VwGH Ra 2018/22/0186

VwGHRa 2018/22/018613.12.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, die Hofrätin Mag.a Merl sowie die Hofräte Dr. Mayr, Dr. Schwarz und Mag. Berger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des Landeshauptmannes von Wien gegen das am 19. Dezember 2017 mündlich verkündete und mit 8. Mai 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-151/011/13755/2017- 14, betreffend Aufenthaltstitel (mitbeteiligte Partei: N E, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs3;
NAG 2005 §46 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs3;
VwGVG 2014 §28 Abs4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220186.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 7. September 2017 wies der Landeshauptmann von Wien (belangte Behörde, Revisionswerber) den Erstantrag der Mitbeteiligten, einer minderjährigen serbischen Staatsangehörigen, vom 12. Juni 2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gestützt auf § 21 Abs. 1 NAG ab.

Die belangte Behörde stellte fest, dass sich die Mitbeteiligte, die von 6. Februar 2008 bis 29. Jänner 2012 über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe, anschließend Österreich verlassen und bei ihrer Großmutter in Serbien gelebt habe und seit 31. März 2017 wieder bei ihrer in Österreich aufhältigen Mutter wohne, zum Zeitpunkt der Antragstellung unzulässiger Weise im Inland aufgehalten habe und nicht gemäß § 21 Abs. 2 NAG zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen sei. Die belangte Behörde nahm eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vor und gelangte dabei zum Ergebnis, dass "den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten absolute Priorität eingeräumt werden" müsse. Der Mitbeteiligten wäre eine Antragstellung im Heimatland auch unter Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK möglich und zumutbar gewesen.

2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG statt, hob den Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurück (Spruchpunkt I.). Weiters genehmigte das Verwaltungsgericht gemäß § 21 Abs. 3 NAG "zum Wohle des Kindes und dessen Rechtssicherheit" gemäß Art. 8 EMRK, dem BVG über den Schutz der Kinder (gemeint wohl: Bundesverfassungsgesetz über die Rechte der Kinder) und der UN-Konvention über die Rechte des Kindes den bislang unerledigten (Zusatz)Antrag der Mitbeteiligten vom 5. September 2017 (Spruchpunkt II.). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.).

2.1. Das Verwaltungsgericht verwies auf die am 19. Dezember 2017 durchgeführte mündliche Verhandlung, in der die minderjährige Mitbeteiligte angegeben habe, dass ihre (in Serbien lebende) Großmutter nicht mehr für sie sorgen könne und sie sich deshalb bei ihrer Mutter aufhalten müsse, der wiederum infolge einer Risikoschwangerschaft eine Ausreise (mit der Mitbeteiligten) aus ärztlicher Sicht nicht erlaubt sei. Der (im Hinblick darauf gemäß § 21 Abs. 3 NAG gestellte) Antrag auf Zulassung der Inlandsantragstellung vom 5. September 2017 sei - so das Verwaltungsgericht - von der belangten Behörde nicht erledigt worden. Weiters hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Aufenthaltslage der zusammenführenden Mutter als "unklar" darstelle (diese sei den dazu gestellten Fragen des Verhandlungsleiters ausgewichen) und dass diese Voraussetzung von der belangten Behörde nicht klargestellt worden sei. Die belangte Behörde habe am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nicht mitgewirkt, der Verwaltungsakt sei unnummeriert und chronologisch ungeordnet vorgelegt worden. Zudem sei die angewendete Rechtsnorm des § 46 NAG für das Verwaltungsgericht unklar, weil die Bezeichnung von Absatz und Ziffer fehle. Im Hinblick darauf sei der Akt zur Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Begründend verwies das Verwaltungsgericht zudem auf näher zitierte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 5.5.2015, Ra 2015/22/0056; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).

2.2. Da die Mitbeteiligte "bei bloßer Formalentscheidung über keine gesicherte Grundlage des Verbleibes im Bundesgebiet, während der Anhängigkeit des Verfahrens" verfüge, sei aus den dargelegten Erwägungen der Rechtssicherheit gemäß (ua.) Art. 8 EMRK der von der belangten Behörde nicht erledigte Zusatzantrag vom 5. September 2017 zu genehmigen gewesen.

