Normen
B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §82 Abs8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020082.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24. Jänner 2019 wurde der Revisionswerber mit drei Spruchpunkten dreier Übertretungen an einem näher umschriebenen Ort am 18. Juli 2018 schuldig erachtet: Zu Spruchpunkt 1. wurde ihm wegen Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO angelastet; zu Spruchpunkt 2. wurde ihm angelastet, mehr als einen in einem EWR‑Staat ausgestellten Führerschein zu besitzen und diesen nicht der Behörde abgeliefert zu haben, obwohl eine solche Person alle bis auf den zuletzt ausgestellten Führerschein bei der Behörde abzuliefern habe, weshalb er eine Übertretung des § 37 Abs. 1 iVm. § 14 Abs. 7 FSG zu verantworten habe. Mit Spruchpunkt 3. wurde ihm angelastet, als Benutzer eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen dieses länger als ein Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich verwendet zu haben, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem dauernd verwendet würden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen seien. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG sei nur während eines Monats ab ihrer erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Das KFZ sei am 6. Dezember 2017 erstmalig nach Österreich eingebracht worden; der Revisionswerber habe seinen Hauptwohnsitz in Österreich und das KFZ am Tatort verwendet und daher § 82 Abs. 8 zweiter Satz KFG übertreten.
2 Die belangte Behörde verhängte wegen dieser Übertretungen eine Geldstrafe von € 200,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage 18 Stunden) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO, eine Geldstrafe von € 110,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage 2 Stunden) gemäß § 37 Abs. 1 KFG sowie eine Geldstrafe von € 220,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag 20 Stunden) gemäß § 134 KFG und verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung dreier mündlicher Verhandlungen vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) abgewiesen und der Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet. Das LVwG änderte den Spruch des Straferkenntnisses zu Spruchpunkt 3. dahingehend, dass das KFZ erstmals am 30. Jänner 2018 nach Österreich eingebracht und vom Revisionswerber am 18. Juli 2018 in Österreich verwendet worden sei. Zu Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses sprach das LVwG aus, dass eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig sei; zu den Punkten 2. Und 3. des Straferkenntnisses sei eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig.
4 Das LVwG führte aus, der Revisionswerber habe das näher bezeichnete KFZ am 18. Juli 2018 am Tatort gelenkt. Das Fahrzeug sei auf eine GmbH & Co KG mit Sitz in Deutschland seit 6. Dezember 2017 zugelassen. Die Frau des Revisionswerbers sei Geschäftsführerin einer KG, die mit der deutschen Gesellschaft geschäftliche Verbindungen unterhalte, insbesondere was den Ankauf von teuren Fahrzeugen betreffe. Der Revisionswerber arbeite schon länger mit der deutschen Gesellschaft zusammen und betreibe einen näher bezeichneten TV-Sender in Serbien, wobei sich die Zentrale in Wien befinde und die Produktion in Serbien. Auf dem Fahrzeug habe sich eine österreichische Jahresvignette befunden. Es habe keinen Mietvertrag zwischen der deutschen GmbH & Co KG mit dem Revisionswerber gegeben, eine Vollmacht für die Fahrt am 18. Juli 2018 habe der Revisionswerber nicht mitgeführt; eine entsprechende Vollmacht für den Zeitraum 13. bis 22. Juli 2018, die er mit dem Einspruch vorgelegt habe, habe er auf der Fahrt nicht mitgeführt; vielmehr habe er eine allgemeine Vollmacht für die Benutzung des Fahrzeuges vorgelegt. Der Revisionswerber sei seit 13. Jänner 2004 in Wien hauptwohnsitzgemeldet; die Familie sei zwar viel auf Reisen, komme aber immer wieder in Wien bzw. Österreich zusammen. Das Fahrzeug sei seit 2018 regelmäßig in Wien und am 30. Jänner 2018 nach Österreich eingebracht worden. Die Tatsache, dass das Fahrzeug seit Dezember 2017 mit einem Wunschkennzeichen angemeldet sei, das auf den TV-Sender des Revisionswerbers Bezug nehme, spreche für den Revisionswerber als Verwender; er habe auch eine Vollmacht mitgeführt, die ihn ohne zeitliche Einschränkung berechtigt habe, das Fahrzeug im In‑ und Ausland zu fahren. Die erstmalige Einbringung nach Österreich ergebe sich aus einer Anzeige der Parkraumüberwachung in Wien. Es sei unglaubhaft, dass der Revisionswerber das Fahrzeug angesichts des Fehlens eines Mietvertrages, des Wunschkennzeichens und der unbeschränkten Vollmacht zur Nutzung nicht regelmäßig verwende. Der Revisionswerber hätte zur Erbringung des Gegenbeweises ein Fahrtenbuch, Kaufanfragen für das Fahrzeug oder andere Mietverträge für das Fahrzeug vorlegen können. Das Beweisverfahren habe jedoch keinen Hinweis auf einen anderen Verwender als den Revisionswerber ergeben. Das Fahrzeug sei nach den Berichten der Verkehrsüberwachung regelmäßig in Wien verwendet worden und habe eine österreichische Jahresvignette gehabt. Das LVwG erläuterte auch seine Überlegungen zu den anderen beiden Spruchpunkten des Straferkenntnisses sowie zur Strafbemessung hinsichtlich der drei Übertretungen.
