VwGH Ra 2017/17/0958

VwGHRa 2017/17/095829.12.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der L S in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 13. Oktober 2017, 405- 10/312/1/5-2017, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Normen

GSpG 1989 §50 Abs4;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017170958.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15.9.2011, C-347/09 , Dickinger und Ömer, Rn 83 f, vom 30.4.2014, C-390/12 , Pfleger, Rn 47 ff, sowie vom 30.6.2016, C-464/15 , Admiral Casinos & Entertainment, Rn 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16.3.2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30.4.2014, C-390/12 , Pfleger.

5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14.6.2017, C-685/15 , Online Games Handels GmbH ua, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.

6 Die Revisionswerberin begründet die Zulässigkeit der Revision überdies mit einem Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Verbot der Selbstbezichtigung: Aus der Entscheidung des VwGH vom 24.2.2014, 2013/17/0834, gehe hervor, dass dann, wenn von einem begründeten Verdacht gegen den Lokalbesitzer wegen eines Verstoßes gegen das GSpG auszugehen sei, eine Situation vorliege, in der das Verbot der Selbstbezichtigung zum Tragen komme. Eine derartige Situation sei hier gegeben, weil die Amtshandlung um 14:55 Uhr bzw. die Testbespielung um 15:10 Uhr begonnen habe, die Rechtsbelehrung zur Niederschrift jedoch erst um 15.28 Uhr sowie die Aufforderung zur neuerlichen Herausgabe von Testspielgeld um 15:37 Uhr erfolgt seien, sohin zu einem Zeitpunkt, wo "für jedermann" klar gewesen sei, dass Glücksspiele durchführbar gewesen seien.

Anders als die revisionswerbende Partei vermeint, kann ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 50 Abs. 4 GSpG in Bezug auf ein Aussageverweigerungsrecht im Falle der Selbstbezichtigung bzw. der Bezichtigung eines nahen Angehörigen mit einer wahrheitsgetreuen Auskunft einer Straftat hier jedoch nicht erkannt werden: Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 24.2.2014, 2013/17/0834; 18.5.2016, Ra 2015/17/0029; 19.12.2016, Ra 2016/17/0034) liegt bei einer solchen Kontrolle nach dem GSpG (noch) keine Situation vor, in der ein derartiges Aussageverweigerungsrecht überhaupt zum Tragen kommen kann. Im vorliegenden Fall verweigerte der Angestellte der Revisionswerberin die Aussage im Rahmen einer solchen Kontrolle zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des GSpG. Das Verwaltungsgericht stellte dazu auf Grund der von der revisionswerbenden Partei selbst zitierten Aktenvermerkes der Finanzpolizei fest, dass der im Lokal anwesende Angestellte zu Beginn der Kontrolle um 15:00 Uhr über seine Auskunftspflicht und sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden sei. Inwiefern das angefochtene Erkenntnis von dieser Rechtsprechung abweicht, ist daher nicht ersichtlich.

7 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

8 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 29. Dezember 2017

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