3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde.

Revisionsbeantwortung wurde keine erstattet.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4. Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision - unter anderem - vor, das Verwaltungsgericht sei von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG abgewichen. Das Verwaltungsgericht hätte (nicht nur über den Zusatzantrag, sondern auch) über den Hauptantrag zu entscheiden gehabt.

Die Revision ist im Hinblick darauf zulässig.

5. Die maßgeblichen Vorschriften des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten auszugsweise:

"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

(...)

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien

oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

(...)

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

(...)

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

(...)

Verfahren bei Erstanträgen

§ 21. (1) Erstanträge sind vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung ist im Ausland abzuwarten.

(2) Abweichend von Abs. 1 sind zur Antragstellung im Inland berechtigt:

(...)

5. Fremde, die zur visumfreien Einreise berechtigt sind,

nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts;

(...)

(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im

Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren.

(4) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 3 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(...)

(6) Eine Inlandsantragstellung nach Abs. 2 Z 1, Z 4 bis 9, Abs. 3 und 5 schafft kein über den erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht. Ebenso steht sie der Erlassung und Durchführung von Maßnahmen nach dem FPG nicht entgegen und kann daher in Verfahren nach dem FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten.

(...)

Bestimmungen über die Familienzusammenführung

§ 46. (1) Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ist ein Aufenthaltstitel ¿Rot-Weiß-Rot - Karte plus' zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und

(...)

2. ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende

(...)

b) einen Aufenthaltstitel ¿Rot-Weiß-Rot - Karte plus', ausgenommen einen solchen gemäß § 41a Abs. 1, 4 oder 7a innehat,

(...)"

6. Zum Abspruch des Verwaltungsgerichtes über den Zusatzantrag der Mitbeteiligten nach § 21 Abs. 3 NAG (Spruchpunkt II.) ist Folgendes auszuführen:

6.1. Der Revisionswerber weist dem Grunde nach zutreffend darauf hin, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtswidrig ist, wenn über einen Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG im Spruch nicht ausdrücklich abgesprochen, sondern - nach einer Prüfung im Sinn des Art. 8 EMRK - sogleich (nur) der Hauptantrag abgewiesen wird (vgl. VwGH 18.2.2010, 2010/22/0009, mwN).

Vorliegend hat der Revisionswerber zwar auch in der Begründung seines Bescheides vom 7. September 2017 nicht - wie bei einer Antragsabweisung nach § 21 Abs. 1 NAG zu erwarten gewesen wäre - auf den Zusatzantrag der Mitbeteiligten nach § 21 Abs. 3 NAG Bezug genommen. Er hat aber eine auf § 11 Abs. 3 NAG gestützte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK vorgenommen, dabei ein Überwiegen der privaten Interessen der Mitbeteiligten gegenüber den öffentlichen Interessen verneint und (ua.) darauf gestützt sogleich den Hauptantrag betreffend die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" abgewiesen.

Ausgehend davon ist das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG vorliegt, der noch einer Erledigung bedarf.

