Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §19;
VStG §22;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §38;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090088.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 23. Oktober 2017 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu Vertretung nach außen berufenes Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der 14-fachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) im Zeitraum 2. Jänner 2016 bis zum 14. März 2016, um 15.40 Uhr, schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von 42.000,- Euro sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt. Außerdem wurde der Revisionswerber zum Ersatz von Barauslagen in der Höhe von 475,24 Euro verpflichtet.
2 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. Dezember 2017 berichtigte die Landespolizeidirektion Steiermark die Vorschreibung der Barauslagen auf 468,15 Euro.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die Beschwerde in Bezug auf zehn Geräte und den Ersatz der Barauslagen von 475,24 Euro mit der Maßgabe ab, dass der Tatzeitraum auf 14. März 2016 eingeschränkt werde (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich der übrigen vier Geräte gab es der Beschwerde statt und stellte die diesbezüglichen Strafverfahren ein (Spruchpunkt II.). Zur Strafe wurde im Spruch ausgeführt, dass die Geldstrafe für alle zehn Übertretungen 30.000,- Euro betrage und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Tagen verhängt werde. Außerdem seien für den Abtransport Barauslagen in der Höhe von 475,24 Euro zu zahlen. Der Kostenbeitrag des Verwaltungsstrafverfahrens der belangten Behörde vermindere sich auf einen Betrag von 3.000,-- Euro. Zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens sei kein Beitrag zu leisten (Spruchpunkt III.). Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunk IV.).
4 In der Begründung führte das LVwG im Zusammenhang mit der Strafbemessung aus, dass die belangte Behörde irrtümlich von 14 Übertretungen ausgegangen sei und für jede Übertretung die Mindeststrafe angenommen habe (14 x 3.000,-- Euro). Da weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe vorlägen und der Revisionswerber keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht habe, sei die Mindeststrafe beizubehalten (10 x 3.000,- Euro) und die Gesamtstrafe auf 30.000,- Euro zu reduzieren.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
6 Das LVwG legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem LVwG belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Soweit der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen einen Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Kumulationsprinzip des § 22 VStG und einen Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius rügt, erweist sich die Revision hinsichtlich der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe als zulässig und berechtigt:
10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht jeder, der mit mehreren Glücksspielgeräten "zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht" mehrere selbständige Übertretungen im Sinne des § 22 VStG, für die nebeneinander Strafen zu verhängen sind (vgl. z.B. VwGH 14.6.2018, Ra 2018/17/0055, mwN). Dies gilt nicht nur für zu verhängende Geldstrafen, sondern auch für Ersatzfreiheitsstrafen (vgl. VwGH 14.11.1995, 95/11/0310).
11 Im vorliegenden Fall hat das LVwG nach dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses sowohl die Geldstrafe als auch die Ersatzfreiheitsstrafe nicht pro Glückspielgerät, sondern in Form einer Gesamtstrafe (in der Höhe von 30.000,-- Euro bzw. sechs Tage) verhängt.
12 In Bezug auf die verhängte Geldstrafe lässt sich entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen in der Revision aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ein Aufteilungsschlüssel ausreichend dahin gehend entnehmen, dass pro Gerät die Mindeststrafe von 3.000,-- Euro verhängt werden sollte. Daraus lässt sich - insbesondere im Zusammenhalt mit der Begründung - eine Aufteilung der Geldstrafe auf die zehn (verbliebenen) Glücksspielapparate ableiten. Anhaltspunkte für eine gegenteilige Sichtweise liegen nicht vor und werden in der Revision auch nicht dargetan. Dadurch wurde der Revisionswerber auch nicht in seinen Rechten verletzt.
13 Bei der Zugrundelegung dieser Betrachtungsweise auf die Ersatzfreiheitsstrafen ergibt sich aber, dass diese bezogen auf jede einzelne Verwaltungsübertretung tatsächlich vom Verwaltungsgericht erhöht worden sind.
14 Folglich kann auch der Einwand in der Revision, das Erkenntnis verstoße gegen den Grundsatz der reformatio in peius, hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe nicht verneint werden. Bereits jetzt ist darauf hinzuweisen, dass die Änderung des Tatzeitraumes eine unzulässige Ausdehnung des Vorwurfs auf den gesamten 14. März 2016 bewirkte.
15 Soweit der Revisionswerber einen Widerspruch zur Judikatur zu § 44a Z 3 VStG darin erkennt, weil die Anführung der Strafnorm durch das Landesverwaltungsgericht nicht nachgeholt worden sei, übersieht er dabei, dass im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG ausdrücklich genannt ist. Eine Verletzung von § 44 Z 3 VStG liegt somit nicht vor.
16 Wenn der Revisionswerber überdies rügt, das angefochtene Erkenntnis stehe im Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG, unterlässt er es konkret darzulegen, dass die Tatumschreibung nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/09/0064).
17 Im Gesamten hat das LVwG den Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass das Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen näher einzugehen war.
18 Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass in Hinblick auf die auferlegten Barauslagen bereits eine Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde ergangen ist, die die vorgeschriebenen Barauslagen auf 468,15 Euro berichtigt.
19 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. November 2018
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