VwGH Ra 2018/09/0010

VwGHRa 2018/09/001030.5.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und Hofrat Dr. Doblinger sowie Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision

1. des H L in D und 2. der L GmbH in G, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 1. August 2017, LVwG 30.23-1795/2017-10 und LVwG 35.23-1822/2017-9, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
VStG §44a Z2;
VStG §44a Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090010.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Steiermark vom 9. Mai 2017 wurde der Erstrevisionswerber als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft (zweitrevisionswerbende Partei) der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten habe, dass die zweitrevisionswerbende Partei mit einem näher bezeichneten Glücksspielgerät in einem konkreten Tatzeitzeitraum verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 1. August 2017 wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die von den revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und schrieb dem Erstrevisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200,-- Euro vor (Spruchpunkt II.). Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Gegen dieses Erkenntnis erhoben die revisionswerbenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 6. November 2017, E 3158/2017- 7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abtrat.

4 Mit der vorliegenden außerordentlichen Revision wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

5 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Sowie die revisionswerbenden Parteien in ihrem Zulässigkeitsvorbringen einen Widerspruch zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 3 VStG geltend machen, weil im Spruch die Strafsanktionsnorm des § 52 Abs. 2 GSpG nicht angeführt worden sei, erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt:

9 Die hg. Rechtsprechung räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im vorliegenden Fall ist bei Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG. Die Berufungsbehörde bzw. nunmehr das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides - wie hier - unvollständig ist, dies in seinem Abspruch zu ergänzen (vgl. auch VwGH 15.11.2017, Ra 2017/17/0021, und zuletzt auch VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0021). Das Verwaltungsgericht hat die Anführung der Strafsanktionsnorm trotz des fehlenden Abspruchs im Straferkenntnis nicht nachgeholt.

10 Das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Mai 2017 enthält keinen Haftungsausspruch (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.11.2000, 99/09/0002). Die Beschwerde der Zweitrevisionswerberin wäre daher zurückzuweisen gewesen.

11 Damit hat das Landesverwaltungsgericht den Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass das Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen näher einzugehen war.

12 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 30. Mai 2018

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