VwGH Ra 2019/01/0048

VwGHRa 2019/01/00484.4.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. November 2018, Zl. LVwG-750579/7/MB/JB, betreffend Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Partei: U B in M, vertreten durch Dr. Friedrich Schwarzinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
StbG 1985 §27 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010048.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (Amtsrevisionswerberin; im Folgenden: Behörde) vom 24. August 2018 wurde gemäß § 27 Abs. 1 iVm § 42 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1 985, BGBl. Nr. 311 idF BGBl. I Nr. 68/2017 (StbG), festgestellt, dass der Mitbeteiligte mit Wirkung vom 8. September 2015 die österreichische Staatsbürgerschaft verloren habe.

2 Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte sei am 12. Mai 2017 mit einem österreichischen Reisepass und einem türkischen Personalausweis nach Österreich eingereist. Dies reiche zur berechtigten Annahme aus, der Mitbeteiligte habe nach dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft die türkische Staatsangehörigkeit ohne Bewilligung der Beibehaltung wieder angenommen.

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht).

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde stattgegeben und der Bescheid der Behörde behoben (I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision unzulässig sei (II.).

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Mitbeteiligte habe keinen Antrag auf Wiederaufnahme in den türkischen Staatsverband gestellt. Vielmehr habe er im Rahmen seiner Hochzeit in der Türkei vor der für die Eheschließung zuständigen (türkischen) Behörde Unterlagen ungelesen unterfertigt, die den Wiederaufnahmeantrag enthalten hätten. Der Mitbeteiligte sei selbst davon ausgegangen, dass dies Dokumente für die Hochzeit gewesen seien. Im Zuge der Hochzeit sei dem Beschwerdeführer auch der türkische Personalausweis übergeben worden.

6 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht fest, der Mitbeteiligte habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung das zugrundeliegende Geschehen widerspruchslos und glaubwürdig geschildert. Zudem habe er ausreichend am Verfahren mitgewirkt. Der Mitbeteiligte sei in Österreich geboren und habe seine Staatsbürgerpflicht (Präsenzdienst) erfüllt. Die Ausführungen zur Hochzeit in der Türkei seien stimmig und schlüssig. Dem Verwaltungsgericht sei kein Grund ersichtlich, an den Aussagen des Mitbeteiligten zu zweifeln.

7 Daher sei eine Voraussetzung für den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 27 Abs. 1 StbG ("positive" Willenserklärung) nicht gegeben.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision der Behörde.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Amtsrevision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe im vorliegenden Einzelfall eine Beweiswürdigung in einer unvertretbaren Weise vorgenommen. Das Vorbringen des Mitbeteiligten müsse als reine Schutzbehauptung gewertet werden.

13 Darüber hinaus weiche das angefochtene Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur türkischen Wählerevidenz (für die Wahl zur 26. Großen Nationalversammlung in der Türkei am 1. November 2015) ab (Verweis auf VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364).

14 Mit diesem Vorbringen wird eine Zulässigkeit der Amtsrevision nicht aufgezeigt:

15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Bestimmung des § 27 Abs. 1 StbG voraus, dass der Staatsbürger eine auf den Erwerb der fremden Staatsbürgerschaft gerichtete "positive" Willenserklärung abgibt und die fremde Staatsbürgerschaft infolge dieser Willenserklärung tatsächlich erlangt (vgl. zu allem jüngst VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0040, mwN).

16 Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 28.1.2019, Ra 2018/01/0486, mwN).

17 Eine solche krasse Fehlbeurteilung kann die Amtsrevision mit ihrem Vorbringen nicht dartun, zumal das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung im vorliegenden Einzelfall auf den persönlichen Eindruck vom Mitbeteiligten in der durchgeführten mündlichen Verhandlung gestützt hat (vgl. zur Bedeutung des persönlichen Eindruckes im Rahmen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung für eine eigene Beweiswürdigung etwa VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0121, VwGH 13.9.2016, Ra 2016/01/0070, sowie VwGH 10.9.2015, Ra 2014/20/0142, jeweils mwN).

18 Insoweit die Amtsrevision ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Entscheidung VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0364, behauptet, genügt es darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht seine Entscheidung im vorliegenden Einzelfall alleine mit der fehlenden "positiven" Willenserklärung als Voraussetzung für den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 27 Abs. 1 StbG gestützt hat. Die Frage, ob der Erwerb der türkischen Staatsangehörigkeit mit einer Eintragung in einem türkischen Wählerverzeichnis begründet werden kann, stellt sich daher vorliegend nicht.

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 4. April 2019

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