VwGH Ra 2017/17/0923

VwGHRa 2017/17/092328.8.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Vereins F E in H, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 29. September 2017, LVwG- 2-8/2017-R8, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs6 Z1
GSpG 1989 §50 Abs1
GSpG 1989 §50 Abs2
GSpG 1989 §50 Abs4
HausRSchG 1862
HausRSchG 1862 §1
SPG SondereinheitenV 1993 §1 Z4 idF 2002/II/485
SPG SondereinheitenV 1993 §5 Z1 idF 2002/II/485
SPG SondereinheitenV 1998 §5 Z1 idF 2002/II/485
SPG 1991 §22
SPG 1991 §5 Abs2 Z1
SPG 1991 §6 Abs2
SPG 1991 §6 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017170923.L00

 

Spruch:

Die Revision wird abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Am Abend des 23. März 2017 kündigte eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) als Einsatzleiterin vor dem Lokal des revisionswerbenden Vereins per Megaphon eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) an. Sie forderte dabei im Lokal anwesende Personen auf, die Eingangstüre zu öffnen, und drohte für den Fall der Nichtbefolgung die gewaltsame Öffnung der Türe an. Danach stellte sich ein Polizist des Einsatzkommandos Cobra (EKO-Cobra) vor die Eingangstüre des Lokals, klopfte und bediente die Klingel. Dabei hielt er in seiner rechten Hand eine Pistole. Weiters wurde ein Rammbock bereitgehalten. Die Vorgänge vor dem Lokal konnten von den im Lokal anwesenden Personen über die nach außen gerichtete Videokamera mitverfolgt werden. In der Folge öffnete ein Vereinsmitglied die Eingangstüre, sodass die behördlichen Organe eintreten und die Kontrolle durchführen konnten.

2 Der revisionswerbende Verein erhob Maßnahmenbeschwerde, in der er beantragte, das Landesverwaltungsgericht möge erkennen, dass er "durch das mit Androhung der Anwendung von Zwangsmitteln durchgesetzte Eindringen von Beamten des Einsatzkommandos Cobra, der Bundespolizei und der BH Bregenz in sein Vereinslokal am 22.03.2017, um 19:50 Uhr, in seinem Grundrecht auf

Unverletzlichkeit des Hausrechts gemäß Art. 9 StGG i.V.m. den §§ 2, 3 und 5 HausRG verletzt" worden sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG)die Maßnahmenbeschwerde ab und verpflichtete den revisionswerbenden Verein zum Kostenersatz. Weiters sprach es aus, dass eine Revision nicht zulässig sei.

4 In seiner Begründung führte das LVwG im Wesentlichen aus, eine Verletzung des Art. 9 Staatsgrundgesetz (StGG) komme nicht in Betracht, weil eine Hausdurchsuchung weder geplant gewesen sei noch tatsächlich stattgefunden habe. Darüber hinaus führte das LVwG aus, die Aufforderung durch die Einsatzleiterin sei zwar ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt gewesen, der jedoch als vertretbar und als verhältnismäßig anzusehen sei. Die in der Maßnahmenbeschwerde ins Treffen geführte Sondereinheiten-Verordnung sei eine Organisationsvorschrift, die dem Betroffenen kein subjektives Recht gewähre, dass das EKO-Cobra bei einer Kontrolle nicht zum Einsatz gelange.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

6 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Kostenzuspruch.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die Revision bringt in ihrem Zulässigkeitsvorbringen zusammengefasst vor, es stelle sich die Frage, inwieweit auf § 50 GSpG gestützte Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die das verfassungsrechtlich gewährleistete Hausrecht berühren, einer vorangehenden schriftlichen Ermächtigung der Behörde und/oder einer begründeten Bescheinigung über die Tatsache der Vornahme einer Hausdurchsuchung iwS erfordern. Da beides nicht vorgelegen sei, wäre das zwangsweise Betreten des Lokals im Hinblick auf § 2 zweiter und letzter Satz Hausrechtsgesetz rechtswidrig gewesen. 8 Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob § 5 Z 1 Sondereinheiten-Verordnung einem Betroffenen ein subjektives Recht gewähre. Im Revisionsfall seien die Voraussetzungen zur Beiziehung des EKO-Cobra nach § 6 Abs. 3 SPG und § 5 Z 1 Sondereinheiten-Verordnung nicht vorgelegen, sodass sich der in Beschwerde gezogene Akt behördlicher Befehlsgewalt schon aus diesem Grund als rechtswidrig und überdies unverhältnismäßig erweise.

