/09/0097, mwN). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht zu erkennen und wird in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision auch nicht dargestellt.
7 Aus dem in diesem Zusammenhang vom Revisionswerber angesprochenen Umstand, dass er ‑ als Beschuldigter ‑ berechtigt sei, seine Verantwortung im Verfahren nach Belieben abzuändern, ist jedoch nicht abzuleiten, dass das Verwaltungsgericht den jeweils letzten Angaben des Disziplinarbeschuldigten zu folgen hätte. Vielmehr hat es die Angaben des Beschuldigten ‑ wie die anderen Beweismittel ‑ gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 2 AVG in freier Beweiswürdigung zu bewerten. Wenn das Verwaltungsgericht hier unter anderem darauf abstellte, dass die zeitlich früheren Aussagen des Revisionswerbers der Wahrheit am nächsten kämen, ist dies weder unschlüssig noch steht es mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch (vgl. VwGH 31.10.1991, 90/16/0176; siehe ferner VwGH 30.8.1991, 91/09/0084, zur Beweiswürdigung im Disziplinarverfahren).
8 Das weitere, unter Berufung auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erstattete Vorbringen, dass einfache „Entgleisungen“ oder unüberlegte Aussagen keine Dienstpflichtverletzungen darstellten und mündliche, wie auch schriftliche Darlegungen nicht „auf die Goldwaage gelegt werden“ dürften, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist schon deshalb nicht zielführend, weil dem gegenständlichen Fall keine solchen unpassenden Äußerungen im Kollegenkreis oder ein Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten aufgrund einer verständlichen Erregung zugrunde liegen.
9 Das behauptete „massive Organisationsverschulden der einschlägigen Polizeiverwaltungsstrukturen“, das zeitlich nach der dem Revisionswerber vorgeworfenen Dienstpflichtverletzung zum Diebstahl zweier Dienstwaffen aus Waffenkammern durch eine Reinigungskraft führte, ist nicht geeignet, das Verschulden des Revisionswerbers an der ihm angelasteten, zeitlich früheren Dienstpflichtverletzung zu mindern oder gar zu beseitigen.
10 Dem Revisionswerber wurde auch nicht ‑ wie er ferner ausführt ‑ bloß eine innere Bereitschaft ohne konkrete äußere Tatausführung vorgeworfen, geht der Vorwurf doch dahin, dass er einem ihm namentlich nicht bekannten Kollegen das Ausborgen der Dienstwaffe eines anderen Beamten tatsächlich angeboten hat, und nicht dazu nur (innerlich) bereit gewesen wäre.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren und gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG unter Absehung von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen war.
Wien, am 20. Mai 2020
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