VwGH Ra 2017/12/0122

VwGHRa 2017/12/012221.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofräte Dr. Zens und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des J F in L, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Hauptplatz 12/II, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2017, W128 2140579-2/3e, betreffend Reisegebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Justiz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
RGV 1955 §20 Abs1 idF 2003/I/130;
RGV 1955 §20 Abs3 idF 2003/I/130;
RGV 1955 §47 Abs1 idF 1999/I/127;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017120122.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und als Justizwachebeamter in der Justizanstalt L in Verwendung.

2 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Auszahlung von Tagesgebühren für die Bewachung eines Strafgefangenen in der Inquisitenabteilung des Landeskrankenhauses L vom 5. auf den 6. August 2016 gemäß § 20 Abs. 3 und § 47 Abs. 1 Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision im Wesentlichen vor, dass sich das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. September 1977, 1231/77, gestützt habe. Danach zählten die Beaufsichtigung kranker Gefangener in den dafür vorgesehenen Abteilungen der Krankenanstalten zu den regelmäßigen und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen eines Justizwachebeamten. Dem stehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Jänner 2002, 98/12/0493, entgegen. Das Verwaltungsgericht weiche daher vom jüngeren Judikat des Verwaltungsgerichtshofs ab und sei dessen Rechtsprechung insoweit uneinheitlich.

6 Mit diesem Vorbringen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt, ist doch weder die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur vorliegenden Frage uneinheitlich, noch wich das Bundesverwaltungsgericht vom letztgenannten Erkenntnis ab.

7 Die maßgeblichen Bestimmungen der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133/1955 - § 20 in der Fassung BGBl. I Nr. 130/2003, § 47 in jener des BGBl. I Nr. 127/1999 - lauten (auszugsweise):

"Dienstverrichtungen im Dienstort

§ 20. (1) Bei Dienstverrichtungen im Dienstort gebührt dem Beamten

  1. 1. ...
  2. 2. die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von zwölf Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes acht Stunden, so gebühren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes fünf Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr.

(2) ...

(3) Für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind, besteht kein Anspruch auf eine Vergütung nach Abs. 1.

(4) Beamten, auf die Abs. 3 anzuwenden ist, kann im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler eine besondere Vergütung zuerkannt werden.

Strafvollzugsbedienstete an Justizanstalten

§ 47. (1) Für die mit dem regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt, und zwar sowohl bei der Gefangenenaufsicht als auch im Wirtschafts- und Arbeitsbetrieb verbundenen Gänge und auswärtigen Dienstverrichtungen besteht in der Regel kein Anspruch auf Gebühren nach § 4.

(2) Strafvollzugsbediensteten, die zu regelmäßigen

Dienstverrichtungen in außerhalb ihres Dienstortes liegenden

Außenstellen von Justizanstalten oder solchen Krankenanstalten

herangezogen werden, gebühren

1. unter Ausschluss einer Nächtigungsgebühr die nach den

§§ 13 und 17 ermittelte Tagesgebühr im halben Ausmaß und

2. ...

(3) ..."

8 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zählt die Beaufsichtigung kranker Gefangener in den hiefür vorgesehenen Abteilungen der Krankenanstalten zu den regelmäßigen und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen eines Justizwachebeamten im Sinn des § 20 Abs. 3 RGV (VwGH 9.9.1977, 1231/77, VwSlg 9381 A/1977).

9 Von dieser Rechtsprechung ist der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, 98/12/0493, für den hier vorliegenden Fall einer Dienstverrichtung im Dienstort auch ausdrücklich nicht abgegangen:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 9. September 1977, Zl. 1231/77 (Slg. 9381/A = nur Leitsatz), ausgesprochen, dass die Beaufsichtigung kranker Gefangener in den hiefür vorgesehenen Abteilungen der Krankenanstalten zu den regelmäßigen und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen eines Justizwachebeamten im Sinn des § 20 Abs. 3 RGV zähle. Das zitierte Erkenntnis hatte, wie schon aus der Bezugnahme auf § 20 Abs. 3 RGV erhellt, eine Dienstverrichtung eines Justizwachebeamten in seinem Dienstort zum Gegenstand, sodass hieraus auf den vorliegenden Fall einer Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes (einer Dienstreise) noch nichts abgeleitet werden kann. Soweit in diesem Erkenntnis weiter ausgeführt wird, § 47 Abs. 1 RGV lasse erkennen, dass auswärtige Dienstverrichtungen im Zusammenhang mit der Gefangenenaufsicht ‚schlechthin' zum regelmäßigen Dienstbetrieb der Justizanstalt zählten, ist auch diese Aussage vor dem Hintergrund des konkreten Anlassfalles - die Beaufsichtigung von Häftlingen in einer Krankenanstalt im Dienstort - zu sehen."

10 Das Bundesverwaltungsgericht ist daher, wenn es die Bewachung des Strafgefangenen durch den Revisionswerber in der Inquisitenabteilung des im Dienstort gelegenen Krankenhauses als zu den regelmäßigen und in der Natur des Dienstes gelegenen Dienstverrichtungen zählend beurteilte, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - die sich insoweit auch nicht als uneinheitlich darstellt - nicht abgewichen.

11 Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

12 Bei diesem Ergebnis war von einem Mängelbehebungsauftrag zur Anführung eines (zur Gänze fehlenden) Revisionspunkts abzusehen (VwGH 27.6.2017, Ra 2017/10/0076).

Wien, am 21. November 2017

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