Normen
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
NAG 2005 §47 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220097.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien die Beschwerde der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen Kambodschas, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 2016, mit dem der Zweckänderungsantrag vom 18. Jänner 2016 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 47 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) - die Revisionswerberin verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung "Sonderfälle unselbständiger Erwerbstätigkeit" gemäß § 62 NAG - abgewiesen worden war, ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht begründete die Entscheidung, auf das Wesentliche zusammengefasst, damit, dass seit April/Mai 2016 keine "Wohn-, Lebens-, Geschlechts- und Wirtschaftsgemeinschaft" zwischen der Revisionswerberin und ihrem österreichischen Ehemann und somit kein gemeinsames Familienleben mehr bestanden habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, dass demnach vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe gemäß § 30 Abs. 1 NAG auszugehen sei, weil sich die Revisionswerberin zur Erteilung ihres Aufenthaltstitels auf eine Ehe berufe, obwohl im Betrachtungszeitpunkt ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht mehr geführt worden sei, womit ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 (Z 4) NAG gegeben sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. VwGH 21.9.2017, Ra 2017/22/0106, Rn. 6, mwN).
7 In der gegenständlichen Revision wird zur Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ehe der Revisionswerberin nicht zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels geschlossen worden sei.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem - auch die Revisionswerberin betreffenden - Erkenntnis vom 23. November 2017, Ra 2017/22/0081, Rn. 11 und 12, ausgeführt, dass nach § 11 Abs. 1 Z 4 NAG einem Fremden ein Aufenthaltstitel nicht erteilt werden darf, wenn (u.a.) eine Aufenthaltsehe (§ 30 Abs. 1 NAG) vorliegt. Nach § 30 Abs. 1 NAG dürfen sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht auf die Ehe berufen. Beruft sich ein Fremder nach Auflösung des gemeinsamen Familienlebens auf seine Ehe, wird der Tatbestand des § 30 Abs. 1 NAG erfüllt und es liegt der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG vor (Hinweis auf VwGH 27.4.2017, Ro 2016/22/0014).
9 § 30 Abs. 1 NAG erfordert nicht, dass die Ehe - quasi in Missbrauchsabsicht - zu dem Zweck geschlossen wurde, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, und es ist bei der Beurteilung nach § 30 Abs. 1 NAG nicht nur auf den Zeitpunkt der Antragstellung unter Berufung auf eine familienrechtliche Beziehung, sondern auch auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bzw. des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes abzustellen (VwGH 10.5.2016, Ra 2016/22/0015, Rn. 12).
10 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision nicht auf, inwiefern die vom Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Einzelfall getroffene Beurteilung, wonach aufgrund der Auflösung des gemeinsamen Familienlebens seit April/Mai 2016 eine Aufenthaltsehe gemäß § 30 Abs. 1 NAG vorgelegen sei, grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0074, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. September 2018
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