6.2. Zudem ist in diesem Zusammenhang Folgendes festzuhalten:

Der Revisionswerber hat den Antrag der Mitbeteiligten auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen. In der Begründung hat er (ua.) festgehalten, die Mitbeteiligte sei länger als die sichtvermerksfreie Zeit (von 90 Tagen) in Österreich aufhältig und seit ihrer Einreise seien mehr als sechs Monate vergangen. Eine ausdrückliche Feststellung zum Zeitpunkt der Einreise der Mitbeteiligten findet sich allerdings nicht. Gemessen an dem vom Revisionswerber festgestellten Zeitpunkt der Aufnahme eines gemeinsamen Wohnsitzes der minderjährigen Mitbeteiligten im Bundesgebiet mit ihrer zusammenführenden Mutter am 31. März 2017 wäre die Antragstellung am 12. Juni 2017 noch innerhalb des erlaubten visumfreien Aufenthaltes erfolgt. Anhand der Ausführungen im Bescheid vom 7. September 2017 lässt sich daher nicht abschließend beurteilen, ob der Revisionswerber zutreffend von einer unzulässigen Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 1 NAG ausgegangen ist (siehe § 21 Abs. 2 Z 5 NAG). Das Verwaltungsgericht selbst trifft keine Feststellungen zum Datum der Einreise bzw. zur Dauer des Aufenthaltes der Mitbeteiligten, sondern geht - ohne nähere Begründung - von einem zulässigen Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG aus.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Konstellation, in der ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zulässigerweise im Inland gestellt worden ist, nicht in den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 1 und 3 NAG fällt (siehe VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0184, Rn. 13). Sollte die Mitbeteiligte den Antrag noch zulässigerweise im Inland gestellt, dann aber die Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthaltes überschritten haben, wäre vielmehr der Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 5 NAG verwirklicht.

Der unter Spruchpunkt II. erfolgte Abspruch über den Zusatzantrag der Mitbeteiligten vom 5. September 2017 erweist sich daher auch deshalb als rechtswidrig, weil anhand der getroffenen Feststellungen nicht nachvollziehbar ist, ob überhaupt ein zulässiger, einem Abspruch in der Sache zugänglicher Zusatzantrag nach § 21 Abs. 3 NAG vorlag.

6.3. Zu der Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK wird für das fortzusetzende Verfahren noch auf Folgendes hingewiesen:

Der Revisionswerber hat - wie dargelegt - ein Überwiegen der öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen der Mitbeteiligten angenommen. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 21 Abs. 3 NAG gemäß (ua.) Art. 8 EMRK stattgegeben.

Der Revisionswerber moniert, das Verwaltungsgericht hätte weitergehende Ermittlungen durchzuführen und Feststellungen betreffend die konkrete Situation der Mitbeteiligten etwa hinsichtlich der familiären Kontakte und ihrer Perspektive im Herkunftsland zu treffen gehabt. Dazu ist zunächst anzumerken, dass nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen der Revisionswerber, der selbst eine Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK vorgenommen hat, nunmehr davon ausgeht, dass für eine derartige Abwägung weitergehende Ermittlungen erforderlich gewesen wären. Dem Verwaltungsgericht ist diesbezüglich allerdings anzulasten, dass es in diesem Zusammenhang lediglich das Vorbringen der Mitbeteiligten dargestellt hat, ohne eigene Feststellungen zu treffen und ohne die nähere Begründung für die erfolgte Abwägung der gegenteiligen Interessen offen zu legen.

Der Revisionswerber tritt dem Ergebnis der Interessenabwägung des Verwaltungsgerichtes entgegen und meint, der Mitbeteiligten wäre es zumutbar gewesen, allein auszureisen und den Antrag vom Ausland aus zu stellen. Unter Zugrundelegung der vom Revisionswerber im Bescheid vom 7. September 2017 getroffenen Feststellungen (wonach sich die in Serbien lebende Großmutter der Mitbeteiligten infolge ihres Gesundheitszustandes nicht mehr um die Mitbeteiligte kümmern könne und die zusammenführende Mutter der Mitbeteiligten eine Risikoschwangerschaft habe) sowie des von ihm nicht bestrittenen Vorbringens der Mitbeteiligten (wonach die Mutter der Mitbeteiligten aus ärztlicher Sicht keine Reisetätigkeit entfalten könne) kann der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung des Revisionswerbers, der minderjährigen Mitbeteiligten wäre eine alleinige Ausreise nach Serbien möglich und zumutbar, nicht beitreten. (Ein Vorbringen dahingehend, dass die Obsorge für die Mitbeteiligte in Serbien durch andere Familienangehörige wahrgenommen werden könnte, wurde nicht erstattet.)

