VwGH Ra 2018/08/0021

VwGHRa 2018/08/002115.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des M M E in M, vertreten durch Mag. Ulrich Berger und Mag. Christof Pusswald, Rechtsanwälte in 8600 Bruck an der Mur, Schillerstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 30. November 2017, LVwG 33.29-2534/2017-15, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit der Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs2;
AVG §13 Abs5 idF 2011/I/100;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018080021.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Landesverwaltungsgericht Steiermark aus, dass die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom 26. Juli 2017 gemäß § 7 Abs. 4 in Verbindung mit § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen (Spruchpunkt I) und der Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen (Spruchpunkt II) werde.

5 Die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag habe kundgemacht, dass außerhalb ihrer Amtsstunden (Montag bis Donnerstag von 7.00 Uhr bis 15.00 Uhr und Freitag von 7.00 Uhr bis 13.00 Uhr) elektronisch übermittelte Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden entgegengenommen und bearbeitet würden und daher auch erst zu diesem Zeitpunkt als eingebracht und eingelangt gälten. Die am letzten Tag der Beschwerdefrist mit Telefax um 15.53 Uhr eingebrachte Beschwerde des Revisionswerbers sei daher verspätet eingebracht worden. An der Einhaltung der Beschwerdefrist sei der Revisionswerber bzw. sein Vertreter nicht durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert gewesen.

6 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision vor, es sei vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles zu klären, ob für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Beschwerde die "Empfangsbereitschaft eines elektronischen Gerätes" maßgeblich sei. Der "VwGH" habe "schon in seinem Erkenntnis vom 03.03.2014 zu GZ G106/2013" entschieden, dass ein Anbringen auch nach Ende der Amtsstunden als fristgerecht eingebracht gelte, wenn eine Behörde das Empfangsgerät empfangsbereit halte. Von dieser Rechtsprechung sei das Landesverwaltungsgericht Steiermark abgewichen. (Zur Abweisung des Antrags auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand macht der Revisionswerber keine Zulässigkeitsgründe geltend.)

7 Der Revisionswerber spricht erkennbar keine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, sondern das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2014, G106/2013, (VfSlg. 19.849) an. Mit diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass § 13 Abs. 2 letzter Satz AVG, in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2008, und § 13 Abs. 5 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2011, nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Die in der Revision genannte Aussage findet sich in diesem Erkenntnis nicht.

8 Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass elektronische Anbringen, sofern die Behörde auch außerhalb ihrer Amtsstunden Empfangsgeräte empfangsbereit hält, als noch am selben Tag eingebracht gelten. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden durch entsprechende Erklärungen mit der Wirkung zum Ausdruck bringt, dass elektronische Anbringen auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt (mit Wiederbeginn der Amtsstunden) als eingebracht (und eingelangt) gelten (vgl. VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0076; 26.9.2017, Ra 2017/04/0086, jeweils mit weiteren Nachweisen).Von dieser Rechtsprechung ist das Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht abgewichen.

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 15. März 2018

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