Normen
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs9;
MeldeG 1991 §15;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
VwGG §46 Abs4;
VwGVG 2014 §50;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010334.L00
Spruch:
I. Die Revision wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung und die damit verbundene Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Vorgeschichte
1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich (belangte Behörde) vom 13. Mai 2013 wurde der Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 6. November 2012, mit dem die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Marktgemeinde Randegg vom 27. Juni 2012, mit dem der Revisionswerber gemäß § 15 Meldegesetz 1991 (MeldeG) amtswegig abgemeldet wurde, abgewiesen worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.
2 Mit Beschluss vom 22. Dezember 2017, Ro 2017/01/0013-4, wurde der beim Verwaltungsgerichtshof am 18. Dezember 2017 eingebrachte Antrag des Revisionswerbers, ihm für die "Beschwerde" und einen damit verbundenen Wiedereinsetzungsantrag gegen den angeführten Bescheid der belangten Behörde zu bewilligen, unter Bedachtnahme auf die mangelnde Begründung (insbesondere der vorliegenden Gründe für eine Wiedereinsetzung) nicht stattgegeben.
3 Am 30. Jänner 2018 brachte der Revisionswerber beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen den angeführten Bescheid der belangten Behörde verbunden mit einer außerordentlichen Revision ein.
4 Mit verfahrensleitender Anordnung vom 6. Februar 2018, Ro 2017/01/0013-8, wurde der Wiedereinsetzungsantrag (gemäß § 46 Abs. 3 VwGG) zuständigkeitshalber dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich übermittelt.
Angefochtener Beschluss
5 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 1. Juni 2018 wurde dieser Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 50 VwGVG als verspätet zurückgewiesen (1.) Die Revision wurde nicht zugelassen (2.).
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, ausgehend von der Abweisung des Verfahrenshilfeantrages des Revisionswerbers (mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2017) sei der Antrag auf Wiedereinsetzung beim Verwaltungsgericht - nach Weiterleitung durch den Verwaltungsgerichtshof - verspätet am 6. Februar 2018 eingebracht worden.
7 In der Folge brachte der Revisionswerber Anträge auf Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen den angeführten Beschluss des Verwaltungsgerichtes ein, die mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes jeweils vom 7. September 2018, Ra 2018/01/0334-9 bzw. Ra 2018/01/0334-10, abbzw. zurückgewiesen wurden.
8 Zusätzlich brachte der Revisionswerber gegen den angeführten Beschluss des Verwaltungsgerichtes die vorliegende - nach einem Mängelbehebungsauftrag ergänzte - außerordentliche Revision ein.
Zu I.:
Zulässigkeit
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, es gehe um die Klärung der Rechtsfrage, "ob der Anrufung eines zunächst unzuständigen Gerichtshofes samt nachfolgender, von diesem schuldhaft zu vertretenden, verspäteten Weiterleitung eines Antrages auf Wiedereinsetzung an das zuständige Landesverwaltungsgericht eine fristhemmende Wirkung zugunsten des BF zukommt bzw. ob der Fristenlauf vom unzuständigen Gerichtshof an den zuständigen auf Gefahr und auf Risiko des BF geht". Die verspätete Weiterleitung sei ein für den Revisionswerber unvorhersehbares bzw. unabwendbares Ereignis, welches nicht in seine "Risikosphäre" falle.
13 Das Schicksal der vorliegenden Revision hängt nicht von der Lösung der solcherart vorgebrachten Rechtsfrage ab (vgl. etwa VwGH 17.3.2015, Ra 2014/01/0134).
14 Selbst bei Unterstellung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages des Revisionswerbers wäre dieser nämlich nicht erfolgreich:
15 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden (vgl. VwGH 17.3.2015, Ra 2014/01/0134, mwN).
16 Der Revisionswerber behauptet im Wiedereinsetzungsantrag vom 30. Jänner 2018 als Wiedereinsetzungsgrund, er habe erstmals mit Schreiben der Volksanwaltschaft vom 1. Dezember 2017 Kenntnis vom Bescheid der belangten Behörde aus 2013 erlangt. Er sei von seinem damaligen Rechtsvertreter über die Zustellung des Bescheides nicht in Kenntnis gesetzt worden. Dem Revisionswerber sei nicht das geringste Verschulden anzulasten, weil er seinem damaligen Rechtsvertreter voll und ganz vertraut habe. Sohin sei ein für den Revisionswerber unabwendbares bzw. unvorhersehbares Ereignis vorgelegen.
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten (vgl. etwa VwGH 22.6.2017, Ra 2017/20/0050, mwN).
18 Ausgehend davon kann ein nur minderer Grad des Versehens im Sinn des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht angenommen werden und wäre dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 und 4 VwGG jedenfalls nicht stattzugeben (vgl. auch hiezu VwGH 22.6.2017, Ra 2017/20/0050, mwN).
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
Zu II.:
Entschiedene Sache
20 Der Revisionswerber bringt in der Revision weiter vor, er halte "die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die a. o. Revision sowie der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung laut Eingabe vom 30.01.2018" aufrecht. Dieses Vorbringen ist als Antrag auf Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung vom 30. Jänner 2018 samt der damit verbundenen außerordentlichen Revision zu deuten.
21 Wie angeführt wurde über den Antrag auf Wiedereinsetzung vom 30. Jänner 2018 bereits mit dem vorliegenden angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes entschieden (vgl. VwGH 31.1.2017, Ra 2017/03/0001, wonach das Verwaltungsgericht zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag zuständig war, weil es nach § 46 Abs. 4 VwGG bis zur Vorlage der außerordentlichen Revision über den Antrag zu entscheiden hatte).
22 Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen (vgl. VwGH 28.4.2017, Ra 2017/03/0027).
23 Die mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung verbundene außerordentliche Revision war ausgehend von der Zustellung des anzufechtenden Bescheides im Jahre 2013 jedenfalls verspätet und bereits aus diesem Grund zurückzuweisen, ohne dass auf eine allfällige Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes einzugehen wäre (vgl. zur begrenzten Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für die Überprüfung von Entscheidungen, die vor dem 1. Jänner 2014 und damit nicht von Verwaltungsgerichten erlassen wurden VwGH 27.8.2014, Ro 2014/19/0005-0009).
Ergebnis
24 Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 14. Dezember 2018
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