VwGH Ra 2019/20/0172

VwGHRa 2019/20/017229.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des N A in W, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 2019, L508 1434790-6/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200172.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte am 11. April 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2 Der diesen Antrag abweisende und die Erlassung einer Ausweisung aussprechende Bescheid des (damals zuständigen) Bundesasylamtes vom 19. April 2013 wurde mit Erkenntnis des (damaligen) Asylgerichtshofes vom 15. Mai 2013 behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.

3 Das Bundesasylamt wies den Antrag des Revisionswerbers mit dem im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid vom 18. Oktober 2013 neuerlich ab und sprach unter einem aus, dass der Revisionswerber nach Pakistan ausgewiesen werde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. Dezember 2013 als unbegründet ab.

4 Am 11. Jänner 2015 stellte der Revisionswerber neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz.

5 Sowohl der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23. Jänner 2017, mit welchem der Antrag wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen wurde, als auch der Bescheid des BFA vom 7. Februar 2018, mit dem der Antrag abgewiesen wurde, wurden vom Bundesverwaltungsgericht mit den Beschlüssen vom 21. März 2017 und vom 20. Juni 2018 behoben und jeweils die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. 6 Mit Bescheid vom 21. November 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den im Jänner 2015 gestellten Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Pakistan zulässig sei. Es wurde keine Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

7 Nachdem das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss vom 10. Jänner 2019 zuerkannt hatte, wies es die Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Ausnahme des Ausspruches, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt wurde - als unbegründet ab, legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest und wies den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach §§ 55, 56 AsylG 2005 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zurück. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 11.2.2019, Ra 2019/20/0031 bis 0034, mwN).

12 Den genannten Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht gerecht. 13 In der Revision wird zusammengefasst der Sache nach vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil zu Unrecht von der Durchführung einer Verhandlung Abstand genommen worden sei, die Beweiswürdigung fehlerhaft vorgenommen worden sei sowie Ermittlungsmängel vorlägen und die rechtliche Beurteilung im Zusammenhang mit der nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorzunehmenden Interessenabwägung nicht dem Gesetz entspräche, weshalb auch der begehrte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen wäre. 14 Soweit der Revisionswerber die unrichtige Anwendung von Rechtsbegriffen behauptet und sich mit seinem Vorbringen in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts wendet, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 28.3.2019, Ra 2019/14/0106, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht aufgezeigt.

15 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt (bezogen auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0107, mwN). Dem kommt die Revision - mit Ausnahme des Vorbringens, es hätte festgestellt werden müssen, dass seine Schwester rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei (siehe dazu sogleich) - nicht nach.

16 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, mwN).

17 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Abwägung des Bundesverwaltungsgerichts unvertretbar erfolgt wäre. Das trifft selbst dann zu, wenn das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hätte, dass - wie der Revisionswerber behauptet - seine Schwester im Bundesgebiet lebe, zumal er nicht dartut, dass zwischen ihnen ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde (vgl. dazu etwa VwGH 5.12.2017, Ra 2017/20/0431, mwN). Somit zeigt die Revision schon die Relevanz des behaupteten Feststellungsmangels nicht auf. Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass der Revisionswerber in seiner Vernehmung am 4. Oktober 2018 gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angegeben hat, in Österreich über keine familiäre Bindungen zu verfügen. Die daraufhin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid getroffenen und auf diese Angaben gegründeten Feststellungen hat der Revisionswerber in der an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerde nicht bestritten. Sohin stellt sich zufolge § 41 VwGG das Vorbringen zur in Österreich lebenden Schwester auch als im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung dar.

18 Soweit sich die Revision schließlich auf das Unterbleiben der Verhandlung bezieht, vermag sie nicht darzulegen, weshalb die Kriterien für die Abstandnahme von der Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-VG (vgl. dazu ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018) nicht gegeben gewesen wären. 19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. April 2019

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