VwGH Ra 2020/03/0079

VwGHRa 2020/03/007921.10.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger, die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer‑Kober als Richterin unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei Ö AG in W, vertreten durch Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 4. Mai 2020, Zl. LVwG‑AV‑174/001‑2019, betreffend die Kostentragung für die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich, mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde F, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:

Normen

DeregulierungsG 2001
EisenbahnG 1957 §48 Abs2
EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisenbahnG 1957 §48 Abs4
EisenbahnG 1957 §49
EisenbahnG 1957 §49 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030079.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Wien‑Rennweg ‑ Wolfsthal. Diese Eisenbahnstrecke kreuzt bei km 23,663 einen öffentlichen Güterweg der mitbeteiligten Partei (Stadtgemeinde F); für diese Kreuzung bestand zunächst nur eine Sicherung durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraums.

2 Mit (mündlich verkündetem) Bescheid vom 8. Juli 2013 ordnete der Landeshauptmann von Niederösterreich die Sicherung der Eisenbahnkreuzung durch Lichtzeichen mit Schranken an.

3 Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2016 stellte die revisionswerbende Partei bei der Landeshauptfrau von Niederösterreich einen Antrag nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG).

4 Darin brachte sie vor, die Lichtzeichenanlage mit Schranken sei mittlerweile neu errichtet und am 11. Juni 2015 in Betrieb genommen worden. Die Herstellungskosten der Anlage hätten EUR 546.672,56 betragen, die Erhaltungs‑ und Inbetriebhaltungskosten würden EUR 189.696,43 ausmachen. Verhandlungen über die Kostentragung mit der mitbeteiligten Partei als der Trägerin der Straßenbaulast des kreuzenden Weges hätten zu keiner Einigung geführt. Es werde daher beantragt, „der Landeshauptmann für Niederösterreich möge gemäß § 49 Abs. 2 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 bis 4 Eisenbahngesetz 1957 entscheiden, dass die Stadtgemeinde F als Träger der Straßenbaulast im Sinne von § 48 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung in km 23,663 zu tragen“ habe, „in eventu möge der Landeshauptmann für Niederösterreich entscheiden, in welchem Ausmaß die Gesamtkosten von den Verkehrsträgern ... zu tragen sind, in eventu möge der Landeshauptmann für Niederösterreich entscheiden, welche Kosten die Stadtgemeinde F als Träger der Straßenbaulast zu tragen“ habe.

5 Gegen diesen Antrag wandte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ein, ihr seien im Zuge der Verhandlungen mit der revisionswerbenden Partei über die Kostentragung vier verschieden hohe Beträge an Errichtungskosten genannt worden. Die Übermittlung von nachvollziehbaren Detailunterlagen sei unterblieben. Auch für die Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage seien keine entsprechenden Unterlagen zur Verfügung gestellt worden. Eine jährliche Vorschreibung dieser Kosten in einem Gesamtbetrag komme nicht in Betracht. Die mitbeteiligte Partei sei im Übrigen der Auffassung, dass ausschließlich Änderungen im Bahnbetrieb als Ursache für die Änderung der Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung anzunehmen seien. Die aufgetragene technische Sicherung der Anlage liege daher im ausschließlichen bzw. überwiegenden wirtschaftlichen Sonderinteresse der revisionswerbenden Partei. Es werde deshalb beantragt, die Landeshauptfrau von Niederösterreich möge entscheiden, dass die mitbeteiligte Partei keine Kosten für die technische Sicherung der Eisenbahnkreuzung übernehmen müsse. Sie möge feststellen, welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung bzw. der Errichtung der Sicherungseinrichtung und Instandhaltung der Sicherungsanlage der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung tatsächlich anfallen.