9 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei auch die Frage, inwieweit sich die Setzung eines Aktes unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt als unverhältnismäßig (und damit rechtswidrig) erweise, wenn der "Eintritt in eine vom Hausrecht geschützte Räumlichkeit mit Waffengewalt (hier: vor der Eingangstüre in Stellung gebrachter Rammbock und das Halten einer Pistole) erzwungen" werde, wenn auch gelindere Mittel, wie etwa die zwangsweise Öffnung der Eingangstüre unter Zuhilfenahme von Instrumenten, wie sie bei Schlüsseldiensten in Verwendung stünden, möglich wäre.

10 Im Hinblick auf das Vorbringen, wonach das EKO-Cobra nicht hätte herangezogen werden dürfen, erweist sich die Revision als zulässig, aber nicht als begründet.

11 § 50 Abs. 1 bis 4 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989 idF BGBl. I Nr. 118/2016, lauten:

"STRAF- UND VERFAHRENSBESTIMMUNGEN

Behörden und Verfahren

§ 50. (1) Für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz sind die Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, die Landespolizeidirektion zuständig. Gegen diese Entscheidungen kann Beschwerde an ein Verwaltungsgericht des Landes erhoben werden.

(2) Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen und zur Klärung von Sachverhaltsfragen in Zusammenhang mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Amtssachverständigen des § 1 Abs. 3 hinzuziehen. Zu den Organen der öffentlichen Aufsicht zählen jedenfalls die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der Abgabenbehörden.

(3) Zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind die Organe der öffentlichen Aufsicht auch aus eigenem Antrieb berechtigt. ...

(4) Die Behörde nach Abs. 1 und die in Abs. 2 und 3 genannten Organe sind zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. ...

..."

Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 (§ 5

idF BGBl. I Nr. 61/2016, § 6 idF BGBl. I Nr. 5/2016 und § 22

idF BGBl. I Nr. 43/2014), lautet auszugsweise:

"2. Hauptstück

Organisation der Sicherheitsverwaltung

Besorgung der Sicherheitsverwaltung

§ 2. (1) Die Sicherheitsverwaltung obliegt den Sicherheitsbehörden.

...

Besorgung des Exekutivdienstes

§ 5. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes versehen für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst.

(2) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind

1. Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei,

...

(5) Die Sicherheitsexekutive besteht aus den Sicherheitsbehörden und den diesen beigegebenen oder unterstellten Wachkörpern.

...

Bundesminister für Inneres

§ 6. (1) ....

(2) Die dem Bundesminister für Inneres beigegebenen oder zugeteilten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes versehen für den Bundesminister für Inneres Exekutivdienst.

(3) Der Bundesminister für Inneres kann im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates mit Verordnung für Zwecke einer wirksameren Bekämpfung krimineller Verbindungen oder, wenn wegen der hiezu gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt eine besondere Ausbildung erforderlich ist, zur Beendigung gefährlicher Angriffe aus Organen gemäß Abs. 2 Sondereinheiten bilden und ihnen die ausschließliche oder schwerpunktmäßige Wahrnehmung dieser Aufgaben im gesamten Bundesgebiet auftragen. Dies gilt nicht für Sondereinheiten, die am 1. Juli 1997 bereits bestanden haben.

...

Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern

§ 22. (1) ...

(2) Die Sicherheitsbehörden haben gefährlichen Angriffen auf Leben, Gesundheit, Freiheit, Sittlichkeit, Vermögen oder Umwelt vorzubeugen, sofern solche Angriffe wahrscheinlich sind.

..."

Die Sondereinheiten-Verordnung, BGBl. II Nr. 207/1998 (§ 1 und § 5 idF BGBl. II Nr. 485/2002), lautet auszugsweise:

"Auf Grund der §§ 6, 14 und 15 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 112/1997, wird - hinsichtlich der §§ 1 bis 6 im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates - verordnet:

§ 1. Als Sondereinheiten der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit sind errichtet:

...

4. das Einsatzkommando Cobra (EKO-Cobra);

...

§ 5. Dem EKO-Cobra obliegt es, in unmittelbarer Unterstellung unter den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit schwerpunktmäßig

1. gefährlichen Angriffen ein Ende zu setzen, wenn wegen der hiefür gegen Menschen oder Sachen allenfalls erforderlichen Zwangsgewalt besonders geübte Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes mit besonderer Ausbildung benötigt werden und solche Organe auf lokaler oder regionaler Ebene nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen;

..."

