VwGH Ra 2017/17/0017

VwGHRa 2017/17/00177.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des I T in K, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 17. Juni 2016, LVwG- 2015/30/0994-5, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Tirol),

Normen

VwGVG 2014 §52 Abs8;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1. richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Vorschreibung der Kosten des Beschwerdeverfahrens im Spruchpunkt 2. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzten.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 18. März 2015 wurde der Revisionswerber als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 Glücksspielgesetz (GSpG) jeweils der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 dritter Tatbestand iVm § 2 Abs 4 GSpG wegen des unternehmerisch Zugänglichmachens von fünf Glücksspielgeräten seit 15. März 2014 für schuldig erkannt und über ihn fünf Geldstrafen von jeweils EUR 3.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit fünf Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 35 Stunden) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde ab und berichtigte den Spruch des Straferkenntnisses insofern, als die Tatzeit auf "vom 01.06.2014 bis zum Beginn der durchgeführten Kontrolle am 02.07.2014 gegen 15.20 Uhr" eingeschränkt wurde (Spruchpunkt 1.).

3 Gleichzeitig wurde dem Revisionswerber gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von EUR 3.000,-- vorgeschrieben (Spruchpunkt 2.).

4 Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden.

9 Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, sowie der sich daran anschließenden hg Judikatur liegt Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Unionsrechtskonformität des GSpG vor. Von dieser ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.

10 Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art 267 AEUV klar bzw geklärt. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl EuGH vom 15. September 2011, C-347/09 , Dickinger und Ömer, Rn 83 f, vom 30. April 2014, C-390/12 , Pfleger, Rn 47 ff, sowie vom 30. Juni 2016, C-464/15 , Admiral Casinos & Entertainment, Rn 31 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis vom 16. März 2016 durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen (vgl VwGH vom 14. Februar 2017, Ra 2017/17/0010).

11 Zum Vorbringen des Revisionswerbers, wonach das für die Verwaltungsgerichte anzuwendende Amtswegigkeitsprinzip der in Art 6 EMRK normierten Unparteilichkeit des erkennenden Gerichtes widerspreche, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2017, E 3282/2016, zu verweisen. Darin hat der Verfassungsgerichtshof einen Verstoß gegen Art 6 EMRK verneint. Soweit Art 47 GRC als anzuwendende Norm in Betracht kommen könnte, vermögen die Revisionsausführungen ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

12 Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, war sie daher nach § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

13 Hinsichtlich der in Spruchpunkt 2. vorgeschriebenen Kosten für das Beschwerdeverfahren erweist sich die Revision jedoch als zulässig und berechtigt, weil das Landesverwaltungsgericht in diesem Punkt - wie der Revisionswerber zutreffend im Zulässigkeitsvorbringen aufzeigt - von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

14 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 65 VStG ist in Bezug auf die Vorschreibung des Kostenbeitrages für das Beschwerdeverfahren nach § 52 Abs 8 VwGVG ist auf die neue Rechtslage zu übertragen. Der leitende Gedanke des § 65 VStG war, dass es nicht begründet wäre, die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bestraften aufzuerlegen, wenn die Berufungsbehörde eine Änderung zugunsten des Beschuldigten vorgenommen hat. Eine solche liegt auch dann vor, wenn wenigstens der von der Strafbehörde erster Instanz angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Das ist ua auch dann der Fall, wenn der Tatzeitraum im Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wurde. Dem Landesverwaltungsgericht war es daher schon aufgrund der vorgenommen Tatzeiteinschränkung versagt, dem Revisionswerber den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (vgl VwGH vom 28. April 2017, Ra 2016/17/0165, mwN).

15 Die in Spruchpunkt 2. enthaltene Vorschreibung der Kosten für das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

16 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 7. Juni 2017

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