Insofern vermag der Revisionswerber eine Relevanz der von ihm aufgezeigten Verfahrensmängel nicht darzutun. Dessen ungeachtet war Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses aus den oben (Pkt. 6.1. und 6.2.) dargestellten Gründen aufzuheben.

7. Zur Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG (Spruchpunkt I.) ist Folgendes auszuführen:

7.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass eine Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 bzw. 4 VwGVG nicht durch Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu erfolgen hat.

Weiters ist festzuhalten, dass die vom Verwaltungsgericht begründend ins Treffen geführten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 5.5.2015, Ra 2015/22/0056; 12.10.2015, Ra 2015/22/0115) die erfolgte Behebung und Zurückverweisung nicht rechtfertigen können. In den dort entschiedenen Fällen hat das Verwaltungsgericht die Angelegenheit nämlich nicht zurückverwiesen, sondern - ausgehend davon, dass die dort belangte Behörde den Antrag jeweils (nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes: zu Unrecht) zurückgewiesen hatte und Sache des Beschwerdeverfahrens somit lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung war - den angefochtenen Bescheid in Form einer negativen Sachentscheidung behoben.

7.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG (vgl. etwa das Erkenntnis VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063) normiert diese Bestimmung einen prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG für eine Sachentscheidung vor, hat das Verwaltungsgericht jedenfalls eine solche zu treffen. Zudem hat das Verwaltungsgericht - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten hat - nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt (siehe zu allem VwGH 18.4.2018, Ra 2017/22/0205, Rn. 6, mwN).

Wie sich den obigen Ausführungen (Pkt. 6.2. und 6.3.) entnehmen lässt, weist die Begründung des vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheides Mängel auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber bereits festgehalten, dass Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, für sich allein keine Behebung und Zurückverweisung rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind (siehe VwGH 18.4.2018, Ra 2018/22/0015, Rn. 9, mwN).

7.3. Soweit das Verwaltungsgericht - abgesehen vom Hinweis auf den als unerledigt erachteten Zusatzantrag nach § 21 Abs. 3 NAG (siehe dazu bereits oben) - bei seiner Begründung für die Behebung und Zurückverweisung die fehlende Mitwirkung des Revisionswerbers am Verfahren bzw. die Vorlage eines unübersichtlichen Verwaltungsaktes moniert, werden damit keine Ermittlungslücken im dargestellten Sinn aufgezeigt (vgl. betreffend einen chronologisch ungeordneten Akt erneut VwGH Ra 2017/22/0205, Rn. 9). Gleiches gilt für den Hinweis auf die nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes unklare - und auch vom Revisionswerber nicht geklärte - aufenthaltsrechtliche Situation der zusammenführenden Mutter der Mitbeteiligten, weil deren Aufenthaltsstatus durch eine Registerabfrage ermittelt werden kann (und vorliegend ohnehin dem Akt zu entnehmen ist; vgl. zur Ermittlung des Aufenthaltsstatus einer Zusammenführenden auch VwGH 30.9.2014, Ro 2014/22/0022). Auch wenn an einer Stelle des angefochtenen Erkenntnisses auf die kaum auszumachenden "Entscheidungsparameter gemäß § 11 Abs. 2 NAG" Bezug genommen wird, wird damit für sich genommen noch nicht nachvollziehbar begründet, dass (und bejahendenfalls welche) Ermittlungslücken bestünden und weshalb (soweit nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Feststellungen fehlen) allenfalls erforderliche Ergänzungen nicht vom Verwaltungsgericht selbst vorzunehmen wären (vgl. erneut VwGH Ra 2018/22/0015, Rn. 11; 30.6.2015, Ra 2014/03/0054, jeweils mwN). Wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht, dann hat das Verwaltungsgericht die daraus resultierenden Rechtsfragen aber selbst zu beantworten (vgl. VwGH 9.8.2018, Ro 2018/22/0006, Rn. 9, mwN). Dass die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28 Abs. 2 VwGVG vorliegend nicht erfüllt sind, lässt sich der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen.

8. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 13. Dezember 2018

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