VwGH Ra 2017/17/0839

VwGHRa 2017/17/083912.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Redinger, LL.M., über die Revision der F W A C Kft in S, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 7. August 2017, LVwG 43.9-517/2017-9, LVwG 41.9-1178/2017-2, betreffend Beschlagnahme und Betriebsschließung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), die Beschlüsse gefasst:

Normen

GSpG 1989 §56a Abs6;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170839.L00

 

Spruch:

I. Die Revision wird insoweit, als sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde gegen den Teilbetriebsschließungsbescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 11. Jänner 2017, VStV/53225/2017, wendet, als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

II. Die Revision wird insoweit, als sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde gegen den Beschlagnahmebescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 11. Jänner 2017, VStV/1908013/2016, wendet, zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 11. Jänner 2017 wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei die Beschlagnahme von zehn näher bezeichneten Glücksspielgeräten samt Abbuchungsschlüssel gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glücksspielgesetz (GSpG) angeordnet.

2 Mit weiterem Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark, ebenfalls vom 11. Jänner 2017, wurde gegenüber der revisionswerbenden Partei gemäß § 56a GSpG die teilweise Schließung eines bestimmten Raumes in einem näher bezeichneten Lokal in 8020 Graz mit Wirkung ab 11. Jänner 2017 angeordnet.

3 Die revisionswerbende Partei erhob gegen beide Bescheide Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Steiermark.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerden ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision kostenpflichtig zurück- in eventu abzuweisen.

Zu Spruchpunkt I.:

6 Gemäß § 56a Abs. 6 GSpG treten Bescheide nach Abs. 3 leg. cit., wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Demnach wäre selbst bei rückwirkender Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die Betriebsschließung während des (wieder offenen) Beschwerdeverfahrens mit Ablauf des 10. Jänner 2018 außer Wirksamkeit getreten.

7 Über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, inwieweit sich die revisionswerbende Partei durch das angefochtene Erkenntnis nach Ablauf der Frist gemäß § 56a Abs. 6 GSpG noch beschwert erachte, teilte diese mit Schreiben vom 19. Februar 2018 mit, dass ihr diesbezügliches Rechtsschutzinteresse infolge des Außerkrafttretens des gegenständlichen Betriebsschließungsbescheides weggefallen sei.

8 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.

9 Wie der Verwaltungsgerichtshof auch zur Rechtslage nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, bereits ausgesprochen hat, ist § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. VwGH 21.6.2017, Ra 2016/17/0259).

10 Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, § 33 Abs. 1 VwGG lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liege diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, sei diese unzulässig, falle die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führe dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH vom 21.6.2017, Ra 2016/17/0259).

11 Nach Einbringung der Revision gegen die Abweisung der erhobenen Beschwerde bezüglich der angeordneten Betriebsschließung durch das Verwaltungsgericht ist nunmehr der Zeitraum, für den der Bescheid über die Betriebsschließung gemäß § 56a Abs. 6 GSpG wirksam war, bereits abgelaufen. Da sich somit auch bei Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses die Rechtsstellung der revisionswerbenden Partei nicht verbessern würde (weil die wieder offene Beschwerde bereits wegen Wirkungslosigkeit des Betriebsschließungsbescheides durch Zeitablauf zurückzuweisen wäre), ist die Revision wegen des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses gegenstandslos geworden (vgl. VwGH vom 21.6.2017, Ra 2016/17/0259).

12 Daher war das Verfahren in Hinblick auf die Betriebsschließung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG nach Anhörung mit Beschluss einzustellen.

13 Zu Spruchpunkt II.:

14 In der vorliegenden außerordentlichen Revision werden als - ausdrücklich als solche bezeichnete - Revisionspunkte die Verletzung der revisionswerbenden Partei "in ihrem subjektiven Recht auf Parteiengehör und auf eine mündliche Verhandlung" geltend gemacht.

15 Mit diesen Ausführungen hat die revisionswerbende Partei das Recht, in dem sie verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte; § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), nicht bestimmt bezeichnet.

16 Die Verletzung von Verfahrensvorschriften als solche stellt keinen Revisionspunkt dar, sondern zählt zu den Revisionsgründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG). Bei den von der revisionswerbenden Partei geltend gemachten Rechtsverletzungen handelt es sich daher nicht um Revisionspunkte, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechtes zielführend vorgebracht werden können (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 17.1.2018, Ra 2017/20/0347, oder auch VwGH 17.11.2015, Ra 2015/01/0228, jeweils mwN).

17 Werden die Revisionspunkte - wie im gegenständlichen Fall -

unmissverständlich ausgeführt, so sind sie auch einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht mehr zugänglich (vgl. auch dazu die erwähnten hg. Beschlüsse).

18 Die Revision gegen die Abweisung der gegen den Beschlagnahmebescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht gerichteten Beschwerde erweist sich daher schon in Ermangelung eines tauglichen Revisionspunktes als unzulässig.

19 Die Revision war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 12. April 2018

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