5 Ausdrücklich gegen die Abweisung der Beschwerde zu den Spruchpunkten 2. und 3. des Straferkenntnisses der belangten Behörde durch das LVwG richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Das vom Revisionswerber angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde enthielt den Vorwurf, drei verschiedene Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, mithin drei voneinander unabhängige Spruchpunkte. Mit der Abweisung der Beschwerde des Revisionswerbers gegen alle drei Spruchpunkte des Straferkenntnisses übernahm das LVwG den Spruch des mit der Beschwerde bekämpften Straferkenntnisses der belangten Behörde. Durch die Übernahme dieser Spruchpunkte hat auch das LVwG getrennte Absprüche getroffen (vgl. VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109).
7 Liegen ‑ wie hier ‑ trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022).
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil § 82 Abs. 8 KFG mit BGBl. I Nr. 26/2014 geändert worden sei. Das LVwG führe in seiner rechtlichen Begründung jedoch Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes an, die Sachverhalte vor dieser Gesetzesänderung betroffen hätten, sodass sich die Frage stelle, ob diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weiter angewendet werden könne. Das LVwG stelle anhand der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 21.11.2012, 2010/16/0254; VwGH 24.2.2011, 2011/16/0021) allein darauf ab, wann das Fahrzeug erstmals nach Österreich eingebracht worden sei und gehe davon aus, dass es auf die Person, welche das Fahrzeug verwende, nicht ankomme. Damit übersehe das LVwG, dass vor der Gesetzesänderung die Frist des § 82 Abs. 8 KFG neu zu laufen begonnen habe, weshalb allein auf die Verwendung des Fahrzeuges habe abgestellt werden können. Bei der weiteren Anwendung der Judikatur entstünden Härtefälle, weil jede Person, welche ein Fahrzeug nach der erstmaligen Einbringung ins Bundesgebiet verwende, sich einer Übertretung schuldig mache. Das LVwG habe nicht berücksichtigt, dass das Fahrzeug erst kurz vor der Kontrolle in das Bundesgebiet eingebracht worden sei, weshalb keine durchgängige Verwendung vorliege. Ein Mietwagenunternehmer könne dann etwa ein Fahrzeug nicht mehr an eine Person vermieten, wenn das betreffende Fahrzeug bereits zuvor von einer anderen Person in das Bundesgebiet eingebracht worden sei. Auch im vorliegenden Fall liege ein Härtefall vor, wie in den Revisionsgründen zu zeigen sein werde. Es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor, inwieweit die bereits ergangene Rechtsprechung auf die neue Bestimmung angewendet werden könne. Es sei die Frage zu klären, ob auch nach der neuen Bestimmung lediglich auf die Verwendung des Fahrzeuges im Inland ohne Bezug auf die Person abzustellen sei.
12 Darüber hinaus gehe das LVwG von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil es nicht feststelle, von wem das Fahrzeug nach Österreich eingebracht worden sei und wie lange es von wem verwendet worden sei. Werde das Fahrzeug von einer Person ohne Hauptwohnsitz in Österreich verwendet, seien die Voraussetzungen des § 82 Abs. 8 KFG nicht erfüllt. Der Revisionswerber habe den Gegenbeweis erbracht, dass das Fahrzeug auf ein deutsches Unternehmen angemeldet und er aus dem Ausland eingereist sei.
13 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt:
14 Die vorliegende Revision bekämpft das angefochtene Erkenntnis zwar ausdrücklich „hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3“, enthält aber hinsichtlich der Bestätigung des Spruchpunktes 2. des Straferkenntnisses der belangten Behörde durch das LVwG kein Vorbringen. Da diesbezüglich kein Vorbringen erstattet und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird, war die Revision ‑ soweit sie sich gegen die den Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses bestätigende Abweisung durch das LVwG richtet ‑ als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es eines Mängelbehebungsauftrages bedurft hätte (vgl. VwGH 21.2.2018, Ra 2018/17/0012, mwN).
15 Zum Zulässigkeitsvorbringen zu Spruchpunkt 3.:
16 Diesbezüglich ist auszuführen, dass das Schicksal der Revision nicht von den vom Revisionswerber formulierten Rechtsfragen abhängt und sich das Vorbringen überdies vom festgestellten Sachverhalt entfernt: Das LVwG geht nämlich ‑ anders als der Revisionswerber vorbringt ‑ in seiner Begründung sehr wohl davon aus, dass der Revisionswerber aufgrund näherer Überlegungen als (dauernder) Verwender des Fahrzeuges anzusehen ist; das Beweisverfahren habe nach den Ausführungen des LVwG „keine Hinweise auf einen anderen Verwender als den [Revisionswerber] ergeben“. Das LVwG ist darüber hinaus mit näherer Begründung dem Vorbringen des Revisionswerbers, er habe das Fahrzeug erstmals am Tattag in das Bundesgebiet eingebracht, nicht gefolgt und hat auch eine explizite, auf einer begründeten Beweiswürdigung beruhende Feststellung zur erstmaligen Einbringung in das Bundesgebiet getroffen. Das gegenteilige Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision entfernt sich daher vom festgestellten Sachverhalt (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision in einem solchen Fall z.B. VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0201, 0202).
17 Soweit das Vorbringen des Revisionswerbers dahingehend zu verstehen sein sollte, dass damit die Beweiswürdigung des LVwG bemängelt wird, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof als reine Rechtsinstanz tätig ist; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge daher insgesamt nur vor, wenn das LVwG die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. nochmals VwGH 29.4.2019, Ra 2019/17/0024‑0026, mwN). Das LVwG hat im vorliegenden Fall nach Durchführung dreier mündlicher Verhandlungen konkret begründet, warum es davon ausgeht, dass der Revisionswerber Verwender des Fahrzeuges ist und wann es erstmals in das Bundesgebiet eingebracht wurde. Dass das LVwG seine Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte, wird vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 27. Mai 2020
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