6 Mit Bescheid vom 7. Jänner 2019 setzte die Landeshauptfrau von Niederösterreich die mit der Errichtung der gegenständlichen Sicherungsanlage verbundenen Kosten mit insgesamt EUR 537.917,31 fest. Diese Kosten seien von der revisionswerbenden Partei und der mitbeteiligten Partei jeweils zur Hälfte zu tragen. Die mitbeteiligte Partei habe der revisionswerbenden Partei die Hälfte des festgesetzten Kostenbetrags, das seien EUR 268.958,65, binnen acht Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu zahlen (Spruchpunkt 1.). Die jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung durch Lichtzeichen mit Schranken würden mit EUR 7.587,86 und mit einem Barwert von EUR 189.696,43, gerechnet auf eine Betriebsdauer von 25 Jahren, festgesetzt. Die revisionswerbende Partei und die mitbeteiligte Partei hätten diese Kosten jeweils zur Hälfte zu tragen. Die mitbeteiligte Partei habe der revisionswerbenden Partei ab Rechtskraft des Bescheides jeweils bis zum 31. Jänner des Folgejahres jährlich EUR 3.793,93 zu zahlen (Spruchpunkt 2.).

7 Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die revisionswerbende Partei als auch die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Verwaltungsgericht Niederösterreich (VwG).

8 Die revisionswerbende Partei wandte sich ausschließlich gegen die Höhe der mit Spruchpunkt 2. des verwaltungsbehördlichen Bescheids festgesetzten jährlichen Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung. Sie strebte eine Änderung der festgesetzten Kosten dahingehend an, dass diese mit EUR 8.500,‑ ‑ und einem Barwert von EUR 189.696,43 festgelegt würden und von der mitbeteiligten Partei in Form einer Einmalzahlung von EUR 94.848,21 zu leisten seien; in eventu möge eine jährliche Zahlung von EUR 4.250,‑ ‑ (indexiert) festgelegt werden.

9 Die mitbeteiligte Partei bekämpfte den verwaltungsbehördlichen Bescheid zur Gänze. Sie machte zusammengefasst geltend, dass die Landeshauptfrau von Niederösterreich hinsichtlich der Kostenteilungsmasse jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen habe; Nachweise für die behaupteten Kosten der revisionswerbenden Partei seien nicht verlangt worden. Bereits die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts sei daher mangelhaft erfolgt. Mit dem Sicherungsbescheid sei außerdem eine Sicherungsart vorgeschrieben worden, die aus technischer Sicht ‑ wie näher ausgeführt wurde ‑ nicht notwendig erscheine, weshalb die mitbeteiligte Partei für die aufgelaufenen Kosten auch nicht einstehen müsse. Die gesetzlichen Aufteilungskriterien seien überdies falsch angewandt worden. Bei richtiger Anwendung hätte der Anteil der mitbeteiligten Partei an den Kosten nur zwischen 0 % und maximal 4 % betragen dürfen.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis änderte das VwG den verwaltungsbehördlichen Bescheid dahingehend ab, dass die Anträge der mitbeteiligten Partei als verspätet bzw. unzulässig zurückgewiesen würden und die mitbeteiligte Partei die Kosten für die Errichtung, Erhaltung und Inbetriebhaltung der gegenständlichen Sicherung der Eisenbahnkreuzung zur Hälfte zu tragen habe. Sämtliche Aussprüche über die Höhe der zu tragenden Kosten sowie über Zahlungsverpflichtungen hätten hingegen ersatzlos zu entfallen. Im Übrigen wies das VwG die Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

11 Begründend führte das VwG ‑ soweit dies für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist ‑ aus, der Hauptantrag der revisionswerbenden Partei sei lediglich darauf gerichtet gewesen, die mitbeteiligte Partei zur Tragung der Hälfte der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung zu verpflichten. Er habe kein Begehren auf eine Entscheidung über die Höhe der Kosten enthalten (ein solches finde sich erst im zweiten Eventualantrag). Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ro 2018/03/0050, zu einem Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG ausgesprochen, dass sich dieser auch auf ein Begehren bloß über die prozentuelle Aufteilung der Kosten beschränken könne. Davon sei auch bei einem ‑ wie hier ‑ auf § 48 Abs. 2 EisbG gestützten Antrag auszugehen. Der Hauptantrag der revisionswerbenden Partei sei daher zulässig und, wie näher erläutert wird, inhaltlich berechtigt gewesen. Bei diesem Ergebnis hätte die Landeshauptfrau von Niederösterreich auf die Eventualanträge der revisionswerbenden Partei nicht mehr einzugehen gehabt. Die belangte Behörde vor dem VwG habe durch die Entscheidung über die Höhe der Kosten und die auferlegten Zahlungsverpflichtungen den durch den Hauptantrag der revisionswerbenden Parteien bestimmten Verfahrensgegenstand überschritten, weshalb diese Teile des verwaltungsbehördlichen Spruches ersatzlos zu beheben gewesen seien.

