VwGH Ra 2018/09/0021

VwGHRa 2018/09/002125.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und Hofrat Dr. Doblinger sowie Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schachner, über die außerordentliche Revision der F K in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 12. Dezember 2017, Zl. LVwG-1-726/2017-R7, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1 idF 2014/I/013;
GSpG 1989 §52 Abs2 idF 2014/I/013;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090021.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 23. Oktober 2017 wurde die Revisionswerberin der fünffachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 (3. Fall) iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,- (sowie fünf Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von jeweils 33 Stunden) verhängt. In der Strafbemessung wurde ausgeführt, die Revisionswerberin sei wegen einer gleichartigen Übertretung bereits rechtskräftig bestraft worden, weshalb ein Wiederholungsfall vorliege.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. In der Strafbemessung führte es aus, die belangte Behörde habe bereits die Mindeststrafe von EUR 6.000,- pro Gerät verhängt, weshalb die Verhängung einer geringeren Strafe nicht möglich gewesen sei. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, in der die Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

4 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revisionswerberin hält in ihrem Zulässigkeitsvorbringen dem angefochtenen Erkenntnis einerseits die Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen des GSpG entgegen und richtet sich andererseits gegen die Anwendung des vom Landesverwaltungsgericht zugrunde gelegten vierten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG. Demgegenüber wird die schuldhafte Verwirklichung des Tatbestandes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG nicht in Frage gestellt.

8 Die Revision ist in Bezug auf den gemäß § 52 Abs 2 GSpG idF BGBl. I Nr. 13/2014 anzuwendenden Strafsatz zulässig und berechtigt.

9 § 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 GSpG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 13/2014 lautet:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen

im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt; ...

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen."

10 Das Landesverwaltungsgericht legte seiner Entscheidung den vierten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG zugrunde und begründete dies mit einer einschlägigen rechtskräftigen Vorstrafe für ein "gleichartiges Delikt". Damit gemeint ist die Bestrafung der Revisionswerberin nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit Straferkenntnis vom 13. März 2013 in Bezug auf einen Glücksspielautomaten.

11 Der im Fall "der erstmaligen und weiteren Wiederholung" vorgesehene vierte (und hinsichtlich der Strafhöhe strengste) Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem dritten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung doch auf die Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen (vgl. VwGH 22.2.2017, Ra 2016/17/0033, mwN).

12 Demgegenüber hat das Landesverwaltungsgericht ausgehend von einer rechtskräftigen Bestrafung wegen Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit nicht mehr als drei Glücksspielautomaten als strafsatzbestimmende Vortat in Bezug auf die Verhängung der Geldstrafe pro Glücksspielgerät in Verkennung der Rechtslage zum Nachteil der Revisionswerberin den vierten statt dem dritten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG angewendet.

13 Damit hat das Landesverwaltungsgericht den Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass das Erkenntnis in Bezug auf die Verhängung der Strafe bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen näher einzugehen war.

14 Außerdem räumt die hg. Rechtsprechung dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Die Berufungsbehörde bzw. nunmehr das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - wie hier - unvollständig ist, dies in seinem Abspruch zu ergänzen (vgl. auch VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021, mwN). Das Verwaltungsgericht hat die Strafsanktionsnorm trotz des fehlenden Abspruchs im Straferkenntnis nicht nachgeholt.

15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. April 2018

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