Normen
AVG §58 Abs2
AVG §60
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VStG §22 Abs2
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170661.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Im vorliegenden Fall wurde in der Anzeige des Finanzamts Waldviertel ausgeführt, die Revisionswerberin habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer näher bezeichneten Gesellschaft verbotene Ausspielungen auf eigenen Namen und Rechnung sowie auf eigenes Risiko veranstaltet und somit eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) begangen.
2 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Horn vom 16. Juni 2016 wurde die Revisionsweberin als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 4. Tatbild iVm §§ 1, 2 Abs. 1, 2 und 4 GSpG iVm § 9 Abs. 1 VStG schuldig erkannt. Über sie wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die belangte Behörde hat im Straferkenntnis ‑ wie auch bereits in der Aufforderung zur Rechtfertigung ‑ sowohl im Spruch als auch in der Begründung des Straferkenntnisses ausgeführt, die Revisionswerberin habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Gegenstände gegen Entgelt zur Verfügung gestellt, um fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Die belangte Behörde qualifizierte die Tathandlungen als Beteiligung an verbotenen Ausspielungen und bestrafte die Revisionswerberin wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde dahin Folge, dass die verhängte Geldstrafe auf EUR 2.500,- und die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wurden (1. Spruchpunkt). Außerdem wurden die Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren neu festgesetzt (2. Spruchpunkt) und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt (3. Spruchpunkt).
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Aufwandersatz.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege deshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weil im angefochtenen Erkenntnis in Abweichung von (zitierter) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung bestehe, als zulässig und berechtigt.
6 § 44a VStG regelt, welche Bestandteile der Spruch eines Straferkenntnisses zu enthalten hat. Dazu zählen unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der angelasteten Übertretung geschlossen werden kann. Der Beschuldigte hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden. Die Identität der Tat muss unverwechselbar feststehen (vgl. z.B. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173).
7 Besteht ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung, bei dem es sich nicht bloß um eine terminologische Abweichung, deren Wirkung sich im sprachlichen erschöpft, handelt, sondern bei dem die Wahl unterschiedlicher Begriffe vielmehr eine Unterschiedlichkeit in der rechtlichen Wertung durch Subsumtion unter je ein anderes Tatbild zum Ausdruck bringt, führt dies zu einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).
8 Durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 erste Variante GSpG ist das gleichzeitig vom Bestraften verwirklichte Tatbild der unternehmerischen Beteiligung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG konsumiert. Konsumtion liegt vor, wenn die wertabwägende Auslegung der formal (durch eine Handlung oder durch mehrere Handlungen) erfüllten zwei Tatbestände zeigt, dass durch die Unterstellung der Tat(en) unter den einen der deliktische Gesamtunwert des zu beurteilenden Sachverhalts bereits für sich allein abgegolten ist. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung wegen des einen Delikts tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird. Als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 leg cit veranstaltet, kommt in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Dagegen ist mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt (vgl. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).
9 Im angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerberin einerseits im Spruch als Tathandlung vorgeworfen, die von ihr vertretene Gesellschaft habe das Glücksspielgerät entgeltlich zur Verfügung gestellt, was unter § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild GSpG (unternehmerisches Beteiligen) zu subsumieren wäre. Andererseits wurde in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ausgeführt, dass vom Lokalbetreiber mit einem Vertreter dieser Gesellschaft, in deren Eigentum das Gerät stehe, einmal im Monat eine Monatsabrechnung durchgeführt worden sei, wobei der Erlös geteilt worden sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, bedeutet das Durchführen eines Glücksspiels auf eigene Rechnung und Gefahr im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG, dass sich Gewinn UND Verlust, also auch das unternehmerische Risiko, in der eigenen Vermögenssphäre auswirken müssen. Die Vereinbarung über die Erlösaufteilung mag dabei zunächst zwar ein Indiz für die Eigenschaft der Gesellschaft als Mitveranstalterin sein, reicht aber zur Begründung einer solchen Qualifikation nicht aus. Wesentlich ist auch der Inhalt der Vereinbarung für den Fall des Verlustes (vgl. VwGH 1.2.2018, Ra 2017/17/0854 und20.12.1996, 93/17/0058). Wer den Verlust zu tragen hatte, wurde aber im angefochtenen Erkenntnis nicht festgestellt. Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses lässt daher eine Beurteilung, ob der Tatbestand des Veranstaltens des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG oder jener des unternehmerischen Beteiligens des § 52 Abs. 1 Z 1 viertes Tatbild verwirklicht wurde, vermissen.
10 Damit ist aber dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung der Revisionswerberin als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Gesellschaft vorgeworfen wurde. Es kann auch nicht beurteilt werden, unter welches Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine anzulastende Tathandlung zu subsumieren ist. Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit‑ unter Abweichen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ‑ nicht den Anforderungen gemäß § 44a Z 1 und 2 VStG.
11 Es war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
12 Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 21. September 2018
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)