VwGH Ra 2018/14/0354

VwGHRa 2018/14/035430.4.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Galesic, in der Revisionssache des A B in C, vertreten durch Mag. Markus Huber, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Schwarzstraße 21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Oktober 2018, I403 2144530- 1/13E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018140354.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 27. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er im Wesentlichen vor, er sei im Irak als Polizist tätig gewesen und Männer der schiitischen Milizen hätten sich seiner Polizeieinheit angeschlossen, wobei es innerhalb dieser zu Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten gekommen sei. Eines Tages habe er einen Drohbrief erhalten, wonach er ein sunnitischer Verräter sei und umgebracht werde, wenn er nicht weggehe.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 21. Dezember 2016 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, erklärte die Abschiebung des Revisionswerbers in den Irak für zulässig und setzte die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 31. Oktober 2018 wurde die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vorbringt, das BVwG habe ohne sachliche Begründung die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage der Gruppenverfolgung von sunnitischen Polizisten im Irak ignoriert. Die vom BVwG gezogenen Schlüsse widersprächen ohne sachlicher Begründung der aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage der Gruppenverfolgung von Muslimen sunnitischen Glaubens im Irak.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 8 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 6.2.2019, Ra 2018/14/0210, mwN). 9 Werden Verfahrensmängel - wie hier Begründungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. in diesem Sinne etwa VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0209, mwN). 10 Die Revision wird diesen Anforderungen nicht gerecht. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargelegt.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung Leitlinien für die Prüfung einer asylrelevanten Gruppenverfolgung aufgestellt. Danach kann die Gefahr der Verfolgung nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende Gruppenverfolgung, hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048, mwN).

12 Die Revision zeigt in ihrer Zulassungsbegründung ein Abweichen des BVwG von diesen Leitlinien nicht auf. 13 Soweit die Revision auf das Erkenntnis des VwGH vom 13. Dezember 2017, Ra 2017/19/0166, verweist, übersieht sie, dass der Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren - einen Revisionswerber aus dem Herkunftsgebiet Mossul betreffend - aufgrund spezifischer Feststellungen zur Situation im Heimatland die Annahme des BVwG, es würde keine Gruppenverfolgung von Anhängern sunnitischen Glaubensrichtung in der Herkunftsregion vorliegen, nicht nachvollziehen konnte.

14 Die Revision legt nicht dar, aufgrund welcher Feststellungen das BVwG zum Ergebnis hätte kommen können, dass dem Revisionswerber wegen Zugehörigkeit zur sunnitischen Glaubensrichtung in seiner Herkunftsstadt Bagdad eine asylrelevante Gruppenverfolgung drohen würde.

15 Das BVwG traf konkrete Feststellungen zur Lage der Sunniten in Bagdad und gelangte davon ausgehend in nicht unvertretbarer Weise zu dem Ergebnis, dass keine systematische Verfolgung von Sunniten in Bagdad anzunehmen sei.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 30. April 2019

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