Normen
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170854.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya vom 14. Jänner 2016 wurde die Revisionswerberin der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) verhängt. Im Spruch des Straferkenntnisses wurde der Revisionswerberin angelastet, ein näher bezeichnetes Glücksspielgerät "auf eigene Gefahr und Risiko betrieben und somit Glücksspiele mit dem Vorsatz unternehmerisch zugänglich gemacht (zu haben), fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser vom Inland aus verbotenen Ausspielungen zu erzielen".
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) die Beschwerde der Revisionswerberin mit der Maßgabe ab, dass dieser letzte Halbsatz im angefochtenen Straferkenntnis laute - bezogen auf die Revisionswerberin - wie folgt: "auf eigene Gefahr und Risiko betrieben und somit Glücksspiele mit dem Vorsatz veranstaltet, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung dieser vom Inland aus verbotenen Ausspielungen zu erzielen".
3 Das LVwG stellte fest, die Revisionswerberin sei Pächterin des Lokals und habe der Aufstellung des Geräts durch die H GmbH zugestimmt. Sie sei für das Ein- und Ausschalten des Geräts zur Geschäftseröffnung bzw. Sperrstunde zuständig und habe entstandene Spielgewinne ausbezahlt. Sie strecke gegebenenfalls entstandene Gewinne aus der Geschäftskasse vor, erhalte diese von Herrn H retourniert und bekomme von jenem einen Anteil der Erlöse ausbezahlt. Begründend führte das LVwG aus, aus diesen Feststellungen ergebe sich, dass die Revisionswerberin das wirtschaftliche Risiko dahingehend getragen habe, als ihr Ertrag von der Inanspruchnahme des Geräts abhänge. Ein bloßer "Zugänglichmacher" sei demgegenüber nur jemand, der eine vom Ertrag unabhängige Miete erhalte. Die Tathandlung sei daher als Veranstaltung im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG und nicht als "unternehmerisch Zugänglichmachen" im Sinne des dritten Tatbildes zu beurteilen. Die Revision erklärte das LVwG für nicht zulässig.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision erweist sich hinsichtlich des Zulässigkeitsvorbringens, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, da die Revisionswerberin aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht als Veranstalterin iSd GSpG anzusehen sei, als zulässig und berechtigt:
6 § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG stellt sowohl das Veranstalten als auch das unternehmerische Zugänglichmachen von zur Teilnahme vom Inland aus verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unter Strafe. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt (vgl. VwGH 14.7.2017, Ra 2016/17/0264, mwN). Dagegen ist mit dem dritten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die den Automaten in ihrer Gewahrsame hat und diesen den Spielern zugänglich macht (vgl. VwGH 26.4.2017, Ra 2016/17/0273). Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erste Variante GSpG ist das gleichzeitig verwirklichte Tatbild des unternehmerisch Zugänglichmachens gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 dritte Variante GSpG konsumiert (so VwGH 26.3.2015, Ra 2014/17/0033).
7 Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits erkannt hat, bedeutet das Durchführen eines Glücksspiels auf eigene Rechnung und Gefahr im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG, dass sich Gewinn UND Verlust, also auch das unternehmerische Risiko, in der eigenen Vermögenssphäre auswirken müssen. Die Vereinbarung über die Erlösaufteilung mag dabei zunächst zwar ein Indiz für die Eigenschaft der Revisionswerberin als Mitveranstalterin sein, reicht aber zur Begründung einer solchen Qualifikation nicht aus. Wesentlich ist auch der Inhalt der Vereinbarung für den Fall des Verlustes (so explizit VwGH 20.12.1996, 93/17/0058). Das LVwG hat festgestellt, dass die Revisionswerberin die von ihr vorgestreckten Gewinne (der Spieler) durch eine bestimmte Person "retourniert" erhalten habe. Der Erlös sei geteilt worden. Die Feststellung der Abgeltung der ausbezahlten Spielgewinne - das sind die Verluste des Spielveranstalters - schließt jedoch die Schlussfolgerung, jemand führe auf eigene Rechnung und Gefahr ein Glücksspiel durch, aus, selbst wenn ein potentieller Erlös in der Folge geteilt wird. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann die Revisionswerberin daher nicht als Veranstalterin der Glücksspiele im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG qualifiziert werden.
8 Das angefochtene Erkenntnis war daher aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
9 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 1. Februar 2018
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