12 Aus den angeführten Normen ergibt sich die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Landespolizeidirektionen für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach dem GSpG sowie für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen betreffend die Einhaltung der Bestimmungen des GSpG (§ 50 Abs. 1 und 4 GSpG). Diese Behörden können sich der Mitwirkung der Organe der öffentlichen Aufsicht bedienen. Zu diesen Organen der öffentlichen Aufsicht zählen neben den Organen der Abgabenbehörden auch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 50 Abs. 2 GSpG). 13 Zu den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zählen jedenfalls Angehörige des Wachkörpers Bundespolizei (§ 5 Abs. 2 Z 1 SPG). Dazu zählen aber auch die aus Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die dem Bundesminister für Inneres beigegebenen oder zugeteilten sind, gebildeten Sondereinheiten (§ 6 Abs. 2 und 3 SPG). Das EKO-Cobra ist eine solche Sondereinheit (§ 1 Z 4 Sondereinheiten-Verordnung). 14 Daraus folgt, dass es nach § 50 Abs. 4 GSpG zulässig ist, auch Organe des EKO-Cobra für Zwecke der Kontrolle nach dem GSpG heranzuziehen.

15 Die Revision rügt, es seien im Revisionsfall die Voraussetzungen für die Beiziehung des EKO-Cobra deswegen nicht vorgelegen, weil § 6 Abs. 3 SPG und § 5 Z 1 Sondereinheiten-Verordnung jeweils auf das Kriterium des "gefährlichen Angriffes" abstellten. Vorliegendenfalls sei es aber lediglich um die Durchführung einer Kontrolle und nicht um die Beendigung eines gefährlichen Angriffs gegangen.

16 Der Revisionswerber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass eine auf Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG gestützte Berechtigung zur Revisionserhebung die Möglichkeit der Rechtsverletzung voraussetzt (vgl. z.B. VwGH 11.9.2017, Ro 2017/17/0019, 0020). Maßgebend dafür sind nur subjektivöffentliche Rechte (vgl. VwGH 7.7.2017, Ra 2017/03/0003, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts berufen (vgl. z.B. VwGH 25.4.2019, Ra 2018/19/0591).

17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gewährt aber nicht jede Norm des objektiven Verwaltungsrechts dem Einzelnen auch eine subjektive Berechtigung. Ein subjektives öffentliches Recht ist dann zu bejahen, wenn eine zwingende Vorschrift - und damit eine sich daraus ergebende Rechtspflicht zur Verwaltung - nicht allein dem öffentlichen Interesse, sondern (zumindest auch) dem Interesse einzelner zu dienen bestimmt ist (vgl. VwGH 7.7.2017, Ra 2017/03/0003, mwN). Öffentliche Interessen begründen in der Regel keine materiellen subjektiven Rechte einer Verfahrenspartei, sofern der Gesetzgeber nicht anderes anordnet (vgl. VwGH 27.2.2013, 2012/17/0430, 0435, mwN). Aus einer Organisationsvorschrift kann kein subjektives Recht abgeleitet werden (VwGH 13.9.1978, 952/78).

18 Im Revisionsfall ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 6 Abs. 3 SPG und § 5 Z 1 Sondereinheiten-Verordnung, dass es sich bei dieser Verordnungsermächtigung sowie der dazu ergangenen Verordnung um eine solche Organisationsvorschrift handelt, sodass dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung der behaupteten Rechtsverletzung verwehrt ist.

19 Entgegen dem weiteren Revisionsvorbringen erweist sich die Beiziehung des EKO-Cobra darüber hinaus nicht als unverhältnismäßig:

20 Das LVwG hat die Kontrolle und insbesondere das Vorgehen der Polizei mit der Begründung als insgesamt verhältnismäßig beurteilt, dass es bei vergleichbaren Kontrollen nach § 50 Abs. 4 GSpG bereits zu (für die einschreitenden behördlichen Organe) gefährlichen Zwischenfällen gekommen sei. Daraus durfte die Behörde auf das Vorliegen einer gefahrengeneigten Situation schließen, der durch die Beiziehung von Mitgliedern des EKO-Cobra begegnet werden sollte. Die von dem Polizisten in der Hand gehaltene Pistole habe der Eigensicherung gedient. Dieser Beurteilung tritt die Revision nicht im Ansatz entgegen. Dass im Revisionsfall die Eingangstüre schließlich durch ein Mitglied des revisionswerbenden Vereins geöffnet und in der Folge die Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG ermöglicht wurde, steht der Vertretbarkeit der Annahme eines Gefahrenpotentials noch nicht entgegen (vgl. nämlich zur gebotenen ex-ante-Betrachtung des Verdachts eines gefährlichen Angriffs z.B. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0291, mwN). Dies gilt trotz des in der mündlichen Verhandlung erörterten Umstandes, dass in dem gegenständlichen Vereinslokal bei früheren Kontrollen gegen die Organe weder mit Reizgas noch mit illegalen Waffen vorgegangen worden sei.

