Normen
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019190076.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 12. April 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, sie habe bei der Vorbereitung eines Gottesdienstes einem Pastor geholfen, der ein Gegner des amtierenden Präsidenten ihres Herkunftsstaates gewesen sei. Sie sei deshalb festgehalten und geschlagen worden.
2 Mit Bescheid vom 29. Juni 2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerberin zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit einer Maßgabe als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Mit Beschluss vom 23. September 2019, E 2355/2019-9, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde der Revisionswerberin ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe sich mit dem konkreten Fluchtvorbringen der Revisionswerberin nicht auseinandergesetzt, keine Ermittlungen zu dem Pastor, den die Revisionswerberin unterstützt habe, durchgeführt und keine "ordnungsgemäße Beweiswürdigung" vorgenommen.
9 Es trifft nicht zu, dass im angefochtenen Erkenntnis eine Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen der Revisionswerberin nicht erfolgt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Angaben der Revisionswerberin jedoch in Hinblick auf diverse Widersprüche in ihren Ausführungen nicht als glaubhaft erachtet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0463, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung zeigt die Revision nicht auf.
10 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. etwa VwGH 9.1.2020, Ra 2019/19/0394, mwN). Die Revision legt weder konkret dar, welche weiteren Ermittlungen das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf das Fluchtverbringen hätte vornehmen sollen, noch was sich daraus ergeben hätte. 11 Es entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens durch Recherche im Herkunftsstaat nicht besteht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit derartiger Erhebungen im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 obliegt der ermittelnden Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 19.7.2019, Ra 2019/19/0274; vgl. näher zu Erkundigungen im Herkunftsstaat VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101).
12 Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird in der Revision weiters ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht habe wohl Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat der Revisionswerberin getroffen, sich jedoch mit der Sicherheitslage nur unzureichend auseinandergesetzt. Wie sich nämlich aus einem Bericht des UNHCR aus dem Mai 2019 ergebe, sei die Gewalt in der Demokratischen Republik Kongo im April 2019 eskaliert und stelle sich die Lage nunmehr äußerst prekär dar. Das Bundesverwaltungsgericht habe es auch unterlassen, eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren in Hinblick auf die persönliche Situation der Revisionswerberin vorzunehmen. 13 Soweit dieses Vorbringen der Revision sich auf einen Zeitraum nach dem Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes bezieht, steht der Berücksichtigung das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 VwGG zu beachtende Neuerungsverbot entgegen.
14 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich neben der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in der Demokratischen Republik Kongo auch mit der persönlichen Situation der Revisionswerberin auseinandergesetzt und insbesondere festgestellt, dass sie jung, gesund und arbeitsfähig sei und auf die Unterstützung durch ein näher konkretisiertes familiäres Netzwerk vertrauen könne. Welche konkreten weiteren in der Person der Revisionswerberin liegenden Umstände noch zu berücksichtigen gewesen wären, wird in der Revision nicht ausgeführt.
15 Soweit sich die Revision schließlich gegen die Rückkehrentscheidung wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0310, mwN). Mit ihren bloß allgemeinen Ausführungen, wonach das Bundesverwaltungsgericht sich näher mit der Integration der Revisionswerberin hätte auseinandersetzen müssen, vermag die Revision eine Unvertretbarkeit der Interessenabwägung nicht darzulegen. 16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 15. April 2020
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