Normen
32011R0305 Bauprodukte;
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Landesverwaltungsgericht Kärnten im Instanzenzug fest, dass Recyclingmaterial in näher angeführten Mengen, welches durch die revisionswerbende GmbH (Revisionswerberin) bei einem näher genannten Bauvorhaben auf näher bezeichneten Grundstücken eingebaut worden sei, sowie Recyclingmaterial, welches auf die erwähnten Grundstücke angeliefert und dort aufbereitet, jedoch sodann zu einer weiteren Verwendung außerhalb des erwähnten Bauvorhabens verbracht worden sei, beitragspflichtiger Abfall sei und die Revisionswerberin durch die dieses Material betreffende Tätigkeit auf den angeführten Grundstücken beitragspflichtige Tätigkeiten im Sinne des ALSAG gesetzt habe.
Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Der Feststellung liege ein Antrag der Revisionswerberin vom 3. März 2014 zugrunde, der sich darauf stütze, das in Rede stehende Recyclingmaterial sei gemäß § 3 Abs. 1a Z 6 des ALSAG von der Beitragspflicht ausgenommen. Den von der Revisionswerberin im Verfahren vorgelegten Prüfberichten der T. GmbH und den "abfallfachlichen Stellungnahmen" des Amtssachverständigen vom 14. September 2015 und vom 24. März 2016 seien keine inhaltlichen Ausführungen zu einer nachvollziehbaren Beschreibung des von der Revisionswerberin eingerichteten Qualitätssicherungssystems und dessen Bewertung in Gegenüberstellung zu den in den maßgeblichen Kapiteln des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes ausgewiesenen Kriterien zu entnehmen.
3 Den vorgelegten Prüfgutachten sei nicht zu entnehmen, welcher Überwachungsmaßnahme (Eigen- oder Fremdüberwachung im Sinne des Punktes A 7.3.1. der Richtlinie für Recycling Baustoffe des Österreichischen Baustoff Recycling Verbandes) diese zuzuordnen seien. Den Prüfgutachten sei auch keine Dokumentation zu entnehmen, welcher Herkunft die jeweiligen Recyclingbaustoffe wären, und es fehle den Unterlagen auch zum Teil die geforderte Analytik, wie sie laut Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2006 vorgeschrieben werde. Darüber hinaus sei den vorgelegten Prüfgutachten zu entnehmen, dass die Proben "auf der Deponie in W." entnommen worden seien. Dies lasse jeglichen Hinweis auf den genauen Ort der Probeentnahme vermissen und gebe keinen Aufschluss darüber, ob die Proben vor dem Einbau oder erst nach dem Einbau entnommen worden seien.
4 Den durch die Revisionswerberin vorgelegten Unterlagen seien auch keine Angaben hinsichtlich der Kriterien einer nach dem Stand der Technik durchzuführenden Abfalluntersuchung, wie die Festlegung des Beurteilungsmaßstabes, der Anzahl und des Umfanges der zu entnehmenden Stichproben und qualifizierten Stichproben und der Sammelproben wie auch der gesamte Probenahmedokumentation zu entnehmen. Das Gutachten der T. GmbH erfülle nicht die Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 hinsichtlich eines Qualitätssicherungssystems. Im Verfahren seien auch keine weiteren Unterlagen vorgelegt worden, welche Anhaltspunkte dafür böten, durch ein Qualitätssicherungssystem im Sinne des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG wäre auf die im vorgehaltenen Zeitraum verwendeten Baustoffrecyclingmaterialien gewährleistet worden, dass eine gleichbleibende Qualität der Materialien gegeben sei. Somit seien die vom Gesetz erforderlichen Nachweise für ein entsprechendes Qualitätssicherungssystem nicht vorgelegt worden.
5 Das Landesverwaltungsgericht Kärnten legte die dagegen erhobene außerordentliche Revision unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3VwGG) zu überprüfen.
8 Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 des Altlastensanierungsgesetzes (ALSAG) hat die Behörde in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid u.a. festzustellen, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt oder ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.
9 Dem Altlastenbeitrag unterliegt gemäß § 3 Abs. 1 des ALSAG das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (d.h. unter Tage) der Erde. Als Ablagern im Sinne des ALSAG gilt nach § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c leg. cit. auch das Verfüllen von Geländeunebenheiten (u.a. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (u.a. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen.
10 § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG lautet:
§ 3. .....
(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind
.....
6. mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichem Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet werden,"
11 Gemäß § 3 Abs. 1a ALSAG hat derjenige, der eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, auf Verlangen dem Zollamt oder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens der Behörde nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss bereits im Zeitpunkt des Einbaus der Baurestmassen das in § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG geforderte Qualitätssicherungssystem gegeben sein und kann lediglich der Nachweis, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein solches System vorgelegen ist und dadurch seinerzeit die gleichmäßige Qualität der Baurestmassen sichergestellt war, noch nachträglich erbracht werden. Davon zu unterscheiden ist die nachträgliche Untersuchung des bereits eingebauten Materials dahingehend, ob es im Zeitpunkt der Verwendung bestimmten Qualitätskriterien entsprochen hat und daher gefahrlos eingebaut werden konnte. Derartige Untersuchungen und Analysen im Nachhinein können einen Nachweis eines bereits damals bestandenen Qualitätssicherungssystems nicht ersetzen (vgl. etwa jüngst den hg. Beschluss vom 23. November 2016, Ra 2014/15/0022).
13 Ein Qualitätssicherungssystem im Sinne des § 3 Abs. 1a Z 6 ALSAG umfasst eine Aufbauorganisation, Verantwortlichkeiten, Abläufe, Verfahren und Mittel zur Verwirklichung des Ziels der Garantie gleichbleibender Qualität. Es beinhaltet auch Vorgaben zur Eingangskontrolle, Eigen- und Fremdüberwachung, Aufzeichnungspflichten sowie gegebenenfalls zur Kennzeichnung als Information für Anwender (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 2015, 2013/07/0113).
14 Die zu garantierende gleichbleibende Qualität wird durch die im Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2006 genannten Eluatstoffe und ihre Grenzwerte bestimmbar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. September 2015, 2013/07/0098, und vom 18. Dezember 2014, 2012/07/0054).
15 Im Erkenntnis vom 23. Oktober 2014, Ra 2014/07/0031, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Qualitätssicherungssystem selbst, dessen Inhalt und Bestandteile, weder im Altlastensanierungsgesetz noch in einer anderen Rechtsvorschrift näher definiert ist. Dieses System müsse geeignet sein, die geforderte Gewährleistung gleichbleibender Qualität durch Maßnahmen organisatorischer oder technischer Art entsprechend abzusichern. Die Regelungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 stellten technische Vorschriften dar und hätten jedenfalls den Charakter eines Regelwerkes (vergleichbar mit jenen von ÖNORMEN) mit der Wirkung eines objektivierten, generellen Gutachtens, das gegebenenfalls durch ein fachliches Gegengutachten widerlegt werden könnte. Daher begegne es keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes, wenn im Zusammenhang mit den inhaltlichen Komponenten eines Qualitätssicherungssystems auf die Kriterien des Bundes-Abfallwirtschaftsplans 2006 zurückgegriffen werde.
16 Im Erkenntnis vom 26. Mai 2011, 2009/07/0208, hat der Verwaltungsgerichtshof dem Einwand der damals beschwerdeführenden Partei, die in jenem Verfahren zugrunde liegenden Baustoffe würden den rechtlichen Vorschriften - im Besonderen dem Bauproduktegesetz - entsprechen, entgegengehalten, dass das Bauproduktegesetz die Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nicht berührt.
17 Die Revisionswerberin sieht die Zulässigkeit ihrer Revision darin, dass das Verwaltungsgericht auf die Richtlinie für Recyclingbaustoffe des österreichischen Baustoffrecyclingverbandes Bezug nehme und ihr vorwerfe, die diesbezüglichen Vorgaben nicht eingehalten zu haben. Durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei nicht abschließend geklärt, in welchem Verhältnis diese Richtlinie zu der Europäischen Bauprodukteverordnung stünde, deren Vorgaben die Revisionswerberin eingehalten habe.
18 Die Revisionswerberin spricht offensichtlich die Verordnung (EU) Nr. 305/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 zur Festlegung harmonisierter Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten und zur Aufhebung der Richtlinie 89/106/EWG des Rates, ABlEU Nr. L 88 vom 4. April 2011, an. Diese im März 2011 in Kraft getretene Verordnung, deren wesentliche Bestimmungen enthaltender Teil gemäß ihrem Art. 68 ab dem 1. Juli 2013 gilt, legt gemäß ihrem Art. 1 Bedingungen für das Inverkehrbringen von Bauprodukten oder ihre Bereitstellung auf dem Markt durch die Aufstellung von harmonisierten Regeln über die Angabe der Leistung von Bauprodukten in Bezug auf ihre wesentlichen Merkmale sowie über die Verwendung der CE-Kennzeichen für diese Produkte fest.
19 Diese Verordnung war für einen Teil der dem angefochten Erkenntnis zugrunde liegenden Tätigkeit noch gar nicht maßgeblich und betrifft Vorschriften über das Inverkehrbringen von Bauprodukten. Sie lässt nationale Vorschriften über die Altlastenbeitragsfreiheit der Verwendung bestimmter Bauprodukte unbenommen (vgl. auch zum Verhältnis des die durch die Verordnung aufgehobene Richtlinie des Rates umsetzenden Bauproduktegesetzes zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002 das erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2011).
20 Somit wirft die Revisionswerberin keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
21 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 30. Mai 2017
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