21 Auch das Bereithalten eines Rammbocks kann noch nicht als unverhältnismäßig beurteilt werden. Wird einer Behörde das Betreten der zu kontrollierenden Räumlichkeiten verweigert, so würde ein nachträgliches Anfordern von Gerätschaften, mit denen die Zugangstüre geöffnet werden kann, zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führen. Diese Zeit könnte allenfalls dazu genützt werden, Beweismittel zu vernichten oder beiseitezuschaffen, womit aber der Zweck der Kontrolle vereitelt würde. Allenfalls könnten in dieser Zeit auch Maßnahmen zur Vorbereitung einer Gegenwehr ergriffen werden.

22 Die Revision bringt weiters vor, im Revisionsfall sei die Kontrolle "zum Zweck der Auffindung, Begutachtung und Bespielung von präsumtiv illegal im Lokal des Revisionswerbers aufgestellten Glücksspielgeräten durchgeführt" worden. Das sei als Hausdurchsuchung im Sinne des Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes zu beurteilen. Daher wäre gemäß § 2 iVm 3 leg. cit. vor der Kontrolle eine schriftliche Ermächtigung der Behörde und danach eine begründete Bescheinigung über die Tatsache der Vornahme einer Hausdurchsuchung auszustellen gewesen.

23 Gemäß § 50 Abs. 4 GSpG sind u.a. die Bezirksverwaltungsbehörden und die die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgaben berechtigt, Betriebsstätten und Betriebsräume sowie Räumlichkeiten zu betreten, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, soweit dies zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes erforderlich ist.

24 Dieses Betretungsrecht ist seit der Novelle BGBl. I Nr. 118/2015 nach dem expliziten Gesetzeswortlaut auch mit Mitteln des unmittelbaren Zwangs durchsetzbar, sodass auch verschlossene Haus- oder Zimmertüren geöffnet werden dürfen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2016/17/0302, mwN).

25 Das Betretungsrecht nach § 50 Abs. 4 GSpG ist jedoch von einer Hausdurchsuchung im Sinne des § 1 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes (HausrechtsG), RGBl. 88/1862, zu unterscheiden:

Als "Hausdurchsuchung" definiert § 1 HausrechtsG eine "Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten".

26 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist für das Wesen einer Hausdurchsuchung charakteristisch, dass nach Personen oder Sachen, von denen unbekannt ist, wo sie sich befinden, gesucht wird (vgl. VfSlg. 11.650/1988, mwN). Durch den Schutz des Hausrechtes soll ein die persönliche Würde und Unabhängigkeit verletzender Eingriff in den Lebenskreis des Wohnungsinhabers, in Dinge, die man im Allgemeinen berechtigt und gewohnt ist, dem Einblick Fremder zu entziehen, hintangehalten werden; bereits eine systematische Besichtigung wenigstens eines bestimmten Objektes (so etwa eines Kastens) genügt, um als Hausdurchsuchung gewertet zu werden (vgl. VfSlg.10.897/1986 sowie 12.053/1989, jeweils mwN). Das bloße Betreten (einer Wohnung oder Geschäftsräumlichkeit), ohne dort nach etwas zu suchen, ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung (noch) nicht als Hausdurchsuchung zu beurteilen (vgl. z.B. VfSlg 13.049/1992 sowie 14.864/1997, und VwGH 14.3.2018, Ra 2017/17/0937, mwN). Angemerkt wird, dass die in der Literatur (z.B. Berka, Die Grundrechte. Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich (1999) Rz 490) geäußerten Bedenken gegen dieses Verständnis des Begriffs der Hausdurchsuchung nicht zu einem Abgehen von dieser Rechtsprechung geführt haben. 27 Das LVwG traf die Feststellung, dass im Zuge der gegenständlichen Kontrolle weder nach bestimmten Sachen noch nach bestimmten Personen, von denen unbekannt gewesen wäre, wo sie sich befänden, gesucht worden sei. Die Revision bestreitet nicht die Richtigkeit dieser Feststellung. Sie behauptet auch sonst nicht, im Revisionsfall habe eine systematische Besichtigung des Vereinslokals, die nach der genannten Rechtsprechung als Hausdurchsuchung zu werten wäre, stattgefunden.

28 Für die Ausübung des bloßen Betretungsrechts nach § 50 Abs. 4 GSpG ist aber die Einholung einer schriftlichen Ermächtigung nach dem Gesetzeswortlaut nicht vorgesehen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2016/17/0302, 0303). Dasselbe gilt auch für eine von der Revision angesprochene Ausstellung einer "begründeten Bescheinigung" nach Durchführung einer Kontrolle. 29 Der revisionswerbende Verein zeigt somit eine Verletzung seiner subjektiven Rechte nicht auf. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am 28. August 2019

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