12 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit und in der Sache geltend macht, das angefochtene Erkenntnis widerspreche dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 2019, Ro 2018/03/0050, wonach die Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 2 bis 4 iVm § 49 Abs. 2 EisbG grundsätzlich sowohl die betragsmäßige Feststellung der Kosten als auch deren Aufteilung umfasse. Zudem widerspreche das angefochtene Erkenntnis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum objektiven Erklärungswert von Parteienerklärungen, zumal der objektive Erklärungswert des Antrags der revisionswerbenden Partei nur dahingehend verstanden werden konnte, dass natürlich auch die betragsmäßige Feststellung der Kosten selbst beantragt worden sei und nicht bloß deren prozentuelle Aufteilung zwischen der Trägerin der Straßenbaulast und dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Eine Entscheidung nur über die prozentuelle Aufteilung der Kosten sei demgegenüber zweckfremd und untunlich gewesen, weil die Kosten für die Errichtung bzw. Erhaltung und Inbetriebhaltung zwischen den Parteien nicht unstrittig gewesen seien und mit der prozentuellen Aufteilung der Kosten allein keiner Partei geholfen gewesen sei.

13 Die mitbeteiligte Partei erstattete zu dieser Revision eine Revisionsbeantwortung, in der die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Revision beantragt wurde.

14 Die belangte Behörde vor dem VwG erstattete keine Revisionsbeantwortung.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Die Revision ist zulässig und begründet.

17 Gemäß § 49 Abs. 2 EisbG kommen nach einer behördlichen Festlegung der Sicherung einer Eisenbahnkreuzung im Einzelfall die Bestimmungen über die Kostentragung nach § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG sinngemäß zur Anwendung.

18 Dabei steht seit dem Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 151/2001, eine einvernehmliche Regelung der Kostentragung im Vordergrund (§ 48 Abs. 2 erster Satz EisbG). Mangels Erreichung einer einvernehmlichen Lösung sieht § 48 Abs. 2 EisbG grundsätzlich vor, dass (ex lege) die Kosten je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen sind, wobei davon abweichend bestimmte Auflassungskosten dem Eisenbahnunternehmen zur Gänze zugeordnet werden.

19 Allerdings kann im Einzelfall eine behördliche Entscheidung nach § 48 Abs. 3 EisbG über eine andere Kostenteilung bzw. Kostentragung beantragt werden. § 48 Abs. 3 EisbG sieht unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde in einem Verwaltungsverfahren über die Kostentragung vor, wobei sowohl das Ausmaß der relevanten Kosten sowie deren Aufteilung auf das Eisenbahnunternehmen und einen Träger der Straßenbaulast festzulegen sind.

20 Für den Anwendungsbereich des § 49 EisbG bedeutet das, dass von der Behörde der Umfang der Kosten für die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung festzulegen und die Tragung dieser Kosten auf das Eisenbahnunternehmen und einen Träger der Straßenbaulast nach den in § 48 Abs. 3 EisbG normierten Kriterien aufzuteilen ist (vgl. etwa VwGH 18.2.2015, Ro 2014/03/0077).

21 Der Verwaltungsgerichtshof hat überdies klargestellt, dass sich der Antrag nach § 48 Abs. 3 EisbG auch darauf beschränken kann, dass das Verwaltungsgericht bzw. die Verwaltungsbehörde bloß über die (prozentuelle) Aufteilung der Kosten, nicht aber über die (zwischen den Parteien unstrittige) Höhe der Kosten entscheiden möge; dies vor dem Hintergrund, dass durch das Deregulierungsgesetz 2001 für das Verfahren nach § 48 Abs. 3 EisbG der Primat der vertraglichen Vereinbarung festgelegt worden ist (vgl. VwGH 21.5.2019, Ro 2018/03/0050).

22 Im vorliegenden Verfahren argumentiert das VwG, der Hauptantrag der revisionswerbenden Partei sei bloß auf die (prozentuelle) Festlegung eines Anteils von 50 % gerichtet gewesen, zu dem die mitbeteiligte Partei die Kosten übernehmen sollte. Der Hauptantrag habe jedoch nicht darauf abgezielt, auch den Umfang der aufzuteilenden Kosten festzusetzen. Einen solchen Antrag habe die revisionswerbende Partei erst mit ihrem zweiten Eventualantrag gestellt, auf den wegen Stattgabe des Hauptantrags aber nicht mehr einzugehen gewesen sei.

