Normen
StbG 1985 §10
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019010017.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) der Sache nach den Antrag des Revisionswerbers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den §§ 10 Abs. 1 Z 6, 10 Abs. 2 Z 7 und 11 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber ein persönliches Naheverhältnis zum radikalen Islamismus und Salafismus und zwar zur extremistischen Gruppe der Muslimbrüderschaft ‑ wie auch sein Vater als hohes Mitglied ‑ habe, weshalb die Beschwerde abzuweisen gewesen sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Staatsbürgerschaftsbehörde beantragte in ihrer nach Einleitung des Vorverfahrens erstatteten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Abweisung der Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Das Verwaltungsgericht gründete seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Feststellung, dass der Revisionswerber in einem persönlichen Naheverhältnis zur extremistischen Gruppe der Muslimbruderschaft stehe und nicht, wie im Zulässigkeitsvorbringen eingangs unterstellt, „dass jemand in der Vergangenheit tatsächlich ein Naheverhältnis zu einer extremistischen Gruppierung hatte, sich jedoch von dieser Gruppierung gelöst hat“. Im Hinblick auf diese Feststellung zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zum behaupteten Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß §§ 58 und 60 AVG kein entscheidungswesentliches Abweichen von den in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mit Blick auf § 17 VwGVG zu §§ 58 und 60 AVG entwickelten Grundsätzen (vgl. zu diesen etwa VwGH 28.11.2014, Ra 2014/01/0085, bzw. 14.12.2017, Ra 2017/07/0089, Rn. 27, jeweils mwN) auf.
8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit überdies vor, die Verleihungsbehörde dürfe sich (nach zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) nicht darauf beschränken, Bedenken der Sicherheitsbehörde referierend wiederzugeben und Verleihungshindernisse ohne (inhaltliche) Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen (als erwiesen) anzunehmen. Eine solche Begründung fehle dem angefochtenen Erkenntnis.
9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet eine von den Sicherheitsbehörden geleistete „Amtshilfe“ bzw. im Verleihungsverfahren abgegebene negative Stellungnahme für die Verleihungsbehörde keine Bindung in ihrer Entscheidung. Sie entbindet die Staatsbürgerschaftsbehörde vor allem nicht davon, die Voraussetzungen der Einbürgerung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen und ihre Entscheidung entsprechend darzustellen. Diese Voraussetzungen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber dann erfüllt, wenn die Behörde die Feststellungen der Sicherheitsbehörde wiedergegeben hat, sich diesen anschloss und aus diesen rechtlich das Vorliegen der angeführten Verleihungshindernisse ableitete (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2019/01/0059, Rn. 9, mwN). Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht abgewichen.
10 Schließlich bekämpft die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Beweiswürdigung zur Feststellung eines Naheverhältnisses des Revisionswerbers zur Muslimbruderschaft als extremistische Gruppierung.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa jüngst VwGH 12.3.2020, Ra 2020/01/0054, Rn. 8, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung zeigt die Revision (unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung) nicht auf.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
13 Von der Durchführung der von der Revision beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
14 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 48 Abs. 2 Z 1 und § 51 zweiter Fall VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 8. Juni 2020
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