VwGH Ra 2018/01/0394

VwGHRa 2018/01/039424.9.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kienesberger, über die Revision des A A in W, vertreten durch Mag. Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hahngasse 25/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 2018, Zl. W174 2126021-1/37E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010394.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 18. April 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Afghanistans, auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan fest und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise. Weiters sprach das BVwG aus, eine Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde nach Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 26. Juni 2018, E 2104/2018-5, ab und trat über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 10. Juli 2018, E 2104/2018-7, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

3 Zur Ablehnung der Beschwerdebehandlung führte der Verfassungsgerichtshof begründend aus, dass im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts von Fremden ohne Aufenthaltstitel das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet aus Gründen des Art. 8 EMRK überwiegt.

4 Gegen das angeführte Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Die Revision macht zu ihrer Zulässigkeit geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob und inwieweit im Rahmen einer Interessenabwägung bei einer Rückkehrentscheidung nicht auch öffentliche Interessen zugunsten des Asylwerbers, wie das wirtschaftliche Wohl aufgrund einer diesem dienenden Berufstätigkeit, zu berücksichtigen seien. Diese Frage sei angesichts der zahlreichen Asylwerber in Lehrberufen und der fehlenden Klarheit darüber, ob und wie weit dieses Faktum zu berücksichtigen sei, von grundsätzlicher Bedeutung. Bei rechtsrichtiger Würdigung hätte das BVwG zum Ergebnis kommen müssen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Darüber hinaus sei das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 6.7.2016, Ra 2015/01/0194) abgewichen, wonach das BVwG aktuelle Länderberichte heranzuziehen habe.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/01/0377, mwN).

10 Die Revision vermag nicht aufzuzeigen, dass die im vorliegenden Einzelfall vorgenommene Abwägung des BVwG, die insbesondere auch auf die vom Revisionswerber ausgeübte Berufstätigkeit als Lehrling Bedacht nimmt, unvertretbar erfolgt wäre. Somit kommt der von der Revision aufgeworfenen Frage betreffend die rechtliche Bedeutung einer angefangenen Lehre keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. bereits VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0224, zum "Gewicht einer angefangenen Lehre").

11 Soweit die Revision ein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Aktualität von Länderberichten behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung dieser Vorgabe einen Verfahrensmangel darstellt. Es reicht daher nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. dazu wiederum die von der Revision selbst zitierte Entscheidung VwGH 6.7.2016, Ra 2015/01/0194, mwN). Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2018

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