23 Zu Recht macht die Revision geltend, dass das VwG mit dieser Auslegung der Anträge der revisionswerbenden Partei von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen ist:

24 Zunächst ist festzuhalten, dass es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesen erkenn‑ und erschließbare Ziel des Einschreiters ankommt; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen im Sinne des § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist. Wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 in Verbindung mit § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern.

25 Bei der Auslegung nach dem objektiven Erklärungswert kommt es darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Im Zweifel muss davon ausgegangen werden, dass eine Partei nicht einen von vornherein sinnlosen Antrag stellt (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 2.10.2019, Ra 2019/12/0040, mwN).

26 Die revisionswerbende Partei leitete das gegenständliche Verfahren durch einen Haupt‑ und zwei Eventualanträge ein, in denen sie vorrangig anstrebte, die mitbeteiligte Partei zu 50 % der Kosten für die Errichtung, Erhaltung und Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzung zu verpflichten.

27 Die Deutung des Hauptantrags durch das VwG, der revisionswerbenden Partei sei es fallbezogen lediglich um eine Festlegung des prozentuellen Aufteilungsschlüssels im Ausmaß von 50 % gegangen, scheitert aus mehreren Gründen: Zum einen war der Hauptantrag seinem Wortlaut nach nicht explizit auf die Festlegung des Aufteilungsschlüssels beschränkt. Er zielte vielmehr darauf ab, eine behördliche Festsetzung der Kostentragung von „50 % der Kosten“ zu erwirken. Im Sinne der zuvor dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung ging es also darum, sowohl das Ausmaß der relevanten Kosten als auch deren Aufteilung auf das Eisenbahnunternehmen und die Trägerin der Straßenbaulast (laut Hauptantrag im Verhältnis 50:50) festzulegen. Zum anderen war nach dem gesamten Vorbringen der Parteien im Verfahren klar und eindeutig, dass die Parteien gerade auch über den Umfang der relevanten Kosten keine Einigung erzielt hatten. Von der Höhe nach unstrittigen Kosten, die nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen eingeschränkten Antrag auf bloße Festlegung der Aufteilungsschlüssel ermöglicht hätten, konnte im vorliegenden Fall daher nicht ausgegangen werden.

28 Das VwG unterstellt den Anträgen der revisionswerbenden Partei auch einen von vornherein sinnlosen Inhalt, wenn es bei der genannten Ausgangslage davon spricht, dass es der revisionswerbenden Partei (vorrangig) nur um die Festlegung des Aufteilungsschlüssels gegangen sei. Zu Recht weist die revisionswerbende Partei darauf hin, dass mit dieser Vorgangsweise die nach der Aktenlage offenkundige Uneinigkeit der Parteien über Umfang und Aufteilung der Kosten nicht vollständig bereinigt worden wäre.

29 Die Anträge der revisionswerbenden Partei wären bei verständiger Würdigung des Wortlauts und ihres Zwecks vielmehr dahingehend zu lesen gewesen, dass die revisionswerbende Partei in jedem Fall die Klärung des Umfangs der relevanten Kosten angestrebt hatte und die weitere Gliederung der Anträge in Haupt‑ und Eventualanträge sich nur darauf bezog, in welchem Ausmaß diese Kosten von der mitbeteiligten Partei zu tragen sind (primär wurde eine Übernahme von 50 % der Kosten angestrebt, hilfsweise die Übernahme eines anderen Anteils [1. Eventualantrag] oder eines näher zu bezeichnenden Kostenbetrags [2. Eventualantrag]).

30 Dass das VwG seine gegenteilige (überraschende) Rechtsansicht, die im angefochtenen Erkenntnis mündete, mit den Parteien zu keinem Zeitpunkt erörterte und insofern der revisionswerbenden Partei entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch keine Möglichkeit einräumte, ihre Anträge allenfalls weiter zu präzisieren, sei nur ergänzend angemerkt.

31 Das VwG hat somit die von der revisionswerbenden Partei gestellten Anträge fehlerhaft ausgelegt und dadurch sein Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

32 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

33 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.

34 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 21. Oktober 2020

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